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SDAPR 19050500 Die wichtigsten Resolutionen des III. Parteitages

Die wichtigsten Resolutionen des III. Parteitages der SDAPR

[Nach Lenin: Sämtliche Werke, Band 7, 1929, S. 569-579]

1. Über die Konstituierung des Parteitages

Nach Anhörung und Besprechung der Berichte des Organisationskomitees und der Mandatsprüfungskommission stellt der Parteitag fest, dass auf ihm Parteiorganisationen vertreten sind, die zusammen mehr als die Hälfte der beschließenden Stimmen umfassen, wodurch statutenmäßig die Rechtmäßigkeit des Parteitages außer Zweifel steht.

Was den Punkt des Vertrages zwischen dem Zentralkomitee und dem Büro der Komitees der Mehrheit anbelangt, nach welchem der Parteitag erst eröffnet werden soll, wenn drei Viertel der Delegierten der russischen Komitees, die Liga mitgerechnet, erschienen sind, so beschließt der Parteitag in dieser Frage:

Nach dem Bericht des Organisationskomitees sahen beide Parteien, die das Organisationskomitee bildeten, den Sinn dieses Punktes des Vertrages darin, dass sowohl das Zentralkomitee als auch das Büro der Komitees der Mehrheit die energischsten Maßnahmen ergreifen müssten, um auf dem Parteitag eine möglichst vollständige Vertretung zu erreichen, sowie der Partei alle Garantien zu bieten, dass das Zentralkomitee und das Büro der Komitees der Mehrheit die Absicht haben, einen Kongress der Gesamtpartei und nicht bloß den einer Fraktion zu organisieren. Dieser Punkt des Vertrages sollte aber keineswegs die Wirkung jenes Paragraphen des Parteistatuts beseitigen, demzufolge der Parteitag beschlussfähig ist, wenn auf demselben mehr als die Hälfte aller beschließenden Stimmen vertreten ist. Was die Vollzähligkeit der Vertretung auf dem Parteitag anbetrifft, so stellt der Parteitag fest, dass in dieser Beziehung alle Maßnahmen getroffen worden sind. Nur vom Astrachaner Komitee und vom Verband der Krim sind keine Nachrichten eingelaufen. Von den auf dem Parteitag nicht vertretenen Organisationen haben neun Komitees1 ihre Delegierten gewählt und nach dem Auslande entsandt (in zwei Fällen – in Twer und Kuban – wurden die Mandate im Auslande lebenden Genossen übertragen). Insgesamt sind es, zusammen mit den anwesenden Delegierten von 20 Komitees, 29 Komitees, das ist jedenfalls mehr als drei Viertel der vorhandenen 34 Komitees2.

Wenn die 9 Delegierten der erwähnten Komitees zum Parteitag nicht erschienen sind, trotzdem sie von den Komitees entsprechende Mandate erhalten haben und ins Ausland gekommen waren, so trifft die Schuld für ihre Abwesenheit nicht das Organisationskomitee, sondern sie erklärt sich dadurch, dass alle Anstrengungen des Organisationskomitees, eine vollzählige Vertretung auf dem Parteitag herbeizuführen, an dem rechtswidrigen Widerstand dreier Auslandsmitglieder des früheren Parteirates gescheitert sind. Demnach haben die drei Mitglieder des Parteirates den offenkundigen Willen der Partei nicht ausgeführt und sich damit außerhalb der Partei gestellt. Der Parteitag betrachtet diesen Widerstand der beauftragten Parteiangestellten als direkte Verletzung des klar ausgesprochenen Willens ihrer Auftraggeber und macht diese drei Mitglieder des früheren Parteirates für die Spaltung der Partei verantwortlich. Indem er sein tiefes Bedauern über diese Spaltung zum Ausdruck bringt, spricht der Parteitag die feste Überzeugung aus, dass die Einheit der Partei, die vom Standpunkt der Interessen des Proletariats Russlands im gegenwärtigen kritischen Moment seines revolutionären Kampfes absolut notwendig ist, bald wiederhergestellt werden wird.

2. Über den bewaffneten Aufstand

In Erwägung:

1. dass das Proletariat, infolge seiner Stellung die vorgeschrittenste und einzige konsequent revolutionäre Klasse, berufen ist, die führende Rolle in der allgemein-demokratischen revolutionären Bewegung Russlands zu spielen,

2. dass diese Bewegung gegenwärtig bereits zur Notwendigkeit des bewaffneten Aufstandes geführt hat;

3. dass das Proletariat an diesem Aufstand unvermeidlich den energischsten Anteil nehmen wird, der das Schicksal der Revolution in Russland entscheiden wird;

4. dass das Proletariat die führende Rolle in dieser Revolution nur spielen kann, wenn es zu einer einheitlichen und selbständigen politischen Kraft unter der Fahne der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei vereinigt ist, die nicht nur ideologisch, sondern auch praktisch seinen Kampf leitet;

5. dass nur die Durchführung einer solchen Rolle dem Proletariat die günstige Bedingungen für den Kampf um den Sozialismus gegen die besitzenden Klassen des bürgerlich-demokratischen Russlands sichern kann, –

stellt der III. Parteitag der SDAPR fest, dass die Aufgabe, das Proletariat zum unmittelbaren Kampf gegen den Absolutismus durch den bewaffneten Aufstand zu organisieren, eine der wichtigsten und dringendsten Aufgaben der Partei im gegenwärtigen revolutionären Moment bildet.

Der Parteitag beauftragt daher alle Parteiorganisationen:

a) dem Proletariat durch Propaganda und Agitation nicht nur die politische Bedeutung, sondern auch die praktisch-organisatorische Seite des bevorstehenden bewaffneten Aufstandes klarzumachen;

b) bei dieser Propaganda und Agitation die Rolle der politischen Massenstreiks klarzumachen, die bei Beginn und im Verlauf des Aufstandes eine erhebliche Bedeutung haben können;

c) die energischsten Maßnahmen zur Bewaffnung des Proletariats sowie zur Ausarbeitung eines Plans des bewaffneten Aufstandes und der unmittelbaren Leitung desselben zu ergreifen und, soweit erforderlich, zu diesem Zweck besondere Gruppen aus Parteifunktionären zu schaffen.

3. Über die provisorische revolutionäre Regierung

In Erwägung:

1. dass sowohl die unmittelbaren Interessen des Proletariats als auch seine Interessen im Kampfe für das Endziel, den Sozialismus, die möglichst vollständige politische Freiheit, also die Ersetzung der absolutistischen Regierungsform durch die demokratische Republik erheischen;

2. dass die Verwirklichung der demokratischen Republik in Russland nur möglich ist als Resultat eines siegreichen Volksaufstandes, dessen Organ die provisorische revolutionäre Regierung sein wird, die allein fähig ist, die volle Freiheit der Wahlagitation zu gewährleisten und eine konstituierende Versammlung auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts mit geheimer Stimmabgabe einzuberufen, die den Willen des Volkes wirklich zum Ausdruck bringt;

3. dass diese demokratische Umwälzung in Russland, bei dem gegebenen sozial- ökonomischen Zustande, die Herrschaft der Bourgeoisie nicht schwächen, sondern stärken wird, die in einem gewissen Moment, vor nichts zurückscheuend, unvermeidlich versuchen wird, dem Proletariat Russlands einen möglichst großen Teil der Errungenschaften der Revolutionsperiode zu entreißen, –

beschließt der III. Parteitag der SDAPR:

a) man muss in der Arbeiterklasse eine konkrete Vorstellung verbreiten über den wahrscheinlichsten Verlauf der Revolution und über die Notwendigkeit der Errichtung einer provisorischen revolutionären Regierung in einem gewissen Moment, von der das Proletariat die Verwirklichung aller nächsten politischen und ökonomischen Forderungen unseres Programms (des Minimalprogramms) zu verlangen hat;

b) je nach dem Kräfteverhältnis und den anderen Faktoren, die im Voraus nicht genau bestimmt werden können, ist die Beteiligung von Beauftragten unserer Partei an der provisorischen revolutionären Regierung zum Zweck des schonungslosen Kampfes gegen alle konterrevolutionären Versuche und der Verteidigung der selbständigen Interessen der Arbeiterklasse zulässig;

c) die unerlässliche Bedingung für eine solche Beteiligung ist die strenge Kontrolle der Partei über ihre Beauftragten und die unbeirrte Wahrung der Unabhängigkeit der Sozialdemokratie, die die vollständige sozialistische Umwälzung erstrebt und insofern allen bürgerlichen Parteien unversöhnlich feindlich gegenübersteht;

d) unabhängig davon, ob eine Beteiligung der Sozialdemokratie an der provisorischen revolutionären Regierung möglich sein wird, muss in den breitesten Schichten des Proletariats die Idee der Notwendigkeit eines beständigen Drucks des bewaffneten und von der Sozialdemokratie geführten Proletariats auf die provisorische Regierung zur Wahrung, Festigung und Erweiterung der Errungenschaften der Revolution propagiert werden.

4. Über die Stellung zur Taktik der Regierung am Vorabend des Umsturzes

In Erwägung:

dass die Regierung in der gegenwärtigen Revolutionsperiode zum Zwecke der Selbsterhaltung die gewöhnlichen Repressalien, die vorwiegend gegen die klassenbewussten Elemente des Proletariats gerichtet sind, verschärft, zugleich aber

1. versucht, durch Zugeständnisse und Reformversprechungen die Arbeiterklasse politisch zu demoralisieren und sie damit vom revolutionären Kampf abzulenken;

2. zu dem gleichen Zweck ihre heuchlerische Politik der Zugeständnisse in pseudo-demokratische Formen kleidet, angefangen von der Einladung der Arbeiter, ihre Vertreter in allerlei Kommissionen und Beratungen zu wählen, bis zur Schaffung des Zerrbildes einer Volksvertretung in der Art des sogenannten Semski Sobor;

3. sogenannte Schwarze Hundertschaften organisiert und überhaupt alle reaktionären, unbewussten oder durch Religions- und Rassenhass verblendeten Elemente des Volkes gegen die Revolution mobil macht –

beschließt der III. Parteitag der SDAPR, allen Parteiorganisationen vorzuschlagen:

a) die reaktionären Ziele der Regierungszugeständnisse zu entlarven, in der Propaganda und Agitation einerseits ihren erzwungenen Charakter zu unterstreichen und anderseits die absolute Unmöglichkeit für den Absolutismus, Reformen, die das Proletariat befriedigen könnten, zu gewähren;

b) die Wahlagitation auszunützen, um den Arbeitern den wahren Sinn solcher Maßnahmen der Regierung klarzumachen und nachzuweisen, dass für das Proletariat die Einberufung einer konstituierenden Versammlung auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts mit geheimer Stimmabgabe auf revolutionärem Wege notwendig ist;

c) das Proletariat zur sofortigen Verwirklichung des Achtstundentages und der anderen auf der Tagesordnung stehenden Forderungen der Arbeiterklasse auf revolutionärem Wege zu organisieren;

d) einen bewaffneten Widerstand gegen die Schwarzen Hundertschaften und überhaupt gegen alle von der Regierung geführten reaktionären Elemente zu organisieren.

5. Über das offene politische Auftreten der SDAPR

In Erwägung:

1. dass die revolutionäre Bewegung in Russland die absolutistische Regierung bis zu einem gewissen Grade bereits erschüttert und desorganisiert hat, so dass diese gezwungen ist, eine gewisse Freiheit des politischen Auftretens der ihr feindlichen Klassen zuzulassen;

2. dass von dieser Freiheit des politischen Auftretens jetzt hauptsächlich die bürgerlichen Klassen Gebrauch machen, die dadurch ihre ökonomische und politische Vorherrschaft über das Proletariat noch mehr verstärken und die Gefahr der Verwandlung der Arbeiterklasse in ein einfaches Anhängsel der bürgerlichen Demokratie vergrößern;

3. dass unter den Arbeitermassen immer mehr und mehr das Streben nach einem selbständigen und offenen Auftreten auf der politischen Arena zutage tritt, selbst ohne jede Mitwirkung der Sozialdemokratie, –

lenkt der III. Parteitag der SDAPR die Aufmerksamkeit aller Parteiorganisationen auf die Notwendigkeit:

a) jede Gelegenheit zum offenen Auftreten auszunützen, um den allgemein-demokratischen Forderungen die selbständigen Klassenforderungen des Proletariats entgegenzustellen, um es im Verlauf solcher Aktionen zu einer selbständigen sozialdemokratischen Kraft zu organisieren;

b) alle legalen oder halblegalen Arbeitervereine, Verbände und andere Organisationen auszunützen, um in ihnen den überwiegenden Einfluss der Sozialdemokratie zu sichern und sie nach Möglichkeit in Stützpunkte der künftigen offenen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Russland zu verwandeln;

c) Maßnahmen zu treffen, dass unsere Parteiorganisationen, neben der Aufrechterhaltung und Entwicklung ihres konspirativen Apparates, sofort in allen Fällen, wo dies möglich ist, daran gehen, zweckmäßige Formen des Überganges zur offenen Tätigkeit der Sozialdemokratischen Partei vorzubereiten, ohne dabei auch vor Zusammenstößen mit der bewaffneten Macht der Regierung zurückzuschrecken.

6. Über die Stellung zur Bauernbewegung

In Erwägung:

1. dass die sich jetzt ausbreitende Bauernbewegung, obgleich sie spontan und politisch unbewusst ist, nichtsdestoweniger sich unvermeidlich gegen die bestehende Ordnung und gegen alle Überreste der Leibeigenschaft überhaupt richtet;

2. dass es zu den Aufgaben der Sozialdemokratie gehört, jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehende gesellschaftliche und politische Ordnung zu unterstützen;

3. dass infolgedessen die Sozialdemokratie bestrebt sein muss, den revolutionär-demokratischen Inhalt der Bauernbewegung von allen reaktionären Beimischungen zu reinigen, indem sie das revolutionäre Selbstbewusstsein der Bauern entwickelt und ihre demokratischen Forderungen bis zu ihrer logischen Konsequenz treibt;

4. dass die Sozialdemokratie als Partei des Proletariats in allen Fällen und unter allen Umständen unentwegt nach einer selbständigen Organisation des Landproletariats streben muss und ihm den unüberbrückbaren Gegensatz zwischen seinen Interessen und denen der Dorfbourgeoisie klarzumachen hat, –

beauftragt der III. Parteitag der SDAPR alle Parteiorganisationen:

a) in den breitesten Schichten des Volkes zu propagieren, dass die Sozialdemokratie sich die tatkräftigste Unterstützung aller revolutionären Maßnahmen der Bauernschaft zur Aufgabe setzt, die geeignet sind, ihre Lage zu verbessern, bis zur Konfiskation der gutsherrlichen, staatlichen, kirchlichen, klösterlichen und Apanageländereien;

b) als praktische Agitationslosung unter der Bauernschaft und als Mittel, größtmögliche Zielbewusstheit in die Bauernbewegung hinein zu tragen, die Notwendigkeit der sofortigen Bildung von revolutionären Bauernkomitees in den Vordergrund zu schieben zur Durchführung aller revolutionär-demokratischen Umgestaltungen im Interesse der Befreiung der Bauernschaft von dem polizeilich-bürokratischen und gutsherrlichen Joch;

c) zur Desorganisierung des Absolutismus und zur Unterstützung des revolutionären Ansturmes gegen ihn die Bauernschaft und das Landproletariat zu allen möglichen politischen Demonstrationen, zur kollektiven Verweigerung der Steuerzahlung, des Militärdienstes und zur Nichtbefolgung der Verordnungen und Befehle der Regierung und ihrer Agenten aufzufordern;

d) darauf bedacht zu sein, das Landproletariat selbständig zu organisieren, es mit dem städtischen Proletariat unter der Fahne der Sozialdemokratischen Partei zu verschmelzen und Vertreter des Landproletariats in die Bauernkomitees hinein zu wählen.

7. Über den abgespaltenen Teil der Partei

Der Parteitag konstatiert, dass in der SDAPR aus der Zeit ihres Kampfes gegen den Ökonomismus bis auf den heutigen Tag in verschiedenem Maße und in verschiedener Beziehung diesem verwandte Schattierungen zurückgeblieben sind, die durch die allgemeine Tendenz gekennzeichnet sind, die Bedeutung der Elemente des Bewusstseins im proletarischen Kampfe herabzusetzen und sie den Elementen der Spontaneität unterzuordnen. Die Vertreter dieser Schattierungen verteidigen in der Organisationsfrage theoretisch das der planmäßigen Ausgestaltung der Parteiarbeit widersprechende Prinzip, dass die Organisation ein Prozess sei; in.der Praxis betreiben sie in vielen Fällen ein System der Abweichungen von der Parteidisziplin, während sie in anderen Fällen versuchen, indem sie unter dem am wenigsten bewussten Teil der Partei eine weitgehende Anwendung des Wählbarkeitsprinzips ohne Rücksicht auf die objektiven Bedingungen der russischen Wirklichkeit propagieren, die in der gegebenen Zeit einzig möglichen Grundlagen der Parteizusammengehörigkeit zu untergraben. In taktischen Fragen zeigen sie das Bestreben, den Schwung der Parteiarbeit zu beeinträchtigen, indem sie sich gegen eine vollständig unabhängige Taktik der Partei gegenüber den liberal-bürgerlichen Parteien aussprechen; sie bestreiten, dass es für unsere Partei möglich und wünschenswert ist, die organisierende Rolle in dem Volksaufstand zu übernehmen, sie sind gegen die Beteiligung der Partei an einer provisorischen demokratisch-revolutionären Regierung, ganz gleich unter welchen Bedingungen.

Der Parteitag empfiehlt allen Parteimitgliedern, überall einen energischen ideologischen Kampf gegen solche teilweise Abweichungen von den Grundsätzen der revolutionären Sozialdemokratie zu führen, ist jedoch zugleich der Ansicht, dass die Zugehörigkeit von Personen, die in diesem oder jenem Grade solche Auffassungen vertreten, zu den Parteiorganisationen unter der Voraussetzung zulässig ist, dass sie die Parteitage und das Parteistatut anerkennen und sich der Parteidisziplin vollständig fügen.

8. Über die Stellung zu den nationalen sozialdemokratischen Organisationen

In Erwägung:

1. dass die Interessen des ökonomischen und politischen Kampfes des Proletariats die Vereinigung der sozialdemokratischen Organisationen aller Nationalitäten Russlands erheischen;

2. dass der begonnene offene revolutionäre Kampf gegen das absolutistische Regime und das Nahen des bewaffneten Aufstandes eine solche Vereinigung besonders notwendig machen, –

beauftragt der III. Parteitag, indem er die Stellungnahme des II. Parteitages zur Frage des Föderalismus bestätigt, das Zentralkomitee sowohl wie die lokalen Komitees, alles aufzubieten, eine Verständigung mit den nationalen sozialdemokratischen Organisationen herbeizuführen, um die lokale Arbeit miteinander in Einklang zu bringen und auf diese Weise die Möglichkeit einer Vereinigung aller sozialdemokratischen Parteien zu einer einheitlichen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands vorzubereiten.

9. Über praktische Vereinbarungen mit den Sozialrevolutionären

Unter Bestätigung der Stellung der SDAPR zur Partei der Sozialrevolutionäre, wie sie durch die Resolution des II. Parteitages festgelegt wurde, und in Erwägung:

1. dass zeitweilige Kampfvereinbarungen der Sozialdemokraten mit den Organisationen der Sozialrevolutionäre zum Kampfe gegen den Absolutismus in manchen Fällen nützlich sein können;

2. dass solche Vereinbarungen in keinem Falle die volle Selbständigkeit der Sozialdemokratischen Partei schmälern und die Geschlossenheit und Reinheit ihrer proletarischen Taktik und ihrer Grundsätze beeinträchtigen dürfen, –

beauftragt der III. Parteitag der SDAPR das Zentralkomitee und die lokalen Komitees, im Bedarfsfalle zeitweilige Kampfvereinbarungen mit den Organisationen der Sozialrevolutionäre zu treffen, wobei örtliche Vereinbarungen nur unter der Kontrolle des Zentralkomitees getroffen werden dürfen.

10. Über die Stellung zu den Liberalen

In Erwägung:

a) dass die Sozialdemokratie die Bourgeoisie unterstützen muss, soweit sie in ihrem Kampfe gegen den Zarismus revolutionär oder auch nur oppositionell ist;

b) dass die Sozialdemokratie daher das Erwachen des politischen Bewusstseins der russischen Bourgeoisie begrüßen muss, dass sie aber anderseits verpflichtet ist, vor dem Proletariat die Beschränktheit und Unzulänglichkeit der Befreiungsbewegung der Bourgeoisie zu entlarven, wo immer diese Beschränktheit und Unzulänglichkeit sich äußern möge, –

empfiehlt der III. Parteitag der SDAPR den Genossen dringend:

1. die Arbeiter über den antirevolutionären und antiproletarischen Charakter der bürgerlich-demokratischen Richtung in allen ihren Schattierungen, angefangen von der gemäßigt-liberalen, die breite Schichten der Grundbesitzer und Fabrikanten vertritt, bis zu der radikaleren, die von dem Bund der Befreiung (Sojus Oswoboschdenija) und zahlreichen Gruppen von Angehörigen der freien Berufe vertreten wird, aufzuklären;

2. infolge des oben Dargelegten energisch gegen alle Versuche der bürgerlichen Demokratie zu kämpfen, die Arbeiterbewegung in ihre Hand zu bekommen und im Namen des Proletariats oder einzelner seiner Gruppen aufzutreten

Anmerkung. Durch die vorliegende Resolution wird die Resolution des Genossen Starowjer über die Stellung zu den Liberalen, die auf dem II. Parteitag angenommen wurde, aufgehoben.

11. Über das Zentralorgan der Partei

In Erwägung:

dass die Redaktion der „Iskra" zum Parteitag nicht erschienen ist und keine Maßnahmen ergriffen hat, um ihre weitere Tätigkeit mit den Beschlüssen und Direktiven des III. Parteitages in Einklang zu bringen;

dass die Tätigkeit der Redaktion der neuen „Iskra" in keiner Weise die Garantie für eine richtige Lösung der taktischen Fragen in der Zukunft bietet, –

beschließt der III. Parteitag der SDAPR, dass die Zeitung „Iskra" hiermit aufhört, Zentralorgan der Partei zu sein, und beauftragt das Zentralkomitee, ein neues Zentralorgan, gemäß dem Parteistatut, unter dem Namen „Proletarij" zu schaffen.

12. Organisationsstatut der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands

§ 1. Mitglied der Partei ist jeder, der ihr Programm anerkennt, die Partei mit materiellen Mitteln unterstützt und persönlich in einer ihrer Organisationen mitarbeitet.

§ 2. Das oberste Parteiorgan ist der Parteitag. Er wird alljährlich vom Zentralkomitee der Partei einberufen. Das Zentralkomitee ist verpflichtet, den Parteitag innerhalb von zwei Monaten einzuberufen, wenn die Einberufung des Parteitages von Parteiorganisationen verlangt wird, die zusammen die Hälfte der Stimmen auf dem Parteitage haben. Der Parteitag ist beschlussfähig, wenn auf ihm die Organisationen vertreten sind, die zusammen mehr als die Hälfte der beschließenden Stimmen umfassen.

Anmerkung 1. Falls das Zentralkomitee sich weigert, einem von der Hälfte aller Komitees gestellten Antrag auf Einberufung eines Parteitages stattzugeben, wird der Parteitag durch ein Organisationskomitee einberufen, das auf einer Konferenz von Vertretern der voll berechtigten Komitees gewählt wird. Das Organisationskomitee zur Einberufung des Parteitages besitzt alle Rechte des ZK.

Anmerkung 2. Eine Liste der neu bestätigten Organisationen ist sofort im Zentralorgan der Partei unter Angabe des Zeitpunktes ihrer Bestätigung durch das Zentralkomitee zu veröffentlichen.

§ 3. Vertretungsberechtigt auf dem Parteitag sind: a) das Zentralkomitee, b) alle Lokalkomitees, die keinem besonderen Verbande angehören, c) andere Organisationen, die in dieser Hinsicht den Komitees gleichgestellt sind, d) alle von der Partei anerkannten Komiteeverbände. Jede der erwähnten Organisationen wird auf dem Parteitag durch einen Delegierten vertreten, der eine Stimme besitzt; das Zentralkomitee wird durch zwei Delegierte vertreten mit je einer Stimme; einer dieser Delegierten muss der verantwortliche Redakteur des Zentralorgans sein.

Die Vertretung der Komiteeverbände wird durch besondere Satzungen bestimmt.

Anmerkung 1. Das Vertretungsrecht haben nur jene Organisationen, die mindestens ein halbes Jahr vor dem Parteitag bestätigt worden sind.

Anmerkung 2. Dem Zentralkomitee bleibt es überlassen, zum Parteitag Delegierte derjenigen Organisationen mit beratender Stimme einzuladen, die den in Anmerkung 1 erwähnten Bedingungen nicht entsprechen.

§ 4. Der Parteitag wählt das Zentralkomitee.

§ 5. Das Zentralkomitee vertritt die Partei im Verkehr mit anderen Parteien, ernennt aus seiner Mitte den verantwortlichen Redakteur des Zentralorgans, organisiert die Komitees, die Komiteeverbände und andere Parteiinstitutionen und leitet ihre Tätigkeit; es organisiert und führt die Unternehmungen, die für die Gesamtpartei von Bedeutung sind; es verteilt die Parteikräfte und -mittel und verwaltet die Zentralkasse der Partei; es schlichtet die Konflikte sowohl zwischen den verschiedenen Parteiinstitutionen untereinander als auch innerhalb derselben und vereinheitlicht und leitet die gesamte Tätigkeit der Partei überhaupt.

§ 6. Alle Parteiorganisationen, die eine integrale Arbeit verrichten (wie Lokal-, Rayon-, Fabrikkomitees u. dgl.), leiten autonom alle Angelegenheiten, die sich speziell und ausschließlich auf jenes Gebiet der Parteitätigkeit beziehen, zu deren Leitung sie geschaffen wurden; der Grad der Autonomie von Gruppen, die Teil- und Spezialfunktionen ausüben (die technischen, agitatorischen Gruppen usw.), wird von den Zentren bestimmt, die sie geschaffen haben.

§ 7. Jede vom Parteitag oder dem Zentralkomitee bestätigte Organisation hat das Recht, in ihrem eigenen Namen Parteiliteratur herauszugeben. Das Zentralkomitee ist verpflichtet, die Literatur jeder Organisation zu transportieren, wenn dies von fünf voll berechtigten Komitees verlangt wird. Alle periodischen Parteiorgane sind verpflichtet, auf Verlangen des Zentralkomitees alle seine Erklärungen abzudrucken.

§ 8. Abgesehen von den Organisationen, die durch den Parteitag bestätigt worden sind, werden andere Parteiorganisationen vom Zentralkomitee bestätigt; die örtlichen Peripherieorganisationen von den örtlichen Zentren. Alle Beschlüsse des Zentralkomitees sind für sämtliche Parteiorganisationen bindend, die auch verpflichtet sind, an die Zentralkasse 20 Prozent aller ihrer Einkünfte abzuführen, mit Ausnahme des Komitees der ausländischen Organisationen, welches 90 Prozent an das Zentralkomitee abführen muss.

§ 9. Das Lokalkomitee muss vom Zentralkomitee aufgelöst werden, wenn sich für die Auflösung gleichzeitig zwei Drittel des Zentralkomitees und zwei Drittel der örtlichen Arbeiter, die den Parteiorganisationen angehören, ausgesprochen haben.

§ 10. Jedes Parteimitglied und jede Person, die irgend etwas mit der Partei zu tun hat, hat das Recht, zu verlangen, dass seine Erklärung im Original dem Zentralkomitee oder der Redaktion des Zentralorgans oder dem Parteitag zugestellt wird.

§ 11. Jede Parteiorganisation ist verpflichtet, dem Zentralkomitee sowohl wie der Redaktion des Zentralorgans alles Material zuzustellen, um diese über ihre gesamte Tätigkeit sowie ihren personellen Bestand zu unterrichten, indem sie dem Zentralkomitee ausführliche Berichte über ihre Tätigkeit nicht weniger als einmal in zwei Wochen übersendet.

§ 12. Alle Parteiorganisationen fassen ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit; die autonomen Organisationen haben Kooptationsrecht. Zur Kooptation und zum Ausschluss von Mitgliedern ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Komitees haben das Recht, in die autonomen Peripherieorganisationen Mitglieder zu entsenden. Gegen den Beschluss über die Kooptation oder über den Ausschluss von Mitgliedern ist eine Beschwerde an das Zentralkomitee zulässig.

Die Kooptation von Mitgliedern in das Zentralkomitee erfolgt einstimmig. In die Komitees und die ihnen entsprechenden Organisationen werden offizielle Kandidaten, die vom Zentralkomitee oder den autonomen Peripherieorganisationen vorgeschlagen werden, mit einfacher Stimmenmehrheit kooptiert.

1 Dongebiet, Berg- und Hüttenrevier, Kiew, Kuban, Twer, Charkow Smolensk, Jekaterinoslaw, Sibirien.

2 Die Zahl 34 ist die Höchstzahl der stimmberechtigten Organisationen die ursprünglich in die Liste des Organisationskomitees aufgenommen wurden!

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