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Wladimir I. Lenin 19181120 Rede in einer Versammlung

Wladimir I. Lenin: Rede in einer Versammlung

20. November 1918. Kurzer Zeitungsbericht

[„Prawda" Nr. 253, 22. November 1918. Nach Sämtliche Werke, Band 23, Moskau 1940, S. 367 f.]

Genossen, ich möchte einige Worte sagen anlässlich eines Briefes, der in der gestrigen Nummer der „Prawda" veröffentlicht worden ist. Dieser Brief entstammt der Feder Pitirim Sorokins, eines angesehenen Mitglieds der Konstituierenden Versammlung und der Partei der rechten Sozialrevolutionäre. Sorokin wendet sich in diesem Brief an seine Wähler mit der Erklärung, dass er sein Mandat als Mitglied der Konstituierenden Versammlung niederlegt und auf jegliche politische Tätigkeit verzichtet. Dieser Brief ist nicht nur ein außerordentlich interessantes menschliches Dokument, sondern hat auch gewaltige politische Bedeutung.

Wie bekannt, war Pitirim Sorokin der Hauptmitarbeiter an der Zeitung der rechten Sozialrevolutionäre „Wolja Naroda", die mit den Kadetten Hand in Hand ging. Dieses Geständnis in einem offenen Brief ist ein Zeichen der gewaltigen Wendung, des Umschwungs, der sich in den Kreisen vollzieht, die sich gegenüber der Sowjetmacht bisher schroff feindlich verhielten. Wenn Pitirim Sorokin sagt, dass in vielen Fällen die Politik gewisser Persönlichkeiten gesellschaftlich schädlich sei, so beweist das, dass er endlich offen und ehrlich zugibt, dass die ganze Politik der rechten Sozialrevolutionäre gesellschaftlich schädlich war.

Im Zusammenhang mit den letzten Ereignissen beginnen viele Vertreter dieser Partei zu begreifen, dass die Zeit anbricht, da die ganze Richtigkeit des bolschewistischen Standpunkts zutage tritt, und da alle Fehler und Irrtümer seiner unversöhnlichen Feinde enthüllt werden.

Sorokins Brief beweist, dass wir im gegenwärtigen Augenblick bei einer ganzen Reihe uns feindlich gegenüberstehender Gruppen zumindest auf eine neutrale Haltung gegenüber der Sowjetmacht rechnen können. Viele hat der ungeheuerliche Brester Frieden von uns abgestoßen, viele haben nicht an die Revolution geglaubt, viele haben hoch und heilig auf die lauteren Bestrebungen der Alliierten geschworen; jetzt jedoch ist all das demaskiert worden und alle sehen, dass die berühmten Alliierten, die Deutschland noch ungeheuerlichere Bedingungen als die Brester Friedensbedingungen diktiert haben, ebensolche Räuber sind wie die deutschen Imperialisten.

Die Alliierten sind bekanntlich Anhänger des monarchistischen Regimes in Russland. In Archangelsk, zum Beispiel, unterstützen sie aktiv die Monarchisten. Die Engländer marschieren gegen Russland, um den Platz der zerschmetterten deutschen Imperialisten einzunehmen. All das hat selbst den verstocktesten und rückständigsten Gegnern der Revolution die Augen geöffnet.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind viele Verblendete der Konstituierenden Versammlung gefolgt, wir jedoch haben stets gesagt, dass die Konstituierende Versammlung die Losung der Gutsbesitzer ist, die Losung der Monarchisten, der gesamten russischen Bourgeoisie mit Miljukow an der Spitze, der Russland nach rechts und nach links an den Meistbietenden verschachert.

Die amerikanische Republik würgt die Arbeiterklasse. Jetzt haben alle erkannt, was eine demokratische Republik ist. Jetzt ist allen klar, dass nur eins von beiden existieren kann: entweder der siegreiche Imperialismus, oder die Sowjetmacht – ein Mittelding gibt es nicht.

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