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Friedensvertrag von Brest-Litowsk

Friedensvertrag von Brest-Litowsk: Nach der russischen Revolution strebten die Bolschewiki einen demokratischen Frieden auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts der Völker zwischen allen Kriegführenden an. Die Westalliierten (Frankreich, Großbritannien, die USA etc.) lehnten das ab und zwangen so das durch den Krieg völlig erschöpfte Russland, einen Separatfrieden mit Deutschland, Österreich-Ungarn und ihren Verbündeten anzustreben. Die bolschewistische Verhandlungsdelegation, ab 7. Januar unter der Leitung Trotzkis, versuchte, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen und zur revolutionären Aufklärung der Bevölkerung in den kriegführenden Ländern zu nutzen. Es gab auch große Streikwellen im Januar 1918 in Österreich und im Februar 1918 in Deutschland, die aber nicht direkt zu Revolutionen führten. Deutschland und seine Verbündeten stellten weitreichende territoriale Forderungen. Innerhalb der Bolschewiki gab es drei Positionen. Eine Gruppe um Lenin meinte, dass man angesichts der Kriegsmüdigkeit v.a. der russischen Bauernschaft zur Annahme der Bedingungen gezwungen sei. Ein ultralinker Flügel hielt einen revolutionären Krieg für möglich. Trotzki vertrat eine Mittelposition: „weder Krieg noch Frieden“. Keine Unterzeichnung des Friedensvertrags, aber Demobilisierung der eigenen Armee in der Hoffnung, dass Deutschland keine Ressourcen für einen Vormarsch habe. Diese Position setzte sich zunächst durch. Es zeigte sich aber, dass die Hoffnung falsch war. Deutsche Truppen begannen am 17. Februar eine neue Offensive und Russland war gezwungen, am 3. März noch schlechtere Bedingungen zu unterschreiben. Trotzki sagte später offen, dass Lenins Position richtig gewesen war. Immerhin wurde durch das Vorgehen erreicht, dass deutlich wurde, dass die Bolschewiki, die 1917 als deutsche Agenten verleumdet worden waren, den Vertrag nur unter größtem Zwang unterschrieben. Die umfangreichen von Deutschland besetzten Gebieten banden so viele Soldaten für die Besatzung, dass die durch den Separatfrieden mit Russland erwartete Entlastung für die Kriegführung an der Westfront kaum eintrat. Und viele der Besatzungssoldaten wurden durch die revolutionären Ideen angesteckt. [WK]

Der Friede von Brest-Litowsk, kurz der Brester Friede genannt, wurde von der Sowjetregierung einerseits und Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und der Türkei anderseits abgeschlossen. Der Friedensvertrag wurde von der Delegation der Sowjetregierung in der Stadt Brest-Litowsk auf der Friedenskonferenz, die vom 1. bis zum 3. März 1918 tagte, unterschrieben und vom 4. Außerordentlichen Sowjetkongress am 15. März ratifiziert, nachdem der 7. Parteitag den Antrag Lenins und des Zentralkomitees über den Friedensschluss angenommen hatte. Dem Abschluss des Friedens gingen langwierige Verhandlungen mit Deutschland voraus, die bereits am 2. Dezember (19. November) 1917 begonnen hatten, aber auch ein ebenso langwieriger Kampf innerhalb der Partei und ihres Zentralkomitees gegen die „linken Kommunisten“ [...]. Lenin bestand entschieden auf dem Abschluss des Friedens, „um durch Abtretung von Raum Zeit zu gewinnen“, und sich eine „Atempause“ zu verschaffen, um die proletarische Diktatur zu stärken, die Rote Armee zu organisieren, die Sabotage und den Widerstand der Konterrevolution im Lande zu brechen und auf diese Weise den ersten und einzigen proletarischen Staat als Bollwerk und Waffe der Entwicklung der proletarischen Weltrevolution zu erhalten.

Die Gruppe der „linken Kommunisten“, an deren Spitze Bucharin stand, bekämpfte Lenin und betrachtete den Friedensschluss als einen Verrat an der proletarischen Weltrevolution. Das von Bucharin geleitete Parteibüro für das Moskauer Gebiet nahm eine Resolution an, in der es, – wie Lenin sagte – die „merkwürdige und ungeheuerliche“ These aufstellte, dass es unter Umständen zweckmäßig sei, den Sturz der Sowjetmacht mit in Kauf zu nehmen, um die Weltrevolution zu entfachen. In derselben Resolution wurde auch dem von Lenin geführten Zentralkomitee das Misstrauen ausgesprochen. Trotzkis Standpunkt war dem der „linken Kommunisten“ verwandt. Er vertrat eine Politik, die er durch die Formel ausdrückte; „Weder Krieg noch Friede“.

Lenin unterzog den Standpunkt der „linken Kommunisten“ und [Trotzkis] der schärfsten Kritik, und zwar sowohl in seinen Reden, besonders auf dem 7. Parteitag, als auch in der Presse. Der Widerstand der „linken Kommunisten“ und die Haltung Trotzkis verzögerten sehr bedeutend den Friedensschluss, und der Friede musste infolgedessen unter viel ungünstigeren Bedingungen geschlossen werden, als dies im Dezember 1917 möglich gewesen wäre. Nach dem Brester Friedensvertrag schieden Lettland, Estland und ein Teil Weißrusslands aus dem Gebiet der Sowjetmacht aus. Deutschland behielt den während des Krieges okkupierten Teil von Polen und Litauen. Die Sowjetregierung musste sich verpflichten, zusammen mit Lettland und Estland auch die Ukraine und Finnland zu räumen. Im November 1918, nach dem Ausbruch der Revolution in Deutschland, annullierte die Sowjetregierung den Brester Friedensvertrag.

Näheres über diesen Friedensvertrag, seine Bedeutung und den Kampf um ihn innerhalb der Partei ist im Referat und im Schlusswort Lenins über den Frieden auf dem 7. Parteitag und in seinem Artikel „Über ,linke' Kinderei“ sowie auch in den Anmerkungen hierzu enthalten. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm 3]

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