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Wladimir I. Lenin 19180522 Über die Hungersnot

Wladimir I. Lenin: Über die Hungersnot

Brief an die Petrograder Arbeiter

[Geschrieben am 22. Mai 1918. Veröffentlicht in der „Prawda" Nr. 101. 24. Mai 1918. Gezeichnet: N. Lenin. Nach Sämtliche Werke, Band 23, Moskau 1940, S. 33-41]

Genossen! Dieser Tage war euer Delegierter bei mir, ein Parteigenosse, ein Arbeiter der Putilow-Werke. Dieser Genosse schilderte mir in allen Einzelheiten das außerordentlich drückende Bild der Hungersnot in Petrograd. Wir alle wissen, dass in einer ganzen Reihe von Industriegouvernements die Ernährungsfrage ebenso scharf steht, der Hunger ebenso quälend an die Tür der Arbeiterwohnungen und die der Armen überhaupt pocht.

Daneben aber beobachten wir das wilde Treiben der Spekulation mit Getreide und anderen Lebensmitteln. Die Hungersnot rührt nicht daher, dass es in Russland kein Getreide gäbe, sondern daher, dass die Bourgeoisie und alle Reichen der Herrschaft der Werktätigen, dem Arbeiterstaat, der Sowjetmacht in der wichtigsten und brennendsten Frage, der Frage des Brotes, die letzte, entscheidende Schlacht liefern. Die Bourgeoisie und alle Reichen, einschließlich der Reichen im Dorf, der Kulaken, sprengen das Getreidemonopol; die staatliche Getreideverteilung zugunsten und im Interesse der Brotversorgung der ganzen Bevölkerung und in erster Linie der Arbeiter, der Werktätigen, der Bedürftigen, wird von ihnen zerrüttet. Die Bourgeoisie untergräbt die festen Preise, spekuliert mit dem Getreide, profitiert hundert, zweihundert und mehr Rubel an einem Pud Getreide, zerrüttet das Getreidemonopol und die richtige Verteilung des Getreides, zerrüttet es durch Schmiergelder, durch Bestechung, durch böswillige Unterstützung alles dessen, was der Arbeitermacht verderblich werden könnte, die die Verwirklichung des ersten, grundlegenden Hauptprinzips des Sozialismus erstrebt: „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen."

Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen" – das ist jedem Werktätigen verständlich. Damit sind alle Arbeiter, alle armen Bauern und sogar die Mittelbauern einverstanden, alle, die im Leben Not gekannt, alle, die jemals von ihrer Hände Arbeit gelebt haben. Neun Zehntel der Bevölkerung Russlands sind mit dieser Wahrheit einverstanden. In dieser einfachen, überaus einfachen und offenkundigen Wahrheit liegt der Grundgedanke des Sozialismus, die unerschöpfliche Quelle seiner Kraft, das unzerstörbare Unterpfand seines Endsieges.

Aber das ist es eben, dass es eine Sache ist, sein Einverständnis mit dieser Wahrheit zu bekräftigen, zu schwören, dass man sie teile, ein Lippenbekenntnis für sie abzulegen, dass es eine andere Sache ist zu verstehen, sie in die Tat umzusetzen. Wenn hunderttausende und Millionen Menschen Hungerqualen leiden (in Petrograd, in den Getreidezuschuss-Gouvernements, in Moskau) in einem Lande, in dem Millionen und aber Millionen Pud Getreide von Reichen, den Kulaken und Spekulanten, versteckt gehalten werden, in einem Lande, das sich Sozialistische Sowjetrepublik nennt, – dann liegt da etwas vor, worüber jeder klassenbewusste Arbeiter und Bauer ernst und tief nachdenken sollte.

Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen" – wie ist das in die Tat umzusetzen? Es ist so klar wie der lichte Tag, dass zur Verwirklichung dieses Grundsatzes erstens das staatliche Getreidemonopol notwendig ist, d. h. das unbedingte Verbot jedes privaten Handels mit Getreide, die Pflichtablieferung aller Getreideüberschüsse zu festen Preisen an den Staat, das unbedingte Verbot für jeden, wer es auch sei, Getreideüberschüsse zurückzuhalten und zu verheimlichen. Zweitens ist dazu die strengste Registrierung aller Getreideüberschüsse erforderlich, sowie die tadellos geregelte Zufuhr von Getreide aus den Überschussgebieten nach den Getreidezuschuss-Gebieten, verbunden mit der Anlegung von Vorräten für den Verbrauch, die Verarbeitung und die Aussaat. Drittens ist dazu eine geregelte, gerechte, dem Reichen keinerlei Privilegien und Vorteile gewährende Verteilung des Getreides an alle Bürger des Staates unter Kontrolle des proletarischen, des Arbeiterstaates notwendig.

Es genügt, auch nur ein klein wenig über diese Bedingungen des Sieges über den Hunger nachzudenken, um den ganzen Abgrund der Borniertheit jener verächtlichen Schwätzer des Anarchismus zu erkennen, die die Notwendigkeit einer Staatsgewalt (und zwar einer in ihrer Härte gegenüber der Bourgeoisie und ihrer Festigkeit gegenüber den Desorganisatoren erbarmungslosen Gewalt) für den Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus, für die Erlösung der Werktätigen von jeglichem Joch, von jeglicher Ausbeutung, verneinen. Gerade jetzt, wo unsere Revolution unmittelbar, konkret, praktisch – und darin liegt ihr unzerstörbares Verdienst – an die Aufgaben der Verwirklichung des Sozialismus herangetreten ist, gerade jetzt und gerade in der Hauptfrage, in der Getreidefrage, zeigt sich klipp und klar die Notwendigkeit einer eisernen revolutionären Macht, der Diktatur des Proletariats, der Organisierung der Beschaffung von Produkten, ihrer Zufuhr und Verteilung im Massenmaßstab, im Rahmen der Gesamtnation, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Dutzenden und hunderten Millionen Menschen, unter Berechnung der Bedingungen und der Ergebnisse der Produktion auf ein Jahr, ja auf viele Jahre im Voraus (denn es kommen Misserntejahre vor, zur Erhöhung des Ernteertrages sind Meliorationen notwendig, die langjährige Arbeiten erfordern usw.).

Romanow und Kerenski haben der Arbeiterklasse ein durch ihren verbrecherischen und drückenden Raubkrieg bis auf den Grund zerrüttetes Land als Erbe hinterlassen, ein Land, das durch die russischen und ausländischen Imperialisten bis aufs Letzte ausgeplündert ist. Das Brot wird nur bei strengster Registrierung eines jeden Puds, nur bei unbedingt gleichmäßiger Verteilung eines jeden Pfundes für alle reichen. An Brot für die Maschinen, das heißt an Brennstoff, herrscht gleichfalls der größte Mangel: die Eisenbahnen und Fabriken werden stillstehen, Arbeitslosigkeit und Hunger werden das ganze Volk zugrunde richten, wenn nicht alle Kräfte angespannt werden, um eine rücksichtslos strenge Sparsamkeit im Verbrauch, eine rücksichtslos strenge Regelung der Verteilung durchzusetzen. Wir stehen vor der Katastrophe, sie ist ganz, ganz nahe herangerückt. Auf den so maßlos schweren Mai folgen noch schwerere Monate, Juni, Juli und August.

Das staatliche Getreidemonopol besteht bei uns dem Gesetz nach, in Wirklichkeit aber durchbricht die Bourgeoisie es auf Schritt und Tritt. Der Dorfreiche, der Kulak, der Blutsauger des Dorfes, der jahrzehntelang den ganzen Umkreis ausplünderte, zieht es vor, sich durch Spekulation und Schnapsbrennen zu bereichern: das ist ja so vorteilhaft für seine Tasche; die Schuld am Hunger aber schiebt er der Sowjetmacht zu. Genau so verfahren die politischen Verteidiger des Kulaken, die Kadetten, die rechten Sozialrevolutionäre, die Menschewiki, die offen und geheim gegen das Getreidemonopol und gegen die Sowjetmacht „arbeiten". Die Partei der Charakterlosen, d. h. die linken Sozialrevolutionäre, ist auch hier charakterlos: sie gibt dem habsüchtigen Geschrei und Gejammer der Bourgeoisie nach, sie zetert gegen das Getreidemonopol, sie „protestiert" gegen die Ernährungsdiktatur, sie lässt sich von der Bourgeoisie einschüchtern, sie fürchtet den Kampf gegen den Kulaken, weiß in ihrer Hysterie nicht aus noch ein und rät, die Festpreise zu erhöhen, den Privathandel zu gestatten und ähnliches mehr.

Diese Partei der Charakterlosen widerspiegelt in der Politik ungefähr das, was sich im Leben abspielt, wenn der Kulak die Dorfarmut gegen die Sowjets aufhetzt, sie besticht, wenn er beispielsweise irgendeinem armen Bauern ein Pud Getreide nicht für sechs, sondern für drei Rubel ablässt, damit dieser korrumpierte Armbauer selber aus der Spekulation „Nutzen ziehe", selber „profitiere" durch den spekulativen Verkauf dieses Puds für 150 Rubel, selber zum Schreier gegen die Sowjets werde, die den Privathandel mit Getreide verbieten.

Wer fähig ist zu denken, wer auch nur ein ganz klein wenig nachdenken will, für den ist es klar, auf welcher Linie der Kampf vor sich geht:

Entweder werden die fortgeschrittenen, klassenbewussten Arbeiter siegen, nachdem sie die Masse der Armen um sich vereinigt, eine eiserne Ordnung, eine rücksichtslos strenge Macht, eine wirkliche Diktatur des Proletariats aufgerichtet haben, werden den Kulaken zwingen, sich zu unterwerfen, indem sie eine geregelte Verteilung des Getreides und des Brennstoffs für das ganze Staatsgebiet herbeiführen – oder die Bourgeoisie wird mit Hilfe der Kulaken, mit indirekter Unterstützung durch die charakterlosen Konfusionsräte (die Anarchisten und die linken Sozialrevolutionäre) die Sowjetmacht stürzen und einen russisch-deutschen oder einen russisch-japanischen Kornilow einsetzen, der dem Volk den sechzehnstündigen Arbeitstag, eine Wochenration von einem achtel Pfund Brot, Massenerschießungen von Arbeitern, Folterungen in den Kerkern, so wie in Finnland, wie in der Ukraine, bringen wird:

Entweder – oder.

Einen Mittelweg gibt es nicht.

Die Lage des Landes hat sich bis zum Äußersten zugespitzt.

Wer sich in das politische Leben hineindenkt, der muss unbedingt sehen, dass die Kadetten mit den rechten Sozialrevolutionären und den Menschewiki darüber kuhhandeln, ob ein russisch-deutscher oder ein russisch-japanischer Kornilow „genehmer" ist, ob ein gekrönter oder ein republikanischer Kornilow die Revolution besser und sicherer niederschlagen wird.

Es ist an der Zeit, dass sich alle klassenbewussten, ,alle fortgeschrittenen Arbeiter einig werden. Es ist an der Zeit, dass sie sich aufraffen und begreifen, dass jede Minute des Zögerns Land und Revolution mit dem Untergang bedroht.

Mit halben Maßnahmen ist nichts getan. Klagen führen zu nichts. Die Versuche, Getreide oder Brennstoffe „en detail" für sich, d. h. für den „eigenen" Betrieb, für das „eigene" Unternehmen zu beschaffen, vergrößern nur die Desorganisation, erleichtern nur den Spekulanten ihr eigennütziges, schmutziges und dunkles Handwerk.

Und darum erlaube ich mir, mich mit einem Brief an euch, Genossen Petrograder Arbeiter, zu wenden. Petrograd ist nicht Russland. Die Petrograder Arbeiter sind ein kleiner Teil der Arbeiter Russlands. Aber sie sind eine der besten, eine der fortgeschrittensten, der klassenbewusstesten, der revolutionärsten und festesten Abteilungen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen Russlands, die der hohlen Phrase, der charakterlosen Verzweiflung und der Einschüchterung durch die Bourgeoisie am wenigsten zugänglich ist. Und in kritischen Augenblicken im Leben der Völker war es mehr als einmal der Fall, dass selbst zahlenmäßig schwache, fortgeschrittene Abteilungen der führenden Klassen alle mit sich rissen, in den Massen das Feuer des revolutionären Enthusiasmus entzündeten und die größten historischen Heldentaten vollbrachten.

Wir hatten vierzigtausend Arbeiter in den Putilow-Werken – sagte mir der Delegierte der Petrograder Arbeiter –, aber die meisten von ihnen waren „Saison“arbeiter, keine Proletarier, unzuverlässige, schlappe Leute. Jetzt sind fünfzehntausend geblieben, aber das sind Proletarier, im Kampf erprobt und gestählt.

Eben diese Avantgarde der Revolution – in Petrograd wie im ganzen Lande – muss ihren Ruf erschallen lassen, muss sich als Masse erheben, muss begreifen, dass in ihren Händen die Heilung des Landes liegt, dass von ihr nicht weniger Heroismus gefordert wird als im Januar und im Oktober 1905, als im Februar und im Oktober 1917, dass ein gewaltiger „Kreuzzug" gegen die Getreidespekulanten, die Kulaken, die Blutsauger des Dorfes, die Desorganisatoren und die bestechlichen Elemente organisiert werden muss, ein gewaltiger „Kreuzzug" gegen alle, die die strengste staatliche Ordnung bei der Beschaffung, Zufuhr und Verteilung des Brotes für Menschen und Maschinen zerrütten.

Nur der Elan der Massen der fortgeschrittenen Arbeiter vermag Land und Revolution zu retten. Man braucht Zehntausende von Vorkämpfern, von gestählten Proletariern, die klassenbewusst genug sind, um den Millionen von Armen in allen Ecken und Enden des Landes die Sache klarzumachen und sich an die Spitze dieser Millionen zu stellen; die standhaft genug sind, um erbarmungslos jeden von sich abzuschütteln und zu erschießen, der sich – wie das mitunter vorkommt – durch die Verlockungen der Spekulation „verführen" ließe und sich aus einem Kämpfer für die Sache des Volkes in einen Plünderer verwandelte; die fest genug und der Revolution ergeben genug sind, um organisiert alle Lasten des Feldzuges zu tragen, der im ganzen Land für diie Herstellung der Ordnung, für die Festigung der örtlichen Organe der Sowjetmacht, für die örtliche Kontrolle über jedes Pud Getreide, jedes Pud Brennstoff zu führen ist.

Das zu tun ist etwas schwieriger, als für einige Tage Heroismus an den Tag zu legen, ohne das warme Nest zu verlassen, ohne ins Feld zu ziehen, ohne über den spontanen Aufstand gegen den Idioten und Bösewicht Romanow oder den Trottel und Prahlhans Kerenski hinauszugehen. Der Heroismus einer langwierigen, hartnäckigen organisatorischen Arbeit im Rahmen des ganzen Staates ist unermesslich schwieriger, dafür aber auch unermesslich größer als der Heroismus der Aufstände. Aber die Stärke der Arbeiterparteien und der Arbeiterklasse bestand noch stets darin, der Gefahr kühn, gerade und offen ins Gesicht zu schauen, sie ohne Furcht anzuerkennen, nüchtern abzuwägen, welche Kräfte im „eigenen" und welche im „fremden" Lager, im Lager der Ausbeuter, stehen. Die Revolution schreitet vorwärts, entwickelt sich und wächst. Es wachsen auch die Aufgaben, vor denen wir stehen. Der Kampf wächst in die Breite und in die Tiefe. Die geregelte Verteilung des Getreides und der Brennstoffe, die Steigerung ihrer Gewinnung, strengste Rechnungslegung und Kontrolle darüber durch die Arbeiter, und zwar im Rahmen des ganzen Staates – das ist die eigentliche und wichtigste Vorstufe zum Sozialismus. Das ist schon nicht mehr eine „allgemein revolutionäre" sondern eben eine kommunistische Aufgabe, eben eine solche Aufgabe, wo die Werktätigen und Armen dem Kapitalismus die Entscheidungsschlacht liefern müssen.

Für diesen Kampf lohnt es, alle Kräfte herzugeben: groß sind seine Schwierigkeiten, aber groß ist auch das Werk, für das wir kämpfen – die Vernichtung der Unterdrückung und Ausbeutung.

Wenn das Volk hungert, wenn die Arbeitslosigkeit immer drohender wütet, ist jeder, der ein überschüssiges Pud Getreide verbirgt, jeder, der den Staat um ein Pud Brennstoff bringt, der größte Verbrecher.

In einer solchen Zeit – und für die wahrhaft kommunistische Gesellschaft trifft das immer zu – ist jedes Pud Getreide und Brennstoff ein wahres Heiligtum, nicht zu vergleichen den Heiligtümern, mit denen die Pfaffen die Dummköpfe hinters Licht führen, wenn sie das Himmelreich als Lohn für die irdische Sklaverei verheißen. Um aber von diesem wirklichen Heiligtum jeden Rest pfäffischer „Heiligkeit" abzustreifen, muss man sich seiner praktisch bemächtigen, muss man in der Tat seine geregelte Verteilung durchsetzen, muss man alle Getreideüberschüsse ausnahmslos, restlos dem Staatsfonds zuführen, muss man das ganze Land von verborgenen oder nicht eingesammelten Getreideüberschüssen säubern, muss man mit harter Arbeiterfaust die äußerste Anspannung der Kräfte zur Steigerung der Brennstoffgewinung, größte Sparsamkeit bei der Verwendung, größte Ordnung bei der Zufuhr und beim Verbrauch der Brennstoffe durchsetzen.

Notwendig ist ein Massen„kreuzzug" der fortgeschrittenen Arbeiler nach jeder Produktionsstätte von Getreide und Brennstoffen, nach jedem Punkt, der für ihre Zufuhr und Verteilung wichtig ist, zwecks Steigerung der Arbeitsenergie, zur Verzehnfachung dieser Energie, zur Unterstützung der örtlichen Organe der Sowjetmacht bei der Rechnungsführung und Kontrolle, zur Ausrottung der Spekulation, der Bestechlichkeit und Schlamperei mit Waffengewalt. Diese Aufgabe ist nicht neu. Neue Aufgaben stellt die Geschichte im Grunde genommen nicht, – sie vergrößert nur das Ausmaß und die Tragweite der alten Aufgaben in dem Maße, wie sich die Tragweite der Revolution vergrößert, ihre Schwierigkeiten zunehmen, die Größe ihrer weltgeschichtlichen Aufgabe wächst.

Eines der größten, unzerstörbaren Werke des Oktober-, des Sowjetumsturzes besteht darin, dass der fortgeschrittene Arbeiter als Leiter der Armut, als Führer der werktätigen bäuerlichen Massen, als Erbauer des Staates der Arbeit „ins Volk" gegangen ist. Petrograd und die anderen proletarischen Zentren haben an das Dorf Tausende und aber Tausende der besten Arbeiter abgegeben. Abteilungen zum Kampf gegen Kaledin und Dutow, Abteilungen zur Beschaffung von Lebensmitteln – das alles ist nicht neu. Die Aufgabe besteht nur darin, dass die Nähe der Katastrophe, die Schwere der Lage zu einer zehnmal größeren Leistung als früher verpflichtet.

Der Arbeiter ist dadurch, dass er zum Vorkämpfer und Führer der Armut geworden ist, kein Heiliger geworden. Er führte das Volk vorwärts, aber er wurde manchmal auch selbst von den Krankheiten des kleinbürgerlichen Verfalls angesteckt. Je weniger Abteilungen aus den bestorganisierten, klassenbewusstesten, diszipliniertesten und standhaftesten Arbeitern vorhanden waren, desto häufiger zersetzten sich diese Abteilungen, desto häufiger waren die Fälle, wo die Kleineigentümer-Mentalität der Vergangenheit über das proletarisch-kommunistische Bewusstsein der Zukunft den Sieg davontrug.

Die Arbeiterklasse kann, nachdem sie die kommunistische Revolution begonnen hat, nicht mit einem Schlag die Schwächen und Laster abstreifen, die von der Gesellschaft der Gutsbesitzer und Kapitalisten hinterlassen worden sind, von der Gesellschaft der Ausbeuter und Blutsauger, der Gesellschaft des schmutzigen Eigennutzes und der persönlichen Bereicherung weniger, bei gleichzeitiger Armut vieler. Doch die Arbeiterklasse kann die alte Welt, ihre Laster und Schwächen besiegen – und wird sie schließlich bestimmt und unweigerlich besiegen –, wenn gegen den Feind immer neue, immer zahlreichere, durch die Erfahrung immer aufgeklärtere, durch die Schwierigkeiten des Kampfes immer gestähltere Arbeiterabteilungen eingesetzt werden.

So, gerade so stehen heute die Dinge in Russland. Vereinzelt und zersplittert kann man den Hunger und die Arbeitslosigkeit nicht besiegen. Notwendig ist ein Massen„kreuzzug" der fortgeschrittenen Arbeiter nach allen Ecken und Enden des Riesenlandes. Zehnmal soviel eiserne Abteilungen des klassenbewussten und dem Kommunismus grenzenlos ergebenen Proletariats sind notwendig. Dann werden wir den Hunger und die Arbeitslosigkeit besiegen. Dann werden wir die Revolution auf die wirkliche Vorstufe des Sozialismus emporheben. Dann werden wir auch in der Lage sein, gegen die imperialistischen Räuber einen siegreichen Verteidigungskrieg zu führen.

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