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Wladimir I. Lenin 19140429 Die nationale Gleichberechtigung

Wladimir I. Lenin: Die nationale Gleichberechtigung

[„Putj Prawdy", Nr. 62. 29. (16.) April 1914.Nach Sämtliche Werke Band 17, Moskau-Leningrad 1935, S. 398 f.]

Die Sozialdemokratische Arbeiterfraktion Russlands hat in Nr. 48 des „Putj Prawdy" (vom 28. März) einen Gesetzentwurf über die nationale Gleichberechtigung oder, wie der offizielle Titel lautet, einen „Gesetzentwurfüber die Aufhebung sämtlicher Beschränkungen der Rechte der Judenund überhaupt aller Beschränkungen, die mit der Abstammung oder mitder Zugehörigkeit zu irgendeiner Nationalität verbunden sind“, veröffentlicht.

Die russischen Arbeiter können und dürfen über der Unruhe und Sorge des Kampfes ums Dasein und ums tägliche Brot nicht die nationale Unterdrückung vergessen, unter deren Joch viele Millionen „Fremdstämmiger" in Russland schmachten. Die herrschende Nationalität – die Großrussen – bildet etwa 45 Prozent der gesamten Bevölkerung des Reiches. Von 100 Einwohnern gehören mehr als 50 zu den „Fremdstämmigen".

Und diese ganze Bevölkerungsmasse lebt in noch unmenschlicheren Verhältnissen als die Russen.

Die Politik der Unterdrückung der Nationalitäten ist die Politik der Trennung der Nationen. Sie ist gleichzeitig die Politik der systematischen Demoralisierung des Volksbewusstseins. Auf die Gegenüberstellung der Interessen verschiedener Nationen, auf die Vergiftung des Bewusstseins der unaufgeklärten und unterdrückten Massen gründen sich alle Pläne der Schwarzhunderter. Nehmt ein beliebiges Schwarzhunderter-Blättchen, und ihr werdet sehen, dass die Verfolgung der „Fremdstämmigen", dass die Entfachung des gegenseitigen Misstrauens zwischen dem russischen Bauern, dem russischen Kleinbürger, dem russischen Handwerker und dem jüdischen, finnischen, polnischen, georgischen, ukrainischen Bauern, Kleinbürger und Handwerker das tägliche Brot der ganzen Schwarzhunderter-Bande ist.

Der Arbeiterklasse tut aber nicht die Trennung, sondern die Einigkeit Not. Es gibt für sie keinen ärgeren Feind als die barbarischen Vorurteile und den Aberglauben, die von den Feinden der Arbeiterklasse in die unaufgeklärte Masse hineingetragen werden. Die Unterdrückung der „Fremdstämmigen" ist ein Stock mit zwei Enden. Mit dem einen Ende schlägt er den „Fremdstämmigen'', mit dem anderen das russische Volk.

Und deshalb muss sich die Arbeiterklasse aufs Entschiedenste gegen jede wie immer geartete Unterdrückung der Nationalitäten aussprechen.

Der Agitation der Schwarzhunderter, die bemüht sind, die Aufmerksamkeit der Arbeiterklasse auf die Hetze gegen die Fremdstämmigen abzulenken, muss sie ihre Überzeugung von der Notwendigkeit der vollkommenem Gleichberechtigung und des vollständigen und endgültigen Verzichts auf jedes Privileg jedweder Nation entgegenstellen

Eine besonders gehässige Agitation wird von den Schwarzhundertern gegen die Juden betrieben. Die Purischkewitsch versuchen, das jüdische Volk zum Sündenbock für alle ihre eigenen Sünden zu machen.

Es ist daher ganz richtig, wenn die Sozialdemokratische Arbeiterfraktion Russlands in ihrem Gesetzentwurf der jüdischen Rechtlosigkeit den ersten Platz einräumt.

Sowohl die Schule als auch die Presse und die Parlamentstribüne, alles, alles wird ausgenützt, um einen finsteren, wilden, grimmigen Hass gegen die Juden auszusäen.

An diesem finsteren, niederträchtigen Werke arbeitet nicht nur der Auswurf der Schwarzhunderter, sondern auch reaktionäre Professoren, Gelehrte, Journalisten, Abgeordnete. Millionen und Milliarden Rubel werden verschwendet, um das Bewusstsein des Volkes zu vergiften.

Es ist Ehrensache der russischen Arbeiter, dass der Gesetzentwurf der Sozialdemokratischen Arbeiterfraktion Russlands gegen die nationale Unterdrückung durch viele Tausende proletarische Unterschriften und Erklärungen unterstützt werde. Das wird mehr als alles andere die vollkommene Einheit und den Zusammenschluss aller Arbeiter Russlands ohne Unterschied der Nationalität festigen.

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