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Wladimir I. Lenin 19170427 An die Soldaten und Matrosen

Wladimir I. Lenin: An die Soldaten und Matrosen1

[Geschrieben zwischen dem 24. und 27. (11.-14.) April 1917 Zum ersten Mal veröffentlicht 1925 im „Leninsammelbuch" Nr. 4. Nach Sämtliche Werke, Band 20.1, Wien-Berlin 1928, S. 214-216]

Genossen Soldaten! Genossen Matrosen!

Die Zeitungen der Kapitalisten, von der „Rjetsch" bis zur „Russkaja Wolja", entfalten die allerschamloseste Lügen- und Verleumdungskampagne, weil ich und dreißig andere Emigranten durch Deutschland gereist sind.

Die Zeitungen der Kapitalisten lügen schamlos, wenn sie behaupten oder andeuten, dass wir irgendwelche unzulässige oder ungewöhnliche Liebesdienste von der deutschen Regierung angenommen hätten, von einer Regierung, die wir für genau so räuberisch, für genau so verbrecherisch halten, wie alle am gegenwärtigen Kriege beteiligten kapitalistischen Regierungen.

Um reicher Leute willen mit „Beziehungen" zu hochgestellten Beamten der Zarenmonarchie, wie z. B. des liberalen Professors Kowalewski, eines Freundes der Miljukow u. Co., wurden wiederholt unter Vermittlung der russischen, zaristischen Regierung mit der deutschen Regierung Verhandlungen angeknüpft über den Austausch internierter Russen gegen internierte Deutsche.

Warum sollten also Emigranten, die wegen ihres Kampfes gegen den Zaren im Exil schmachteten, nicht das Recht haben, ohne die Regierung über den Austausch von Russen gegen Deutsche zu einer Einigung zu kommen?

Warum hat die Regierung der Miljukow u. Co. den mit uns reisenden schweizerischen Sozialisten Fritz Platten, der den Austauschvertrag mit der deutschen Regierung geschlossen hat, nicht nach Russland hereingelassen?

Die Regierung lügt, wenn sie das Gerücht verbreitet, Platten sei ein Freund der Deutschen. Das ist eine Verleumdung. Platten ist ein Freund der Arbeiter und ein Feind der Kapitalisten aller Länder.

Die Kapitalisten lügen, wenn sie Gerüchte verbreiten, dass wir für einen Sonderfrieden mit den Deutschen seien, dass wir in Stockholm mit solchen deutschen Sozialisten, die auf der Seite der eigenen Regierung stehen, verhandelt hätten oder verhandeln wollten.

Das ist Lüge und Verleumdung. An Konferenzen mit Sozialisten dieser Art haben wir nicht teilgenommen und werden wir nicht teilnehmen. Wir betrachten die Sozialisten aller Länder, die den eigenen Kapitalisten helfen, diesen verbrecherischen Krieg zu führen, als Verräter am Sozialismus.

Unsere Freunde sind nur jene Sozialisten, die ähnlich dem von der deutschen Räuberregierung zu Zuchthaus verurteilten Karl Liebknecht sich gegen die eigenen Kapitalisten erheben.

Wir wollen keinen Sonderfrieden, keinen Separatfrieden mit Deutschland, wir wollen den Frieden aller Völker, wir wollen den Sieg der Arbeiter aller Länder über die Kapitalisten aller Länder.

Die Kapitalisten Russlands lügen und verleumden uns, so wie die deutschen Kapitalisten Liebknecht verleumden. Die Kapitalisten lügen, wenn sie sagen, wir wollen den Zwist und die Feindschaft zwischen den Arbeitern und Soldaten.

Das ist nicht wahr! Wir wollen die Einigkeit der Arbeiter und Soldaten. Wir wollen den Mitgliedern der Arbeiter- und Soldatendeputiertenräte klarmachen, dass in den Händen dieser Räte die gesamte Staatsgewalt sich befinden muss.

Die Kapitalisten verleumden uns, und ihre Schamlosigkeit geht so weit, dass keine einzige bürgerliche Zeitung unseren Bericht über unsere Reise und die Beschlüsse des Exekutivkomitees aus den „Iswestija" (Nachrichtenblatt) des Arbeiter- und Soldatendeputiertenrates abgedruckt hat.

Jeder Arbeiter und jeder Soldat kennt seinen Arbeiter- und Soldatendeputiertenrat. Dem Exekutivkomitee dieses Rates haben wir sofort am Tage nach unserer Ankunft Bericht erstattet. Der Bericht wurde veröffentlicht in den „Iswestija"2. Warum hat keine einzige Zeitung der Kapitalisten diesen Bericht nachgedruckt?

Weil diese Zeitungen Lügen und Verleumdungen verbreiten und fürchten, dass unser Bericht an das Exekutivkomitee die Betrüger entlarven würde.

Warum hat keine Zeitung den Beschluss des Exekutivkomitees zu unserem Bericht veröffentlicht, den Beschluss, der in derselben Nummer der „Iswestija" veröffentlicht wurde?

Weil dieser Beschluss, der von der Regierung Maßnahmen verlangt zur Rückkehr der Emigranten, den Betrug der Kapitalisten und ihrer Zeitungen entlarvt.

Die „Iswestija" des Rates bringen einen Protest gegen die Verhaftung Trotzkis durch die Engländer; ferner einen Brief Surabows, der die Lüge Miljukows entlarvt; ferner ein Telegramm Martows über den gleichen Gegenstand.3

Soldaten und Matrosen! Glaubt der Lüge und den Verleumdungen der Kapitalisten nicht! Entlarvt die Betrüger, die die in den „Iswestija" veröffentlichte Wahrheit verschweigen!

1 Der Aufruf „An die Soldaten und Matrosen" wurde von Lenin nach dem 24. (11.) April 1917 geschrieben; das Manuskript wurde unter seinen Papieren gefunden. Dieser Aufruf wurde seinerzeit nicht veröffentlicht; stattdessen erschien in der „Prawda" ein anderer Aufruf unter dem Titel: „Gegen die Pogromhetzer."

2 Der Bericht wurde veröffentlicht in Nr. 32 der „Iswestija" vom 18. (5.) April 1917.

3 Der Protest des Petrograder Rates gegen die Verhaftung von Trotzki, Melnitschanski und anderen Internationalisten auf ihrer Rückreise von Amerika nach Russland durch die englische Regierung in Kanada findet sich in Nr. 36 der „Iswestija" des Petrograder Rates. – Der Brief Surabows, eines linken Menschewiks und ehemaligen Abgeordneten der zweiten Reichsduma, teilte mit, dass der Außenminister Miljukow den russischen Konsuln im Auslande die Weisung gegeben habe, den internationalistischen Emigranten, über die schwarze Listen geführt wurden, keine Pässe zu erteilen. Das Telegramm Martows ist in Nr., 37 der „Iswestija" vom 24. (11.) April 1917 abgedruckt.

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