T. 19320400 Über die Arbeit des KJVD

T.: Über die Arbeit des KJVD

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 7 (Anfang April 1932), S. 11 f.. = Der Jungkommunist. Jugendbeilage der „Permanenten Revolution", II. Jahrgang, Nr. 3, S. 1 f.]

Die «Internationale» vom Februar 1932 enthält 2 Artikel über den KJVD. Einmal: «Der KJVD im Kampf um die Ge­winnung der Arbeiterjugend» von Alfred Hiller, und zweitens: «Einige Bemerkungen zur Arbeit des Jugendverbandes» von Ernst Thälmann.

Unsere besondere Aufgabe soll es hier sein, einmal die «Bemerkungen» Thälmanns zu zergliedern. Vorerst muss aber gesagt werden: Was nützen uns Jugendlichen solche «Bemerkungen»? – Nichts. – Grundsätzliches, Konkretes, Objekti­ves wollen wir formuliert sehen. Den Marxismus-Leninismus unverfälscht lernen. – Aber für die «großen Führer» der Gegenwart, Stalin, Thälmann usw., scheint die Jugendfrage keine wichtige Rolle zu spielen, wohl ab und zu «einige Bemerkun­gen», sonst hat man uns nichts zu sagen, oder – weiß uns nichts zu sagen.

Thälmann schreibt:

«Die gesamte Politik des Jugendverbandes muss sich also in erster Linie 2 Aufgaben zuwenden: der Vorberei­tung, Auslösung und Führung von Streiks der Lehrlinge und Jungarbeiter und in engster Verbindung damit der Organisierung und Mobilisierung der Jungerwerbslosen für Massenaktionen zur Verteidigung ihrer nackten Existenz und zur Erklärung ihrer Forderungen.»

Zur ersten Aufgabe muss die Frage gestellt werden, ob der heutige Jugendverband ein Faktor ist, der diese Aufgabe lösen kann? – Nein. – Zahlenmäßig genommen natürlich. 55 000 Mitglieder des Kommunistischen Jugendverbandes sind ein Faktor, der unter einer bolschewistisch-leninistischen Führung diese Aufgabe lösen würde, da unter einer richtigen Leitung und richtigen Politik Tausende von Jungarbeitern ihre Sym­pathie für den KJVD im Kampfe beweisen und zeigen würden. Warum muss aber heute der Jugendverband bei der Erfüllung dieser Aufgabe versagen?

Die heutige besondere Lage der Jugendlichen, die gekenn­zeichnet ist durch Tariflosigkeit, Überstunden, verschärfte Aus­beutung, Lohnabbau, Rechtlosigkeit, völlige geistige Unterdrückung, Verbot sich in politischen Organisationen zu orga­nisieren (für Berufs- und Volksschüler), Entzug der Arbeits­losenunterstützung für alle unter 18 Jahren, ist eine, die an den Kommunistischen Jugendverband die Notwendigkeit er­höhter Aktivität stellt. Vorbereitungen von Streiks werden heute getroffen, wenn in Kürze die Tarife ablaufen oder wenn sich innerhalb des Betriebes Vorfälle ereignet haben, die in ihrer Entwicklung zum Streik führen können. Während dieser Zeit müssen wir der Arbeiterschaft Losungen und Parolen geben, die schließlich den Streik auslösen und unter denen der Streik geführt wird. – Und die Führung des Streiks wird im­mer derjenige haben, der das Vertrauen der streikenden Arbeiterschaft hat. Durch die Gründung der Jugend-RGO haben wir uns den Massen der Junggewerkschaftler entfremdet. – In den letzten Jahren können wir von keinen Streiks der Lehrlinge und Jungarbeiterschaft, der unter der werktätigen Ju­gend popularisiert werden konnte, weil er von uns vorbereitet, ausgelöst, geführt und von Erfolg war, sprechen. Wohl schreibt Alfred Hiller von 142 Streiks der jugendlichen Arbeiter, Arbeiterinnen, Lehrlingen seit dem Oktober 1930, aber leider ist es nur eine Zahl ohne Vorstellungen.

Bei der zweiten Aufgabe hat Thälmann vergessen zu «be­merken», was für eine Gestalt die Massenaktionen zur Verteidigung der nackten Existenz annehmen sollen und wie die Forderungen der kommunistischen Jugend für die Jungerwerbslosen sind. Bis heute ist von der Führung des KJVD. noch nichts für eine systematische Arbeit unter den Jungerwerbslosen getan werden.

Thälmann schreibt weiter:

«In den Fragen der Organisation und ihres inneren Lebens steht vor dem Jugendverband noch dringender als vor der Partei die Notwendigkeit der Überwindung der Fluktuation… gilt es ebenfalls für den KJVD das innere Leben der Organisation entsprechend den Bedürfnissen der Jugend interessanter, anziehender und lebendiger zu gestalten.»

Immer wird es sich bewahrheiten, dass die politischen Aktionen des KJVD im täglichen Kampfe das Spiegelbild seines innerverbandlichen Lebens sind. Wie ist das innerverbandliche Leben? Schlecht. Es ist so, wie es unter dem Bürokratismus sein muss. Geben wir uns doch nicht zufrieden mit der Feststellung der Fluktuation, sondern fragen wir nach ihrer Ursachen. Die Hauptursache der Fluktuation ist die Ausschaltung der innerparteilichen Demokratie. Gerade bei Jugendlichen, die oft eigene Gedanken haben, die, wie wir auf Grund der besonderen Gedanken der Jugendlichen wissen, spontan, unbeständig, dabei aufnahmefähig für alles sind, gerade hier leistet der Jugendverband keine systematische Erziehungs­arbeit. Den Jugendlichen wird, nachdem sie Mitglieder des KJVD. geworden und wie es in einem G.-Rundschreiben der BL.-Sachsen heißt, hundertprozentig überzeugt sind, sofort eine Funktion aufgetragen. Äußern diese Jugendlichen dann einmal ihre Meinung, oder wagen sie gar in der Diskussion gegen den Referenten etwas zu sagen, so werden sie sofort, wenn sie sich nicht überzeugen lassen, als Opportunisten, Brandleristen oder Trotzkisten bezeichnet. Diese Jugendlichen ziehen sich dann zurück, bleiben noch einige Zeit zahlende Mitglieder und treten schließlich mit der Begründung, ach mir gefällt es nicht mehr, aus. Wäre aber eine innerparteiliche Demokratie im Jugendverband, so könnten alle Meinungen ka­meradschaftlich diskutiert und geklärt werden. So wäre für alle die, die wieder gehen, der Jugendverband keine Durchgangsorganisation zum Gegner oder in die Indifferenz, son­dern er wäre die Organisation, die unbedingt ihr Interesse wachhalten und steigern würde. Weiter bemerkt Thälmann:

«Eine Hauptaufgabe des KJVD liegt auf dem Gebiet der Presse. Die Ausgestaltung der Jungen Garde zum wirklichen Massenorgan … durch Massenwerbung.»

Natürlich Massenorgan, natürlich Massenwerbung, aber unsere Jugendlichen werden fragen: Wie, wenn wir nicht dis­kutieren können? Verkaufen können sie Zeitungen, aber zur Werbung unter Indifferenten und Gegnern fehlt die ideolo­gische Schulung. Schulungsarbeit steht heute mit im Vorder­grund, aber wie sieht sie aus? Massenschulungstage, Streikführerschulen, Wochenendschulung, usw. Losgetrennt ist diese Schulung, auf Tage festgelegt, einmal über die Bedeutung des roten Volksentscheids, dann über den großen Thälmannartikel der «Internationale» 11/12, Dez. 31. Nichts Systematisches, nichts Grundsätzliches! – Es ist dann auch nicht verwunder­lich, wenn die Mitglieder nur Bescheid wissen über die im Sturmplan zu gewinnenden Mitglieder, über die zu orga­nisierenden Betriebsversammlungen, über die Höhe der zu verkaufenden Zeitungen. – Das heißt aber nicht, dass sie die Sturmpläne oder Kassenwettbewerbe ab­schießen, denn das besorgt die Leitung. Es steht aber noch die Frage: Wie lernen die Mitglieder diskutieren? Sie lernen es nur, indem sie die Erfahrungen der Arbeiter­schaft, die diese im Klassenkampf gegen alle ihre Feinde bis zum heutigen Tag gemacht hat, sich aneignen, indem sie selbst diese Erfahrungen im täglichen Kampfe anwenden und so neue Erfahrungen sammeln. Eine solche Grundlage befä­higt sie auch, für die Zukunft eine Perspektive zu geben. Na­türlich hat Lenin gesagt, dass Kommunismus keine Bücher­weisheit sei, er sagt aber auch: Ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Praxis, – d. h. ich kann kein Kommu­nist sein, wenn ich nicht die Bücher des Marxismus-Leninis­mus gelesen und verstanden habe. —- Trotzki sagt in seinem neuen Buch: «Was nun?» Lest die «Kinderkrankheiten des Ra­dikalismus», das ist jetzt das zeitgemäßeste Buch!

Thälmanns Bemerkungen klingen aus:

«Die Leitung des komm. Jugendverbandes … muss sich darüber klar sein, dass es größter Kraftanstrengung und einer Umstellung der gesamten Methoden bedarf, um wirk­lich die gesamte Mitgliederschaft des Jugendverbandes auf die bolschewistische Erfüllung der gestellten Aufgaben einzustellen. Hier hat der Jugendverband eine gewaltige ideologische Arbeit zu leisten…»

Unter dieser Führung des KJVD wird diese Arbeit nie eine gewaltige ideologische sein, sondern nur eine «Umstellung im bürokratischen Apparat erfordern.

«Die Präsidentschaftswahlkampagne, die Preußenwahl­kampagne, Internationaler Frauentag, der 1. Mai und vor allem die Durchführung des Internationalen Jugendtages bieten dem komm. Jugendverband die umfassendsten Möglichkeiten zur Entfaltung seiner Jugendpolitik und zum vollen Übergang zu Methoden wirklich bolschewistischer Massenarbeit.»

Dazu sagen wir Jungkommunisten; Umfassendste Möglichkeit zur Entfaltung der Jugendpolitik und vollen Übergang zu Methoden wirklich bolschewistischer Massenarbeit haben wir dann, wenn alle Mitglieder mit uns Bolschewiki-Leninisten kämpfen für die bolschewistische Reform des KJVD und der Partei, – für die innerparteiliche Demokratie, – für die Wiederaufnahme der Linken Opposition (Bolschewiki-Leninisten) in den KJV und die KI, – für die Rückkehr des Ge­nossen Trotzki in die Leitung der kommunistischen Interna­tionale.

T.

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