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G. Sinowjew 19270415 Thesen über die chinesische Revolution (Auszug)

G. Sinowjew: Thesen über die chinesische Revolution (Auszug)

[Nach dem Sammelband „Der Kampf um die Kommunistische Internationale. Dokumente der russischen Opposition, nicht veröffentlicht vom Stalinschen ZK, veröffentlicht vom Verlag der ,Fahne des Kommunismus'“, Berlin 1927, S. 14-66]

[Diese Thesen wurden noch vor dem Umsturz des Tschiang Kai-schek geschrieben und dem Politbüro der WKP eingereicht. Sie enthalten eine ausführliche prinzipielle Begründung der leninistischen Stellung zu den Fragen der chinesischen Revolution und enthalten darüber hinaus viel Tatsachenmaterial. – „Fahne des Kommunismus"]

An das Politbüro des ZK der WKP (B)

Angesichts der äußersten Wichtigkeit und Kompliziertheit der Frage der chinesischen Revolution habe ich meine Ansichten in dieser Frage schriftlich formuliert. Ich habe dies für umso notwendiger gehalten, weil auf der Versammlung der Moskauer Funktionäre, welche der chinesischen Frage gewidmet war, die Gen. Stalin und Bucharin gegen mich polemisiert haben und mir solche Anschauungen zuschrieben, die ich in Wirklichkeit nicht teile. Ich bitte, diese meine Thesen den Mitgliedern des Plenums zu verteilen, da ich das Plenum bitten werde, sie dem bevorstehenden Beschluss des ZK über die in China nach der Einnahme von Schanghai geschaffene Lage und nach anderen Ereignissen der letzten Zeit zugrunde zu legen.

Moskau, 15. 4. 27.

G. Sinowjew.


Die Ereignisse, die gegenwärtig in China stattfinden, haben eine ebenso große Bedeutung wie die Ereignisse, die sich im Oktober 1923 in Deutschland ankündigten. Und wenn damals die ganze Aufmerksamkeit unserer Parteien auf Deutschland gelenkt war, so muss man das jetzt auch in Bezug auf China tun, umso mehr, als die internationale Lage für uns komplizierter und bedrohlicher geworden ist.

Aus Anlass der Ereignisse des Jahres 1923 in Deutschland hat das ZK unserer Partei seinerzeit im Jahre 1923 eine spezielle Beratung von Vertretern der lokalen Parteiorganisationen (zusammen mit dem Plenum) einberufen, besondere Thesen angenommen, die ganze Partei mobilisiert, durch seine Vertreter im EKKI eine besondere internationale Konferenz einberufen usw.

Das Gleiche muss man auch jetzt tun.

I. Die prinzipielle Einstellung des Leninismus zu den nationalen Befreiungsbewegungen.

Die Revolution in China besitzt eine weltgeschichtliche Bedeutung. Um die chinesischen Ereignisse zu begreifen und richtig einzuschätzen, muss man vor allem sich vollkommene Rechenschaft geben über die Anschauungen des Leninismus über die nationalen Freiheitsbewegungen in kolonialen und halbkolonialen Ländern überhaupt.

Lenin schrieb: „Die soziale Revolution kann nicht anders vor sich gehen, als durch eine Epoche hindurch, welche den Bürgerkrieg des Proletariats gegen die Bourgeoisie in den fortgeschrittenen Ländern und eine ganze Reihe demokratischer und revolutionärer, darunter auch nationaler Befreiungsbewegungen in unentwickelten, zurückgebliebenen und unterdrückten Nationen umfasst.

Weshalb? Deshalb, weil der Kapitalismus sich unregelmäßig entwickelt und die objektive Wirklichkeit uns, zugleich mit hochentwickelten kapitalistischen Nationen, eine ganze Reihe von sehr schwach oder ökonomisch gar nicht entwickelten Nationen zeigt" (Band 13, Seite 369 bis 370).

Die nationalen Befreiungsbewegungen der unterdrückten Nationen sind also nach Lenin ein Bestandteil der Epoche der sozialistischen Revolution, wenn auch sie selber von Lenin als „demokratische und revolutionäre", d.h. ihren unmittelbaren Aufgaben nach bürgerliche Bewegungen charakterisiert werden.

Die nationalen Befreiungsbewegungen der unterdrückten Nationen sind ein Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution. Das bedeutet aber nicht, dass eine beliebige nationale Bewegung in jedem beliebigen Augenblick, in jeder beliebigen Lage ein revolutionärer Faktor ist. Das bedeutet nur, dass die nationalen Befreiungsbewegungen im großen Ganzen, letzten Endes ein solcher Faktor sind.

Eine nationale Befreiungsbewegung kann verschiedene Stadien durchmachen. Als das finnische Volk (darunter auch die Bourgeoisie) seinen Kampf gegen den Zarismus (d.h. gegen den damaligen russischen Imperialismus) führte, war das ein nationaler Befreiungskampf. Damals führte die finnische Bourgeoisie mit Svinhufvud an der Spitze ihren Kampf für ihre nationale Selbständigkeit (seinerzeit war Svinhufvud in der zaristischen Verbannung). Man kann nicht sagen, dass der finnische Staat jetzt ein imperialistischer Staat wäre, er kann „nur" ein Werkzeug des Imperialismus werden. Und trotzdem kann man selbstverständlich jetzt nicht, von einer revolutionären Bedeutung der nationalen Bewegung in Finnland reden. Die nationale Befreiungsbewegung in Finnland ist zu einer bürgerlichen Reaktion hinüber gewachsen, denn nach der gesamten Lage hat das Proletariat nicht genug Kräfte gehabt, die Bewegung auf eine höhere Stufe zu bringen, d.h. einen proletarischen Staat in Finnland zum Siege zu führen.

Oder ein anderes Beispiel: die nationale Freiheitsbewegung in Polen. Die besten Leute Russlands – Herzen, Tschernyschewski – sympathisierten mit dem polnischen Aufstand. Marx und Engels hielten in der Epoche der ersten Internationale mit Recht die nationale Freiheitsbewegung Polens für eine Bewegung, die der Unterstützung des Weltproletariats wert war. Der Hass gegen den Zarismus, der in Polen durch die nationale Unterdrückung des polnischen Volks durch die großrussischen Großgrundbesitzer [entstand], besaß revolutionäre Bedeutung. Nichtsdestoweniger verstand es die polnische Bourgeoisie, mit dem damaligen „Revolutionär" Pilsudski an der Spitze, vom Beginn des imperialistischen Krieges an, die nationale Bewegung zu einem Spielzeug des deutschen Imperialismus, einige Zeit darauf zu einem Werkzeug der englischen und französischen Bourgeoisie zu machen.

Ein noch interessanteres Beispiel bietet die Türkei. Die nationale Bewegung in der Türkei, an deren Spitze Kemal Pascha stand, besaß eine Zeitlang zweifellos revolutionären Charakter und verdiente durchaus die Benennung einer nationalen Befreiungsbewegung. Diese Bewegung war gleichzeitig gegen das alte Feudal-Regime innerhalb des Landes, gegen das Sultan-Regime und gegen den Imperialismus, in erster Linie gegen den englischen Imperialismus gerichtet. Diese Bewegung riss eine ungeheure Masse der türkischen Bauernschaft und in bedeutendem Grade sogar der türkischen Arbeiter mit sich. Die kemalistische Partei erinnerte damals bis zu einem gewissen Grade ah. die heutige Kuomintang. (Aber die Arbeiterklasse der Türkei war selbstverständlich weit schwächer als in China, das darf man für keinen Augenblick vergessen.) Die kemalistische Partei bildete ihren „Rat der Volkskommissare", sie unterstrich angestrengt ihre „Solidarität" mit Sowjetrussland usw. In einem Telegramm Kemals an Tschitscherin vom 29. November 1920 hieß es wörtlich: „Ich bin tief davon überzeugt, dass an dem Tage, wo die Werktätigen des Westens einerseits und die unterdrückten Völker Asiens und Afrikas andererseits begreifen werden, dass heutzutage das internationale Kapital sie zur gegenseitigen Vernichtung und Versklavung ausnutzt, lediglich zum Nutzen ihrer Herren, das an dem Tage, wo das Bewusstsein des Verbrechens der Kolonialpolitik in die Herzen. der werktätigen Massen der Welt eingedrungen sein wird – dass dann die Macht der Bourgeoisie zu Ende sein wird!" Das hat den gleichen Kemal nach einiger Zeit nicht gehindert, den Führern der Kommunisten die Gurgeln abzuschneiden, die Arbeiterbewegung in die Illegalität zu jagen, die Agrarreform bis auf ein Minimum zu reduzieren und auf dem Gebiete der Innenpolitik einen bürgerlichem und kulakenmäßigen Weg zu beschreiten, das geschah deshalb, weil das türkische Proletariat zu schwach dafür war, eine selbständige Klassenkraft zu schaffen und der Bauernschaft zu helfen, unter der Hegemonie des Proletariats ein führendes Zentrum der türkischen Revolution zu bilden, das nicht von der liberalen Bourgeoisie, von den bürgerlichen Offizieren usw. abhängen würde. Jetzt ist der Kemalismus keine nationale revolutionäre Bewegung, jetzt ist er kein Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution. Die nationale Einigung der Türkei ist vor sich gegangen, aber „auf kemalistische Weise", d.h. auf bürgerliche Weise, wie seinerzeit die Einigung des national unterdrückten Deutschland „auf Bismarcksche Weise" vor sich ging. Die nationale Bewegung in der Türkei ist nicht unmittelbar in eine revolutionäre Bewegung hinüber gewachsen, die ihre Reihen mit der internationalen proletarischen Bewegung zusammenschließt.

In Persien fanden die Losungen der nationalen Befreiungskriege ebenfalls anfangs eine Anerkennung in Worten durch die besitzenden Schichten, wurden aber darauf in ihr Gegenteil verkehrt, in die militärische und faschistische Monarchie von Riza Schah, die in Wirklichkeit in bedeutendem Maße ein Werkzeug Englands ist. Unter dem Deckmantel der Losung der „nationalen Einigung" und des „Fortschritts" („Zentralisation", „Modernisierung") wird in Wirklichkeit im Dorfe ein Regime der Leibeigenschaft aufrechterhalten und wird auch die geringste Äußerung der politischen Unzufriedenheit der Werktätigen unterdrückt.

Solcher Beispiele könnte man viele aus der Geschichte der nationalen Bewegungen Indiens, Ägyptens usw. anführen, insbesondere in der Epoche des imperialistischen Krieges, aus den unmittelbar darauf folgenden Jahren.

Die Geschichte der Revolution hat bewiesen, dass jede bürgerlich-demokratische Revolution, wenn sie nicht beginnt, in eine sozialistische Revolution hinüber zu wachsen unbedingt den Weg der bürgerlichen Reaktion zu beschreiten beginnt. Geht sie nicht vorwärts, so geht sie rückwärts, aber auf einem Fleck bleibt sie nicht stehen. Entweder eine aufsteigende oder eine fallende Linie der Revolution. Dieses Gesetz zieht sich wie ein roter Faden durch alle großen Revolutionen, angefangen mit der Großen Französischen Revolution, über die Revolutionen von 1848, über die russische Revolution von 1905 und aufgehört mit der deutschen Revolution von 1918.

Als Lenin für die erste russische Revolution 1905 die Losung der ,,Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft" aufstellte und den Satz verteidigte, dass radikale Siege der bürgerlichen Revolution nur durch die revolutionäre Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft erzielt werden könnte, da schrieb er gleichzeitig, dass „diese Diktatur unvermeidlicherweise eine zeitweilige Erscheinung ist (entweder nämlich ein ein Übergang zur bürgerlichen Diktatur zur Niederlage des Proletariats, oder zur sozialistischen Diktatur)": (Lenin-Sammlung, Nr. 5, Seite 123).

Das gleiche Gesetz erstreckt sich im Wesentlichen auch auf die nationalen Befreiungsbewegungen. Insofern eine nationale Befreiungsbewegung und eine nationale Einigung unter der Führung der Bourgeoisie vor sich geht, insofern werden sogar nationale Befreiungsbewegungen von sehr großem Schwung in bestimmten Momenten auf den Weg der bürgerlichen Reaktion abbiegen. Die nationalen Befreiungsbewegungen des letzten Jahrzehnts im Ganzen haben nicht wenig zur Erschütterung der Grundfesten des Imperialismus beigetragen. Und trotzdem müssen der konkrete Gang und der Ausgang dieser nationalen Bewegungen in den verflossenen Jahren die Avantgarde des internationalen Proletariats veranlassen, mit aller Nüchternheit die Tatsache einzuschätzen, dass die nationalen Bewegungen keineswegs immer gleichen Charakter tragen, und dass sie, solange sie unter der Führung der Bourgeoisie blieben, durchaus in bestimmten Perioden eine antiproletarische Rolle spielen können, dass sie durchaus zum Werkzeug des Imperialismus werden können.

2, Die „Bürgerliche Demokratie" und die „nationalrevolutionäre Bewegung".

Jede national-revolutionäre Bewegung ist eine bürgerliche Bewegung, aber nicht jede bürgerlich-demokratische Bewegung ist eine national-revolutionäre Bewegung, ebenso wie jede bürgerliche Revolution eine Bauernrevolution ist. Lenin unterschied „bürgerlich-demokratische Bewegungen in rückständigen Ländern" und „nationale Befreiungsbewegungen" in diesen Ländern. In seinem Referat auf dem zweiten Kongress der Komintern sagte Lenin bei der Beratung der nationalen und kolonialen Frage:

Drittens möchte ich besonders die Frage der bürgerlich-demokratischen Bewegung in den zurückgebliebenen Ländern betonen. Das ist der Punkt, der einige Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen hat. Wir debattierten darüber, ob es prinzipiell und theoretisch richtig sei, zu erklären, dass die Kommunistische Internationale und die kommunistischen Parteien verpflichtet sind, die bürgerlich-demokratische Bewegung in den zurückgebliebenen Ländern zu unterstützen, und das Ergebnis der Diskussion war, dass wir zu einem einstimmigen Entschluss gekommen sind, statt von „bürgerlich-demokratischen" Bewegungen nur von nationalistisch-revolutionären Bewegungen zu sprechen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass jede nationalistische Bewegung nur eine bürgerl.-demokr. Bewegung sein kann, weil die große Masse der Bevölkerung der zurückgebliebenen Länder aus der Bauernschaft besteht, die die Vertreterin der bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse ist. Es wäre utopisch, zu denken, dass proletarische Parteien, soweit es überhaupt möglich ist, dass solche in diesen Ländern entstehen, ohne zu der Bauernbewegung ein bestimmtes Verhältnis zu haben, ohne sie in der Tat zu unterstützen, imstande seien, die kommunistische Taktik und kommunistische Politik in den zurückgebliebenen Ländern durchzuführen. Aber die Einwände, die gemacht wurden, waren die, dass, wenn wir bürgerlich-demokratisch sagen, der Unterschied zwischen der reformistischen und revolutionären Bewegung verloren geht, der in den zurückgebliebenen Ländern und in den Kolonien in der letzten Zeit ganz klar geworden ist, weil eben die imperialistische Bourgeoisie alles Mögliche getan hat, um auch unter den unterdrückten Völkern eine reformistische Bewegung zu schaffen. Es ist eine gewisse Verständigung zwischen der Bourgeoisie der ausbeutenden und der kolonialen Länder eingetreten, so dass sehr oft, vielleicht sogar in den meisten Fällen, die Bourgeoisie der unterdrückten Länder, trotzdem sie auch nationale Bewegungen unterstützt, dennoch in gewissem Einvernehmen mit der imperialistischen Bourgeoisie, d.h. zusammen mit ihr, gegen alle revolutionären Klassen kämpft. Das wurde in der Kommission vollständig bewiesen, und wir glaubten, dass es das einzig Richtige sei, diesen Unterschied in Erwägung zu ziehen und das Wort „bürgerlich-demokratisch" fast überall durch den Ausdruck „nationalistisch-revolutionär" zu ersetzen. Der Sinn ist der, dass wir als Kommunisten die bürgerlichen Freiheitsbewegungen in den kolonialen Ländern nur dann unterstützen werden, wenn diese Bewegungen wirklich revolutionär sind, wenn ihre Vertreter nicht dagegen sind, dass wir die Bauernschaft und die großen Massen der Ausgebeuteten im revolutionären Sinne erziehen und organisieren. Wenn das nicht geht, sind die Kommunisten auch dort verpflichtet, gegen die reformistische Bourgeoisie, zu der auch die Helden der zweiten Internationale gehören, zu kämpfen. Es gibt schon reformistische Parteien in den Kolonialländern, und bisweilen nennen sich ihre Vertreter Sozialdemokraten oder Sozialisten." (Protokoll des zweiten Weltkongresses, Seite 139/140.)

Eigentlich haben wir in dieser These Lenins bereits den Schlüssel zu allen taktischen Grundproblemen der chinesischen Revolution. Wenn wir im Interesse des Proletariats auch eine opportunistische Bewegung der Bourgeoisie und des Kleinbürgertums unterstützen, so unterstützen wir als Kommunisten doch nicht eine jede nationale Bewegung, sondern nur diejenige Bewegung, deren Vertreter uns nicht hindern, die Bauernschaft und breite Massen der Ausgebeuteten zu erziehen und zu organisieren. Die Bourgeoisie der unterdrückten Länder hat es sehr gut gelernt, mit einer Hand die nationale Bewegung zu „unterstützen", mit der anderen aber im Bunde mit der imperialistischen Bourgeoisie gegen alle revolutionären Bewegungen der revolutionären Klassen zu kämpfen.

Wendet man das auf das heutige China an, so müsste man sagen: die rechte Kuomintang, welche bis jetzt die führende Kuomintang war, und es auch bleibt, „unterstützt" auch mit einer Hand die nationale Bewegung, während sie mit der anderen sich mit den Imperialisten verbündet (den amerikanischen, japanischen und englischen) im Kampfe gegen die revolutionären Klassen (das Proletariat und die Bauernschaft).

Diese grundlegenden Hinweise Lenins, die auf dem zweiten Kongress der Komintern gebilligt worden sind, haben wir im Auge zu behalten, wenn wir an die Lösung der Probleme der chinesischen Revolution herantreten.

3. Die allgemeine Perspektive der chinesischen Revolution.

Die Entwicklung des Kapitalismus in China hat während der letzten zwei Jahrhunderte einen ungeheuren Schritt nach vorwärts gemacht. Es wäre falsch zu glauben, dass die einheimische chinesische kapitalistische Bourgeoisie nur einen ganz geringen Teil der chinesischen Industrie in ihrem Besitz hat.

Den chinesischen Kapitalisten gehören 60 Prozent des Kapitals in der Kohlenindustrie, 20 Prozent in der Eisenindustrie, 67 Prozent in der Baumwollindustrie, 70 Prozent in der Streichholzindustrie, 25 Prozent in der Zuckerindustrie, 58 Prozent der Eisenbahnen, 26 Prozent des Fluss- und Seetransports. 27 chinesische Banken besitzen 250 Millionen chinesische Dollars an Kapital. Außerdem bildet das Handelskapital der einheimischen chinesischen Bourgeoisie ebenfalls eine große Summe. Zum Vergleich erinnern wir daran, dass am Ende des 19. Jahrhunderts auch die russische Industrie hauptsächlich von ausländischem Kapital lebte, dass nur 21 Prozent ihres gesamten Kapitals einheimische, russischer Herkunft waren. (Die Angaben stammen von M. V. Pokrowski). Die Gesamtsumme des ausländischen Kapitals, die in der russischen Industrie, im Handel und in den Banken bis 1917 investiert war, wurde auf ungefähr 2½ Millionen Rubel geschätzt. Die Einlage des Auslandskapitals in China ist bedeutend größer.

Die Eroberung Chinas durch den Kapitalismus wird zugleich einen Anstoß zum Sturz des Kapitalismus in Europa und Amerika geben", so schrieb Engels im Jahre 1895.

Der nächste Aufstand der Völker Europas wird aller Wahrscheinlichkeit nach viel mehr davon abhängen, was im Himmlischen Reich (d.h. in China) vor sich gehen wird, als von irgendeiner anderen Ursache", schrieb Marx noch viel früher.

Man kann ruhig prophezeien, dass die chinesische Revolution einen Funken in das Pulverfass des heutigen Industriesystems schleudern wird, dass sie eine Explosion der sich vorbereitenden allgemeinen Krise provozieren wird welcher, wenn sie sich erst auf das Ausland ausgedehnt haben wird, die politische Revolution auf dem Kontinent auf dem Fuße folgen wird."

Marx war überhaupt der Meinung (vergl. die „Klassenkämpfe in Frankreich"), dass „gewaltsame Rutsche" eher in den Extremitäten des bürgerlichen Organismus, als in seinem Herzen vorkommen, da hier die Regulierung schneller möglich ist als dort". – In diesem Sinne maß er eine ungeheure weltgeschichtliche Bedeutung sowohl der Revolution in Russland wie der Revolution in China zu.

Jetzt hat in Russland die proletarische Diktatur gesiegt, während in China die revolutionäre demokratische Diktatur unter der Leitung des Proletariats siegen kann und in eine sozialistische hinüber zu wachsen beginnen kann, eine richtige Taktik von Seiten des chinesischen Proletariats und der Avantgarde der internationalen Arbeiterklassen vorausgesetzt. Dann wird die sozialistische Revolution auf dem Kontinent und in England einen gewaltigen Schritt vorwärts machen.

Im heutigen China haben wir ungefähr fünf Millionen Lohnarbeiter, davon 3 Millionen Industriearbeiter, welche in den Bergwerken, auf den Eisenbahnen und den Textil- und Seidenfabriken, in den großen eisenbearbeitenden Betrieben beschäftigt sind, usw.

An die Arbeiter schließt sich an die ungeheure Schicht der Handwerker und kleinen Angestellten, welche unter den heutigen Bedingungen mit der Arbeiterklasse gehen kann und wird.

Unter der Bauernschaft ist die Lage so, dass 63 Prozent der gesamten chinesischen Bauernschaft aus armen Bauern besteht, die nicht ‘mehr als 2 Hektar Land besitzen und von den Großgrundbesitzern und Kulaken versklavt und ausgebeutet werden, wobei diese 63 Prozent der (armen) Bauern nur ¼ alles bearbeitenden Landes im Besitz hat, 5 Prozent der reichen Kulaken und Großgrundbesitzer haben 30 Prozent der gesamtbearbeitenden Fläche in ihrem Besitz; 10 Prozent haben 20 Prozent von Grund und Boden in ihrem Besitz; die mittlere Bauernschaft, 20 Prozent der Bauern, hat 26 Prozent des bearbeitenden Handels in ihrem Besitz.

Die arme und die mittlere Bauernschaft wird von Steuern erdrückt, von hohen Pachtzahlungen, von der Willkür der Behörden usw. Hunderte Millionen von Bauern können zu Verbündeten des Proletariats werden.

Setzt man hinzu, dass die nationale Bourgeoisie Chinas immerhin verhältnismäßig schwach ist, dass die Kompradoren-Elemente dem Volke verhasst sind; dass der Wucherer, „Gentry" und Kulak im Dorfe schon wiederholt (durch ihre Unterdrückungsmaßnahmen) Ausbrüche von Bauernaufständen hervorgerufen haben; dass die zahlreiche technische Kleinbourgeoisie, Dutzende von Millionen städtischer armer Bevölkerung und kleiner Händler einerseits und ein bedeutender Teil der Intelligenz (Studentenschaft) andererseits in ihrer überwiegenden Masse mit der heutigen Lage unzufrieden sind, bedenkt man ferner, welche große Stoßkraft das chinesische Proletariat an den entscheidenden Punkten wie Schanghai, Hongkong, Tientsin, Hankau usw. besitzt, so wird klar, dass die Hegemonie des Proletariats in der sich entwickelnden bürgerlich-demokratischen chinesischen Revolution durchaus möglich ist.

Die chinesische Revolution wird entweder unter der Leitung der Arbeiterklasse siegen oder überhaupt nicht siegen.

Entweder wird die Bourgeoisie die ganze Sache in ihre Hände nehmen, wird sie, so oder so eine Vereinbarung mit dem ausländischen Imperialismus treffen (mit dieser oder jener Gruppe von Ländern oder mit einem Lande), und dann werden sie für eine bestimmte Zeitperiode China auf den bürgerlichen Weg führen, wobei sie die Avantgarde der Arbeiterklasse viel blutiger erledigen werden, als Kemal.

Die Perspektive der nichtkapitalistischen (d.h. sozialistischen) Entwicklung Chinas ist nicht ausgeschlossen und hat bei richtiger Politik vieles für sich. Der Imperialismus entwickelt in den letzten Jahren die Produktivkräfte in China nicht mehr und hat auch keine Neigung, das in den nächsten Jahren zu tun, weil 1. der eigene Produktionsapparat in der Metropole nicht ausgenutzt wird, 2. weil der Imperialismus sich fürchtet, die Zahl des eingeborenen Proletariats zu vergrößern und 3. weil die ganze Lage in China für den Imperialismus nicht genügend „sicher" ist, nicht genügend „gefahrlos".

Die Entwicklung der Produktivkräfte Chinas könnten auf dem nichtkapitalistischen Wege vor sich gehen, in der Epoche der Weltrevolution, in welcher wir leben. Da die UdSSR besteht, die ein Sechstel der Erdoberfläche umfasst, und schon jetzt einen ungeheuren Einfluss auf die chinesische Revolution besitzt; da die proletarische Revolution in der UdSSR bereits seit 10 Jahren besteht; da die kommunistische Internationale besteht, welche in ihren Reihen die Avantgarde des Weltproletariats vereinigt; da in der ganzen Welt nationale Freiheitsbewegungen wachsen; da immerhin ernste Gegensätze im Lager der Imperialisten bestehen und da in China eine tatenlustige, junge rasch sich revolutionierende Arbeiterklasse besteht, die einige Millionen Menschen umfasst, so ist der nichtkapitalistische Weg der Entwicklung Chinas möglich.

Die Frage lautete: können wir es [als] richtig anerkennen, dass die kapitalistische Entwicklung in der Volkswirtschaft notwendig ist für die zurückgebliebenen Völker, die sich jetzt befreien, unter denen jetzige, nach dem Kriege, fortschrittliche Bewegungen zustande gekommen sind? Wir sind zu dem Schluss gekommen, es verneinen zu müssen. Wenn das revolutionäre siegreiche Proletariat eine systematische Propaganda organisiert und die Sowjet-Regierungen ihm mit allen Mitteln zu Hilfe kommen, ist unrichtig anzunehmen, dass das kapitalistische Stadium der Entwicklung für solche Völkerschaften notwendig sei." (Protokoll des zweiten Weltkongresses, Seite 142.)

Der nichtkapitalistische (sozialistische) Weg der Entwicklung für China ist möglich, wenn :

a) die Arbeiterklasse Chinas sich endgültig als „Klasse für sich selbst" bilden wird, d.h. als eine selbständige Klassenkraft, wenn sie eine starke kommunistische Partei bilden wird, die fähig sein wird, die Hauptmassen der Bauernschaft hinter sich zu ziehen, die es nicht zulassen wird, dass die große und die kleine Bourgeoisie die Arbeiterklasse in einem „die ganze Nation umfassenden" kleinbürgerlichen Block auflöst, kurz welche verstehen wird, in Wirklichkeit Führer und Leiter der ganzen revolutionären Bewegung in China zu werden, wenn sie die Führung bei der Einigung Chinas in ihre Hand nehmen wird;

b) [die UdSSR die chinesische Arbeiterklasse mit ganzer Kraft unterstützt;1

c)] die proletarische Revolution in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern (England, Frankreich, Japan, Amerika) heranreifen werden und wenn die Arbeiter dieser Länder es verstehen werden, ihre Bourgeoisie an der Erwürgung der chinesischen Revolution mit Militärgewalt zu verhindern;

d) die chinesische Revolution in den anderen unterdrückten Ländern, wie Indien, Indochina usw. ihr Echo findet.

Der erfolgreiche Kampf um den nichtkapitalistischen (sozialistischen) Entwicklungsweg für China ist nur dann möglich, wenn wir vor allem energisch und unwiderruflich die menschewistische Grundformel beiseite werfen: die Arbeiterklasse müsse in der Revolution ihre Politik der Erwägung unterwerfen, dass ja nicht die liberale Bourgeoisie vor der Revolution zurückprallt, denn das würde ja den Schwung der Revolution schwächen. „Daraus", so schrieb Lenin 1907, „dass der Inhalt der Revolution bürgerlich ist, zieht man bei uns den flachen Schluss, die Bourgeoisie sei der Motor der Revolution, das Proletariat habe nur unselbständige Hilfsaufgaben in dieser Revolution, eine proletarische Führung der Revolution sei unmöglich."

Es besteht gar kein Zweifel, dass im heutigen Stadium die chinesische Revolution vorläufig eine bürgerlich-demokratische Revolution in einem halbkolonialen Lande ist. Diese bürgerlich-demokratische Revolution vollenden, ihr den größtmöglichen Schwung geben, ihr helfen, den Kampf gegen die Imperialisten bis zu Ende durchzuführen und eine wirkliche Einigung Chinas zu vollenden, sie bis zu der Stufe führen, wo das Hinüberwachsen der bürgerlich-demokratischen nationalen Revolution in die sozialistische beginnt, alles das ist nur dann möglich, wenn es der Arbeiterklasse gelingt, die Führung der Bewegung vollständig aus den Händen der Bourgeoisie zu reißen, unter der Losung der Bauernrevolution und überhaupt das Kleinbürgertum mit sich zu ziehen. Mit anderen Worten, alles das ist nur möglich bei radikaler Klassendifferenzierung im Lager der nationalen Freiheitsbewegung in China, einer Differenzierung, welche begonnen hat und von jetzt ab mit jedem Tage fortschreiten wird. Fürchtet man diese Differenzierung, besteht man auf der Einheitsfront mit der nationalen Bourgeoisie, ist man bestrebt, die Führer dieser Bourgeoisie „nicht einzuschüchtern", die Taktik der Einheitsfront mit der chinesischen Revolution als Bündnis des Proletariats mit der Bourgeoisie zu deuten, die Kuomintang als Regierung des „Blocks der vier Klassen" (Martynow, „Prawda" vom 10. 4. 27), so löscht man den revolutionären Geist der Massen, beschneidet man das Programm der Revolution, zwingt man sie in das Prokrustesbett bürgerlich-menschewistischer Losungen, mit anderen Worten, man verzichtet auf die Perspektive der nichtkapitalistischen, sozialistischen Entwicklung Chinas.

Als Lenin vor dem 2. Kongress der Komintern die Perspektive einer nichtkapitalistischen Entwicklung der rückständigen Länder entwickelte, verband er sofort diese Perspektive mit der Losung von Sowjets für den Osten und mit der Predigt der Schaffung selbständiger kommunistischer Organisationen in diesen Ländern um jeden Preis. Lenin sagte:

Wir müssen nicht nur in allen Kolonien und zurückgebliebenen Ländern selbständige Kerntruppen und Parteien bilden, wir müssen nicht nur sofort Bauernräte propagieren und die Räte-Organisation den vorkapitalistischen Verhältnissen anzupassen versuchen, sondern auch theoretisch muss die kommunistische Internationale erklären und begründen, was mit Hilfe des Proletariats der vorgeschrittenen Länder die zurückgebliebenen Länder zur Sowjet-Organisation und durch eine Reihe von Stadien auch unter Vermeidung des kapitalistischen Systems zum Kommunismus kommen können." (Protokoll des zweiten Weltkongresses, Seite 142). Und ebendort:

Die Idee der Sowjet-Organisation ist einfach und kann angewandt werden nicht nur auf proletarische Verhältnisse, sondern auch in den feudalen und Bauernverhältnissen. Unsere Erfahrungen sind noch nicht groß auf diesem Gebiet. Aber die Besprechungen in der Kommission, in der mehrere Vertreter der Kolonialländer anwesend waren, haben uns ganz entschieden bewiesen, dass wir in die Leitsätze der kommunistischen Internationale aufnehmen müssen, dass die Bauernräte, die Räte der Ausgebeuteten, nicht nur für kapitalistische Länder ein geeignetes Mittel, sondern auch für vorkapitalistische Zustände passend sind, und dass es unbedingte Pflicht der kommunistischen Parteien und der Elemente, die bereit sind, kommunistische Parteien zu schaffen, ist, die Bauernräte, die Räte der Arbeitenden überall, auch in den zurückgebliebenen Ländern und in den Kolonien, zu propagieren und den praktischen Versuch zu machen, sofort, wo es nur die Bedingungen zulassen, Räte des werktätigen Volkes zu bilden." (Protokoll des zweiten Weltkongresses, Seite 141.)

In den Thesen zur nationalen und kolonialen Frage, die vom 2. Weltkongress der Komintern nach dem Referat von Lenin angenommen worden sind, heißt es direkt:

Notwendig ist besonders die Unterstützung der Bauernbewegung in den rückständigen Ländern gegen die Grundbesitzer und alle Formen und Überreste des Feudalismus. Man muss vor allem danach streben, womöglich die Bauern und alle Ausgebeuteten in Sowjets zu organisieren und so eine möglichst enge Verbindung zwischen dem westeuropäischen kommunistischen Proletariat und der revolutionären Bewegung der Bauern im Osten, in den Kolonien und den rückständigen Ländern herzustellen." (Protokoll des 2. Weltkongresses, Seite 230.).

Behält man diese höchst wichtigen Hinweise Lenins und des 2. Kongresses der Komintern im Gedächtnis, und berücksichtigt man jenen ungeheuren Schwung bei den werktätigen Massen Chinas, der jetzt entstanden ist und zur Einnahme von Schanghai und zur Einigung unter der Gewalt der nationalen Regierung auf einem Territorium mit 200 Millionen Menschen geführt hat, so wird es sofort notwendig, die Losung der Sowjets für China aufzustellen.

Die chinesische Revolution hat sich bis an das Niveau erhoben, wo gerade die Losung der Sowjets die Hauptlosung wird.

Wer über eine nichtkapitalistische Entwicklung Chinas spricht und jetzt (nach der Einnahme von Schanghai) die Losung der Sowjets ablehnt, der nimmt seine eigenen Worte über die nichtkapitalistische (sozialistische) Entwicklung Chinas nicht ernst.

4. Über die Klassenselbständigkeit der proletarischen Bewegung in den rückständigen Ländern.

Die Idee der Klassenselbständigkeit der proletarischen Bewegung und, vor allem, die Idee der Schaffung selbständiger proletarischer Parteien in allen zurückgebliebenen Ländern, Kolonien und Halbkolonien ist eine der Grundlehren Lenins über die Weltrevolution; sie ist auf das engste verbunden mit der Idee der Möglichkeit für diese zurückgebliebenen Länder, unter günstigen Bedingungen das kapitalistische Entwicklungsstadium zu vermeiden. Der Kampf der zurückgebliebenen Länder, Kolonien und Halbkolonien gegen den Imperialismus, welcher natürlich eine ungeheure Bedeutung für die allgemeine Bilanz der Kräfte der revolutionären Weltbewegung besitzt, schafft für einige Zeit die Voraussetzungen für gemeinsame Aktionen des Proletariats mit nichtproletarischen Schichten der Bevölkerung, für gewisse Blocks und Kampfvereinbarungen gegen den gemeinsamen imperialistischen Feind. Aber gerade deshalb müssen die Kommunisten mit besonderem Nachdruck die Notwendigkeit der vollen Selbständigkeit der proletarischen Bewegung oder der proletarischen Elemente der Bewegung unterstreichen, gar nicht zu reden von der Selbständigkeit der kommunistischen Partei. In den Thesen Lenins, die vom zweiten Kongress der Komintern gebilligt worden sind und ihre ganze Kraft bis zum heutigen Tage behalten haben, heißt es darüber:

Notwendig ist ein entschlossener Kampf gegen den Versuch, der nicht wirklich kommunistischen revolutionären Freiheitsbewegung in den zurückgebliebenen Ländern ein kommunistisches Mäntelchen umzuhängen. Die kommunistische Internationale hat die Pflicht, die revolutionäre Bewegungen den Kolonien und den rückständigen Ländern nur zu dem Zweck zu unterstützen, um die Bestandteile der künftigen proletarischen Parteien der wirklich, und nicht nur dem Namen nach, kommunistischen – in allen rückständigen Ländern zu sammeln und sie zum Bewusstsein ihrer besonderen Aufgaben zu erziehen, und zwar zu den Aufgaben des Kampfes gegen die bürgerlich-demokratische Richtung in der eigenen Nation. Die kommunistische Internationale soll ein zeitweiliges Zusammengehen, ja selbst ein Bündnis mit der revolutionären Bewegung der Kolonien und der rückständigen Länder herstellen, darf sich aber nicht mit ihr zusammenschließen, sondern muss unbedingt den selbständigen Charakter der proletarischen Bewegung – sei es auch in ihrer Keimform – aufrechterhalten." (Protokoll des zweiten Weltkongresses. Seite 231.)

Die Grundstreitigkeiten zwischen Bolschewiken und Menschewiken liefen letzten Endes lange Zeit hindurch auf die Frage hinaus, ob eine völlig selbständige marxistische proletarische Partei im rückständigen zaristischen Russland geschaffen werden könne und ob die Arbeiterklassen und ihre Partei die Rolle des Führers in der Revolution auf sich nehmen könne.

Die Politik der Menschewiken lehnte durch die Tat das ab. Und gerade diese Ablehnung führt die Menschewiken immer mehr ins Lager der Feinde der proletarischen Revolution.

Die bolschewistische Partei, so sagt Lenin, „darf sich nicht davor fürchten, Hand in Hand mit der revolutionären bürgerlichen Demokratie den Feinden Schläge beizubringen unter der unbedingten Voraussetzung: die Organisationen nicht vermischen; getrennt marschieren, vereint schlagen; die Verschiedenartigkeit der Interessen nicht verbergen; seinen Verbündeten wie seinen Feind beobachten usw." (Band VI, Seite 130).

Gerade diese „unbedingte Voraussetzung" dürfen wir jetzt in China nicht vergessen, sonst verlassen wir den Weg des Bolschewismus.

Von der Kuomintang als einer Partei können wir mit den entsprechenden Veränderungen jetzt das sagen, was von Marx und Engels über die kleinbürgerlich-demokratische Partei in Deutschland und über das Verhältnis der Arbeiterklasse zu ihr gesagt wurde:

Das Verhältnis der revolutionären Arbeiterpartei zur kleinbürgerlichen Demokratie ist dieses: sie geht zusammen mit ihr gegen die Fraktion, deren Sturz ihr Ziel ist: sie tritt gegen sie auf in allem, womit jene sich selbst befestigen wollte." (Karl Marx, der Kölner Kommunistenprozess, zurückübersetzt.)2

Die Arbeiterpartei kann sehr wohl unter bestimmten Bedingungen andere Parteien und Parteifraktionen für ihre Zwecke ausnutzen, sie selbst aber darf sich keiner anderen Partei unterwerfen." (Ebenda.)3

Sie (die Arbeiter) müssen zugleich mit den ersten offiziellen Regierungen eigene revolutionäre Arbeiterregierungen schaffen, sei es als Gemeinderäte, Stadträte oder Arbeiterklubs und Arbeiterkomitee, so dass die bürgerlichen demokratischen Regierungen nicht nur sofort ihre Stütze bei den Arbeitern verlieren, sondern von Anfang an sich unter der Beobachtung und Bedrohung durch Gewalten erblicken, hinter welchen die ganze Arbeitermasse steht. Mit einem Wort, das Misstrauen muss vom ersten Augenblick des Sieges an sich bereits nicht gegen die besiegte reaktionäre Partei richten, sondern gegen die früheren Verbündeten, gegen die Partei, welche allein den gemeinsamen Sieg exploitieren will … die Bewaffnung des gesamten Proletariats mit Gewehren, Flinten, Geschützen und Kampfmitteln muss sofort durchgeführt werden, aber man muss gegen die Renaissance der alten, gegen die Arbeiter gerichteten Miliz kämpfen sie dürfen hierbei (die Arbeiter bei der Aufstellung ihrer Kandidaten neben den bürgerlich-demokratischen) sich durch keinerlei demokratische Fragen bestechen lassen, wie beispielsweise, dass so die demokratische Partei gespalten wird und der Reaktion eine Siegesmöglichkeit gegeben wird. Bei allen solchen Phrasen läuft die Sache letzten Endes darauf hinaus, dass das Proletariat betrogen wird. Aber sie (die Arbeiter) müssen selbst mehr für ihren Endsieg tun, dadurch, dass sie sich über ihre Klasseninteressen aufklären, dass sie so schnell wie möglich ihre selbständige Parteiposition einnehmen und sich für keinen Augenblick durch die heuchlerischen Fragen der demokratischen Kleinbürger von einer selbständigen Organisation der Partei des Proletariats abziehen lassen." (Ebenda, zurückübersetzt.)4

So sind die allgemeinen Voraussetzungen, mit welchen die Kommunisten an die Lösung der wichtigsten Fragen der chinesischen Revolution heranzugehen haben, insbesondere an die Frage über die Wechselbeziehungen der chinesischen – kommunistischen Partei und der Kuomintang.

5. Die chinesische Bourgeoisie und ihre jetzige Rolle in der Revolution.

Das Grundproblem der chinesischen Revolution besteht in der Frage, welche Klasse die Bauernschaft führen wird.

Kann die chinesische Bourgeoisie die Bauernschaft hinter sich herführen?

Die chinesische Bourgeoisie ist nicht homogen: Ihr Grundtypus ist die Handelsbourgeoisie plus die Wucherer. Dank einer ganzen Reihe von Ursachen und in erster Linie dank dem Umstand, dass das Auslandskapital in bedeutendem Maße die industrielle Entwicklung dieser Bourgeoisie gebremst hat, haben die beim Handel akkumulierten Kapitalien sich auf Grund und Boden konzentriert (und hierbei die feudalen Wurzeln der Ausbeutung der chinesischen Bauernschaft beibehalten).

In einigen Bezirken gehören den Kaufleuten 75 Prozent der gesamten bearbeiteten Bodenfläche. Die Wucherer nehmen bei den Bauern von 120 Prozent bis 360 Prozent jährlich für geliehenes Geld. Das Handelskapital hat die Hausarbeit und das Handwerk im Dorfe sich vollkommen unterworfen, vor allem die Textil-Hausindustrie. welche in China eine kolossale Rolle spielt. Der chinesische Großgrundbesitzer, der die feudalen Formen der Ausbeutung der Bauernschaft anwendet, tritt in der Stadt als Kaufmann auf, welcher mit den übrigen Schichten der chinesischen Bourgeoisie verbunden ist. Inzwischen hat im chinesischen Dorfe der Bürgerkrieg begonnen. Die Bauernschaft organisiert sich in ihre Bauernbünde, welche bereits an die 5 Millionen Menschen vereinigen, schafft ihre bewaffneten Abteilungen einer Bauernwehr und ist bereits in den bewaffneten Kampf gegen die, häufig fest organisierten, Großgrundbesitzer und Gentry und ihre bewaffneten Abteilungen, die „Mintuani" eingetreten'.

So ist der Bürgerkrieg im Dorfe bereits eine Tatsache und es besteht kein Zweifel daran, dass bereits in kürzester Zeit die Front dieses Krieges elementar wachsen wird und dass in diesem Kriege bedeutende Schichten der städtischen Handelsbourgeoisie, ganz zu schweigen von den Großgrundbesitzern in ihrer reinen Form, bereits jetzt auf der anderen Seite der revolutionären Barrikade sich befinden und sich um die rechte Kuomintang gruppieren.

In der Stadt geht ein mit jedem Tage anwachsender Kampf des Proletariats mit der einheimischen Industrie-Bourgeoisie vor sich, der in eine ungewöhnlich breite Streikwelle sich ergießt. Schon in den ersten 24 Monaten nach der Besetzung Wuhans durch die national-revolutionäre Armee haben dort 200.000 Arbeiter gestreikt, weiche bis jetzt lediglich anstelle eines siebzehnstündigen Arbeitstages einen 13 stündigen, anstelle eines elfstündigen, einen 10½stündigen Arbeitstag errungen haben. In Kanton ging die Entwicklung des Streikkampfes fast bis zur Ausrufung eines Generalstreiks.

Unter dem Druck der Arbeiterklasse, die sich immer stärker in Gewerkschaften organisiert, entfernt sich die chinesische Bourgeoisie von der nationalen Revolution, schließt sie Bündnis mit den Großgrundbesitzen und geht Kompromisse mit dem ausländischen Imperialismus ein, wobei sie sich bemüht, mit ihm ein Bündnis zur Unterdrückung der Arbeiterklasse und der Bauernbewegung zu schließen.

Die chinesische Großbourgeoisie kann die Agrarfrage nicht lösen, kann die Bauernschaft nicht hinter sich herführen, weil sie selbst in bedeutendem Maße mit dem Großgrundbesitz verbunden ist, durch ein politisches Bündnis mit der Klasse des Großgrundbesitzers verbunden ist, und das bedeutet, dass die chinesische Bourgeoisie die Bauernschaft nicht führen kann, dass sie die Revolution auf einer aufsteigenden Linie nicht führen kann. Die chinesische Bourgeoisie verwandelt sich mit der Entwicklung der Arbeiter- und Bauernbewegung in einen gegenrevolutionären Faktor.

Die Krise in der Regierung und im ZK der Kuomintang ist erst der Beginn der politischen Erscheinung des Bürgerkrieges im Dorfe und des Klassenkampfes in der Stadt. Die nationalrevolutionäre Regierung kann in diesem Bürgerkriege nur Partei sein, d.h. entweder Regierung der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und der städtischen Armut (und insofern eine antiimperialistische Regierung), oder aber eine Regierung der Großgrundbesitzer und der Bourgeoisie und der Abmachungen mit dem ausländischen Imperialismus.

6. Was ist die Kuomintang?

Was ist die Kuomintang? Darüber muss man sich volle Rechenschaft geben, sonst sind ungeheure Fehler möglich.

Seit 1922. wo der Eintritt der Kommunisten in die Kuomintang stattfand, beginnt die Organisation dieser Partei, welche ihren Ausdruck fand in dem Reorganisations-Parteitag der Kuomintang im Januar 1924. Schon damals rief die Linksentwicklung der KMT-Partei die sich im Versuch äußerte, sich auf die Massen der Arbeiter, der Bauern und der städtischen Armut zu stützen, einen Aufstand der Kantoner Bourgeoisie (Aufstand der Papiertiger) gegen diese Linie der KMT hervor. Die Unterdrückung der Bourgeoisie von Kanton im Jahre 1924 mit Hilfe der Arbeiter und Bauern rief einen Zustrom dieser Elemente in diese Partei hervor. Diese Elemente bilden gegenwärtig die Mehrheit der KMT-Partei. Die Organisation von Kanton zählte im Dezember 150.000 Mitglieder, davon 30.000 Studenten und 64.000 Bauern. Streicht man hier ungefähr 25 Prozent aus der Anzahl der Bauern, unter deren Flagge sich Gentry und Großgrundbesitzer eingeschmuggelt haben, so behalten wir auch dann noch eine absolute Mehrheit von radikalen linken Elementen. Aber diese linke Mehrheit führt die Partei nicht. Sie wird geführt von der rechten bürgerlichen Mehrheit, die sich auf den Kommandobestand der nationalen revolutionären Armeen stützt, mit deren Hilfe die rechte KMT noch bis heute in jedem Gebiete, die von dieser Armee besetzt sind, sich an der Macht hält. Die Bourgeoisie und die Großgrundbesitzer gehen soweit, dass sie mit Hilfe des Kommandobestandes der Armee nicht nur den Staatsapparat in ihre Hände nehmen, sondern auch die Komitees der KMT auseinanderjagen, wenn sie nicht eine rein bürgerliche Linie führen. (Umsturz von Li Tschi-sin in Kanton.) Versammlungen werden durch die Organisationen fast überhaupt nicht einberufen, in den Versammlungen werden die Fragen des politischen Kampfes und des Aufbaus des Staates nicht beraten. Da es keine Versammlungen gibt so haben die Mitglieder keine Möglichkeit, auf die Politik der Behörden einzuwirken. Diese Zustände haben dazu geführt, dass die KMT in ihrer Masse eine Partei ist, welche objektiv in Opposition zum rechten Flügel steht, der die Parteileitung in seiner Hand hält und lokal die Regierungsgewalt besitzt. Die chinesischen Kommunisten stützen sich in bedeutendem Maße auf diese linke Mehrheit der Partei, sie müssen zusammen mit der linken Mehrheit die Rechten überrennen, sie sowohl aus der Partei wie aus der Regierung entfernen. Der Prozess einer solchen Reinigung steht in Verbindung mit der Bewaffnung der Arbeiter und Bauern, da die rechte KMT, welche sich auf die Leitung der national-revolutionären Armee stützt, zweifellos einen Versuch der Linken, die Regierungsgewalt und die Parteiführung in ihre Hand zu bekommen, bewaffnet zurückweisen wird. Bis jetzt sind die Arbeiterposten entweder nicht bewaffnet oder sie werden entwaffnet. (Kanton). Die Bauernbünde sind häufig mit Waffen aus Bambus bewaffnet. Ihre Bewaffnung erfordert Zeit. Daher sind Manöver von oben bis zur Umbewaffnung der Revolution notwendig. Sie nehmen jetzt die Formen des Sichstützens auf Tong Schen-tschi gegen Tschiang Kai-schek an. Diese Manöver sind unvermeidlich, aber auch Tong Schen-tschi ist keine Lösung der Frage der Linksentwicklung der Regierung, denn er ist ein noch reaktionärer General als Tschiang Kai-schek, ein Großgrundbesitzer, der mit dem japanischen Imperialismus in Verbindung steht, der sich im Jahre 1926 an die KMT angeschmiert hat.

Die offizielle Ideologie der KMT ist die „Lehre von Sun Jat-sen". Lenin charakterisierte den Sunjatsenismus als eine eigenartige chinesische Volkstümlerei. Und in der Tat ist der Sunjatsenismus „in seiner reinen Form" eine eigenartige, veränderte und den chinesischen Bedingungen angepasste Volkstümelei plus Nationalismus. Lenin nannte die Partei Sun Jat-sens eine liberale Partei. Der Sunjatsenismus ist die chinesische Volkstümelei plus Nationalismus plus Kadettismus. Im Unterschied von den Menschewiken erblickte Lenin in der russischen Volkstümlerei nicht nur ihren kleinbürgerlichen Inhalt (einen kleinbürgerlichen „russischen Sozialismus"), sondern auch ihre fortschrittliche bürgerlich-demokratische Wesenheit, insofern nämlich die Volkstümlerei ein Ausdruck der herangereiften Agrarrevolution in Russland war. Wir müssen nicht nur dessen kleinbürgerlich national-„sozialistischen" reaktionären Inhalt sehen, sondern auch seine fortschrittliche und demokratische Wesenheit. Der Sunjatsenismus drückt vor allem das Bestreben zur nationalen Einigung Chinas aus, darüber hinaus aber auch in gewissem Maße des Strebens zur Bauernrevolution. Diese nationale Bewegung wird in immer höherem Maße zur Bauernbewegung. Aber im Sunjatsenismus (wie seinerzeit auch in der russischen volkstümlichen Bewegung) spielt die Intelligenz eine bedeutende Rolle, während sie in der jetzigen KMT einen starken und einflussreichen Flügel bildet, der die Interessen der nationalen Bourgeoisie usw. vertritt.

Im Jahre 1894 hat Sun Jat-sen den „Verband zur Erneuerung Chinas" (Sing Hun Fu) gegründet. Diese Partei stützte sich damals fast ausschließlich auf die Bourgeoisie. Im Jahre 1905 organisierte Sun Jat-sen eine neue Partei, die „Tung Men Fu", welche bereits bis zu einem bestimmten Grade bei der Bauernschaft ihre Stütze suchte. Im Jahre 1911, kurz vor der ersten chinesischen Revolution legte Sun Jat-sen das Fundament der jetzigen volksrevolutionären Partei, der Kuomintang. Er zog in die liberale Bourgeoisie die Intelligenz, breite Schichten der städtischen Kleinbourgeoisie und der Heimarbeiter hinein und suchte gleichzeitig Verbindungen mit der Arbeiterklasse und der Bauernschaft.

Trotzdem er ein ehrlicher Demokrat, ein aufrichtiger Feind der ausgebeuteten Massen war, so hat doch Sun Jat-sen in seiner Lehre der Arbeiterklasse nur eine sehr unbedeutende Rolle eingeräumt. Lange Jahre hindurch war Sun Jat-sen ein begeisterter Verehrer der amerikanischen Demokratie, hielt den früheren amerikanischen Präsidenten Lincoln für sein Ideal und erklärte die auf den Hawaii-Inseln durch den amerikanischen Imperialismus geschaffene Gesellschaftsordnung für eine Art Paradies.

Ebenso ist auch die Bauernfrage in der Lehre Sun Jat-sens außerordentlich wenig durchgearbeitet.

Erst in den letzten zwei Jahren seines Lebens begann Sun Jat-sen unter dem Einfluss der russischen Revolution und unter dem Einfluss des Wachstums der Arbeiterklasse Chinas, der Arbeiterbewegung mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich davon zu überzeugen, dass die Arbeiterklasse in der chinesischen Revolution eine große Rolle spielen wird.

Die drei Hauptlosungen der Sunjatsenismus lauten bekanntlich: „1. Nationalismus, 2. Demokratismus, 3. Staatssozialismus". Zusammengenommen bedeuten diese drei Losungen einen nebelhaften kleinbürgerlichen „Sozialismus".

Es versteht sich von selbst, dass diese kleinbürgerliche Ideologie keinesfalls die Ideologie des chinesischen Proletariats sein kann, dessen Avantgarde bereits auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht. Man kann und darf das Gedächtnis Sun Jat-sens als eines aufrichtigen Revolutionärs ehren, der große Verdienste um die nationale Befreiungsbewegung Chinas hat; man kann und darf den Sun Jat-sen als einen Verbündeten der proletarischen Revolution auf einem bestimmten Stadium der Revolution in China ansehen, aber man muss klar sehen, dass der Sunjatsenismus nicht die Ideologie des chinesischen Proletariats sein kann, sondern, dass nur der Marxismus (Leninismus) das sein kann und darf. Marxismus oder Sunjatsenismus? – So steht die Frage.

Was ist die Kuomintang als politische Organisation? Was ist die nationale Regierung? Was sind die National-Armeen?

Häufig schildert man die Sachlage so, als ob die jetzigen National-Armeen Rote Armeen seien. Aber das ist nicht der Fall. Man darf sie weder mit der Roten Garde in unserer Revolution vergleichen, noch mit der Roten Armee, denn sie sind weder rein proletarische Abteilungen, wie es unsere rotgardistischen Abteilungen waren, noch eine Bauernarmee, die von den Arbeitern geführt wird und der proletarischen Partei untersteht, wie das bei unserer Roten Armee der Fall ist. Die Nationalarmeen sind außerordentlich buntscheckig. Der Kantoner Kern hat allerhand Abteilungen angesetzt, die hinzugetreten und wenig organisiert sind. Von den 40 jetzigen Truppenteilen bestehen 35 aus solchen, die während des Kampfes auf die Seite des Südens übergegangen sind. Die Armeen bestehen aus Söldlingen mit einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz von Freiwilligen. Aber die allgemeine Lage verwandelt sie in ein ausgezeichnetes bäuerliches Menschenmaterial, welches revolutionär gestimmt ist und sich zum Kampfe drängt. Die Rolle des Kommandobestandes ist außerordentlich groß. Er aber gerade ist wenig zuverlässig. Die Spitze der National-Armeen besteht in ihrer Mehrheit aus Elementen, die nicht nur der Arbeiter-, sondern auch der Bauernbewegung fremd sind, aus Elementen der Bourgeoisie und der Großgrundbesitzer. Eine ganze Anzahl von Kommandeuren in den National-Armeen stand noch vor ganz kurzer Zeit auf der Seite des Nordens. Die Kommunisten bilden in der Armee ein ganz kleines Häuflein. Der Generalissimus Tschiang Kai-schek gehört zu den rechten, d.h. zu den bürgerlichen Elementen der KMT und hat sich bereits wiederholt als offener Feind der proletarischen Bewegung erwiesen, als ein Mensch, der fähig ist, die chinesische Revolution zu verraten. Seine letzte Deklaration (März 1927), die als „Sieg" der Kommunisten und des linken Flügels der KMT gepriesen wurde, ist in Wirklichkeit ein diplomatischer Schachzug des Tschiang Kai-schek. Das ist die gleiche Sprache, wie sie eine Zeitlang Kerenski dem ZK der SRs gegenüber benutzte, als dieses ZK noch versuchte, sich auf der Position des Zentrismus zu halten, mit dem Unterschied, dass in den Händen des Tschiang Kai-schek jetzt vielmehr reale Macht ist, als damals in den Händen von Kerenski war. Der rechte Umsturz, welchen Tschiang Kai-schek am 20. März 1926 gemacht hat, war nicht ein „Kampf des Ehrgeizes" zwischen Tschiang Kai-schek und Wan Tin-wei (wie das die Spießbürger in der Politik darstellen), sondern ein Reflex des Klassenkampfes. Der Sieg des Tschiang Kai-schek führte dazu, dass in Kwantung die Reaktion gesiegt hat. Die gegenrevolutionären bewaffneten Abteilungen beeilten sich (die sogenannten „Mintuani") die Bauernbünde zu zerschlagen und die Bauern zu entwaffnen. Die alten Beamten kehrten in die Regierung zurück. Den Arbeitern wurden höchst ernsthafte Schläge beigebracht.

Die nationale Regierung war bis zur allerletzten Zeit ein Werkzeug in der Hand der Generäle. Nur der Druck (der Massen) schwächt die Rechtsheit der Regierung und „drückt" in die Regierung mehr oder weniger radikale Elemente durch (allerdings ist sogar der Minister des Äußern, Eugen Tschen, so eine Art Fabianer). Die nationale Regierung tritt häufig offen gegen die Arbeiter- und Bauernbewegung auf, an einer ganzen Reihe von Stellen unterdrückt sie Arbeiterstreiks und erwürgt die Bauernbewegung, erlaubt ihr nicht, zu wachsen, bremst sie, greift zu Auflösungen und Verhaftungen und bemüht sich, die Bewegung der Bauern und die „Bewegung" der Räuber in einen Topf zu werfen, unterstützt Streikbrecher-Organisationen gegen die Arbeiter. Sie kommt den gerechtesten, elementarsten Forderungen der Bauernschaft nicht entgegen. Ohne der Bauernschaft ernsthaft etwas „von oben" zu geben, gestattet sie gleichzeitig nicht dieser Bewegung, sich von unten her zu entwickeln. Bis zum Jahre 25 spielt in der Bewegung die Großbourgeoisie die erste Geige.

Kanton war bis vor ganz kurzer Zeit der Hauptstützpunkt der nationalen Bewegung. Hier existierte die Nationalregierung im Laufe einer langen Zeit gesichert. Daher ist es besonders, wichtig, das Verhältnis der nationalen Regierung zur Arbeiterbewegung in Kanton zu kennen. Der Reallohn der Kantoner Arbeiter ist seit 1917 um ungefähr das Doppelte gesunken. Der mittlere Lohn der Arbeiter in Kanton schwankt zwischen 3 und 10 Dollar monatlich. Nur eine kleine Zahl qualifizierter Industriearbeiter, welche die Arbeiter-Aristokratie bildet (ein kleines Häuflein unter den 20.000 Arbeitern von Kanton) bekommt zwischen 15 und 27 Dollar monatlich. Gerade diese Gruppe der Arbeiter-Aristokratie bildet ihren eigenen Mechaniker-Verband, der sich den Klassengewerkschaften nicht anschließt, sondern der rechten Kuomintang folgt.

Unter der Losung, des „Burgfriedens“ fordert die nationale Regierung von den Arbeitern, dass sie „hinter der Front der national-revolutionären Armeen" nicht streiken sollen und alle Wirtschaftskonflikte zur Entscheidung durch Schlichtungs-Kommissionen der Regierung einreichen sollen. Die Arbeiter von Kanton taten das gerne; aber in der ungeheuren Mehrzahl der Fälle handelte die Schlichtung der Regierung zum Nutzen der Unternehmer. In der Kuomintang gibt es eine „Arbeiterabteilung" und daneben eine „Kaufmannsabteilung". Die Bourgeoisie drückt auf die Kaufmannsabteilung der KMT und zieht in der ungeheuren Mehrzahl der Fälle die offiziellen Organe der KMT auf ihre Seite herüber. (So war es auch zu Lebzeiten Sun Jat-sens und so ist es umso mehr jetzt.)

Unter der Losung des Kampfes gegen einen angeblichen „Arbeiterterror" organisierte die Bourgeoisie ihre bewaffneten Banden. In letzter Zeit kam es sogar zum Lynchen von Arbeitern durch die Unternehmer, gar nicht zu reden davon, dass sie aus dem Betrieb auf die Straße geworfen werden. Die nationale Regierung von Kanton hat nicht nur häufig diesen Heldentaten der Unternehmer gegenüber die Augen verschlossen, sondern ermutigte auch die Bildung von Parallelen-Arbeiterorganisationen unter der Leitung früherer Arbeiterführer, welche auf die Seite der Unternehmer überliefen, und bremste die Sache der bewaffneten Arbeiter. Am 6. August. 1926 hat der Generalissimus der national-revolutionären Armee, Tschiang Kai-schek, einen Befehl über die Entwaffnung der Arbeiter erlassen, über ihre Verhaftung und über Militärgerichte für jene Arbeiter, die ihre Waffen gegen die Söldlingsbanden der Unternehmer anwenden würden. Im Dezember 1926, schon nach der Abreise der Regierung und des ZK der KMT nach Wuhan wurde ein analoger Befehl erlassen und die Arbeiter wurden besonders energisch entwaffnet, indem man die Militärstreitkräfte zu diesem Zweck mobilisierte.

Schon nach der Abreise der Regierung aus Kanton hat der „revolutionäre" General Li Tschi-sing das (örtliche) Komitee der KMT von Kanton auseinandergejagt, wo die „Linken" einen „allzu großen" Einfluss hatten, und er hat tatsächlich sein rechtes Komitee eingesetzt. Dabei blieben von den 50.000 Mitgliedern der KMT nur 13.000 übrig (die Arbeiter sind weggegangen). Aber in diesem Komitee sitzen auch Kommunisten. Und dieser „revolutionäre General" veranstaltet trotzdem festliche Empfangsfeierlichkeiten für die Delegation der Komintern, die nach Kanton kommt. Die Kommunisten aber decken durch ihre Teilnahme alle diese Heldentaten des Li Tschi-sing, der der wirkliche Herr von Kanton ist.

Die Polizei der nationalen Regierung hat fortwährend die Streikbrecherverbände gegen die wirklichen Arbeiterverbände verteidigt. Unter dem Schutze der Partei der Nationalregierung haben die Unternehmer wiederholt die streikenden Arbeiter niedergeschlagen. Im Oktober 1926 drang eine Abteilung bewaffneter Soldaten des 25. Regiments der 3. Armee spät abends in die Eisenbahnwerkstätten und begann auf die Arbeiter zu schießen, so dass es Tote und Verwundete gab. Dieser „Vorfall" fand statt in Verbindung mit einem friedlichen Wirtschaftskonflikt auf der Eisenbahn, wobei die Provokation der rechten Kuomintangleute keine geringe Rolle spielt.

Das was in Kanton vor sich ging, geht auch auf dem ganzen Territorium Chinas vor sich, welches durch die Nationalarmeen besetzt ist. Die Provinzialregierungen richten sich nach der zentralen Kantonregierung. Im Juni 1926 gab es in Wu Tschau in der Provinz Kwangsi Erschießungen von Arbeitern und Verhaftungen von Kommunisten. Das wurde unter dem Vorwand gemacht, dass die streikenden Arbeiter das Hinterland der Nordexpedition desorganisieren. Unter den Erschossenen gab es 3 Arbeiter, Teilnehmer am Streik in Hongkong.

Ähnliches passiert auch mit Bauernorganisationen. In Tun Yang Sen wurde eine Abteilung der Bauernwehr erbarmungslos auseinander geschlagen, wobei die Bauern in unerhörter Weise vergewaltigt und verhöhnt worden sind.

In der Provinz Hubei gab es im Oktober und November 1926 eine Reihe von Fällen, wo Bauernorganisationen auseinandergejagt wurden. Es wurden beispielsweise in Ma Tsching Lan bei der Auseinandertreibung einer Demonstration von Arbeitern und Bauern zehn Mann tödlich verwundet. In Hunan wurde bei der Auflösung einer Bauernorganisation einer der Führer dieser Organisation gehängt. Die rechten Kuomintang-Leute leiten tatsächlich die wichtigsten Regierungsorgane und Heeresteile und nutzen sie aus zur Zerschlagung der Arbeiter- und Bauernbewegung. Die Bezirkshauptleute und Kommandeure der Heeresteile in einer Reihe von Ortschaften handeln vollkommen organisiert gegen die Arbeiter und Bauern, wobei die Gerichtsorgane und die Presseorgane der Kuomintang, das durch die Finger betrachten.

Die offizielle Regierung fordert, dass aus dem Programm der Bauernbünde jede Politik wegbleiben soll. Die Bauernorganisationen werden als „Räuberbanden" erklärt. In den Organen der Kuomintang kann man folgende Erklärungen lesen: im Juni 1926 schrieb die Zeitung „die Menschenrechte": „Was das heutige Unglück ist … wir sind der Meinung, dass das Unglück des heutigen Tags in den Räubern und in den mit den Räubern gemischten Organisationen der Bauern ist. Das ist das größte Unglück, und wir hoffen stark, dass strenge Maßnahmen zu deren Vernichtung ergriffen werden".

Die „Republikanische Zeitung" schreibt in der Nummer vom 17. Juli 1926 im Leitartikel: „Die Bauernorganisationen stiften immer nur Unruhe, sie stören die Ruhe der Dörfer. Die Zeitung „Qo Hua" greift ebenfalls die Bauernorganisationen an.

Die Herabsetzung der Pachtzahlungen um 25 Prozent wurde noch zu Lebzeiten Sun Yat Sens „beschlossen". Aber durchgeführt ist sie immer noch nicht, denn der ganze Apparat der Nationalregierung (und der Kuomintang) ist durch tausend Fäden mit der Bourgeoisie verbunden und durch diese auch mit den Großgrundbesitzern.

Eine unzulässige Politik führt die Nationalregierung den Arbeitern gegenüber auch in der allerletzten Zeit. Noch am 5. Januar 1927 hat die Kanton-Regierung, entsprechend einem Beschluss des ZK der KMT ein neues Gesetz über Streiks veröffentlicht, welches den Arbeitern verbietet, bei Demonstrationen Waffen zu tragen, speziell Streikposten verbietet und ein Zwangsschiedsverfahren für die Arbeiter fast aller Berufe aufstellt. Dabei haben bei dem Zwangsschlichtungsverfahren die Vertreter der Nationalregierung wiederholt der Bourgeoisie gegen die Arbeiter, den Kaufleuten gegen die Handelsangestellten usw. ein direktes Übergewicht gegeben. Es ist eine ganze Reihe von Fällen bekannt, wo die Kursanten des Tschiang Kai-schek die ihm nicht passenden Arbeiterversammlungen (in Hankau) auseinandergejagt haben usw. Sogar die Existenz selbst der Gewerkschaften ist bisher noch nicht geregelt, und die Arbeiterorganisationen in Kanton und den anderen Gebieten der Nationalregierung können bis heute als „illegale Organisationen" behandelt werden.

Die Revolution hat der Arbeiterklasse nicht nicht den Achtstundentag gesichert, sondern hat ihm nicht einmal einen Ruhetag in der Woche gesichert, Arbeitsschutz, breite soziale Gesetzgebung. Der Meister und Fabrikant können immer noch den Kuli und den Arbeiter körperlich abbestrafen. Die Lage der Industriearbeiter in China ist auch jetzt noch äußerst miserabel, nur um weniges besser als die Lage des Kuli.

So steht es mit der Arbeiterfrage.

Die KMT-Partei zählt formal an die 300.000 Mitglieder.

Dabei treten die Regierungsbeamten in die Partei ein „aus dienstlichen Gründen". Ihre Organisation ist im höchsten Grade unbestimmt. Was die Grundzelle der Partei ist, das kann kein Mensch genau sagen. Der Einfluss der gewöhnlichen Parteimitglieder auf die Politik ihrer Zentrale ist äußerst schwach, die Zentrale aber hat große Gewalt und ist gleichzeitig politisch äußerst unzuverlässig.

Tatsächlich bleibt in den Händen des Tschiang Kai-schek und anderer kommandierender Generäle eine ungeheure Macht.

Die auf dem letzten Plenum der KMT vorgenommene Reorganisierung des ZK wird vielleicht sogar einige Verbesserungen bringen. Tatsache ist es, dass neben einem Politbüro auch noch irgend ein „besonderes Komitee" mit sehr weitgehenden und wenig präzisierten Vollmachten geschaffen worden ist.

In den sozialen Fragen hat das ZK der KMT häufig eine Politik geführt, die der Politik der Kadettenpartei in Russland ähnelt. Reale wirtschaftliche Verbesserungen für das Leben erhalten die Arbeiter und Bauern von der Kuomintang-Regierung fast überhaupt nicht. Gleichzeitig ist aber die Gesetzgebung der KMT von den politischen Fragen des inneren Lebens ebenso geizig und durchtränkt von bürgerlichen Prinzipien.

In unserer kommunistischen Presse, insbesondere in der Presse unserer Partei, wurde leider bisher das wirkliche Wesen der Kuomintang schön gefärbt. Die KMT-Regierung wurde bei uns erklärt und wird auch weiterhin erklärt als „Regierung aller Bevölkerungsklassen Chinas" oder als „Block der vier Klassen" usw.

Als ob in Wirklichkeit in China der Marxismus nicht mehr gilt, und als ob dort die Existenz einer „über den Klassen stehenden" Regierung möglich wäre. Ein Durchschnittsleser unserer Presse musste die Vorstellung erhalten, dass die Kuomintang-Leute „beinahe" Kommunisten sind (die mit uns nur in „Einzelheiten" auseinandergehen), und dass das, was in China jetzt vorgeht, bereits beinahe eine sozialistische Revolution ist. Sogar über den Putsch des Tschiang Kai-schek vom 20. März 1926, wo in China die russischen Kommunisten verhaftet wurden, hat unsere Presse kein einziges Wort gebracht, und die Arbeiter der UdSSR wussten, ebenso wie das ganze internationale Proletariat nichts über dies Ereignis. Erst in der allerletzten Zeit (März 1927) erschien in der Zeitschrift des EKKI ein erster Artikel, der ein wenig den Vorhang hebt über das, was in der Kuomintang passiert. In diesem Artikel (einem redaktionellen Artikel), lesen wir: in der National-Regierung gehört die Macht bereits dem Zentrum, das Zentrum aber strebt in der letzten Zeit meistenteils entschieden nach rechts. In noch höherem Maße gilt das für die Provinzialregierungen des südchinesischen Staates. Die rechten Kuomintang-Leute zählen in ihren Reihen bedeutende Staatsmänner, Vertreter der bürgerlichen Schichten Chinas usw. Ihrer Vergangenheit nach, ihrer Gegenwart nach, ihren sozialen und politischen Verbindungen nach, sind die rechen Kuomintang-Leute zu Kompromissen mit den Imperialisten geneigt, sind sie Gegner großer sozialer Reformen, Gegner einer weiteren Entwicklung der revolutionären Arbeiter- und Bauernbewegung^" („KI." Nr. 11, 1927, Leitartikel, Seite 4) In diesem Artikel lesen wir, dass die „Kuomintang und die National-Regierung ernsthaft beunruhigt sind durch das Wachstum der Arbeiterbewegung" und Gesetze erlassen, welche tatsächlich gegen die Streikfreiheit gerichtet sind.

Wenn nach alledem der Leitartikel der „Kommunistischen Internationale" erklärt, dass „die Leitung der Kuomintang jetzt an einem Mangel an revolutionärem Arbeiter- und Bauernblut krankt; die chinesische Kommunistische Partei muss zu einem Zustrom solchen Blutes beitragen und dann wird die Lage sich radikal ändern" (Ebenda Seite 7), so zeugt eine solche eigenartige Diagnose und Heilungsmethode der „Blutarmut" über die im Innersten falsche politische Einstellung der Zeitschrift, die „Kommunistische Internationale" selbst.

Die letzten Siege der Nationalarmeen haben das Gebiet der Kuomintang stark erweitert, indem sie Hankau und Schanghai in dieses Gebiet einfügten, Zentren der großen Arbeiterbevölkerungen. Unter günstigen Umständen kann das zur Verstärkung des linken Flügels der Kuomintang führen. Aber schon jetzt ist parallel eine Stärkung auch des rechten Flügels bemerkbar. Ein Teil der chinesischen Bourgeoisie revidiert – zweifellos unter voller Billigung der ausländischen Imperialisten – ihr Verhältnis zur Kuomintang, „geht auf deren Seite über", bemüht sich, in die Kuomintang einzutreten, mit dem Ziele „in den Kopf der Organisation zu gelangen, um die Organisation zu köpfen".

Die Bourgeoisie strömt in die Reihen der Kuomintang, die überdies auch noch neue Mitglieder aus den Kommandeuren der sich in die Revolutionsarmee ergießenden neuen Truppenteile erhält. Diese beiden Quellen führen zum starken Wachstum des rechten Flügels. „Ohne über Massen zu verfügen, sind die rechten stark durch ihre enge Verbindung mit dem gesamten Staats- und Militärapparat" (aus einem Artikel von L. Heller, dem offiziellen Vertreter der Profintern in China). „Im gegenwärtigen Moment sind die Kräfte des linken Flügels der Bewegung größer, als die des rechten Flügels. Aber man darf nicht den Umstand außer Acht lassen, dass im Prozesse der Siege der Kanton-Armeen sich viele Mitläufer an diese angeschlossen haben, welche auch gegen die Interessen der Arbeiter- und Bauernmassen ausgenützt werden können, wenn die kommunistische Partei und der revolutionäre Flügel der Kuomintang nicht fortwährend für die Interessen der Revolution auf der Wacht sein werden", so schreibt Rafes („die Revolution in China" Seite 131), sogar Rafes, der zusammen mit Martynow besonders sinnfällig in den Fragen der chinesischen Revolution zum Menschewismus herunter gleitet.

Vergleicht man die jetzige KMT mit den Arbeiter- und Bauernräten, sagen wir auch nur der Februarperiode (des Jahres 1917) und das Verbleiben der chinesischen Kommunisten in ihr mit dem Verbleiben der russischen Kommunisten in dem damaligen Sowjets, so macht man einen grundsätzlichen Fehler. Erstens zählt die KMT selbst in ihren Reihen nur 300.000 Mitglieder (bei 400 Millionen Bevölkerung), während in den Februar-Sowjets Dutzende von Millionen vertreten waren; zweitens haben die Bolschewiki, als sie in die Februar-Sowjets hineingingen, sich die volle Selbständigkeit ihrer eigenen Partei gesichert, wovon in China nicht die Rede ist; drittens, wenn die Kuomintang dasselbe ist, was die Sowjets waren, warum widerspricht man dann der Aufstellung der Losung der Sowjets durch China?

Die KMT ist ein Mittelding zwischen Partei und Sowjets, sagte Gen. Bucharin in der Moskauer Funktionärsversammlung am 4. 4. 27.

Die KMT ist so eine Art revolutionäres Parlament mit seinem Präsidium, dem ZK, sagte Genosse Stalin in derselben Versammlung, und Gen. Stalin fügte hinzu: Tschiang Kai-schek ist einen Kopf höher als Zeretelli und Kerenski, denn Kraft der Umstände führt er Krieg gegen die Imperialisten.

Das Eine wie das Andere ist falsch!

Wenn die KMT ein Mittelding ist zwischen Partei und Sowjet, warum muss man dann gegen die Losung der Sowjets sein? Die jetzigen Führer der KMT werden doch aber gewiss gegen diese Losung sein?

Wenn die KMT ein revolutionäres Parlament ist, so ist im Parlament der Kampf der Parteien unvermeidlich und notwendig. Warum hat dann in dem revolutionären Parlament die chinesische kommunistische Partei keine volle politische und organisatorische Selbständigkeit?

Redet man „russisch", so kann man eher die KMT mit der Partei der SRs (plus, teilweise „linke" Kadetten) der Zeiten vergleichen, wo diese Partei sich noch aufwärts entwickelte.

Richtiger aber wäre es, die jetzige KMT mit der Partei der Kemalisten ungefähr des Jahres 1920 zu vergleichen. Damals spielte sich die kemalistische Partei angestrengt als revolutionäre, „beinahe" bolschewistische Partei auf, kokettierte mit den Arbeitern, rief die Bauernmassen auf ihre Seite, ließ die Mitarbeit mit den Kommunisten zu, nannte ihre Regierung „Rat der Beauftragten" usw. Aber nachdem sie den passenden Moment abgewartet hatten, hat sie „rechtzeitig" die Kommunisten in die Illegalität gejagt, schnitt diesen und jenen ihrer Führer (Ermordung des Gen. Subhi u. a.) die Gurgel durch und schuf eine bürgerlich nationale Regierung mit konservativer Innenpolitik. Natürlich ist die Türkei lange nicht in allem mit China zu vergleichen. Vor allem existiert in China eine zahlreiche Arbeiterklasse, welche eine große revolutionäre Rolle zu spielen fähig ist. Diesen Grundunterschied darf man keinen Augenblick lang vergessen. Aber ihn politisch realisieren wird man erst dann können, wenn die Arbeiterklasse Chinas eine selbständige Kraft wird, wenn sie aufhören wird, eine Beigabe zur KMT zu sein. Dann werden auch die Schicksale der KMT bei richtiger Taktik von anderer Seite, anders werden, als die Schicksale der kemalistischen Partei. Unter den linken Kuomintang-Leuten sind viele aufrichtige Anhänger eines Bündnisses des Proletariats mit der Bauernschaft. Bei richtiger Taktik können die linken Kuomintang-Leute nach dem endgültigen Bruch mit der Rechten, eine Massenorganisation schaffen, die eine große revolutionäre Rolle wird spielen können. Aber bei alledem darf die geschichtliche Erfahrung mit der Entwicklung der kemalistischen Partei für uns nicht umsonst verloren gehen.

Ob China den Weg der Türkei und Kemals oder den Weg Lenins und der bolschewistischen Revolution gehen wird, so stellen die Imperialisten die Frage (vergl. Peking-Tientsin Times vom 6. März 1927). Die größte Gefahr für die Weltrevolution, insbesondere für die UdSSR, würde eine solche Entwicklung der KMT sein, ein Sieg des rechten Flügels der KMT und einen Kompromiss dieses „kemalistischen" Flügels der KMT (unter der Führung des Tschiang Kai-schek oder irgendeines anderen) mit dem amerikanischen oder dem anglo-amerikanischen Imperialismus. Ein solcher Ausgang würde schlechter sein als die Lage, die man vor der Einnahme Schanghais hatte. Er würde die chinesischen Märkte der „friedlichen" Eroberung durch den internationalen Imperialismus öffnen, würde zur Befestigung der kapitalistischen Stabilisierung dienen, würde die Hände des imperialistischen England frei machen, und würde den Augenblick eines möglichen Kriegszugs des internationalen Imperialismus gegen die UdSSR näher rücken. Die Gefahr eines solchen Ausganges muss man unbedingt sehen.

Schon aus diesem einen Grunde hat man absolut die Pflicht: sich und der ganzen Arbeiterklasse die volle wirkliche Wahrheit über die jetzige KMT zu sagen, hierüber das ganze internationale Proletariat auf dem Laufenden zu halten, keinen Versuch zu machen, auf diplomatische Manier solche Fragen zu lösen, welche in Wirklichkeit Fragen des Klassenkampfes sind. Die Ausnutzung eines Generals gegen den anderen im Interesse der Revolution ist notwendig. Aber das Spiel mit den Gegensätzen und Rivalitäten unter Generälen kann keine Klassen-Linie ersetzen. Unsere Orientierung ist die Orientierung auf Massen. Wie der Kampf zwischen den rechten und linken SR in einem bestimmten Stadium unserer Revolution eine kolossale Bedeutung hatte, so besitzt auch jetzt der Kampf zwischen der linken und rechten KMT keine geringere Bedeutung. Aber auf jeden Fall brauchen wir eine selbständige chinesische kommunistische Partei, die weder von den rechten noch von den linken Kuomintang-Leuten abhängt.

7. Die chinesische kommunistische Partei.

Die chinesische kommunistische Partei ist eine verhältnismäßig sehr junge Partei. Erst im Zusammenhang mit dem viermonatlichen politischen Streik der Arbeiter von Schanghai (Juni bis Oktober 24) und dem fast elfjährigen Boykottstreik (vom Juni 1925 an) der Arbeiter von Hongkong begann die chinesische kommunistische Partei [zu wachsen auf] 15.000 Mitglieder (ebenso viel ungefähr der kommunistische Jugendverband); in den chinesischen Gewerkschaften aber sind ungefähr anderthalb Millionen Arbeiter, und die junge kommunistische Partei beeinflusst diese Gewerkschaft in bedeutendem Maße. Einen gewissen Einfluss hat die chinesische kommunistische Partei auch auf die Bauernverbände, welche unter einigermaßen günstigen Umständen und bei richtiger Politik rasch zu wachsen beginnen werden.

Die chinesische kommunistische Partei ist ein Bestandteil der Kuomintang unter äußerst unbestimmten Bedingungen. Sie nimmt die Verpflichtung auf sich, den Sunjatsenismus nicht zu kritisieren, eine Lehre, die mit dem Marxismus nichts gemeinsam hat.

Wie ein Telegramm der TASS, vom 24. 3. 27 mitteilt (dieses Telegramm ist in unsere Presse nicht veröffentlicht worden), hat das Plenum der KMT vom 13. 3. 27 unter anderem beschlossen: „in den Organen der kommunistischen Partei darf nichts gedruckt werden, was die Zusammenarbeit der kommunistischen Partei mit der KMT stört". Eine solche Formulierung bedeutet in Wirklichkeit das Verbot der Kritik an der KMT durch die kommunistische Partei Chinas. Solche Verpflichtung darf keine kommunistische Partei auf sich nehmen.

Die eigentlich kommunistischen Organisationen sind ziemlich formlos. Für alle Handlungen der KMT, darunter auch für ihre gegen die Arbeiter und gegen die Bauern gerichteten Handlungen, tragen tatsächlich in den Augen des Volkes, auch die Kommunisten die Verantwortung, denn sie treten nicht auf mit einer hinreichend scharfen Kritik der KMT. Bei ihrer Massenagitation unter dem Volke treten die Kommunisten stets oder fast stets nicht im Namen ihrer Partei auf, sondern im Namen der KMT. Auf diese Weise wird häufig bei der Berührung mit den Massen das kommunistische Gesicht der Partei verloren. Trotz des kolossalen Schwungs der Ereignisse besitzt die KP Chinas bis heute noch keine einzige Tageszeitung, hat überhaupt keine einigermaßen verbreitete bolschewistische Presse, obwohl sie bereits Minister in der Nationalregierung hat. Das Fehlen einer kommunistischen Tageszeitung bedeutet in Wirklichkeit das Fehlen eines kommunistischen Organisationszentrums. Mit einem Worte, in der Wirklichkeit verwandelt sich die kommunistische Partei in einen Zusatz der KMT. Das findet u. a. seinen Ausdruck auch darin, dass sogar unter den Kommunisten „es Leute gibt, welche nicht für möglich halten, die Revolution im Dorfe zu entfesseln, da sie Angst haben, dass das Hineinziehen der Bauernschaft in die Revolution die antiimperialistische Einheitsfront untergraben wird" (Gen. Stalin auf dem VII. EKKI.). Die politische und organisatorische Abhängigkeit der KP Chinas von der KMT führt dazu, dass die KP Chinas ihre Pflicht weder der Arbeiterklasse noch der Bauernklasse gegenüber erfüllen kann.

Die politische Linie der KP Chinas ist äußerst zickzackförmig. Ihre Grundorientierung ist nicht genügend klar und sehr labil. Das Juni-Plenum des ZK der KP Chinas (1926) nahm beispielsweise die folgende Resolution an:

die Erleichterung aller dieser Leiden ist eine dringende Forderung des chinesischen Volkes. Das ist kein Bolschewismus. Man kann vielleicht sagen, dass das ein Bolschewismus im Namen unseres Volkes, nicht aber ein Bolschewismus im Namen des Kommunismus ist …

Sie (die Bourgeoisie) begreife nicht, dass ein solches Mindestmaß an Klassenkampf, wie er sich in einer Arbeiterorganisation und in Streiks äußert, keineswegs die Kampffähigkeit der antiimperialistischen Kräfte schwächt. Überdies verstehen sie nicht, dass der Wohlstand der chinesischen Bourgeoisie vom Erfolg ihres gemeinsam mit dem Proletariat gegen die Imperialisten und Militaristen geführten Krieges abhängt, keineswegs aber von der Fortsetzung des Klassenkampfes des Proletariats." Das ist ein Standpunkt, der nicht absolut bolschewistisch ist; das ist dem Wesen nach ein menschewistischer Standpunkt. Bei einer solchen Politik der kommunistischen Partei ist die Niederlage der Arbeiterklasse in der chinesischen Revolution gesichert. Aber gleichzeitig mit dieser ultrarechten Abweichung sehen wir bei den chinesischen Kommunisten auch ultralinke Stimmungen. Erklärungen etwa der Art: „Am 20. März (1926) ist die Kuomintang gestorben, und vom 15. Mai an ist sie verfault, wozu sollen wir diesen faulen Leichnam noch in unseren Händen halten?" („KI." Nr. 11, Seite 7), – sind natürlich falsch. Als eine kommunistische Organisalion konnte die Kuomintang nicht „sterben", denn sie war es niemals; als ein kleinbürgerliche Organisation, die im Zentrum einen starken bürgerlichen Kern hatte, ist sie keineswegs gestorben. Solche ultralinke Stimmungen sind nur als Reaktion auf die falsche ultrarechte, fast menschewistische Politik erklärlich, zu welcher die falsche politische Einstellung die KP Chinas führt.

Vor altem muss man es erreichen, dass die KP Chinas die Thesen von Lenin voll und ganz durchführt, die vom zweiten Kongress der Komintern gebilligt worden sind, denn nur diese geben eine richtige Orientierung, welche den Sieg sichert.

Notwendig ist die Legalisierung der Kommunistischen Partei Chinas auf den Gebieten, die von der National-Armee besetzt sind: (meistens ist die Kommunistische Partei auch hier illegal, da die Spitze der National-Armee im passenden Moment die Kommunisten niederschlägt). Man muss mindestens eine legale kommunistische Massenpresse schaffen, es ist notwendig, dass die Kommunisten sich an die Massen in ihrem eigenen Namen wenden.

8. Die KP Chinas und die Kuomintang.

Die Linie auf Verbleiben der KP Chinas in der Kuomintang um jeden Preis widerspricht in der Wurzel den Thesen von Lenin, die vom 2. Kongress der Komintern angenommen worden sind. Die Vertreter des Verbleibens der KP Chinas in der KMT um jeden Preis stellen sich den Gang der Entwicklung offenbar folgendermaßen vor: erst bringen wir die Sache bis zum vollen Siege der nationalen Heere, d.h. bis zur Einigung Chinas, dann fangen wir an, die KP von der KMT zu trennen, d.h. mit anderen Worten: erst lasst uns im Bündnis mit der Bourgeoisie die bürgerliche Revolution machen, dann aber wird schon das Proletariat anfangen, als selbständige Klassenkraft mit einer völlig selbständigen Arbeiterpartei aufzutreten usw. Aber diese Konzession ist durch und durch menschewistisch.

Eine nationale Einigung kann gänzlich verschieden sein von einer anderen nationalen Einigung. Es ist bekannt, dass nach der Revolution von 1911 China durch Yuanschiki geeint wurde (ein Mittelding zwischen einem chinesischen Stolypin und Witte). Darauf wurde China durch Wu Pei-fu „geeint" (die Tschili-Periode), den jetzigen Verbündeten von Tschang Tso-lin. Es ist bekannt, wie vorübergehend die Einigung Chinas durch Sun Yat-sen im Beginn der Revolution des Jahres 1911 war, denn es gab noch keine realen Klassenkräfte, die fähig wären, diese Einigung zu sichern.

Im Gange des Kampfes um die Einigung selbst muss das chinesische Proletariat sich die Führerrolle erobern. Denn wenn die Einigung unter der Führung der Bourgeoisie (wenn auch der allerdemokratischsten) vor sich gehen wird, so werden die Bedingungen für den weiteren Kampf des Proletariats viel schlechter. Die nationale Bourgeoisie kann, wenn sie sich befestigt, Bedingungen für das Proletariat schaffen, die viel schlechter sind, als die jetzigen.

Das Proletariat muss der Sache der nationalen Einigung Chinas dienen – das ist die Formel der chinesischen Bourgeoisie. Die nationale Einigung muss der Sache des chinesischen und des internationalen Proletariats dienen – das ist die Formel der Arbeiterklasse. Denn das Proletariats kann sich nicht befreien, ohne die ganze Welt zu befreien.

Die bürgerliche Revolution und die sozialistische Revolution in China sind voneinander durch keine „chinesische Mauer" getrennt. Aber die bürgerliche Revolution kann hinüber zu wachsen beginnen und schließlich in eine sozialistische Revolution nur dann hinüber wachsen, wenn das Proletariat immer mehr sich eine führende Rolle in der bürgerlichen Revolution selbst erobert. Lenin bestand darauf, dass „die Kommunistische Internationale zeitweilige Kompromisse, sogar Bündnisse mit der bürgerlichen Demokratie der Kolonien und der rückständigen Länder schließen muss, sich aber nicht mit ihr vermischen darf, sondern unbedingt die Selbständigkeit der proletarischen Bewegung, und sei es auch nur in ihrer ersten Keimform, aufrecht erhalten muss". Dabei haben wir aber in China schon nicht mehr nur eine Keimform der proletarischen Bewegung. Die inneren Widersprüche reifen, wie in jeder großen Revolution, so auch in China sehr schnell.

Die Kommunisten können und dürfen die nationalen Armeen und die nationale Regierung unterstützen. Die Kommunisten können und müssen unter bestimmten Bedingungen auch in die nationale Regierung eintreten. Lenin war für den Eintritt der Bolschewiken in die provisorische Revolutions-Regierung, aber er war selbstverständlich gegen den Eintritt in eine solche provisorische Regierung, die die Regierung des Fürsten Lwow oder Kerenski war.

Die chinesischen Kommunisten können in die nationale Regierung unter, folgenden Bedingungen eintreten:

1. volle politische und organisatorische Selbständigkeit der KP Chinas; volle Möglichkeit für sie, ihre kommunistische Agitation, Propaganda, Organisationsarbeit, Bewaffnung der Arbeiter usw. zu treiben;

2. volle Möglichkeit für die Kommunisten, die Halbheit und die Fehler der KMT vor den Massen zu kritisieren;

3. strengste Kontrolle der eigenen kommunistischen Partei (und der Komintern) über ihre Vertreter in der nationalen Regierung;

4. volle Möglichkeit für die chinesischen Kommunisten, die Losung der Bildung von Sowjets aufzustellen und diese Losung vor den Massen in dem Moment zu verteidigen, wo die KP Chinas, das für nötig halten wird;

5. die Plattform der Regierung muss so sein, dass sie uns nicht stört bei der „Erziehung und Organisierung der Bauernschaft und der breiten Massen der Ausgebeuteten im „revolutionären Geiste" (Lenin).

Die Teilnahme der Kommunisten an der nationalen Regierung ohne diese Bedingungen ist schwanger mit ungeheuren Gefahren und kann direkt der jungen KP China das Rückgrat brechen. Hat man einige Minister in der Kuomintang-Regierung, aber keine einzige Parteitageszeitung, so ist eine solche Lage für die junge KP Chinas mehr als gefährlich und zwingt zum Zweifel daran, dass die Kommunistischen Minister mit ihrer verantwortlichen Aufgabe fertig werden. Man kann gewiss sagen, dass die Teilnahme der kommunistischen Minister an der National-Regierung zur Kompromittierung der KP führen wird, wenn die KP Chinas in der jetzigen Lage eines Zusatzes zur Kuomintang bleiben wird.

Erst aus dem Leitartikel der Nr. 11 der Zeitschrift „die Kommunistische Internationale" (März 1927) erfährt die Partei zum ersten Male, dass das „Juni-Plenum des ZK der KP Chinas in Bezug auf die Kuomintang beschlossen hat: 1. von der Politik eines Bündnisses innerhalb der KMT zur Politik der Blocks überzugehen, 2. eine klare selbständige politische Linie herzustellen. 3. anzustreben, dass die Kuomintang die städtische kleinbürgerliche Demokratie zum Fundament erhält, 4. anzunehmen, dass die KMT nicht als zentralisierte Partei aufgebaut werden soll, dass ihre örtlichen, Organisationen Klubs ähneln sollen."

Ferner wird auch darüber berichtet, dass die KP Chinas die Organisierung von Fraktionen der Linken KMT für notwendig hält.

Der Leitartikel der Zeitschrift „Kommunistische Internationale" ist der Ansicht, „dass alle diese Beschlüsse einer Revision bedürfen". Dabei ist die Grundtendenz dieser Beschlüsse unbedingt richtig. Einer „Revision" bedarf gerade die Linie, die KP Chinas in der Kuomintang zu belassen, als einen Zusatz zur KMT.

Ist überhaupt das Eingehen einer kommunistischen Partei in eine andere nicht-kommunistische Organisation zulässig? Es gibt Fälle, wo das zugängig ist, wo die Eigenartigkeit der Lage eine solche Beteiligung sogar direkt notwendig macht. Einen solchen Fall haben wir beispielsweise in Bezug auf die englische Labour-Party. Die Komintern hat auf ihrem zweiten Kongress beschlossen, dass die englischen Kommunisten in die englische Labour-Party eintreten müssen. Diese Notwendigkeit motivierte Lenin durch die besondere Eigenartigkeit der Lage. Er sagte: „Man muss im Auge behalten, dass die englische Labour-Party sich in besonders eigenartigen Bedingungen befindet: das ist eine sehr originelle Partei oder richtiger, überhaupt keine Partei im gewöhnlichen Sinne des Wortes. Sie besteht aus den Mitgliedern aller Gewerkschaften, zählt jetzt ungefähr 4 Millionen Mitglieder und gibt allen politischen Parteien, die zu ihr gehören, hinreichend viel Bewegungsfreiheit." Die englischen Kommunisten, so sagte damals Lenin, besitzen „hinreichend viel Freiheit, zu schreiben, dass diese und jene Führer der Labour-Party Verräter sind, dass sie die Interessen der Bourgeoisie verteidigen und deren Agenten in der Arbeiterbewegung sind … wenn die Kommunisten eine solche Freiheit haben, so … sind sie verpflichtet, sich der Labour-Party anzuschließen, unter solchen Bedingungen wäre es falsch, nicht in die Partei einzutreten." (Werke Band 17, Seite 303). Aber nur unter solchen Bedingungen.

Außerdem darf man nicht Folgendes außer Acht lassen. Lenin sprach sich für die Teilnahme der englischen kommunistischen Partei an der Labour-Party nicht aus zu einer Zeit, wo in England schon eine Revolution vor sich ging, sondern in einer für England verhältnismäßig „friedlichen" Zeit. Das Beispiel des vor kurzem gewesenen englischen Streiks hat gezeigt, dass die Beziehungen zwischen Labour-Party und den Kommunisten sich sofort zuspitzen, sowie die Bewegung steigt.

In China aber durchleben wir gerade einen revolutionären Aufschwung. Es wächst die Bewegung, es wachsen auch die Widersprüche zwischen der Arbeiterklasse und dem bürgerlichen Teil der Kuomintang.

Natürlich kann man nicht einfach die KMT mit der englischen Labour-Party vergleichen. Einerseits sind in der englischen Labour-Party vorwiegend Arbeiter. Dort handelt es sich um die Taktik der Einheitsfront in Bezug auf Mitglieder unserer eigenen Klasse. Trotzdem darf man zugleich nicht die folgenden Worte Lenins über die englische Labour-Party vergessen: „Natürlich besteht die Labour-Party größtenteils aus Arbeitern; aber hieraus folgt nicht, dass jede Arbeiterpartei, die aus Arbeitern besteht, zugleich eine „politische Arbeiterpartei" ist; das hängt davon ab, wer sie führt und welchen Inhalt sie ihren Handlungen und ihrer politischen Taktik zugrunde legt. Nur dieses Letztere bestimmt auch, ob wir vor uns eine wirkliche politische, Partei des Proletariats haben. Von diesem einzig richtigen Standpunkt aus ist die Labour-Party umgekehrt, eine durch und durch bürgerliche Partei, denn wenn sie auch aus Arbeitern besteht, so wird sie doch von Reaktionären geführt. dazu noch von den allerschlimmsten, und das vollständig im Geiste der Bourgeoisie." (Band 17. Seite 301).

Die Führe der englischen Labour-Party sind Helfershelfer der Imperialisten, sie sind häufig selber „Arbeiter"-Imperialisten.

Andererseits spielt die linke Kuomintang, insofern sie mit den Kommunisten zusammenarbeitet, in der gegenwärtigen Periode objektiv die Rolle eines antiimperialistischen Faktors. Hierin liegt natürlich ein kolossaler Unterschied. Zugleich darf man aber auch nicht vergessen, dass in der Kuomintang nicht Arbeiterelemente überwiegen und dass in der Führung der KMT bisher bürgerliche Elemente eine bedeutende Rolle spielen, welche fähig sind, schon morgen in dieser oder jener Form, in diesem oder jenem Grade Verbündete und Helfer des Imperialismus zu werden (die rechten KMT-Führer sind schon jetzt Verbündete des Imperialismus).

Man muss in Erinnerung behalten, dass die KMT als Ganzes nur bis zu einem bestimmten Punkte gegen den Imperialismus auftritt. Die KMT fordert die Abschaffung der gröbsten Formen der Zollabhängigkeit, aber nicht mehr. Man muss in Erinnerung behalten, dass, was die Zollabhängigkeit betrifft, beispielsweise England es für möglich gehalten hat, Indien entgegenzukommen und dadurch einen Teil der indischen nationalen Bourgeoisie „befriedet" hat. Man muss klar sehen, dass die Rechte und das Zentrum der KMT leidenschaftlich auf ein Kompromiss mit Amerika, Japan und sogar England hinsteuert, dass sie versuchen werden, von diesen Anleihen usw. zu bekommen. Es ist durchaus möglich, dass der jetzige Kampf des führenden KMT-Kerns gegen den Imperialismus schnell in eine Vereinbarung mit dem Imperialismus „hinüber wachsen" wird.

Man darf sich auch keinerlei Illusionen machen über die „linken" Führer der Kuomintang (insbesondere über Wan Tin-wei). Sie können im entscheidenden Moment sich durchaus nicht besser als die „linken" Führer des Generalrats bewähren. Aber man muss alles Mögliche tun, um die linken KMT-Leute auf den revolutionären Weg zu führen, um sich nicht in einen Schwanz der Linken zu verwandeln, welche selbst der Schwanz der Rechten sind.

Prinzipiell muss die Frage so stehen: die chinesischen Kommunisten können und müssen in der KMT sein, aber lediglich unter den Bedingungen, welche Lenin für den Eintritt der englischen. kommunistischen Partei in die Labour-Party zuließ, was gerade bis jetzt nicht der Fall gewesen ist.

Die KP Chinas kann und muss bei der gegenwärtigen militärischen und allgemeinen politischen Lage in der KMT bleiben, aber nur zu dem Zweck, ihre Kräfte zu sammeln, sofort die Massen unter ihrem Banner zu sammeln zu beginnen, einen schonungslosen Kampf gegen die rechte KMT zu führen und deren Austreibung und Vernichtung anzustreben. Unsere Losung ist unter den heutigen Umständen nicht der Austritt aus der KMT. Aber unsere Losung ist zweifellos die sofortige Verkündigung und Verwirklichung der vollen und bedingungslosen politischen und organisatorischen Unabhängigkeit der KP Chinas von der KMT, d.h. der vollen politischen und organisatorischen Selbständigkeit der KP Chinas.

Die KP Chinas muss offen erklären, dass sie keine Verpflichtungen mehr auf sich nimmt, welche ihre politische und organisatorische Selbständigkeit auch nur im Geringsten binden, und dass sie, soweit sie solche Verpflichtungen früher auf sich genommen hat, diese jetzt annulliert. Die KP Chinas muss in einem Manifest und in einer Reihe von Flugschriften an das Volk die Gründe einer solchen Erklärung auseinandersetzen. Die KP Chinas muss sofort ihre Tagespresse schaffen.

Die Linie auf das Verbleiben der KP Chinas in der KMT um jeden Preis führt nicht nur zur unkritischen Lobhudelei über die KMT, nicht nur zur Verkleisterung des Klassenkampfes innerhalb der KMT, nicht nur zum Verschweigen der himmelschreienden Tatsachen von Erschießungen der Arbeiter und Bauern und der Verschlechterung der materiellen Lage der Arbeiter, sondern auch zur direkten Desorientierung der Parteien der Komintern, darunter auch der KP Chinas.

Ein von den französischen Kommunisten am 23. März 1927 in Paris einberufenes großes Meeting, auf welchem die Führer der KP Frankreichs, Semard, Monmousseau, Cachin u. a. auftraten, schickten an die Kuomintang ein Telegramm folgenden Inhalts:

Die Arbeiterpartei begrüßt den Einmarsch der revolutionären chinesischen Heere in Schanghai. 56 Jahre nach der Pariser Kommune und zehn Jahre nach der russischen, bedeutet die chinesische Kommune eine neue Etappe in der Entwicklung der Weltrevolution." Man sagt also offenbar den französischen kommunistischen Arbeitern, dass die jetzige KMT die chinesische Kommune ist.

Das Organ der deutschen Kommunisten „die Rote Fahne" (vom 17. März 1927) bringt ein Bild von Tschiang Kai-schek und stellt ihn als Führer der revolutionären Arbeiter Chinas dar, ohne den deutschen Arbeitern zu erklären, wer Tschiang Kai-schek in Wirklichkeit ist.

Die Rote Fahne" vom 18. März 1927 teilt mit, dass „drei Millionen chinesische Arbeiter sich in den Reihen der roten Gewerkschafts-Internationale befinden".

Eine der größten Zeitungen unserer Partei, „Der Arbeiter von Baku" deutet die Stellung unserer Partei in der chinesischen Frage so, dass sie der nationalen Regierung den Rat gibt, auf dem Gebiete der internationalen Politik vorläufig die Politik von Brest zu führen". (Der Arbeiter von Baku vom 5. April 1927).

Der Arbeiter von Baku" vergisst, dass die „Politik von Brest" richtig war nach der Machtübernahme durch das Proletariat, nach der Herstellung der Sowjetrepublik. Aber unsere Partei hätte keinesfalls die Politik von Brest beispielsweise der Regierung von Kerenski vorschlagen können. Die Regierung von Scheidemann und Haase ließ sich nach dem Sturze Wilhelms auch auf eine „Politik von Brest" ein, aber das führte nicht zum Siege der proletarischen Revolution, sondern zum Siege der Bourgeoisie. Die Politik von Brest, durchgeführt von Sozialdemokraten, bedeutete Versailles, und bedeutete gleichzeitig den Sieg der Bourgeoisie über die proletarische Revolution. Die Politik von Brest, durchgeführt von Tschiang Kai-schek, würde das Bündnis mit dem anglo-amerikanischen Imperialismus bedeuten. „Der Arbeiter von Baku" macht den „kleinen" Fehler, dass er die Regierung der Kuomintang gleich setzt einer proletarischen Regierung. Natürlich, wenn man diesen „kleinen" Fehler zulässt, dann kann man es erlauben, dass Arbeiterstreiks abgewürgt werden, dann kann man die Kuomintang als die „chinesische Kommune" erklären. Mit dem anglo-amerikanischen Imperialismus eine Vereinbarung treffen, das werden die Rechten und die gemäßigten KMT-Leute auch ohne die Kommunisten sehr gut zustande bringen.

Aber der Gipfel der prinzipiellen Fehler ist die Unterschrift des Sekretärs der KP Chinas, des Gen. Tschen Du-hsiu unter der gemeinsamen Deklaration der Kuomintang und der KP Chinas vom 5. April 1927.

Wenn unsere Grundanschauungen auch nicht in allen Details gleich sind, so müssen wir jetzt einig sein", so lautet diese Deklaration. Es sieht so aus, als ob die Fragen der Unterdrückung von Arbeiterstreiks, der Entwaffnung der Arbeiter und der Schießerei gegen Arbeiter und Bauern lediglich „Details" sind.

Der Aufruf widerlegt die Gerüchte, dass „die Kommunistische Partei eine Arbeiterregierung zu organisieren sich anschickt, dass sie mit Gewalt in die Konzessionen eindringen will und die Regierung der Kuomintang stürzen will". Es sieht so aus, als ob die Besetzung der imperialistischen Konzessionen durch die Arbeiter dasselbe ist wie der Sturz der KMT-Regierung, was absolut falsch ist: in Hankau haben die Arbeiter die Konzessionen besetzt, und das bedeutete gar nicht den Sturz der KMT-Regierung. Anstatt den revolutionären Teil der KMT bis zum Niveau der Einsicht der Avantgarde der Arbeiterklasse zu heben, sinkt die KP Chinas in diesem Aufruf selber bis zum Niveau der Einsicht der Führer der KMT. Eine solche Fragestellung trägt die größten Gefahren in sich.

Gleichzeitig enthält der Aufruf den Gedanken, dass die jetzige Form des Verbleibens der Kommunistischen Partei in der KMT ersetzt werden kann durch die Form des „Bündnisses" der beiden Parteien. Offenbar bestand ein Teil der Kommunisten darauf.

Unsere Einstellung ist keinesfalls die Einstellung auf die Verwandlung der KMT in eine „Arbeiter- und Bauern“partei, welche die Kommunistische Partei ersetzen und verschlucken soll. Der Gedanke, dass wir im Osten nicht Arbeiterparteien, sondern Arbeiter- und Bauernparteien brauchen, ist ein voller Bruch mit den Ideen von Marx und Lenin.

Solche „Arbeiter- und Bauern"-Parteien, welche die Sache der Arbeiter verteidigen könnten, gab es nicht und gibt es nicht in der Welt. Das Ideal einer „Arbeiter- und Bauern"-Partei hat in Georgien Noah Jordania verwirklicht, aber alle wissen, welche Rolle der georgische Menschewismus in der Tat gespielt hat. Die KMT ist eine kleinbürgerliche Organisation, die wir jetzt unterstützen, sofern sie mit dem Imperialismus kämpft. Die Eigenartigkeit der Lage lässt sogar unsere Zusammenarbeit innerhalb der Kuomintang zu, wenn nur unsere politische und organisatorische Selbständigkeit für volle hundert Prozent gesichert ist. Wenn aber die Führer der KMT es erzwingen werden, dass die KMT der KP Chinas nicht die Möglichkeit gibt, unter solchen Bedingungen (d.h. unter den Bedingungen der vollen organisatorischen und politischen Unabhängigkeit), mit der KMT zusammenzuarbeiten, d.h. wenn sie die Kommunisten aus der KMT ausschließen werden, so darf die Kommunistische Partei auch hiervor nicht zurückschrecken. Sie wird auch dann selbstverständlich die Politik der Blocks in Bezug auf die KMT. anwenden, so lange die KMT gegen die Imperialisten kämpfen wird. Aber die volle politische und organisatorische Selbständigkeit der Arbeiterpartei ist bereits etwas, das man für keine einzige Minute außer Acht lassen dürfte.

Es ist jedoch durchaus möglich, dass bei richtiger Taktik der Komintern und der KP Chinas die linken KMT-Elemente hinreichend stark sein werden, um die rechten zurückzuweisen und die Möglichkeit eines weiteren Verbleibens der Kommunisten innerhalb der KMT unter den weiter oben angegebenen Bedingungen zu schaffen. Wenn aber die Kommunisten nicht sofort die Frage nach ihrer vollen organisatorischen und politischen Unabhängigkeit offen stellen werden, wenn die Kommunisten darauf verzichten werden, den linken Kuomintang-Leuten bei der Schaffung ihrer eigenen Fraktion gegen die Rechten zu helfen, dann ist der politische Sieg der rechten KMT nicht ausgeschlossen, der für die ganze chinesische Revolution die verderblichsten Folgen haben wird, und der Sache der Weltrevolution überhaupt, einen ungeheuren Schaden zufügen wird.

Nur eine solche Politik kann die führende Rolle der Arbeiterklasse in der chinesischen Revolution sichern und die Bauernschaft und die gesamte Kleinbourgeoisie auf ihre Seite herüberziehen.

Auf die Frage, ob die führende Rolle des Proletariats in der bürgerlichen russischen Revolution möglich sei, haben wir geantwortet ja, sie ist möglich, wenn das Kleinbürgertum in den entscheidenden Momenten nach links schwenken wird, und nach links wird es nicht nur durch unsere Propaganda gestoßen, sondern durch eine Reihe von objektiven Faktoren, wirtschaftlicher, finanzieller (die Bürden des Krieges), militärischer, politischer Natur usw." („Gegen den Strom"), so schrieb Lenin im Jahre 1915.

Nur bei richtiger, selbständiger Klassenpolitik der KP Chinas kann man dazu beitragen, dass das Kleinbürgertum der chinesischen Revolution „nach links schwankt", nach der Seite des Proletariats.

9. Über die Losung der Sowjets.

Im gegenwärtigen Moment, nach der Einnahme von Schanghai, nachdem die nationale Regierung ein Territorium von 200 Millionen Menschen inne hatte und große Arbeiterparteien ihr zur Verfügung stehen, nachdem die großen Arbeiterstreiks die Bauernbewegung geweckt haben, jetzt ist der Moment eingetreten, wo man die Losung der Bildung von Sowjets ausgeben kann und muss, von Arbeiter-, Bauern- und Werktätigen-Räten, von Sowjets, in welchen auch die Soldaten der Nationalarmee ihre besondere Vertretung haben müssen, Sowjets, zu denen Vertreter der Bourgeoisie keinen Zutritt haben dürfen. Schon der zweite Kongress der Komintern (vergl. oben) sprach von der Notwendigkeit der Propaganda der Sowjetidee auch im Osten, von der Notwendigkeit ihrer Bildung bei der ersten Gelegenheit. Dieser Moment ist in China eingetreten. Nur die Bildung von Sowjets wird die Schaffung eines wirklichen Zentrums der revolutionären Bewegung der Arbeiter- und Bauernmassen Chinas bedeuten. Nur die Bildung und Befestigung von Sowjets kann eine ernsthafte Garantie gegen die „kemalistische" Entwicklung der chinesischen nationalen Bewegung bilden. Nur die Bildung von Sowjets ist fähig, den nichtkapitalistischen Weg der Entwicklung der chinesischen Bewegung in der Zukunft vorzubereiten und zu suchen. Nur die Bildung von Sowjets wird der ganzen Bewegung den gebührenden Schwung geben, indem sie die nationale Bewegung mit sozialem Inhalt erfüllt. Nur die Bildung von Sowjets kann eine bessere Form der Führung der ganzen nationalen Freiheitsbewegung Chinas durch die Arbeiterklasse schaffen. Nur die Sowjets können den alten bürgerlichen Beamtenapparat zerschlagen und beginnen, einen neuen zu schaffen, denn bisher wirtschaften in Wirklichkeit noch die alten Beamten.

1. Nationalisierung von Grund und Boden (diese Forderung ist auch in den ersten Programmen Sun Yat-sens enthalten. Man muss sie bolschewistisch interpretieren).

2. Wirkliche Agrarrevolution (nicht eine bloße Reform) mit allen hieraus entspringenden Konsequenzen, d.h. die völlige Befreiung der armen und kleinen Bauernschaft von Pachtzahlungen und von ihren Schulden, Vernichtung aller Rechte des Feudalismus usw. (das Kuomintang-Programm der letzten Zeit ist äußerst unbestimmt: 1. feste Bestimmung des Umfangs der Steuern, 2. Abschaffung aller besonderen Steuern, 3. Reorganisation des Verwaltungssystems im Dorfe, 4. Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauernschaft, 5. Auflösung aller gegen die Bauern gerichteten bewaffneten Abteilungen, 6. Verbot des Wucherns, 7. Feststellung einer Höchstpachtzahlung usw. Das ist auf jeden Fall nicht das Programm einer Agrarrevolution).

3. Nationalisierung der Eisenbahnen.

4. Achtstundentag für die Arbeiter (und eine ganze Reihe anderer Arbeitergesetze).

5. Annullierung nicht nur der „ungerechten Verträge", sondern auch Stellung der Frage der Auslandsschulden.

6. Konfiskation der chinesischen Fabriken und Betriebe (der großen und der mittleren) und ebenso Nationalisierung der chinesischen Banken, sofern ihre Eigentümer sich gegen die nationale Revolution wenden.

7. In der Perspektive Konfiskation der ausländischen Fabriken und Betriebe (Konzessionen), sowie der Plantagen und der sonstigen Besitzungen an Grund und Boden usw. Man kann ein Auskaufen bei jenen Ausländern zulassen, die sich auf Vereinbarungen einlassen und die Konfiskation bei denen anwenden, die an der Intervention teilnehmen.

8. Schaffung einer regulären und wirklichen roten Armee, d.h. einer Bauern-(Arbeiter-)Armee, welche von Arbeitern, nicht aber von Offizierleaders geführt wird (diese müssen herangezogen und ausgenutzt werden im Geiste der russischen Erfahrungen der ersten Revolutionsjahre).

9. Bewaffnung der Arbeiter.

10. Befreiung der Frauen.

11. Eine Reihe von Gesetzen, die die Reste des Feudalismus ausrotten.

Die Sowjets in China müssen wir selbstverständlich den chinesischen Bedingungen anpassen, d.h. wo das nötig ist „sie den vorkapitalistischen Bedingungen anpassen" (Lenin). Unter den heutigen Bedingungen kann und muss die ungeheure Mehrheit der Bevölkerung Zutritt zu den chinesischen Sowjets erhalten, vor allem die ungeheure Mehrheit der Bauernschaft. Die Sowjets in China können in der heutigen Periode nicht ein Organ der Diktatur des Proletariats sein, sondern müssen ein Organ der Diktatur des Proletariats der Bauernschaft, und der armen städtischen Bevölkerung sein.

Als nächste Losung für die Bauern müssen wir jetzt aufstellen:

1. Abschaffung der Pachtzahlungen oder mindestens ihre sofortige Ermäßigung um fünfzig Prozent.

2. Fort mit den ungesetzlichen Steuern und Eintreibungen.

3. Fort mit den Gentry.

4. Entwaffnung der Mintuani.

5. Bewaffnung der Bauernschaft.

Notwendig ist auch die organisierte Umbewaffnung der Revolution, d.h. die Schaffung von Sowjets als wirkliche Zentren der Revolution (Die Sowjets können zur Arena für die Tätigkeit sowohl der Kommunisten wie auch der KMT werden). Die Volksmassen, welche mit der KMT sympathisieren, werden, wenn wir richtige Politik führen, die Idee zur Bildung von Sowjets unterstützen. Überall, wo es gelingen wird, Stadtverwaltungen zu erobern, müssen die Kommunisten alles mögliche zur Bewaffnung der Arbeiter und zur Umwandlung der städtischen Organe in Stützpunkte der revolutionären Bewegung tun und die Bewegung gegen die Bourgeoisie und gegen die Großgrundbesitzer vertiefen.

Es versteht sich, dass im Falle eines Sieges der Sowjets in China auch eine „chinesische" Nep nötig wäre, mit anfangs noch größeren Konzessionen an die Kleinbourgeoisie.

Die KP Chinas muss offen und breit die Propaganda der Sowjets und das oben bezeichnete Programm in Angriff nehmen, ohne irgendwie zuzulassen, dass die KMT ihr in dieser Beziehung die Hände bindet. Das würde eine ernste politische Prüfung für die linken Elemente der KMT sein. Das würde auch die Eroberung der politischen und organisatorischen Unabhängigkeit der KP Chinas in Wirklichkeit bedeuten. Das würde auch eine wirkliche Vertiefung der Arbeiter- und Bauernbewegung in China sein. Das würde auch die Schaffung einer realen Kraft gegen die Imperialisten und eine ernste Garantie dagegen sein, dass der ganze jetzige Kampf letzten Endes sich in den einfachen Kampf zwischen Nord und Süd ohne tiefen, sozialen Inhalt verwandeln kann.

Die vielfachen Schlachtereien der englischen und amerikanischen Imperialisten kann man nicht dadurch zum Einhalt bringen, dass man von der Hebung der Bewegung auf die nächste Stufe absieht. Die Imperialisten würden nur befriedigt werden, wenn man alle Angelegenheiten den rechten KMT-Leuten übergibt, d, h, in die Hände der Bourgeoisie legt, welche morgen auf diese oder jene Weise sich in eine Agentur des Imperialismus verwandeln würde. Den vorbereiteten Ansturm des Imperialismus kann man nur dann zum Halten bringen, wenn man noch größere Massen von Arbeitern und Bauern auf die Beine bringt, wenn man sie bewaffnet, wenn man Sowjets schafft, welche den Widerstand von dutzenden und hunderten von Millionen, der chinesischen Bevölkerung gegen den Imperialismus organisieren können unter der Losung: Sieg oder Tod.

10. Die äußere und die innere Lage der chinesischen Revolution.

Die chinesische Revolution wird zum Hebelpunkt des internationalen Imperialismus. Hier ist die Stelle, hier ist der Ort, wo (vorläufig in kleinem Umfang) die bewaffneten Streitkräfte des internationalen Imperialismus sich versammelt haben. Hier fängt die Möglichkeit einer Einheitsfront der Imperialisten der größten Länder sich abzuzeichnen an, obwohl es noch weit ist, bis zu ihrer festen Herstellung. Das Blutbad von Nanking zeigt, bis zu welchem Grade der internationale Imperialismus viehisch wird, sowie er die ersten großen Siege der chinesischen Revolution erblickt.

Der volle Sieg der chinesischen Revolution bedroht die Imperialisten:

a) mit direkten Milliardenverlusten (Konzessionen usw.).

b) mit dem Verlust von Märkten, gerade in einer Epoche, wo das Problem des Marktes wieder entscheidend wird,

c) mit der Ausdehnung der revolutionären „Ansteckung" auf Indien, Indochina usw.

Dadurch wird auch die Tatsache erklärt, dass der amerikanische Imperialismus, der bisher seine Feindschaft gegen die chinesische Revolution am meisten durch äußerliches Wohlwollen zu maskieren verstand, allem Anschein nach seine abwartende Stellung aufgibt.

Das Vorhandensein bedeutender bewaffneter Streitkräfte des internationalen Imperialismus in den Häfen Chinas im Settlement von Schanghai usw. schafft eine ungeheuer schwierige Lage für die chinesische Revolution. Aber es besteht kein Zweifel, dass bei richtiger und kühner Politik der chinesischen Revolution die imperialistischen Brutalitäten nur noch größere Kräfte innerhalb Chinas entfesseln werden. zur Zersetzung der „zuverlässigen" Heeresteile der imperialistischen Armeen führen werden und einen Ausbruch der Empörung unter den Arbeitern Europas und Amerikas hervortreten werden. Nur so kann man der Einheitsfront der Imperialisten zuvorkommen. In jedem Falle kann nur die Führung durch die Arbeiterklassen in dieser gespannten und geladenen Atmosphäre den Erfolg sichern.

Im April 1922 schrieb Lenin:

Und Indien und China kochen. Das sind mehr als 700 Millionen Menschen. Fügt man noch die anliegenden und ihnen vollkommen ähnlichen asiatischen Länder hinzu, so ist das die größere Hälfte der Erdbevölkerung. Dort rückt heran, unaufhaltsam und immer schneller, das Jahr 1905. aber mit dem wesentlichen und gewaltigen Unterschied, dass im Jahre 1905 die Revolution in Russland (wenigstens im Anfang) isoliert verlaufen konnte, d .h. ohne sofort auch andere Länder in die Resolution hineinzuziehen, während die in Indien und China heranwachsende Revolution schon jetzt in den revolutionären Kampf, in die revolutionäre Bewegung, in die internationale Revolution herein gezogen wird" (Band 18, Teil 2, Seite 74.) Wenn Lenin im Jahre 1922 der Absicht war dass China „kocht", was würde er jetzt, im Jahre 1927 sagen?

Die chinesische Revolution kann siegen, aber nur, wenn sie andere Länder in die Revolution hineinzieht, wenn sie sie „in die internationale Revolution" hineinzieht.

Nur wenn sie zum Kampf um die Sowjets übergeht, kann die chinesische Revolution das Höchstmaß an Sympathie und Unterstützung durch das internationale Proletariat erhalten. „Für die Sowjets in China" – dieser Aufruf wird im internationalen Proletariat viel mehr Verständnis und Unterstützung finden, als die Losung „für die Kuomintang".

Wie groß auch die Schwankungen sein mögen, wie auch die Versuche sein mögen, die rechten Kuomintangleute als für den internationalen Imperialismus „annehmbarer" in den Vordergrund zu schieben, als mögliche „Vermittler" usw. – so können alle solche Versuche die Sache nur verderben.

Die ganze Nordexpedition wurde von Tschiang Kai-schek nicht als Expedition der Revolution gegen die Konterrevolution erdacht, sondern mehr als ein strategischer Schritt, der die Lage des isolierten Kanton erleichtern soll. Es ist kein Verdienst des Tschiang Kai-schek, wenn die mächtige Bewegung der Arbeiter und Bauern diese Expedition wenigstens teilweise in eine Expedition der Revolution gegen die Konterrevolution verwandelt. Die Massen selbst, Millionen von Arbeitern und Dutzende Millionen von Bauern, flößen dem nationalen Kampfe, entgegen den Führern der Kuomintang, und auf jeden Fall entgegen den rechten Führern der Kuomintang einen sozialen, revolutionären Inhalt ein. Die Ereignisse, welche die Nordexpedition begleiten, der Aufschwung des Massen, das Brodeln der Massen, zeigen, wie viel Brennstoff es in China gibt, welches unerschöpfliche Kräftereservoir in der chinesischen Revolution liegt, wie viel objektive Daten zur Vertiefung der chinesischen Revolution vorhanden sind, zur Verleihung eines ungeheuren Schwungs dieser Revolution.

Die äußere und die innere Lage der chinesischen Revolution sind eng verbunden.

Die Imperialisten bauen ihre Taktik in der gegenwärtigen Periode auf zwei Fronten aus.

Einerseits bereiten sie einen direkten Krieg gegen die nationalrevolutionäre Bewegung vor und haben diesen teilweise schon begonnen. In allen Häfen Chinas wird eine Kriegsflotte konzentriert. Truppen werden verstärkt herangebracht. Die Kanonade von Nanking ist nicht bloß eine Episode, sondern bedeutet einen blutigen „Anfang" auf welchen eine unerhörte blutige Fortsetzung folgen kann. In den fremden Settlements, nicht bloß in Schanghai, sondern auch in Kanton, werden fieberhafte militärische Vorbereitungen getroffen. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass schon in der nächsten Zeit die Masken abgeworfen werden und der ausländische Imperialismus eine offene Strafexpedition gegen die chinesische Revolution unternehmen wird, und, ohne sich vor irgend etwas zu genieren, versuchen wird, den Tschang Tso-lin und seine anderen direkten Agenten „in den Besitz von China einzuführen".

Andererseits möchten die Imperialisten gerne mit den „gemäßigten" (nicht bloß den offensichtlich rechten) Elementen der KMT zu einer Vereinbarung kommen und wirken zu diesem Zwecke nicht nur durch Bestechung und „Liebkosungen", sondern auch durch Einschüchtern (Ultimaten usw.). Amerika, Japan und Frankreich würden ohne Zweifel gerade eine „friedliche" Vereinbarung mit den „Gemäßigten" vorziehen, eine Spaltung der nationalen Bewegung und ein „Kompromiss", damit die Formen der Ausbeutung Chinas, aber nicht das Wesen, etwas geändert werden. Diesen Weg würden letzten Endes auch die „verantwortlichsten" Kreise des englischen Imperialismus vorziehen. Die imperialistischen Heere, die nach Schanghai geschickt worden sind, kamen zu spät, um dem Sun Tschuan-fang zu helfen, aber sie können jetzt „im passenden Moment" objektiv zu Verbündeten der rechten Kuomintang-Leute werden.

Die chinesische Revolution muss diese beiden Gefahren sehen. Um diese beiden Gefahren zu besiegen, hat man nur einen Weg: alle Arbeiter und Dutzende und Hunderte von Millionen auf die Beine bringen, der nationalen Bewegung einen klar ausgesprochenen sozialen Charakter erteilen, sich nicht fürchten, die Bourgeoisie „zurückzuscheuchen". energisch den Weg zur Schaffung von Sowjets beschreiten, sofort die Agrarrevolution vorwärts treiben, sofort den Achtstundentag proklamieren, sofort der armen Bevölkerung in Stadt und Land auf Kosten der Reichen und Wohlhabenden reale Hilfe zu bringen, der ganzen Bewegung den stärksten Schwung geben dadurch, dass man den bürgerlichen Rahmen zu zerbrechen beginnt. – Nur so kann man den direkten Ansturm der Imperialisten zurückschlagen. Nur so kann man die rechten und die „gemäßigten" Verräter aus dem Lager der Kuomintang unschädlich machen. Nur so kann man die chinesische Revolution retten. Nur vor einer solchen Lawine können die ausländischen Imperialisten Halt machen. Die Versuche, so zu handeln, dass man die chinesische Bourgeoisie „nicht zurückscheucht", dass man die rechten und die gemäßigten KMT-Führer „nicht zurückstößt", dass man die ausländische Bourgeoisie „nicht reizt", werden die Sache verderben. Sowie die Imperialisten solche Versuche sehen werden, werden sie zehnfach frech werden und die bürgerlichen Schichten der KMT werden die verräterischsten Schritte machen.

Indem wir alles für die Mobilisierung des internationalen Proletariats gegen die Kriegsgefahr tun, müssen wir gleichzeitig der chinesischen Revolution helfen, kühn vorwärts zu schreiten, sich höher zu erheben, ohne Furcht, „die chinesische Bourgeoisie ins Lager der Reaktion zu schleudern".

Das Argument, dass die chinesische Bourgeoisie die chinesischen Arbeiter „nicht" verraten „kann", weil sie „sie ja zum Kampfe gegen die ausländischen Imperialisten braucht", ist ein menschewistisches Argument. Die Menschewiki sagten immer, dass die russische Bourgeoisie zwar die Arbeiter gern verraten möchte, aber „nicht kann", denn sie „braucht sie zum Kampfe gegen den Zarismus". (Martynow wiederholt jetzt, nachdem er ein Bolschewik geworden ist, in Bezug auf die chinesische Revolution jene menschewistische Plattheiten, die in Bezug auf die russische Revolution der gleiche Martynow predigte, als er Menschewik war). In Wirklichkeit hat die chinesische Bourgeoise bereits begonnen, die national-revolutionäre Bewegung zu verraten (geschweige denn die proletarische Bewegung), sowie sie gesehen hat, dass die Arbeiterklasse nicht lediglich ein Werkzeug gegen [die] ausländische Bourgeoisie in ihren Händen sein will, sondern sich selbstständige Aufgaben stellt. Nur unter der Hegemonie des Proletariats kann die chinesische Revolution siegen.

Eine konsequente revolutionäre Politik gegen den ausländischen Imperialismus setzt voraus eine konsequente revolutionäre Politik in Bezug auf die Führer der chinesischen Bourgeoisie, d.h. die rechten Kuomintang-Leute und umgekehrt.

Solange das Oberkommando in den Händen des Tschiang Kai-schek bleibt, solange die wichtigsten Regierungsposten in den Händen der Kuomintang-Leute bleiben, solange diese Vertreter der Bourgeoisie im ZK der KMT den ernsthaftesten Stützpunkt haben, solange befindet sich die Sache der Revolution in jeder Minute in ernsthafter Gefahr. Der Verrat von innen (der direkte oder indirekte, der schnelle oder langsame) ist unter den heutigen Umständen für die chinesische Revolution viel gefährlicher als die Erschießungen von Nanking und die Besatzungstruppen von Schanghai. Wenn der frühere Mitkämpfer Sun Yat-sens, Tschang Tsu-ming. zur Gegenrevolution übergehen konnte, warum soll das dann der Tschiang Kai-schek nicht machen können, der sich bereits als Feind der Arbeiter und Bauern erwiesen hat. auf welchen die gesamte imperialistische Presse setzt, von dem die einflussreichsten Organe des Imperialismus behaupten, dass er Geheimunterhandlungen mit Tschang Tso-lin führt? Lässt man das Oberkommando in den Händen dieser Person (wenn auch unter gewisser Kontrolle), so ist das eine solche Unentschiedenheit, dass sie ein Symptom für die größten inneren Gefahren ist. Wenn die Kommunisten auch nur die geringste politische Verantwortung hierfür tragen, so treten sie auf einen ganz abschüssigen Weg, den man sofort verlassen muss.

11. Die internationale Lage im Ganzen.

Die Ereignisse der letzten Zeit bestätigen immer wieder die ganze Relativität der Stabilisierung des internationalen Kapitalismus. Die Lage in China ist gespannt wie eine Saite. Wie auch die Entwicklung der nächsten Zeit sein mag, das Weltgleichgewicht wird sowieso immer wackeliger werden. Die Perspektive eines neuen Krieges (oder neuer Kriege) rückt immer näher. Immer mehr Sprengpulver häuft sich in der Weltpolitik an.

Die „Einkreisung" der UdSSR, wird immer deutlicher. Die letzte Note Chamberlains ist nicht lediglich ein „Zeitungsfeuilleton", ist nicht lediglich ein „Knochen, welcher den Die-hards hingeworfen wird", (die Differenzen zwischen den beiden Fraktionen der englischen Konservativen sollte man überhaupt nicht übertreiben), sondern sie ist zweifellos eine diplomatische Vorbereitung energischerer Schritte. Diese Note ist ein „Einschnitt", deren Zweck es ist, der englischen Diplomatie im passenden Moment zu gestatten, zu schärfer wirkenden Mitteln überzugehen. Diese Note ist ein Glied in einer ganzen Kette der Politik.

Die sich anbahnende Einheitsfront des amerikanischen und englischen Imperialismus in China kann unter bestimmten Bedingungen außerordentlich schicksalsschwanger auch für Europa werden.

Eine gewisse Stärkung der teilweisen Stabilisierung in Deutschland führt zur Stärkung der „westlichen" Sympathien der deutschen Bourgeoisie. Je mehr die deutsche Diplomatie in letzter Zeit eifrig ist, desto klarer wird es, dass der Augenblick herannaht, wo auch sie auf diese oder jene Weise sich der Antisowjet-Front anschließen kann.

Der italienische Faschismus ist gänzlich in die Einwirkungssphäre Englands getreten (Anerkennung der Annexion Bessarabiens durch Rumänien). In Litauen wurde ein faschistischer Umsturz durchgeführt, ohne Zweifel unter der Billigung Englands. In Polen spitzen sich die Klassengegensätze zu, was unter sonstigen gleichen Bedingungen die abenteuerlichen Versuche von Seiten Pilsudski beschleunigen kann. Unter solchen Bedingungen sind die Verträge über die Nichtbeteiligung an militärischen Überfällen, wie der mit Lettland abgeschlossene und mit Polen vorbereitete, selbstverständlich nicht im Geringsten eine ernsthafte Sicherung für die UdSSR, obgleich natürlich diese Verträge eine gewisse positive Bedeutung für die UdSSR besitzen.

Die Überfälle auf die Institutionen der UdSSR in Peking und in anderen Großstädten Chinas sind ohne Zweifel durch England organisiert worden und genießen teilweise auch die Unterstützung Amerikas. Sie sind Glieder in einer ganzen Kette einer vorgezeichneten Provokationspolitik, auf welche sich die UdSSR, natürlich weder eingelassen hat noch einlassen wird. Der Schlag ist berechnet, scharfe Schritte der Sowjetregierung in der Mandschurei zu provozieren und dadurch Japan in den Kampf mit der UdSSR hereinzuziehen und England und Amerika die Hände freizumachen. Er ist aber unter anderem auch darauf berechnet, den rechten Elementen der KMT ihre „Arbeit" zu erleichtern und überhaupt den am meisten „gemäßigten" Teil der Führer der KMT einzuschüchtern. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass Chamberlain, unter Berufung auf „Dokumente" welche jetzt nach den Haussuchungen und den Verhaftungen unserer Genossen durch die Nordtruppen gefälscht werden, einen neuen Schritt zum Kampf gegen uns machen wird, eine Hetze in der gesamten bürgerlichen Presse der Welt anzetteln wird und vielleicht bis zum direkten Bruch der diplomatischen Beziehungen zur UdSSR gehen wird.

Das wird dem Chamberlain umso leichter fallen, als der Generalrat der Gewerkschaften offensichtlich zu jeder Gemeinheit bereit ist. Am Tage nach den „herzlichen" Sitzungen des anglorussischen Komitees in Berlin hat der Generalrat zusammen mit dem ZK der Labour-Party erklärt, dass sie die „Beleidigung der britischen Flagge in China" bedauern und vorschlagen, den „Konflikt" mit der National-Regierung dem Völkerbund zur Entscheidung zu übergeben, d.h. dem gleichen Chamberlain zur Entscheidung.

Unsere Antwort auf die Aktion der Imperialisten in Peking muss doppelt sein: 1. einerseits nicht in die Falle gehen, auf die Provokation mit Ruhe, kluger Haltung und Fortsetzung der Friedenspolitik antworten, und 2. gleichzeitig in China selbst alles für die Vertiefung der Massenbewegung tun, für die Erhebung immer breiterer Schichten der Werktätigen gegen die Imperialisten, gegen ihre Lakaien aus dem Norden und gegen die rechte Kuomintang.

Im Großen und Ganzen wird die internationale Lage so gespannt wie sie es schon lange nicht war.

Die chinesische Frage wird zur Hauptfrage der nächsten Schicksale der Weltrevolution. Sie kann in unmittelbarster Weise sich an den nächsten Schicksalen der UdSSR abspiegeln. Gerade jetzt tritt jener Moment ein, welchen Lenin sah, als er in seinem politischen Testament schrieb:

Um unsere Existenz bis zum nächsten militärischen Zusammenstoß zwischen den gegenrevolutionären imperialistischen Westen und dem revolutionären und nationalistischen Osten zu sichern, zwischen den zivilisierten Staaten der Welt und den auf östliche Weise zurückgebliebenen Staaten, die aber die Mehrheit bilden, muss diese Mehrheit es erreichen, sich zu zivilisieren. Auch uns fehlt es an Zivilisation, um unmittelbar zum Sozialismus überzugehen, obwohl wir die politischen Voraussetzungen hierfür besitzen." (Band XVIII, Teil 2, Seite 137.)

Ob wir „ein zweites Mal eine Atempause bekommen" werden (Lenin ebenda), ob der neue Kreuzzug gegen die UdSSR misslingen wird, wie er „infolge der Gegensätze im Lager der Gegenrevolutionäre des Westens und des Ostens, im Lager der östlichen und der westlichen Ausbeuter, im Lager Japans und Amerikas, misslungen ist", – dem maß Lenin die entscheidende Bedeutung bei.

Daher auferlegt der jetzige Moment unserer Partei und der gesamten Komintern die allergrößte Verantwortung.

Die taktische Hauptaufgabe muss jetzt darin bestehen, dass man

1. unter allseitiger Hilfeleistung für die chinesische Revolution gleichzeitig alles Mögliche tut, um die Erweiterung einer offenen Intervention der internationalen Imperialisten gegen den Süden nicht zuzulassen;

2. die UdSSR muss nach wie vor eine Friedenspolitik führen und alle Werktätigen aller Länder zu Hilfe rufen, um die Sache des Friedens zu verteidigen, die sich jetzt in einer sehr ernsten Gefahr befindet;

3. gleichzeitig muss man alles Mögliche tun, um die chinesische Revolution soweit wie möglich „vorwärts zu treiben", und alle Kräfte einsetzen, damit sie nicht nur einen „nackten" nationalen sondern auch einen tiefen sozialen Charakter haben;

4. Zu diesem Zweck muss man sich bemühen, ein wirkliches Zentrum der revolutionären Bewegung der Arbeiter- und Bauernmassen in China zu schaffen, nämlich Sowjets;

5. man muss der kommunistischen Partei Chinas helfen, sich um jeden Preis eine wirkliche politische und organisatorische Selbständigkeit zu erobern. Man muss alles das vernichten, was die Selbständigkeit der KP Chinas bindet und beschränkt.

Die Entwaffnung der Arbeiter in Schanghai, die Erschießungen der Schanghaier Arbeiter durch die Kommandeure der Nationalarmeen, die Verhaftung des Vorsitzenden des Schanghaier Gewerkschaftsrats, die Entwaffnung der Arbeiter in anderen Städten Chinas, alles das sind Ereignisse von größter Bedeutung.

Die jetzigen Führer der Kuomintang übernehmen direkt die Rolle chinesischer Cavaignacs. Die Erschießungen und die Entwaffnung der Arbeiter in Schanghai führen, international gesehen direkt in die Umarmung der ausländischen Imperialisten. Die neuesten Ereignisse bestätigen vollkommen die Linie, die in dem beiliegenden Dokument entwickelt ist.

1 Ergänzt nach: Trotzki Schriften 2.1, Über China 1924-1928. Hamburg 1990, Anhang II, S. 479-532, hier S. 489

2 „Das Verhältnis der revolutionären Arbeiterpartei zur kleinbürgerlichen Demokratie ist dies: Sie geht mit ihr zusammen gegen die Fraktion, deren Sturz sie bezweckt; sie tritt ihnen gegenüber in allem, wodurch sie sich für sich selbst festsetzen wollen.“ (Karl Marx/Friedrich Engels, Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850, Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, Band 7, Berlin 1960 S. 244-254, hier S. 246 f.)

3 „Die Arbeiterpartei kann unter Umständen sehr gut andere Parteien und Parteifraktionen zu ihren Zwecken gebrauchen, aber sie darf sich keiner anderen Partei unterordnen.“ (Karl Marx/Friedrich Engels, Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom Juni 1850, Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, Band 7, Berlin 1960 S. 306-312, hier S. 308 f.)

4 „Sie müssen neben den neuen offiziellen Regierungen zugleich eigene revolutionäre Arbeiterregierungen, sei es in der Form von Gemeindevorständen, Gemeinderäten, sei es durch Arbeiterklubs oder Arbeiterkomitees, errichten, so daß die bürgerlichen demokratischen Regierungen nicht nur sogleich den Rückhalt an den Arbeitern verlieren, sondern sich von vornherein von Behörden überwacht und bedroht sehen, hinter denen die ganze Masse der Arbeiter steht. Mit einem Worte: Vom ersten Augenblicke des Sieges an muss sich das Misstrauen nicht mehr gegen die besiegte reaktionäre Partei, sondern gegen ihre bisherigen Bundesgenossen, gegen die Partei richten, die den gemeinsamen Sieg allein exploitieren will. … Die Bewaffnung des ganzen Proletariats mit Flinten, Büchsen, Geschützen und Munition muss sofort durchgesetzt, der Wiederbelebung der alten, gegen die Arbeiter gerichteten Bürgerwehr muss entgegengetreten werden. … Sie dürfen sich hierbei nicht durch die Redensarten der Demokraten bestechen lassen, wie z.B., dadurch spalte man die demokratische Partei und gebe der Reaktion die Möglichkeit zum Siege. Bei allen solchen Phrasen kommt es schließlich darauf hinaus, dass das Proletariat geprellt werden soll. … Aber sie selbst müssen das meiste zu ihrem endlichen Siege dadurch tun, dass sie sich über ihre Klasseninteressen aufklären, ihre selbständige Parteistellung sobald wie möglich einnehmen, sich durch die heuchlerischen Phrasen der demokratischen Kleinbürger keinen Augenblick an der unabhängigen Organisation der Partei des Proletariats irremachen lassen.“ (Karl Marx/Friedrich Engels, Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850, Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, Band 7, Berlin 1960 S. 244-254, hier S. 250, 251, 254) Auffälligerweise hat Sinowjew den anschließenden, allerletzten Satz weggelassen: „Ihr Schlachtruf muss sein: Die Revolution in Permanenz.“

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