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Leo Trotzki 19171025 Resolution des Sowjetkongresses des Nordbezirks über den aktuellen Moment

Leo Trotzki: Resolution des Sowjetkongresses des Nordbezirks

über den aktuellen Moment

(12. Oktober)

[„Rabotschij Putj" Nr. 35, 13./26. Oktober 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

Der Nördliche Regionalkongress der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten traf sich in den kritischsten Tagen der russischen Revolution.

Die Armee desorganisiert zuoberst die ganze Politik der Provisorischen Regierung, vor allem durch ihre Ablehnung des Kampfes für den Frieden und die führende Rolle des konterrevolutionären Teils der Offiziere, die einen neuen, furchterregenderen Versuch der Kornilowiade klar vorbereiten. Unter diesen Bedingungen sind alle ministeriellen Programme zur Demokratisierung der Armee und zur Steigerung ihrer Kampfkraft leere Worte. Die militärische Lage des Landes verschlechtert sich unweigerlich mit jeder Stunde. Auf diesem Weg gibt es keinen Ausweg.

Russland hat keine unabhängige Außenpolitik. Die alliierten Imperialisten, die in ihren eigenen Ländern Boden verlieren, verfügen weiterhin über das Schicksal des russischen Volkes. Der Plan, Skobelew zur Pariser Konferenz angeblich im Namen der revolutionären Demokratie zur gemeinsamen diplomatischen Arbeit mit den schlimmsten Feinden der Demokratie zu schicken, ist ein Versuch der Ohnmacht und Heuchelei. Die Frage des vierten Winterfeldzugs wird für den russischen Soldaten an den Börsen von London und New York entschieden.

Die regierenden deutschen Raubtiere, die von Angesicht zu Angesicht vor dem Aufstand in der deutschen Marine stehen, bewegten ihre Truppen Richtung Petrograd. Die mächtige englische Flotte ist inaktiv angesichts der drohenden Gefahr, die sich vor der Hauptstadt Russlands, dem Schwerpunkt seiner Militärindustrie, erhebt. Im Hass gegen das revolutionäre Petrograd sind die russischen Konterrevolutionäre mit den britischen Imperialisten vereint und finden in der Person des blutigen deutschen Kaisers tatsächlich einen Helfer.

Der innere Zustand des Landes ist unerträglich, Plünderungen, Spekulation, Diebstähle herrschen in allen Bereichen der Militär- und Staatswirtschaft. Die sich verschärfende Lebensmittelanarchie weckt Empörung bei die hungrigen Massen. Das Eigeninteresse der Gutsbesitzer, unterstützt von der Agrarpolitik der Provisorischen Regierung, führte die verzweifelte Bauernschaft zu einem Agraraufstand. Die Arbeiterklasse, einschließlich der Eisenbahn- und Post- und Telegraphenarbeiter, befindet sich zunehmend in einem Teufelskreis von hohen Preisen, Aussperrungen, Arbeitslosigkeit und Hunger. Die Finanzpolitik der Provisorischen Regierung kennt einen Grundsatz: „Nach uns die Sintflut."

Das von den Kompromisslern und Vaterlandsverteidiger künstlich ausgewählte machtlose Vorparlament dient nur der falschen Deckung der Politik der Bourgeoisie, Kerenskis, der Kommandeure und der alliierten Diplomatie, der Politik einer konterrevolutionären Verschwörung und der unvermeidlichen Sprengung der Konstituierenden Versammlung.

Die Koalitionsmacht hat das Land desorganisiert, ausbluten lassen und zerrissen. Die sogenannte Demokratische Beratung endete in einem kläglichen Bankrott. Die katastrophale und verräterische Politik der Versöhnung mit der Bourgeoisie wird empört von den Arbeitern, Soldaten und klassenbewussten Bauern abgelehnt.

Das Volk retten kann nur die unmittelbare Übertragung aller Macht in die Hände der Organe der Revolution – der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten – im Zentrum und vor Ort.

Die Sowjetregierung wird sofort im Namen Russlands einen Waffenstillstand an allen Fronten und einen ehrlichen demokratischen Frieden für alle Völker vorschlagen.

Die Sowjetregierung wird das Gutsbesitzerland unverzüglich und ohne Ablösung in die Hände der Bauern überführen.

Die Sowjetregierung wird sofort mit der Umstellung der Industrie auf Friedenswirtschaft und der Versorgung der Bauern beginnen.

Die Sowjetregierung wird die Konstituierende Versammlung zum vereinbarten Zeitpunkt einberufen.

Die Provisorische Regierung ruiniert das Land und hält sich nur mit Gewalt. Aber das Land will leben, und die Provisorische Regierung muss den Weg freimachen. Auf der Seite der Sowjets ist nicht nur das Recht, sondern auch die Stärke. Die Zeit der Worte ist vorbei. Die Zeit ist gekommen, wo nur die entschlossene und einstimmige Aussage aller Sowjets das Land und die Revolution retten und die Frage der zentralen Macht lösen kann.

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