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Leo Trotzki 19180729 Das sozialistische Vaterland in Gefahr!

Leo Trotzki: Das sozialistische Vaterland in Gefahr!

Vortrag, gehalten am 29. Juli 1918 in der Außerordentlichen Vereinigten Sitzung des 5. Allrussischen Zentralexekutivkomitees gemeinsam mit dem Moskauer Sowjet der Arbeiter-, Bauern- und Rotarmistendeputierten, den Gewerkschaften und den Betriebsausschüssen.

[nach Leo Trotzki, Die Geburt der Roten Armee. Wien 1924, S. 107-119]

Genossen, es gehört nicht zu den Sitten Sowjetrusslands und den Gepflogenheiten der Partei, die die leitende Partei der Sowjets ist, die wirkliche Lage der Dinge in der Revolution zu verheimlichen oder zu beschönigen. Die alte Losung, die uns einer der kampftüchtigsten Sozialisten der verflossenen Epoche, Ferdinand Lassalle, gegeben hat, lautet: „Aussprechen, was ist", den Massen das melden und erzählen, was ist; diese Losung bildet die Grundregel jeder wahrhaft revolutionären Politik und folglich auch der unsrigen.

In strenger Befolgung dieser Regel wurde Euch hier gemeldet, dass dasjenige, was sich momentan in Form des tschechoslowakischen Aufstandes an der Wolga abspielt, Gefahren für Sowjetrussland und folglich auch für die internationale Revolution in sich birgt. Auf den ersten Blick mag es unbegreiflich erscheinen, dass irgendein tschechoslowakisches Korps, das auf den verschlungenen Pfaden des Weltkrieges zu uns verschlagen worden ist, in diesem Moment schier den wichtigsten Faktor unter allen Fragen der russischen Revolution darstellt. Dessen ungeachtet ist dem so.

Um die Geschehnisse klar darzustellen, will ich in aller Kürze die Bedingungen und Ursachen streifen, die das Auftauchen dieses Korps an der Wolga und im Ural begleitet haben. Dies ist auch deshalb schon notwendig, weil um diese Frage einerseits Lügen und Verleumdungen und andererseits Unwissenheit Gerüchte flechten, die sich unsere Feinde zunutze machen.

Das tschechoslowakische Korps besteht in der Majorität aus ehemaligen Kriegsgefangenen der österreichischen Armee. Zur Charakterisierung der Vaterlandsliebe und der nationalen Würde unserer Bourgeoisie will ich als in diesem Sinne symbolische Tatsache hervorheben, dass, wenn die früheren, von uns befreiten Kriegsgefangenen sich dem russischen Bauern und Arbeiter in den Nacken setzen, unsere ganze Bourgeoisie frohlockt und sie mit Geldmitteln ausstattet, in der Hoffnung, Unterstützung seitens des glänzenden tschechischen Offiziersstandes zu finden.

So sieht die nationale Würde und die Selbstachtung der niederträchtigen Bourgeoisie aus!

Die kriegsgefangenen Tschechoslowakei die in Sibirien interniert waren, wurden seinerzeit, schon unter dem Zarismus, befreit; damals schon waren sie bestrebt, nach Frankreich zu kommen, wo ihnen goldene Berge versprochen wurden, wo sie aber in Wirklichkeit für die Interessen der französischen Börse ihre Haut zu Markte tragen sollten. Die russische zaristische Regierung gestattete ihnen dies aus irgendeinem Grunde nicht. In der Kerenski-Zeit unternahmen die Tschechen von neuem Schritte, um die Ausreiseerlaubnis nach Frankreich zu erlangen, aber wiederum erfolglos. Während des Frühlingsvormarsches der Deutschen auf die Ukraine befand sich dort ein von Kopf bis zu Fuß bewaffnetes tschechoslowakisches Korps (es war im Süden formiert worden). Die Tschechoslowaken, die im Kampfe gegen den deutschen Imperialismus organisiert wurden, waren bereit, ohne Kampf zurückzuweichen, bloß deshalb, weil sie in der Ukraine, gegen die Deutschen kämpfend, für die Sowjetregierung hätten kämpfen müssen. Wenn dieses Korps unter bestimmten Umständen die Organisierung des Kampfes gegen den deutschen Imperialismus auch formal förderte, so erwies es sich jedenfalls als unfähig, für die Arbeiter und Bauern der Ukraine und Weißrusslands zu kämpfen.

So kam es, dass das ganze Korps, das sich kampflos aus der Ukraine zurückzog, auf das Territorium der Sowjetrepublik geriet. Hier wandten sich die Vertreter des Korps an den Sowjet der Volkskommissare und an das Volkskommissariat für das Heereswesen mit der Bitte, die Tschechoslowaken nach Frankreich ausreisen zu lassen. Wir antworteten, wenn diese Forderung nicht von der französischen Militärmission und dem Kommandopersonal ausginge, wenn die Soldaten selbst es wollten, so würden wir sie nicht zurückhalten, unter der Bedingung, dass sie die Waffen zurückgäben, die sie aus den zaristischen Arsenalen genommen hatten und die uns gehörten. Das tschechoslowakische Korps schickte einen Delegierten zum Unterhandeln, und die Bewilligung zur Ausreise wurde erteilt. Die Soldaten wurden entwaffnet, aber infolge der mangelnden Wachsamkeit unserer Behörden lieferten sie nicht alle Waffen ab; im Stroh und in den Matratzen blieb noch eine recht große Menge Maschinengewehre und Gewehre zurück.

Der Transport nahm ungehindert den Weg über die Sibirische Eisenbahn bis Wladiwostok, als am 4. Juli in unserem Hafen am Stillen Ozean plötzlich japanische Truppen (anfangs 4 Kompanien) auftauchten; wir konnten nicht wissen, wie rasch der Vormarsch der japanischen Truppen vor sich gehen würde, die prinzipiell das Territorium bis zum Ural und noch weiter besetzen konnten. Um den inneren Sinn der Geschehnisse verständlicher zu machen, sei gesagt, dass von allen alliierten Ländern, die die japanische Intervention forderten, um gegen die Deutschen eine neue Armee von einer halben Million ins Feld zu führen, das bürgerliche Frankreich sie am beharrlichsten forderte und wünschte. Kein anderes Land als das bürgerliche Frankreich, dessen Börse für den Unterhalt des tschechoslowakischen Korps Milliarden ausgab, hatte dieses Korps nach dem Osten dirigiert. Und nun entsteht folgende merkwürdige Situation: im Einvernehmen mit Frankreich, in der räuberischen Absicht auf den Fernen Osten, lassen die Japaner Truppen landen und schaffen eine Verbindung zwischen dem tschechoslowakischen Korps und den eigenen Truppenteilen.

Die Sowjetregierung war entschlossen, dem Vormarsch der japanischen Truppen (unser Hauptschutz war das weite Territorium), die sich von Wladiwostok nach Tscheljabinsk bewegten, den energischsten Widerstand entgegenzusetzen.

Inzwischen verteilte sich das tschechoslowakische Korps auf die Linie der sibirischen Eisenbahn bis Wladiwostok und konnte auf ein Signal der französischen Börse und des japanischen Generalstabs diese Linie besetzen und uns verhindern, den Japanern den Weg abzuschneiden, die in Schnellzügen rasch bis zum Ural und über den Ural hinaus vordringen konnten. Unter diesen Umständen waren wir verpflichtet, den tschechoslowakischen Transport aufzuhalten, bis die Frage der japanischen Truppenlandung in Wladiwostok geklärt war, und wir taten es auch. Sobald dies geschehen war, lud ich im Auftrag des Sowjets der Volkskommissare die Vertreter der französischen Mission und der englischen diplomatischen Mission einerseits und die Vertreter des tschechoslowakischen nationalen Rats, die Professoren Max und Cermak, zu mir, die in dieser Verschwörung gegen die Freiheit des russischen Volkes nicht die letzte Geige spielten. Ich sagte ihnen, dass es uns jetzt unmöglich sei, die Tschechoslowaken unser eigenes Land nach dem Fernen Osten passieren zu lassen, aber dass wir es für möglich hielten, sie nach Archangelsk oder nach Murmansk zu spedieren (damals standen natürlich die englisch-französischen Truppen noch nicht dort); dazu müssten wir seitens der offiziellen Vertreter Englands und Frankreichs die Bestätigung haben, dass sie tatsächlich die Tschechoslowaken herausbekommen möchten und bereit seien, uns die nötigen Transportmittel zur Verfügung zu stellen. Wir selbst könnten ein ganzes Korps nicht befördern und seien gezwungen, infolge unserer knappen Lebensmittelvorräte im Norden, das Korps auf unbestimmte Zeit an der Meeresküste festzuhalten. Kurzum, wir müssten eine sichere Garantie haben, dass sie uns rechtzeitig Transportmittel zur Verfügung stellen würden.

Darauf antwortete mir General Lavergne, der sich hier befindet, und der englische Bevollmächtigte Lockhart, der, wenn ich nicht irre, auf dem Wege zu uns ist, dass sie die geforderten Garantien nicht geben könnten, weil die Frage des Seetransports jetzt sehr kompliziert und schwierig sei; sie könnten in dieser Hinsicht keine Verantwortung übernehmen. Ich machte sie darauf aufmerksam, dass sie durch ihre Agenten und den tschechoslowakischen Nationalrat die Tschechoslowaken nach Frankreich riefen, ihnen dort goldene Berge versprächen und uns nun zum Vorwurf machen, dass wir die Tschechoslowaken nicht gehen ließen, aber wenn wir sachlich die Frage des Transportes aufwürfen, sie uns ausweichend antworteten. Lavergne und Lockhart antworteten mir: „Wir werden bei unseren Regierungen anfragen und Sie benachrichtigen“. Es vergeht eine Woche um die andere, ein Monat um den anderen, die Antwort kommt nicht. Nun wird es für uns sonnenklar, dass ein böser, genau berechneter Plan hierbei im Spiele war, und diese Überzeugung wird noch bestärkt durch die Papiere, die wir im tschechischen Nationalrat abgefangen hatten, und durch die Erklärungen und Aussagen der vielen verhafteten Weißgardisten. Der Sinn dieses Planes bestand darin, dass es den Imperialisten Frankreichs sehr gelegen war, ein tschechoslowakisches Korps mehr zu haben, aber für sie war ein tschechoslowakisches Korps auf russischem Boden zehnmal wichtiger, weil dadurch der Kern geschaffen wurde, um den man die Weißgardisten und Monarchisten, alle bürgerlichen Elemente, die über das Land zerstreut waren usw., sammeln konnte.

Dieser gut eingefädelte Plan wurde ausgeführt auf ein Signal aus Tscheljabinsk, wo die Konferenz der Vertreter aller Teile des tschechoslowakischen Korps tagte.

Unsere Telegraphisten übersandten mir eine Depesche, die dieser Kongress der französischen Militärmission nach Wologda sandte; aus der Depesche wird, trotz der vorsichtigen Ausdrucksweise die Tatsache der Vorbereitung eines Aufstandes gegen Sowjetrussland vollkommen evident. In der Depesche ist die Rede davon, dass alles bereit sei in dem Sinne, dass wir unsere Truppentransporte vom Osten nach dem Westen verschieben und unsere Kräfte konzentrieren. Dies bezieht sich (wenn das Gedächtnis mich nicht verlässt) auf den 25. Mai oder den 22. Mai, d. h. auf die Zeit, bevor die Tschechoslowaken in einen offenen Aufstand traten in Tscheljabinsk und dann an anderen Orten.

Auf diese Weise spielten sich die Aktionen der Tschechoslowaken im Rahmen und nach der Disposition eines bestimmten englisch-französischen konterrevolutionären Plans ab.

Zu jener Zeit wurden wir aus dem Auslande gewarnt, dass die Engländer Truppen ausrüsteten, um sie an der Murmanküste landen zu lassen. Gewiss, man kann sagen, dass unsere Schuld, die Schuld der Sowjetregierung darin bestand, dass wir der Vorbereitung dieses Aufstandes passiv zuschauten, passiv, weil wir keine genügend feste und disziplinierte Armee hatten, die auf einen einfachen Befehl hin bereit gewesen wäre, zu jeder beliebigen Stunde, an jedem Tag sich in einem bestimmten Gebiet zu konzentrieren und die Offensive aufzunehmen. Um Arbeiter und Bauern zu organisieren und zu bewaffnen, um sie in die Offensive zu führen, bei ihrer mangelnden Ausbildung, der ungenügenden Erfahrung, bei der Kriegsmüdigkeit, von der hier Genosse Lenin mit Recht sprach, war es notwendig, dass sie innerlich von dem Bewusstsein erfüllt und getragen waren, dass es keinen anderen Weg gab, war es notwendig, dass sie begriffen, dass der tschechoslowakische Aufstand mit seinem ganzen Drum und Dran im wahren Sinne des Wortes eine Lebensgefahr für Sowjetrussland darstellte. Damit eine solche Stimmung im Lande entstehen konnte, war es notwendig, dass die Ereignisse sich auf eine bestimmte Weise abwickelten. Wir taten von Anfang an alles, was wir konnten, um der Gefahr vorzubeugen.

Es muss gesagt werden, dass wir in der ersten Zeit selbst seitens der lokalen Sowjets, die an der Linie der Sibirischen Eisenbahn bis Tscheljabinsk den herannahenden Ereignissen am nächsten waren, nicht das Entgegenkommen fanden, auf das wir rechnen konnten; die lokalen Sowjets waren sich über das Ausmaß der teuflischen Verschwörung nicht im Klaren. Unter ihnen gab es solche kleinmütigen Sowjets, die versucht hatten, die Tschechoslowaken auf die benachbarten, vielleicht stärkeren Sowjets abzuwälzen. All das fand seine Erklärung darin, dass ihnen das klare, vollkommene Bewusstsein fehlte, dass es sich nicht um ein Missverständnis in Sysran, Pensa und Tscheljabinsk handelte, sondern dass es sich im direkten, unmittelbaren Sinne des Wortes um Leben und Tod der Arbeiterklasse Russlands handelte. Die Tschechoslowaken mussten erst eine ganze Reihe von Städten besetzen, damit die Sowjets sich gegen die Weißgardisten und Monarchisten zur Wehr setzten. Erst als die letzteren die Zwangsmobilisierung der erwachsenen Bevölkerung anordneten und zugunsten der Gutsbesitzer und Monarchisten zu requirieren und konfiszieren anfingen, erst da begriffen die Sowjets, vor allem in Omsk und in Tscheljabinsk und dann im ganzen Frontgebiet, um was es sich handelte, und begannen einzusehen, dass das Schicksal Russlands auf dem Spiel stand: entweder werden wir die Tschechoslowaken und ihre ganze Gesellschaft besiegen, oder sie werden uns kaputt machen.

Das mangelnde Verständnis für die Wichtigkeit des Moments seitens der bewussten Teile der Bevölkerung machte sich vor allem in dem Bewusstsein unserer Rotarmisten-Truppenteile selbst bemerkbar. Über Streitkräfte gegen die Tschechen verfügen wir zur Genüge; wir schicken gegenwärtig so bedeutende Kräfte an die Front, dass sie zusammen mit den sich dort befindlichen Truppen den Tschechoslowaken mindestens um das Zwei- bis Dreifache überlegen sind.

Aber, Genossen, das allein genügt nicht. Dank dem teuflischen Sinn der Verschwörung und dem Verhalten der tschechoslowakischen Offiziere (das Kommandopersonal vertrat eine sehr chauvinistische Richtung) sind die Tschechoslowaken in eine Lage geraten, dass sie entweder bis zu Ende kämpfen oder untergehen müssen. Unter ihnen gibt es Elemente, die wohl wissen, dass die Sowjetregierung nicht die verblendeten, betörten Arbeiter oder gar Bauern strafen wird, sondern nur die schuldigen und aktiven Teilnehmer dieser Verschwörung, nämlich die Professoren, die Offiziere, die Unteroffiziere und die draufgängerischen und korrumpierten Soldaten. Diese Elemente geben sich jetzt schon Rechenschaft darüber ab, dass sie keinen anderen Ausweg haben, dass sie bis zuletzt kämpfen müssen. Das verleiht ihnen den Mut der Verzweiflung, außerdem sind sie vom Pöbel der russischen Bourgeoisie, vom Pöbel der russischen reichen Bauern umgeben, und diese Umgebung schafft rings um sie ein sympathisierendes Milieu, wenn es auch nicht groß ist. Was unsere Roten Truppen betrifft, so glauben sie, dass sie ja bei sich zu Hause seien, und wenn die Tschechoslowaken auch bald die eine, bald die andere Stadt besetzen, so beseelt sie doch die Hoffnung, die tschechoslowakische Frage allein durch Propaganda und Agitation zu erledigen. Dadurch ist der außerordentlich langwierige Charakter der Operationen – sowohl von der einen wie von der andern Seite – zu erklären, der für uns sehr ungünstig ist, denn wir sind von Sibirien abgeschnitten, dieser wichtigsten und ausschlaggebenden Lebensmittelquelle für uns; die Folge davon ist, dass die Arbeiterklasse des ganzen Landes gegenwärtig schrecklichen Hunger leidet.

Und nun, wenn wir das gegenseitige Kräfteverhältnis, unsere Stimmungen und die Stimmungen des Gegners, die allgemeine Lebensmittelversorgung des Landes, die Notwendigkeit, Sibirien möglichst rasch zu säubern und der Sowjetrepublik wieder zuzuführen, die Unzulässigkeit und die Gefahr langwieriger Operationen genau erwägen, so erkennen wir, dass wir die ganze Situation zu unseren Gunsten verändern müssen. Wie ist das zu machen?

Unseren Rotarmisten-Truppen fehlt der notwendige geistige und militärische Zusammenhalt, denn sie haben noch nicht die nötige Abhärtung. Wenn es unter ihnen auch viele Soldaten gibt, die als Einzelpersonen im Feuer waren, so bedürfen sie in ihrer Gesamtheit noch einer kurzen organisatorischen, moralischen und Disziplinar-Einwirkung. Wenn die Truppen nicht mehr den alten Schmiss haben, so muss an seine Stelle das klare und deutliche Bewusstsein der eisernen Notwendigkeit des Kampfes treten. In diesem Fall wird der Mangel an militärischer und mechanischer Zucht durch die Disziplin des revolutionären Bewusstseins ersetzt.

Hier, in diesem Saal sind etwa 2000 Personen oder mehr versammelt. Wir alle, oder wenigstens die überwiegende Majorität, vertreten denselben revolutionären Standpunkt. Wir alle bilden kein Regiment, aber wenn man uns in diesem Moment in ein Regiment verwandelte, uns bewaffnete und an die Front schickte, so gäben wir, glaube ich, gar kein übles Regiment ab. Woher kommt das? Etwa daher, weil wir qualifizierte Soldaten seien? O nein, sondern daher, weil wir von einer bestimmten Idee zusammengehalten, von dem festen Bewusstsein beseelt sind, dass an der Front, wohin wir geschickt werden, die Frage kategorisch heißt: Siegen oder sterben! Dieses Bewusstsein müssen wir in unseren Rotarmisten-Truppen erzeugen. Gewiss, durch einen Federstrich können sie nicht plötzlich auf das Niveau des Zentralexekutivkomitees des Moskauer Sowjets und der Betriebsausschüsse Moskaus emporgehoben werden, aber innerhalb jedes Regiments und jeder Kompanie können und müssen wir einen festen Kern aus Sowjetfunktionären und revolutionären Kommunisten schaffen. Dieser, wenn auch numerisch schwache Kern wird das Herz des Regiments und der Kompanie bilden. Erstens wird er imstande sein, die Lage richtig einzuschätzen und sie den Massen klarzumachen, in gefährlichen Situationen wird er die Truppen vom Rückzug abhalten, wird den Kommissar oder Kommandeur unterstützen, wird zu den Truppen sagen: „Halt! Es geht um Sein oder Nichtsein der Arbeiterklasse".

Solche Genossen, die imstande sind, in jedem Truppenteil einen Kern von 5-10 Mann zu bilden, können nur die klassenbewusstesten Arbeiter abgeben. Wir haben solche Arbeiter sowohl in Moskau wie in Petrograd. Moskau hat bereits 200-300 Agitatoren, Kommissare und Organisatoren geliefert, von denen die meisten der Roten Armee zugeführt werden sollen. Aber Moskau wird – ich bin davon überzeugt – noch doppelt soviel geben. Ihr, Organe der Sowjetregierung, und Ihr, Betriebsausschüsse, müsst bloß um Euch schauen und Ihr werdet überall in den Rayons, in den Gewerkschaften, in den Betrieben Genossen finden, die jetzt Erstklassiges leisten, die aber an der Front nötiger sind, denn wenn wir nicht die Tschechoslowaken überwinden, so wird diese Arbeit und die ganze Kraft der Betriebsausschüsse, der Gewerkschaften usw. zum Teufel gehen. Es gilt, die Tschechoslowaken und Weißgardisten zu besiegen, an der Wolga das Gelichter auszurotten, damit die ganze Arbeit Sinn und historische Bedeutung gewinnt. Ihr seid verpflichtet, ein paar hundert Agitatoren, kampftüchtige Moskauer Arbeiter zu stellen, die an die Front gehen und den Truppen sagen: „Wir bleiben bis zum Ende des Krieges bei den Truppen; wir gehen zu den Truppen und werden agitieren sowohl in den Massen wie bei jedem einzelnen, denn es geht um das ganze Land und um die Revolution; im Fall des Angriffes, des Sieges oder des Rückzuges bleiben wir bei der Truppe und stählen ihren revolutionären Geist".

Ihr müsst uns solche Männer geben, Genossen, und Ihr werdet sie uns geben! Gestern sprach ich darüber mit dem Vorsitzenden des Petrograder Sowjets der Arbeiter- und Bauerndeputierten, dem Genossen Sinowjew. Er sagte mir, dass der Petrograder Sowjet bereits beschlossen hat, den 4. Teil seiner Mitglieder, d. h. ca. 200 Mitglieder, nach der tschechoslowakischen Front zu schicken als Agitatoren, Instruktoren, Organisatoren, Kommandeure und Kämpfer. Darin besteht die Grundbedingung der Neuorientierung, die wir herbeiführen müssen. Das, was die Monate des Drills, der Schulung und der Zucht der alten Armee gaben und was die alten Truppen zusammenhielt, müssen wir – wie ich bereits erwähnte – im geistigen Sinne, auf geistigem Wege geben, indem wir unserer Armee die besten Elemente der Arbeiterklasse einverleiben. Das wird uns den Sieg absolut sichern, obwohl wir hinsichtlich des Kommandopersonals vieles zu wünschen übrig lassen. Wir haben tadellose, ergebene Kommandeure auf den unteren Stufen, aber eben nur auf den unteren Stufen. Was das höhere Kommandopersonal betrifft, so verfügen wir über zu wenig Offiziere, die der Sowjetregierung ergeben wären und ehrlich ihre Pflicht täten. Ja mehr noch: Ihr wisst, dass manche von ihnen direkt in das Lager unserer Feinde überlaufen. In der letzten Zeit gab es ein paar solcher Fälle. Machin von der Ufa-Front ist übergelaufen, übergelaufen ist der Professor der Generalstabsakademie Bogoslowski, der gerade an die Jekaterinburg-Front abkommandiert worden war. Er machte sich aus dem Staube, d. h. er lief offenbar zu den Tschechoslowaken über. Im Norden verkaufte sich der Marineoffizier Weselago an die Engländer, der gewesene Militärdiensthabende unseres Weißmeer-Kommissariats lief ebenfalls zu den englisch-französischen Imperialisten über und wurde von ihnen zum Chef der Streitkräfte ernannt; die Offiziere sind sich offenbar nicht klar über die gefährliche Lage, in der sie sich befinden. Ihr alle besinnt Euch wohl, wie grausam die Soldaten und Matrosen der alten Armee in kritischen Momenten der Revolution mit den Offizieren verfuhren.

Seitdem die Regierungsgewalt sich in den Händen der Arbeiter und Bauern befindet, stehen den Kennern und Fachleuten des Kriegshandwerks Tür und Tor offen, damit sie der Arbeiterklasse ebenso dienen können, wie sie früher der Bourgeoisie und dem Zaren gedient haben; aber die meisten Offiziere glauben scheinbar, dass die Lage eine Wendung zu ihren Gunsten nimmt und zetteln abenteuerliche Verschwörungen an oder laufen direkt in das Lager unserer Feinde über.

Die konterrevolutionären Offiziere, die einen bedeutenden Teil des alten Offiziersstandes ausmachen, schaffen die Bedingungen für die erbitterte und schlimme Feindseligkeit und den Hass der Arbeitermasse gegen die Verschwörerelemente und den Argwohn gegen die Offiziere überhaupt. Ich meine, die Stunde ist nahe, vielleicht hat sie bereits geschlagen, da wir diese frondierenden, über den Strang hauenden Offiziere an die Kandare nehmen müssen. Wir werden alle gewesenen Offiziere registrieren, die nicht freiwillig zugunsten der Arbeiter- und Bauernarmee arbeiten wollen, und werden sie fürs erste in Konzentrationslager stecken. Genossen, als der großbritische Imperialismus den bewaffneten Fuß auf den Nacken der afrikanischen Buren gesetzt hatte, führte er solche Lager für die Farmer, ihre Frauen und Kinder ein. Jetzt, wo unsere Offiziere mit dem englischen Imperialismus Bruderschaft trinken, werden wir den Verbündeten des Imperialismus diese englischen Konzentrationslager ins Gedächtnis rufen. Zugleich müssen wir unsere Genossen in den Sowjets, den Parteiorganisationen und den Gewerkschaften beauftragen, in kürzester Frist alle jene Genossen zu mobilisieren, die über eine gewisse Erfahrung im Kommando verfügen. Alle diejenigen, die nur einigermaßen, sei es auch nur kleine Truppenteile zu kommandieren verstehen, müssen sofort dem Kriegskommissariat für die tschechoslowakische Front zur Verfügung gestellt werden. Ihr, Sowjet- und Gewerkschaftsorganisationen, müsst alle gewesenen Soldaten unter Euch aussondern, alle, die Unteroffiziere oder Fähnriche waren, und sie ohne Ausnahme nach der tschechoslowakischen Front schicken; sie gehören nicht hierher an die Zivilarbeit; wir brauchen unsere eigenen Kommandeure für die kleinen Truppenteile, denn die Erfahrung lehrt, dass, falls die kleinen militärischen Einheiten ein wahrhaft sowjetisches Kommando haben, wir vor keinem höheren Kommando mehr Furcht haben müssen. Nebenbei muss ich jedoch bemerken, dass, wenn wir bei dem oder jenem Offizier, dem Kommandorechte übertragen worden sind, verdächtige Handlungen wahrnehmen sollten, der Schuldige – darüber braucht nicht weiter gesprochen zu werden, die Frage ist klar und einfach – füsiliert werden würde. Aber es handelt sich ja nicht darum, wie es im Hinterlande aussieht. Wir haben keine einzige Person mit höheren Kommandofähigkeiten, die nicht zur Rechten und zur Linken Kommissare hätte; wenn wir den Fachmann nicht kennen als Person, die der Sowjetregierung treu dient, so sind die Kommissare verpflichtet, diesen Offizier scharf im Auge zu behalten. Wir haben aber keine Kriegskommissare an der Front selbst; wir müssen sie aber haben, damit wir ihnen die Verantwortung übertragen, damit jedem Fachmann von rechts und links Kommissare mit dem Revolver in der Hand zur Seite stehen; sobald sie sehen, dass der Militärfachmann schwankt oder verrät, muss er rechtzeitig niedergeschossen werden.

Die französische Revolution hat ebenfalls klein angefangen, sie musste ebenfalls die alten Offiziere heranziehen, aber sie stellte sie vor die Wahl: Sieg oder Tod. Vor dieselbe Frage werden auch wir die Offiziere stellen, die wir an die tschechoslowakische Front schicken. Damit dies keine bloße Redensart bleibt, brauchen wir in jedem Truppenteil, in jedem Stab und in jeder Organisation unsere eigenen Leute, für die dieser Krieg ihren Krieg, den Krieg der Arbeiterklasse bedeutet, und die vor keinerlei Gefahren zurückschrecken. Wir brauchen eine Neuorientierung in einem anderen, tieferen Sinne.

In diesen 8-9 Monaten der Sowjetregierung haben wir uns gewöhnt, allzu leicht mit unseren Gegnern im Bürgerkriege fertig zu werden. Bis vor kurzem hatten wir immer Glück. Die Banden eines Alexejew und Kornilow vernichteten wir eins zwei drei mit kleinen Truppen, baltischen Matrosen oder den Rotgardisten Petrograds und Moskaus. Die Folge davon ist, dass wir Genossen haben, die in diesen roten Truppen tätig waren, jetzt aber in Sowjetämtern beschäftigt sind, in ihren geheiligten Kanzleien – wenn es auch Sowjetkanzleien sind – sitzen und Berichte über die Operationen an den Fronten lesen. Der Einfluss solcher Hinterlandsstimmungen ist auch bei vielen Kommissaren zu beobachten, denn leider haben nicht alle eine revolutionäre Zucht, die im Kampfe unbeugsam wäre, wenn es heißt, sein Leben opfern oder die andern sich aufopfern lassen, denn es geht um das Höchste, was wir kennen – um das Schicksal der Revolution. Es gab zu unserer Schande Fälle, da einzelne Kommissare die Stadt verließen, und zwar nicht als die letzten. Während der Kommissar als treuer Kapitän das Schiff als letzter zu verlassen oder mit dem Schiff unterzugehen hat, gab es Genossen, die bei der ersten Gefahr sich auf und davon machten.

Der Kriegskommissar, der von der Sowjetregierung eingesetzt wird, hat einen Posten, der die höchsten Rechte und Pflichten verleiht; es ist kein leeres Gerede, dass der Kriegskommissar auf der Höhe sein muss, denn der Kommissarposten gehört zu den höchsten Posten, die die Sowjetrepublik zu vergeben hat. Der Kommissar ist ein Vertreter der bewaffneten Macht im Lande, und dies ist eine gewaltige Macht, denn sie bestimmt, auf wessen Seite die Regierungsgewalt ist. Wer von den Kommissaren in sich nicht die Kraft, nicht die Ausdauer und die Fähigkeit zur Selbstaufopferung fühlt, der mag wegbleiben; wer aber den Beruf des Kommissars einmal ergriffen hat, der darf sein Leben nicht schonen.

Genossen, ich muss sagen, dass in manchen Provinzstädten die lokalen Sowjetbehörden und Ämter auch nicht immer auf der Höhe sind. Es kommen Fälle vor, dass der Sowjet als erster die Stadt räumt, in eine andere, sichere Stadt, viele Werst weit, fährt und dort friedlich abwartet, bis die Rote Armee ihm die verlassene Residenz zurückerobert hat. Ich erkläre – und das ist die Ansicht der gesamten Sowjetregierung –, dass ein derartiges Verhalten nicht geduldet werden kann; wenn die Sowjetarmee eine Stadt verloren hat, so ist das in hohem Grade die Schuld auch des lokalen Sowjets und des Kriegskommissars gewesen, und sie sind verpflichtet alles zu tun, um die Stadt wiederzugewinnen. Ob als Agitator oder als Kämpfer in den vorderen Reihen, muss der Sowjetvertreter einer Stadt, die von den Tschechoslowaken besetzt ist, an der Front sein, in der ersten Feuerlinie, und nicht in einem Hinterhof in friedlichem Dusel dahinvegetieren. Ich betone jetzt die negativen Seiten eben deshalb, weil wir vor allem sagen müssen, was ist, und diese negativen Seiten sind da. Ferner haben wir uns versammelt, nicht um den zahlreichen heroischen Fällen im Kampfe Lobeshymnen zu singen – an den Fronten gibt es derartige Fälle und sie nehmen immer mehr zu –, sondern wir sind zusammengekommen, um Hilfsmittel ausfindig zu machen und durch konsequente, praktische Schritte die Lage an der tschechoslowakischen Front zu bessern. Zugleich kann ich nicht umhin, hervorzuheben, dass Genosse Raskolnikow den heroischen Kampf eines unserer Kriegsschiffe an der Wolga meldet, das heldenhaft untergegangen ist.

Ihr seht, dass unsere baltischen Matrosen an der Wolga sich so benehmen, wie es dem revolutionären Ruf der Roten Baltischen Flotte entspricht, – die sich fortgesetzt vergrößert. Wir bewaffnen immer mehr Dampfer und wir hoffen, dass bald auf der Wolga mächtigere Kanonen als die dreizölligen auftauchen werden.

Es gab Beispiele von prächtiger Tapferkeit auch unter den Rotarmisten. Der Zustand der Truppenteile ist jedoch chaotisch, vieles ist nicht das Resultat einer allgemeinen großen Anspannung, denn für eine solche organisierte Anspannung ist noch nicht überall das Bewusstsein davon vorhanden, dass es sich an der Front um Sein und Nichtsein der Arbeiterklasse und folglich des ganzen Landes handelt.

Freilich, im Großen und Ganzen bessert sich unsere Lage in jeder Hinsicht. Ich erwähnte bereits, dass wir an der Wolga eine große und starke Kriegsflottille geschaffen haben, die den Weißgardisten und Tschechoslowaken bald einen Denkzettel geben wird. Wir dirigierten auch Truppenteile dorthin, die zusammen mit den bereits dort befindlichen, uns ein gewaltiges Übergewicht an Streitkräften verleihen werden. Wir müssen uns das militärische Übergewicht sichern. Wir müssen uns ein Übergewicht an moralischer Kraft sichern, das uns von Rechts wegen gehört, denn wir verfechten die Sache der Arbeiterklasse, während jene die Sache der französischen und englischen Bourgeoisie verteidigen. Dieses moralische Übergewicht können uns nur lebendige Menschen, Vertreter der Arbeiterklasse aus unseren besten städtischen Industriezentren sichern. Und so nehmen wir jetzt, abgesehen von allen Maßnahmen, von denen ich sprach, eine weitere Mobilisierung der Arbeiter in Angriff, um unsere Rote Arbeiter- und Bauernarmee aufzufüllen. Heute Abend wird im Sowjet der Volkskommissare die Vorlage eines Dekrets eingebracht werden, wonach in der nächsten Zeit, in der nächsten Woche, die Arbeiter, die 1896–1897 in den Gouvernements Wladimir, Nischni-Nowgorod, Moskau und Petrograd geboren sind, mobilisiert werden. Ihr wisst, Genossen, dass wir in Moskau und Petrograd den Jahrgang 1896–97 mobilisiert haben. Sie dienten als Vorbild für die Truppenteile, die geschaffen werden sollen. Wir werden unsere besten Truppen stellen. Jetzt soll Moskau mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen in Moskau die Arbeiter mobilisieren, die in den Jahren 1893, 94 und 95 geboren wurden, und es ist Eure Pflicht, die Pflicht der Rayon-Sowjets, der Gewerkschaften, der Betriebsausschüsse und aller Arbeiterorganisationen, uns in den Betrieben Hilfe angedeihen zu lassen zur Durchführung dieser Mobilisierung. Ihr werdet die Arbeiter auf ihre Wehrpflicht hinzuweisen haben. Eine solche Hilfe brauchen wir auch in Petrograd, in unserer nördlichen Hauptstadt. Ohne Eure Hilfe und Mitwirkung – die uns ja sicher sind – können wir diese Mobilisierung nicht durchführen. Mit Eurer Hilfe haben wir die erste Mobilisierung ausgezeichnet durchgeführt, sie ging wie am Schnürchen, und Ihr werdet uns jetzt diese zweite, etwas weitergehende Mobilisierung sichern. Ihr werdet Euren Einfluss auf das ganze Gouvernement Moskau ausdehnen und werdet die Mobilisierung der zwei Jahrgänge durchführen; so werden wir einige neue Divisionen zustande bringen zur Unterstützung der Divisionen, die sich an der tschechoslowakischen Front befinden.

Wir erwarten von Euch, dass Ihr klar erkennt, wie ernst die Lage ist. Wir haben Simbirsk und Jekaterinburg verloren. Das sind Tatsachen, die von dem außerordentlichen Ernst der Lage zeugen und davon, dass gegen uns nicht vereinzelte Trupps kämpfen, sondern eine geschulte Armee, die von russischen Offizieren ergänzt wird. Wir prunken zwar nicht mit großen Talenten, haben aber immerhin große Vorzüge aufzuweisen. Die Lage ist ernst, und wir müssen der ernsten Gefahr eine ernste Verteidigung entgegenstellen.

Wir müssen und können das tun. Das muss, das soll in das Bewusstsein jedes Arbeiters an jedem Orte eindringen. Dessen muss man eingedenk sein unter allen Umständen und vor allem anlässlich des Hungers, denn die Tschechoslowaken und Weißgardisten sperren das sibirische Tor, durch das unser Getreide kommt. In den nächsten Tagen müsst Ihr uns Dutzende, Hunderte von Arbeitern geben, Ihr müsst von den Zivilposten die Personen entfernen, die früher Militärs waren, auch wenn sie vielleicht keine genügende Erfahrung haben; Ihr müsst sie alle dem Kriegsamt zur Verfügung stellen. Ihr müsst die Mobilisierung der drei Jahrgänge in Moskau und der zwei Jahrgänge im Moskauer Gouvernement sichern. Das sind die praktischen Aufgaben, die vor Euch stehen. Ich zweifle nicht, dass die Moskauer Arbeiter dem ganzen Lande mit gutem Beispiel vorangehen werden und nicht allein alle Aufgaben, die vor ihnen stehen, bewältigen werden, sondern auch mit den schwankenden und labilen Sowjets an der Wolga und am Ural und den schwachen Teilen fertig werden, die sich von nun ab auf den Willen des Proletariats stützen sollen. Dieser Wille führt zum Sieg, dieser Wille ist der halbe Sieg.

Ich sprach von der Französischen Revolution. Ja, Genossen, wir müssen ihren Traditionen zur Wiedergeburt verhelfen. Erinnert Euch, wie die Jakobiner in Frankreich noch in der Periode des Krieges vom vollen Siege sprachen und die Girondisten ihnen zuriefen: „Ihr redet davon, was Ihr nach dem Siege tun werdet; habt Ihr mit dem Sieg einen Vertrag geschlossen?“ Einer der Jakobiner gab zur Antwort: „Wir haben einen Vertrag mit dem Tode geschlossen". Die Arbeiterklasse kann eine Niederlage nicht dulden. Wir sind Söhne der Arbeiterklasse, wir schlossen einen Vertrag mit dem Tode und folglich auch mit dem Siege!

Resolution,

angenommen auf Grund des Vortrags.

Die vereinigte Sitzung des Allrussischen Zentralexekutivkomitees der Sowjets, des Moskauer Sowjets, der Gewerkschaften und der Betriebsausschüsse hat nach Entgegennahme der Berichte der Zentralen Sowjetregierung beschlossen:

1. Zu proklamieren, dass das sozialistische Vaterland in Gefahr sei.

2. Die Arbeit aller Sowjet- und sonstigen Arbeiterorganisationen den Grundaufgaben des jetzigen Moments unterzuordnen, nämlich der Abwehr der Tschechoslowaken und dem erfolgreichen Einsammeln und der Beförderung des Getreides in die notleidenden Gegenden.

3. Es soll unter den Arbeitermassen Moskaus und anderer Orte die weitestgehende Agitation geführt werden zur Erläuterung des kritischen Moments, den die Sowjetregierung durchmacht, zum Verständnis der Notwendigkeit der Säuberung der Wolga, des Urals und Sibiriens von allen Gegenrevolutionären sowohl in militärischer, wie auch in administrativer Hinsicht.

4. Es soll die Wachsamkeit gegenüber der Bourgeoisie vermehrt werden, die sich überall zu der Gegenrevolution schlägt. Die Sowjetregierung muss das Hinterland sichern, indem die Bourgeoisie überwacht wird und in der Praxis gegen sie Massenterror angewandt wird.

5. Zu diesem Zweck hält es die Vereinigte Sitzung für notwendig, eine Reihe verantwortlicher Sowjet- und Gewerkschaftsfunktionäre dem Militär und dem Verpflegungsamte zuzuführen.

6. Jede Sitzung irgend eines Sowjetamtes, irgend eines Organs der Gewerkschaftsbewegung oder sonst einer Arbeiterorganisation wird von nun ab die Frage der praktischen Durchführung der entschlossensten Maßnahmen zur Aufklärung der proletarischen Massen über die Lage und die Mobilmachung des Proletariats auf die Tagesordnung setzen.

7. Massenbeschaffung von Getreide, Massenunterricht im Kriegshandwerk, Massenbewaffnung der Arbeiter und Anspannung aller Kräfte für den militärischen Feldzug gegen die konterrevolutionäre Bourgeoisie unter der Losung:

Tod oder Sieg!“

Das ist unsere allgemeine Losung.

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