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Leo Trotzki 19250908 Erklärung gegen die Zeitschrift „La Révolution Prolétarienne"

Leo Trotzki: Erklärung gegen die Zeitschrift „La Révolution Prolétarienne"

Antwort an das ZK der RKP auf die vom ZK der KPF gestellte Frage über die Zeitschrift von Monatte und Rosmer

[Nach Internationale Presse-Korrespondenz, 5. Jahrgang Nr. 139 (10. Oktober 1925), S. 2037 f.]

[Zum Hintergrund siehe die einführenden Bemerkungen zu den Trotzki aufgezwungenen Distanzierungen von Max Eastman vom Juni und 1. Juli 1925]

Ich habe Monatte und Rosmer im Jahre 1915 kennengelernt. Ich habe die Bekanntschaft mit ihnen gemacht, als ich in Paris – wie mit einer Laterne am helllichten Tage – die wenig zahlreichen Revolutionäre suchte, die nicht die bürgerliche Stellung des Sozialpatriotismus eingenommen hatten. Wenn wir in den folgenden Jahren von französischen Revolutionären sprachen, die der Sache der Internationale treu waren, so nannten wir vor allem Monatte und Rosmer. Sie standen vom ersten Tage an auf der Seite der Oktoberrevolution und der Dritten Internationale. Rosmer war einer der Gründer der Dritten Internationale. Monatte weigerte sich lange Zeit, sich der Kommunistischen Partei Frankreichs anzuschließen, indem er darauf hinwies, dass sich an deren Spitze viele parlamentarische und streberische Elemente befänden. Nach dem IV. Kongresse der KI, als mit Hilfe der französischen Linken, mit Rosmer an der Spitze, unsere französische Partei von den Reformisten gesäubert wurde, erklärte Monatte seinen Beitritt. Das Gesagte stellt meine Stellung, und zwar sowohl meine politische wie meine persönliche zu Rosmer und Monatte sehr klar fest.

Meine aktive Teilnahme an allen Fragen, die mit dem Leben der Kommunistischen Partei Frankreichs verbunden waren, hörte ungefähr im Winter 1923/24 auf. In der Kommunistischen Partei Frankreichs entspann sich ein innerer Kampf, der in seinem Ursprung mit der Rückwirkung der russischen Diskussion zusammenhing und zum Ausschlusse von Rosmer und Monatte aus der französischen Partei führte, der später vom V. Kongress der Kommunistischen Internationale bestätigt wurde. Wenn ich in diesem Augenblicke an der Diskussion und an der Entscheidung über diese Frage teilgenommen hätte, so hätte ich mich ohne Zweifel entschieden gegen den Ausschluss ausgesprochen. … Aber der Ausschluss bot sich mir als eine vollzogene Tatsache. Insofern als ich mich nicht gegen den Ausschluss ausgesprochen habe und im Allgemeinen diese Frage nicht aufwarf, trug und trage ich mit die Verantwortung für diesen Ausschluss

Nach dem Ausschlusse sind Monatte und Rosmer an die Herausgabe der Zeitschrift „La Révolution Prolétarienne" gegangen, von deren Erscheinen ich bei meiner Rückkehr vom Kaukasus in diesem Frühjahr erfuhr und die ich erst in diesen letzten Tagen selbst kennenlernte.

Diese Zeitschrift rechtfertigt durch ihren Charakter und durch ihren Ton den Ausschluss. Trotz des tragischen Schlages, von dem Monatte und Rosmer betroffen wurden – der härteste Schlag, der solchen treuen Revolutionären widerfahren konnte – war es ihre Pflicht, wenn sie auch formell außerhalb der Partei waren, wie Soldaten der Partei zu handeln und dadurch früher oder später wieder ihren Platz in der Partei zu finden. Genau so lautete mein Rat, den ich einem französischen Kommunisten gab, der mich in einem entsprechenden Falle um Rat gefragt hatte. Als sie die Revue gegründet hatten, schien es, dass sie die Absicht hatten, in den Artikeln der ersten Nummer nur zu erläutern, dass die gegen sie erhobenen Beschuldigungen des Reformismus usw. unbegründet seien. Aber jede Nummer führte sie immer mehr auf den Weg des Kampfes gegen die Leitung der französischen Partei und gegen die Komintern. Der Zorn ist ein schlechter Berater. Die Zeitschrift hat sich, wie deutlich gesagt werden muss entgegen ihrem Titel „Die Proletarische Revolution" in eine gegen die proletarische Revolution gerichtete Waffe verwandelt, gegen die gleiche proletarische Revolution, die vor allem in der Sowjetunion und in der RKP verkörpert ist.

In der Zeitschrift von Monatte und Rosmer ist auch meiner Verteidigung gegen die verschiedenen Angriffe und Anschuldigungen ein besonderer Platz gewidmet. Ich weise diese Verteidigung entschieden zurück. Dies nicht etwa deshalb, weil ich die Kritik annehme, die gegen mich in der Zeitschrift „Les Cahiers du Bolchevisme" formuliert ist: leider finde ich dort oft solche Ausdeutungen meiner Ansichten, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Aber die Kommunistische Partei Frankreichs ist unsere Partei. Seinen Standpunkt durch Methoden zu verteidigen, die geeignet sind, die Partei zu diskreditieren, ihre Autorität und ihren Einfluss zu untergraben, ist das größte Verbrechen. Unsere französische Partei ist ein integrierender Bestandteil der Internationale, mit deren Entwicklung das Geschick des Weltproletariats und der unterdrückten Völker verbunden ist.

In Frankreich führt in diesem Augenblicke nur die Kommunistische Partei einen mannhaften Kampf gegen den kriegerischen Imperialismus. Ihre Arbeit durch Anschuldigungen zu untergraben, deren politisches Missverhältnis ungeheuer ist, bedeutet – unabhängig von ihren eigentlichen Absichten – den Feinden der Arbeiterklasse in die Hände zu spielen. Dies ist noch mehr in der Haltung der „Révolution Prolétarienne" gegenüber den russischen Angelegenheiten zu ersehen. Die Arbeit der RKP spielt sich unter außerordentlichen schwierigen Verhältnissen ab, besonders gegenwärtig, da gegen die Sowjetunion von neuem alle Kräfte der Weltreaktion mobilisiert werden. Unsere Partei erkämpft sich ihren Weg, dessen gleichen die Geschichte nicht gekannt hat. Gegen die Mängel und die Krankheiten der Entwicklung der Partei kämpfen, die sich aus den objektiven Verhältnissen ergeben, kann man nur durch die Kräfte der Partei selbst, daher auch durch solche Methoden, die die Partei annehmen. anpassen und ausüben kann. Jeder andere Weg bedeutet den Mangel an Glauben an die inneren Kräfte unserer Weltpartei. Wer auf die Partei nicht vertraut, hat, wohlverstanden, dort nichts mehr zu tun.

Was den Kampf gegen die Methoden Eastmans betrifft, habe ich bereits alles gesagt, was zu sagen war. Es ist da nichts weiter hinzuzufügen.

Der Weg, den „La Revolution Prolétarienne" eingeschlagen hat, hat seine innere Logik: er führt die Leute, ohne dass sie es bemerken, auf die andere Seite der Barrikaden. Aber ich betrachte dies nicht als unvermeidlich. Rosmer und Monatte sind genug alte wetterharte Revolutionäre, um Erwägungen falscher Eigenliebe vernachlässigen zu können. Man kann und man muss Halt machen: Sofort die Zeitschrift einstellen; außerhalb der Partei bleiben, so wie Soldaten der Partei handeln; sich an die Exekutive der Komintern mit dem Ersuchen um eine Überprüfung der Angelegenheit wenden – einen anderen Weg gibt es nicht.

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