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Friedrich Engels 18420700 Der Triumph des Glaubens

Friedrich Engels: Die frech bedräute, jedoch wunderbar befreite Bibel.

Oder:

Der Triumph des Glaubens

[Geschrieben Juni/Juli 1842. Erschienen als Broschüre im Dezember 1842. Nach Marx Engels Werke, Ergänzungsband Zweiter Teil, Berlin 1982, S. 283-316]

Das ist: Schreckliche, jedoch wahrhafte und erkleckliche Historia von dem weiland Lizentiaten Bruno Bauer; wie selbiger vom Teufel verführet, vom reinen Glauben abgefallen, Oberteufel geworden und endlich kräftiglich entsetzet ist1

Christliches Heldengedicht in vier Gesängen

Erster Gesang

Des Glaubens Gloria recht herrlich zu besingen,

Entfalt, o Seele mein, demütiglich die Schwingen;

Des Glaubens hohen Sieg – doch nein! ist eigne Kraft

Nicht gleich dem schwachen Rohr? Ein andrer gibt den Saft;

Ein anderer verleiht so Wollen wie Vermögen:

Ihr Gläub'gen fleht herab auf mich der Gnade Segen!

Ja, hebe dein Gebrüll, du Leu am Saalestrand,

Und falte, Hengstenberg, die sieggewohnte Hand!

Du mit der Leier groß und groß auf dem Katheder,

O Sack, von deiner Kraft ergieß in meine Feder!

Krummacher, Gottesmann, des wahren Glaubens Hort,

O lehre mich, gleich dir, verkündigen das Wort!

Und du, mein holder Knapp! Ich trag', o fromme Seele,

Die Fackel deines Lieds kühn in die Lästerhöhle!

Und du, der dem Geschlecht der Spötter, kühn und frei,

Das Kreuz entgegenhielt, o Klopstock, steh mir bei!

Was war' ich ohne dich, Theologus Johannes!

Wenn du mir treulich hilfst, ich unternehm's und kann es.

Vertilgen helfet mir, David und Hesekiel,

Den Gräul der Lästerung mit Stumpf und auch mit Stiel!

Auf, scharet euch um mich, des Glaubens starke Säulen,

Beschützt mich gegen Spott und frecher Läst'rer Heulen;

Hebt eure Hände fromm zum Thron der Gnaden auf,

Dass ich zum Preis des Herrn vollende meinen Lauf! -

Was störet auf einmal der Sel'gen Hosianna?

Warum versieget denn des Engelliedes Manna?

Weh', ist des Teufels List zum Himmel eingekehrt

Und hat sein Pestgestank die Freud' in Leid verkehrt?

Wo Jubel nur und Preis und Loblied soll erklingen,

Was soll das Jammern dort, das Klageliedersingen?

Wer ist es, der da klagt? Wer schreit in Himmelshöh'n?

Der Frommen Seelen sind's, sie haben das Gestöhn:

O Herr, erhöre Herr, Herr höre unser Schreien!

Wie lange duldest du die Plage deiner Treuen?

Wie lange wartest du und hast noch nicht gerächt,

O Herr, der Gläub'gen Blut am frevelnden Geschlecht?

Ach, soll der Weltlust Trotz, der frechen Läst'rer Prahlen

Im Glanz der Herrlichkeit stets auf der Erde strahlen?

Soll jeder Philosoph stets sagen: Ich bin Ich?

Soll der Freigeister Schar stets frecher lästern dich?

Ach, immer lauter schallt des Übermutes Höhnen,

O lass des Weltgerichts Posaune bald ertönen!"

Besänftigend spricht der Herr: „Noch ist nicht voll das Maß,

Nicht arg genug der Stank, der ausgeht von dem Aas;

Und meine Streiter auch muss ich zum Mut erziehen,

Dass nicht im letzten Kampf sie vor dem Satan fliehen.

Dort unten in Berlin sind, die mich suchen, viel',

Doch viele fesselt noch des stolzen Denkens Pfühl;

Nicht glauben wollen sie, sie wollen mich begreifen,

Mich fesseln wollen sie mit des Gedankens Reifen.

Seht Bruno Bauer dort: er glaubt, doch er denkt nach,

Wohl willig ist sein Fleisch, doch ach, der Geist ist schwach.

Nun, wartet kurze Zeit; bald weichen diese Schlacken,

Dann wird nicht Satan mehr ihn bei dem Denken packen.

Er, der so treu mich sucht, er findet mich zuletzt,

Fromm wirft er von sich ab, was Eitles ihn ergötzt.

Des Denkens Narretei, die seinen Sinn zersplittert,

Erkennet er als Wind – und seine Seel' erzittert.

Ja, die Philosophie, sie wird ihm noch ein Spott,

Die Gnade bricht hindurch, er glaubet: Gott ist Gott."

Und über dieses Wort ward Seligkeit dort oben,

Zum Preis des starken Herrn ein Loblied ward erhoben:

Wohl würdig bist du, Herr, zu nehmen Ehr' und Preis

Und Kraft, geschaffen ist durch dich der Welten Kreis:

Bald kommen wird dein Zorn, die Bösen zu vernichten,

Die Knechte zu erhöh'n, die deinen Dienst verrichten."

Und weiter sprach der Herr: „Ja, jener ist der Mann,

Der in dem letzten Kampf die Gläub'gen führen kann.

Wenn auf die sünd'ge Welt dann meines Zornes Schalen

Herniederstürzen, sich die Meere blutig malen,

Und wenn des Abgrunds Born sich finster tuet auf,

Wenn der Heuschreckenschwarm erscheint in hellem Hauf,

Wenn Feuerhagel dann zur Erde niederprasselt,

Der Boden rings erbebt, der Fels zusammenrasselt,

Schwingt Bruno Bauer hoch die Fahne meiner Schar,

Nicht wankend in dem Kampf für Thron und für Altar."

Und über dieses Wort ward Seligkeit dort oben,

Zum Preis des starken Herrn ein Loblied ward erhoben:

Halleluja! Und der Rauch gehet auf ewiglich."

Und sieh! Als noch das Lied ertönte durch die Himmel,

Da kam der Teufel an mit Stank und mit Getümmel.

In seinen Augen glomm der Hölle schwarze Wut,

Die Zunge lechzte nach der Gotteskinder Blut.

So trat er frevelnd hin zum Stuhl des Allerhöchsten,

Zu jenen Engeln, die dem Throne stehen am nächsten,

Und schrie wie Donnergraus: „Wie lange zauderst du,

Und hältst in meinem Haus mich auf in feiger Ruh'?

Du hast wohl Furcht, dass ich am jüngsten Tage,

Wo um die Krone dieser Welt

Wir kämpfen, dass ich da dein Heer von Engeln schlage,

Erstürme mir dein Himmelszelt?

Und hast du Mut, wohlan, den Kampf beschleunige,

Lass die Posaunen blasen,

Dass ich mein wildes Heer alsbald vereinige;

Ich brenne schon vor Lust, zu stürzen auf das deinige,

Durch deine Sphären hinzurasen!"

Der Herr: „Geduld, Geduld, die Zeit ist nicht mehr fern,

Wo du erkennen sollst, dass ich der Herr der Herrn!

Sieh auf die Erd' herab, ob du sie merkst, die Zeichen,

Darob die Menschen all' erzittern und erbleichen?

Sieh Krieg und Pest und Brand und Revolution,

Sieh das Gesetz verhöhnt, geschmäht Religion.

Die Gottesläst'rer blühn, verlästert sind die Frommen,

Und warte nur, es wird noch zehnmal besser kommen!

Jetzt hab' ich auserwählt mir einen treuen Knecht,

Der predige das Reich dem gottlosen Geschlecht.

Sie werden ihn verschmähn, sie werden seiner lachen,

Das will ich just, so kann ich bald ein Ende machen.

Noch ist das Maß nicht voll, doch lange währt es nicht,

Wenn ferner sie verschmähn, wie jetzt, das Gnadenlicht."

Der Teufel: „Und wer ist ersehn zu diesen Taten?"

Der Herr: „Der Bauer ist's." -

Meinst du den Lizentiaten?

Denselben“

Nun, der dient dir auf besond're Weise.

Nicht Beten und Gesang ist seines Herzens Speise.

Nein, sieh, von dir verlangt er deine schönsten Sterne,

Und dann begreift er sie das ist so seine Lust.

Und aller Dogmata spekulativste Kerne

Befried'gen nicht die tiefbewegte Brust."

Der Herr: „Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient,

So werd' ich ihn gewiss bald in die Klarheit führen.

Und wenn er jetzt auch noch zu denken sich erkühnt,

Verlass dich drauf, bald soll er die Vernunft verlieren."

Der Teufel: „Nun, was gilt's, den will ich dir verführen!

Er soll, ein Edelstein, bald meine Krone zieren.

Ihm steckt bei alledem der Hegel noch im Kopf,

Da fass' ich ihn, gib acht, da fass' ich ihn beim Schopf."

Der Herr: „Wohlan, er sei dir blindlings überlassen!

Zieh diesen Gläubigen von seinem Heiland ab

Und führ ihn, kannst du ihn mit deinem Trug erfassen,

Auf deinem Höllenweg hohnlachend mit hinab,

Und steh beschämt, wenn du zuletzt gestehen musst,

Ein Gläubiger, selbst im spekulativen Drange,

Ist sich des schmalen Wegs im Herzen stets bewusst."

Da schrie der Teufel froh: „Wohlan, mir ist nicht bange,

Gib acht, den Bauer hast du nicht mehr allzulange!"

Und mit des Sturmes Kraft fuhr er alsbald hinaus,

Erfüllend noch mit Qualm des Himmels strahlend Haus.

Indes der Teufel dort mit Gott dem Herrn verkehret,

Hat der Verdammten Schar sich in der Höll' empöret.

Es tost der wilde Schwärm im Aufruhr fürchterlich,

Laut rufend mit Gebrüll: Wo bist du, Teufel, sprich?

An ihrer Spitze schwingt zwei Feuerbränder Hegel

und Voltaire hinterdrein mit feurigrotem Flegel,

Danton erhebt die Stimm', es brüllet Edelmann,

Es ruft Napoleon: „Auf, Höllenbrut, voran!"

So rasen durch die Glut des Abgrunds finst're Geister,

So schnauben sie voll Wut und rufen nach dem Meister.

Da von des Himmels Höh'n stürzt eilends er herab

In seine Feuerseen und in sein Flammengrab.

Was ist, so ruft er laut, was wollt ihr, schnöde Rotten,

Wollt ihr des Teufels Zorn, des Teufels Macht verspotten?

Ist euch nicht heiß genug der Höllen Flammenglut,

Und tränk' ich euch nicht satt in der Gerechten Blut?"

Nein, nein! schreit Voltaire, nein, du tatenloser Teufel!

Hab' ich darum gepflanzt, geheget stets den Zweifel,

Dass überall nun durch spekulative Nacht

Das Wort Philosophie wird in Verruf gebracht,

Dass mich Franzosen selbst, den Pfaffen glaubend, hassen -

Und das, du Teufel, das kannst du geschehen lassen?"

Weshalb, spricht Danton, hab' ich denn guillotiniert,

Weshalb, statt Gottesdienst, Vernunftdienst eingeführt,

Wenn wieder Unsinn herrscht, aristokrat'sche Laffen

Ins Reich sich teilen mit den hirnverbrannten Pfaffen?"

Und Hegel, dem bisher der Grimm den Mund verschloss,

Urplötzlich fand das Wort und hob sich riesengroß:

Mein ganzes Leben weiht' ich der Wissenschaft,

Den Atheismus lehrt' ich mit ganzer Kraft,

Das Selbstbewusstsein hob zum Throne ich,

Gott zu bewältigen, glaubte schon ich.

Doch mich gebraucht nur törichter Missverstand,

Und feige Geister haben mich umgewandt,

Den Unsinn aufzukonstruieren,

Knechteten schnöde das Spekulieren.

Und jetzt, da endlich kühn sich erhob der Mann,

Der Strauß, der halb schon mich zu verstehen begann,

Als kaum nach Zürich er berufen,

Wies man ihn ab an der Aula Stufen.

O Schmach, vom ganzen Kreise der Welt verbannt

Ist schon das Werkzeug, welches ich klug erfand,

Die Freiheitskämpferin, die kühne,

Wehe, verbannt ist die Guillotine!

Auf, sag, o Teufel, hab' ich umsonst gelebt?

Hab' ich vergebens philosophiert, gestrebt?

Wird bald der Mann, der rechte, kommen,

Welcher es köpft, das Geschlecht der Frommen?" -

Das hört der Teufel an mit hämisch-zartem Grinsen:

Still, still, du treu'ster Knecht und lass das eitle Plinsen.

Wie? Kennt ihr mich nicht mehr, den Teufel? Hört mich an:

Gefunden ist schon längst, gefunden ist der Mann!"

Wer ist's? Lass uns so lang nicht stehen auf der Lauer!"

So rufen all. Und er: „Er heißet – Bruno Bauer!"

Es lacht die schnöde Schar. Sie wenden das Gesicht;

Und Hegel, zornentflammt, der wilde Hegel spricht:

Willst du spotten noch und höhnen, du verfluchtester der Wichte!

Kann der Bauer denn uns helfen, der Vernunft nur macht zunichte,

Der die Wissenschaft nur führet auf des Glaubens Hochgerichte?"

O Hegel, bist du blind?" sprach drauf der Höllenfürste,

Glaubst du, dass Bauer nur nach Glaubensäpfeln dürste?

Sein Durst ist viel zu groß, die machen ihn nicht satt,

Wer so gewaltig kämpft, der wird so leicht nicht matt.

Hüllt er sich jetzt noch in des Glaubens Bettlermantel,

Er wirft ihn ab: gib acht, ich schließ' mit ihm den Handel,"

Ich beuge mich vor dir", sprach Hegel wieder froh,

Und drauf die ganze Schar erhob ein wild' Hallo.

Mit Jubel führte sie den Herrscher an die Schwelle,

Und dieser, siegbewusst, entschwebete der Hölle. -

In frommer Leute Haus, in düsterem Gemach,

Von Büchern rings umstellt, denkt Bruno Bauer nach.

Vor sich den Pentateuch und hinter sich den Teufel,

Bannt ihn der Glaube vorn und hinten rupft der Zweifel:

Schrieb Moses dieses Buch, ist echt es oder nicht?

O dass Philosophie so selten deutlich spricht!

Da hab' ich nun, weh' mir, Phänomenologie,

Ästhetik, Logik und Metaphysik

Und leider auch Theologie

Durchaus studiert, nicht ohne Glück,

Heiße Doktor und Lizentiat,

Lese Collegia früh und spat,

Ich habe den Glauben spekulativ

Versöhnt mit dem absoluten Begriff,

Mir ist nichts dunkel, da ist kein Geheimnis,

Das ich nicht ergründet hätt' ohne Säumnis,

Ich habe begriffen die Dogmen alle

Von Schöpfung, Erlösung und Sündenfalle,

Der Jungfrau wunderbare Empfängnis

Hab' ich begriffen sonder Bängnis,

Den ganzen Kram – und mit all' dem Zeugs

Lässt sich nicht beweisen die Echtheit des Pentateuchs.

Wer hilft in dieser Not, wer deutet, was mich quälet?

Wer reicht des Wissens Brot, ergänzet, was mir fehlet? -

Dort dies geheimnisvolle Buch,

Von des Philippus eigner Hand,

Ist mir es nicht Geleit genug

Durch dieser Zweifel labyrinth'sches Land?

Ich schlag' es auf. Schon wird der Sinn mir hell,

Entgegenrauscht mir ein Kategorienquell.

Sieh, wie sie auf- und niedersteigen

Und sich die goldnen Eimer reichen!

Ha, welch' eine Höhe!

Vermittelt schon sehe

Ich Glauben und Wissen

In heiligen Küssen!

Tief unter mir die Mächte der Natur!

Welch Schauspiel! aber ach, ein Schauspiel nur!

Denn wird der Schleier mir gehoben,

Der um den Ursprung ist des Pentateuchs gewoben?

Philippe erscheine!"

Ein Schatten, dreigekrönt, tritt aus gespaltner Wand,

Und warnend hob er hoch empor die dürre Hand:

O Bauer, Bauer, falle nicht vom Pfad hinab,

Der dir in Hegels Logik vorgezeichnet ist!

Und wo in absoluter Klarheit der Begriff

Erstrahlt, da lass vorstellungsmäßig Denken nicht

Dem Geiste trotzen, welcher da die Freiheit ist." -

Doch ist dies Buch denn echt, wie lösest du die Frage?

O weiche mir nicht aus, o sprich, antworte, sage!"

Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!"

Nicht dir? Verschwinde nicht, o lass dich halten, Freund!"

Er ruft's, springt auf, und sieh, da steht vor ihm der Feind.

Ha haha haha haha haha haha!

Da steht der Theolog, da stehet er nun da!

Du bist doch sonst so klug und hast noch nie gesehn,

Dass man dich immer lässt ringsum im Kreise gehn?"

In wirrem Schrecken greift jetzt Bruno nach der Bibel.

Pah", lacht der Teufel auf, „was soll die alte Fibel?

Pah, über solches Zeug sind wir schon längst hinaus,

Und dich, ich glaub' es nicht, dich letzet solch ein Schmaus?

Wie? Glaubst du, wenn du hier in dumpfen Mauern steckest.

Wenn du aus krankem Hirn Kategorien heckest,

Wenn du das Wasser und das Feuer mischen willst,

Mit ekelem Gebräu den Geist, den durst'gen, stillst,

Den Geist, der frei sich sehnt, die Fesseln zu zersprengen,

Die ihn in schalen Dunst, in dumpfen Kerker zwängen, -

Dann glaubst dein Sehnen du gestillt mit solcher Qual?

Hat Hegel dich gelehrt, zusammen Berg und Tal

Zu bringen, schwarz mit weiß, und Feuersglut und Wasser?

An Hegel denke jetzt, den kühnen Gotteshasser,

Der ohne Grübeln warf das Faktum über Bord,

Vor der Vernunft verwarf der Überliefrung Wort!"

Was du, o Teufel, sagst, schön klingt es, eine Quelle

des reinsten Himmelslichts, so scheint der Qualm der Hölle;

Doch mich verführst du nicht; die Spekulation,

Sie hat, o Teufel, längst auch dich begriffen schon.

Glaubst du, wo meinem Geist sich auftut jedes Wesen,

Du seist allein verschont von dem Begriff gewesen?

Ich weiß, mit schönem Schein, mit gleisnerischem Wort

Betörst du uns zuerst und reißest uns dann fort,

Versprichst uns freien Geist für unsre schönen Fakta,

Und führst uns dann ins Reich einseitiger Abstrakta.

Zu dem Extreme führt dein freier Geist mich hin,

Da ich nichts andres weiß und denk', als dass ich bin.

Nicht jene kalte Höh* kann mich, o Freund, betören,

Wo, was der Geist begreift, er einzig will zerstören.

Ein beutegier'ger Schlund, ein Moloch ist dein Geist,

Der seine Zähne stets dem Positiven weist.

Du siehst, ich kenne dich, ich kenne deine Fahrten,

Und was du mir gesagt, sind lauter Redensarten.

Schau hier den Pentateuch; fass' ich ihn positiv,

Hab' ich mit ihm zugleich des Judentums Begriff."

Der Böse grinst und höhnt: „Ha, ist es nicht zum Lachen?

Was alt und rostig ist, das willst du glänzend machen?

Wo man in Läusen nur des Herren Finger sieht2,

Und wo des Hauses Bau den Herrn im Himmel müht3,

Wo Gottes Rufen man in allem will verspüren,

In Maß, Gewicht und Pfand4, da willst du spekulieren?

Da mattest du dich ab, freudlos und ohne Ruh'?

Versuch's, wer stärker ist, der Glauben oder du!

Hinauf, wo sich der Geist in seiner Herrschaft fühlet,

Wo nicht er, gleich dem Wurm, in altem Moder wühlet!

Dort thront er siegbewusst; vor seinem höchsten Recht

Beugt sich der Glaube tief, des Vorurteiles Knecht!"

O Teufel, was ich sonst in unbewachten Stunden

Zu denken kaum gewagt, du sprichst es ungebunden.

Ach! dass es mich ergreift, mich fesselt mit Gewalt,

Dass quälend jetzt der Ruf in meinem Innern schallt:

,Du hast umsonst gelebt!'"

Nur keine Zeit verloren,

Du brauchst zu wollen nur, und du bist neugeboren!"

Doch was beginn ich nun?"

Wie, glaubst du, dass du hier,

Im gläubigen Berlin, in diesem Sandrevier,

Zu jener Höhe kannst, zu jenem Frohsinn dringen,

Dem Glauben frank und frei ein Pereat zu bringen?

Ich führe dich nach Bonn zum stolzen grünen Rhein5,

Da wasche dich vom Schlamm des Aberglaubens rein,

Da führ in Heiterkeit ein neues, schönes Leben

Im frischen Bunde mit dem treuen Saft der Reben;

Wo alles Atmen Sieg, wo frisch die Brust sich hebt,

Und wo der Freiheit Glut in allen Adern bebt!" -

Wohlan, ich folge dir!" -

Und wo in voller Klarheit

Aus stolzem Geisterkampf ersteht die reine Wahrheit;

Hoch auf den Trümmern dort von kühn zerstörten Schranken

Bau siegreich den Altar der freiesten Gedanken!"

Zweiter Gesang

O weh' dir, Bonn! weh' dir, frommste der Fakultäten!

Tu Buß' in Asch' und Sack, lass nimmer ab vom Beten!

Auf dem Katheder, wo nur Fromme sich gesetzt,

Lehrt durch des Teufels List der tolle Bauer jetzt.

Da steht er, schäumt vor Wut, ein Teufelchen im Nacken,

Ihn lehrend, wie er soll die Theologen packen.

Da heult er auf voll Grimm, ein wasserscheuer Hund,

Und also spricht der Feind durch Bauers Lästermund:

O lasst euch nimmer durch der Theologen Tücken,

Durch ihre Gleisnerei und Hinterlist berücken!

O seht, wie sie den Sinn von jedem Wort verdrehn,

Wie sie auf bösem Pfad im Dunkeln schleichend gehn!

O seht die schmutz'ge Angst dieser Buchstabenknechte,

Seht, wie sie selber stets sich schlagen im Gefechte!

Gesalbte Quälerei und Jesuitenlug,

Sophistik all ihr Tun und gleißend frommer Trug!

Dem Dorfschulmeister gleich, dem aus der Schul' entlaufen

Die Kinder, draußen sich nach Lust und Kräften raufen,

Wie der mit seinem Stock jagt wütend hinterdrein,

Und jene vor ihm fliehn mit Lärmen, Spott und Schrein -

So auch der Theolog. Stets kommt er in die Brüche,

Gerät er zwischen des Grundtextes Widersprüche.

Seht, wie er zirkelt, dreht, drückt, dehnt, presst, quetscht und misst,

Was eben er gesagt, im Augenblick vergisst;

Seht, wie er kocht und braut in seiner dunst'gen Küche,

Bis endlich mit Geschrei entfliehn die Widersprüche.

Wie jagt er ihnen nach! Wie schreit er hinterdrein:

Wollt ihr wohl wieder her? Wollt ihr wohl artig sein?

Wie schwingt er zornentbrannt des Glaubens heil'gen Bakel,

Wie haut er mitten in den gottlosen Spektakel!

Wie er sie fängt und in den Hexenkessel drückt,

Bis vor dem argen Qualm die Armen sind erstickt!

So sind sie all, so sind auch die Evangelisten,

So werden stets sie sein, so lang es gibt noch Christen!

Wie ein Evangelist den andern missversteht,

Wie er sich windet, quält, den Sinn noch mehr verdreht,

Wie in des Widerspruchs unrettbarer Verwirrung

Er sich nicht helfen kann und stets vermehrt die Irrung,

Wie er des andern Schrift zerstört, zerreißt, zerfetzt,

Und alle dem die Kron' Johannes aufgesetzt;

O seht!" – Da hielten sich die Gläubigen nicht länger:

Hinaus das Lästermaul, hinaus, am Galgen häng' er!

Hinaus mit ihm, dafür ist nicht der Lehrstuhl da,

Hinaus mit ihm, hinaus, hinaus, Halleluja!"

Doch andre schrie'n: „Hurra, hoch lebe Bruno Bauer!

Der freien Wissenschaft, des freien Denkens Mauer!

Schweigt, fromme Heuchler, schweigt, sonst zeige Keilerei,

Ob wirklich euer Gott ein starker Helfer sei!"

Hinaus den Lügner!" schallt es von der rechten Seite,

Hinaus die Gläubigen!" schreit links die Frevlermeute.

Schweigt, Atheisten, still!" – „Ihr frommen Schafe schweigt,

Eh' euch der Böcke Schar die harten Hörner zeigt!"

Hier Christus!" – „Bauer hier!"

Und mit gewalt'gem Rasseln

Hört man der Stöcke Wucht alsbald herniederprasseln.

Die wilde Schlacht entbrennt, es hallt das Kampfgeschrei,

Man wirft die Pulte um, schlägt jede Bank entzwei;

Aus Pulten bauen auf, zum Schutze vor den Christen,

Sich eine feste Burg die frechen Atheisten.

Als Bomben werfen sie, in dichter Schar vereint,

Die Dintenstecher all, die Bibeln auf den Feind.

Vergebens stürmen an auf diese Burg die Frommen,

Der dritte Anlauf selbst hat sie nicht eingenommen.

Schon blutet manches Haupt, und mancher Fromme sank,

Durch Atheistenhand getroffen, auf die Bank;

Da wirft der Frevler Hand die Mauer selbst zur Erde,

Dass rein des Kampfes Feld endlich gefeget werde.

Sie stürzen schnaubend auf die Gottesstreiter los,

Die Frommen fliehn erschreckt vor diesem wilden Tross.

Das Feld ist rein. -

Es wogt die Flucht im Korridore,

Doch endlich steht die Schar der Frommen vor dem Tore.

Zur Hilfe schickt der Herr Pedelle jetzt herbei,

Es kommt der Rektor an, Senat und Klerisei.

Erst schlichten wollen sie, des Kampfes Ursach wissen;

Doch sind sie in den Strom alsbald hineingerissen.

Von neuem fürchterlich erbraust die wilde Schlacht;

Wie manch hohweises Haupt wird windelweich gemacht!

Wie mancher krumme Rücken wird hier gerad geschlagen!

Wie senkt sich manche Nase, die sonst so hoch getragen!

Die Luft verdunkelt sich vom ausgeklopften Staub,

Perücken fliegen rings, dem frechen Wind zum Raub,

Die Philosophen auch, die Herren Positiven,

Hei, wie sie vor dem Stoß der Atheisten liefen!

Wie greifst du, kleiner Sohn des großen Fichte, aus!

Zu mager bist du doch zum Atheistenschmaus.

Wie wird Herrn Brandis, seht, trotz seinem schnellen Jagen,

Aus seinem Rocke der Systemstaub ausgeschlagen!

Was hilft es ihnen, dass sie Hegel widerlegt,

Wenn Hegels wilde Brut so wütend auf sie schlägt?

Denn immer toller drängt der Atheisten Rotte,

Vor ihren Stöcken wird das Gottvertraun zum Spotte.

Doch nein, sein Auge wacht; denn in der höchsten Not,

Die seine Gläubigen mit ärgstem Schimpf bedroht,

Da sendet er, den Sieg der Bösen zu vereiteln,

Den stets getreuen Sack mit glattgekämmten Scheiteln.

Soeben kommt er her vom Weinberge des Herrn:

Am Kirchenhimmel glänzt sein graues Aug', ein Stern.

Es ist die Nase sein des Glaubens starke Säule,

Es triefet stets sein Mund von Gottes Wort und Heile.

Ihn trägt die Eselsmaid, gar wunderbar beschweift;

Ihn kümmert nimmer, dass sein Fuß am Boden schleift.

Er hat mit Gottes Kraft den Bibeltext erfunden

Und ihn der Eselsmaid dicht an den Schwanz gebunden.

Gesenkten Hauptes sitzt er auf der Eselin,

Unmerkbar führt der Geist das Tier zum Kampfplatz hin.

Als er das Tosen hört, der Frechen Jubilieren,

Will er sein frommes Tier auf andre Wege führen.

Doch, die so folgsam sonst, die treue Eselsmaid,

Sieh', wie sie bäumt und stockt und springt und setzt und scheut.

Was hast du, Tierchen, denn? Was kommt dir in die Quere?

Gehorche meinem Zaum, sei folgsam doch und höre!"

Doch sie gehorchet nicht und klemmt ihn an die Wand;

Da fasst zum ersten Mal ergrimmt den Stock die Hand.

Er schlägt und schlägt und schlägt, er schlägt und schlägt sie wieder,

Doch nimmer weicht das Tier, er fällt zur Erde nieder.

Da öffnete der Herr der Eselin den Mund,

Und seine Absicht tat sie dem Erstaunten kund:

Was schlägst du? Sieh den Geist, der mir den Weg versperret,

Der an dem Zaume mich zu jenem Kampfplatz zerret!

Wo ist dein alter Mut? Auf, stürz in jenen Streit,

Wo Atheistenwut der Gläub'gen Heer bedräut!

Tu auf dein Ohr, o Sack! und hör die sel'ge Kunde,

Die Gott dir offenbart aus deines Viehes Munde:

Sack hießest du bisher und Beutel heiß hinfort,

So send' ich, Beutel, dich, den Streit zu schlichten dort."

Gen Himmel schauend sprach der fromme Bruder Beutel:

O Herr, wie ist vor dir des Menschen Wissen eitel!

Die Tiere wählest du zu deinem Sprachrohr aus;

Gehorsam deinem Ruf stürz' ich in Kampfesgraus."

Er sprach's und schnellgewandt eilt er zum Ort der Schrecken,

Den Matte, Blutende, Ohnmächtige bedecken.

Mit lautem Rufe sprengt der Kühne zwischen sie

Und singt den Friedenspsalm nach Himmelsmelodie.

Vor seinem Anblick stehen die Kämpfenden betroffen,

Doch Bruder Beutel steht und sieht den Himmel offen. -

Wie", ruft er, „an dem Ort, wo sonst nur Lobgesang

Und Glaubenswort ertönt, herrscht Hass, Neid, Mord, Sturm, Drang?

Ihr wollet, wo ich seh' den Himmel sich zerteilen,

Im Angesicht des Herrn die Rücken euch zerkeilen?"

Der Frommen Herde lauscht, zieht schüchtern sich zurück,

Der Atheisten Schar lacht drein mit frechem Blick.

Und Bruder Beutel sprach: „Hier unten Mord, Getümmel,

Doch oben ew'ge Ruh' und Seligkeit im Himmel.

Ich seh' die Cherubim um des Allmächt'gen Thron,

Ich seh' das Gotteslamm, den eingeborenen Sohn.

Ich seh' die Herrlichkeit des Herren niederscheinen,

Ich seh' die Engelein zum Loblied sich vereinen.

Ich seh' – o Seligkeit! das Lamm tut auf den Mund,

Und tut den Willen sein mir, seinem Knechte, kund:

,Auf den ich sonst gehofft, Bruno, den Theologen,

Um den hat uns der Feind durch seine List betrogen.

Er, welcher betend sonst in seiner Klause saß,

Gibt jetzt mein heilig Wort den Gottlosen zum Fraß.

Ein wütend Mordgeschlecht hetzt er auf meine Frommen.

Sein Wille soll geschehn, der Fluch soll auf ihn kommen!

So sei denn du erwählt; zieh hin durch Berg und Tal,

Und sammle du zum Kampf die Gläubigen zumal!

Lass dich dein frommes Tier durch alle Lande tragen,

Und predige das Wort vom Kreuze sonder Zagen!

So zieh' den Harnisch an, den Harnisch deines Herrn,

Denn sieh' des Kampfes Tag, der Tag ist nicht mehr fern.

Umgürte mit dem Gurt der Wahrheit deine Lenden,

Der Krebs der Rechtlichkeit soll dir Bewährung spenden.

Gestiefelt beide Bein', marschfertig, zieh hinaus,

Lösch auf des Glaubens Schild die Höllenpfeile aus.

Setz auf den Helm des Heils, ihn trifft kein Schlag des Spottes,

Vor allem schwinge kühn das Schwert des Wortes Gottes!'

Ja, Herr, ich folge dir, es zieht hinaus dein Knecht,

Zu predigen das Wort dem sündigen Geschlecht!"

Zur Kirche war indes gewallt der Frommen Haufen,

Doch jene gingen hin, wie immer, um zu saufen.

Der Bruder Beutel lässt sein Tier nun fürbaß gehn,

Und singt: „Ehre sei Gott, dem Herrn in Himmelshöhn,

Den Menschen auf der Erd' ein süßes Wohlgefallen!"

Und weithin höret man das fromme Liedlein schallen.

So zieht er selig fort und überlässt dem Tier,

Wohin es ihn des Wegs in Gottes Namen führ'.

Indessen sitzen drei in Leipzig still zusammen,

Drei Männer, längst schon reif für Satans Höllenflammen.

Der wilde Ruge ist's, der dort am Tische sitzt,

Das sorgenschwere Haupt auf breite Fäuste stützt.

Ein Recke, wohlbeleibt, friedfertig anzuschauen,

Doch sind wie Schwerter scharf die kampfgewohnten Klauen.

Behaglich glaubst du ihn, dem Bierphilister gleich,

Doch trägt er in der Brust ein ganzes Höllenreich.

O Ruge, lache nur, bald kommet das Gerichte,

Da wird auch dir man ziehn die Maske vom Gesichte!

Der andre, welcher schaut ins Glas mit schnödem Trutz

Und Höllengräuel sinnt, das ist der grimme Prutz.

Kein menschliches Gefühl drang je in seinen Busen,

Sein Denken und sein Tun, sein Fühlen sind Medusen.

Den Unbefangnen sä't sein gleißend glatter Reim

Ins unschuldvolle Herz des Atheismus Keim.

O Prutz, o lache nur, bald kommet das Gerichte,

Da wird auch dir man ziehn die Maske vom Gesichte!

Der Dritte endlich dort, der sich den Schnurrbart streicht,

Der Blücher-Wigand ist's, an Kniffen unerreicht,

Der Gotteslästrer nie ermüdender Verleger

Und durch sein Kapital der ganzen Rotte Träger.

Ha! lache, Wigand, nur, mit deinem Bart von Blücher,

Bald kommet das Gericht, du bist dem Teufel sicher!

Sie sitzen um den Tisch und sehn sich grollend an,

Und Wigand spricht: „Hab' ich darum mein Geld vertan,

Und musst' ich darum bloß bis jetzt soviel bezahlen,

Dass man verbietet nun die ,Hallischen Annalen?"

O welche schlechte Zeit!" spricht Arnold Ruge wild,

Mit Mühe nur mein Blatt des Zensors Blutdurst stillt;

Zwei Drittel Manuskript, die muss er mind'stens haben,

Und dennoch wollen sie mein armes Blatt begraben!"

Und Prutz: „O wehe mir, seit einem halben Jahr

Ließ mir der Zensor durch auch nicht ein einzig Haar!

Aushungern will man mich! Wird's besser nicht, ihr Brüder,

So dicht' ich, wie zuvor, beim Teufel! Liebeslieder."

Was soll man anders tun?" spricht Ruge wild danach,

Ich bin beschränkt schon auf den ,Musenalmanach'.

Zum Teufel Hegelei! Den Busen mir zu schwellen,

Zieht süße Lieder ein, langweilige Novellen!"

Und ich", fährt Wigand fort, „ich kriege Müggen ran,

Nehm' seinen neuesten vierbändigen Roman.6

Komm an mein Herz, o komm, sanftmüt'ge Belletristik,

Dich streicht der Zensor nicht, wie Hegelsche Sophistik.

Für deutsche Dichter jetzt breit' ich den Fittich aus,

Kommt, Minnesänger, kommt, Bierfiedler, in mein Haus!

Gebt Brüder mir die Hand, wir ändern unsre Führung,

Wir werden jetzt loyal, es lebe die Regierung!"

Da tritt der Teufel ein: „Ihr jämmerlicher Schund!"

Fährt er die Freien an mit flammensprühndem Mund;

Ist das der Heldenmut, das euer kühnes Wagen,

Vor eines Zensors Spruch, vor dem Verbot zu zagen?

O schämen muss ich mich, dass ich auf euch vertraut,

Den Esel nicht erkannt in seiner Löwenhaut!

Ha, wartet! Kann ich euch erst in der Hölle packen,

Wie will ich da mit Lust euch peinigen und placken!

Nein! das, du feiger Troß, das wäre mir zu klein:

Zum Himmel jag' ich euch, zu Gott dem Herrn hinein!"

So sei vernünftig doch!" sagt Wigand ihm dagegen,

Was fangen wir denn an? Führ uns auf bessern Wegen!"

Ihr seid wie Ochsen dumm", der Teufel zornig spricht,

Ihr sehet ja den Wald vor lauter Bäumen nicht!

Bindet den ,Hallischen Annalen' man die Hände,

So nennt ihr ,Deutsche' sie, und alles ist zu Ende.

Und mir nur überlasst die Sorge der Zensur,

Das findet alles sich, es gilt Courage nur!

Wer mit dem Teufel steht auf du und du im Bunde,

Der darf nicht feig entfliehn vor jedem Lumpenhunde!

Jetzt also fasset Mut! Ich muss noch weiter heut',

Ihr wütet vor wie nach für die Gottlosigkeit!"

Er sprach es und verschwand. Da, wider alles Hoffen,

Tritt Bruder Beutel ein und sieht den Himmel offen.

Ihn trägt die Eselin, die Gottes Sprachrohr ward,

Sie wird ihn tragen auch bei seiner Himmelfahrt.

Zum Himmel schaut er auf mit gottverzückten Blicken,

Und spricht: „O Lästerschar, ich kenne deine Tücken!

So spricht der Herr dein Gott: Ihr seid des Teufels Brut,

Ihr dürstet immerdar nach der Gerechten Blut;

Noch einmal will ich euch durch meinen Knecht berufen,

Dass ihr euch demütigt vor meines Thrones Stufen.

Tut Buße, spricht der Herr, und kriecht vor mir im Staub,

Eh' ihr hinfallt zuletzt, dem Höllenfeu'r ein Raub.

So spricht der Herr dein Gott: Wollt ihr euch nicht bekehren,

So will ich euch im Bauch das Eingeweid zerstören!

Zur süßen Speise geb' ich dieses Schandgeschlecht,

Euch meinem Hengstenberg und Beuteln, meinem Knecht;

Es sei der Frommen Leib euch ein lebendig Grab!

So spricht der Herr dein Gott!" – Und damit zog er ab.

Dritter Gesang

Was seh' ich! Wüst ein Heer, das ganz von Lästrung funkelt,

Ob sich bei seiner Schau die Sonne nicht verdunkelt?

Wer sind sie? Wie mit Hast sie kommen Mann für Mann!

Von Süden, Norden, Ost und Westen ziehn sie an.

Germaniens Auswurf ist's; sie kommen, zu beraten

Und zu berauschen sich in neuen Freveltaten.

Schon fühlten sie die Hand des Herren über sich,

Schon maßen sie den Sturz, in den sie fürchterlich

Des Satans Kralle riss – schon wollten sie verzagen,

Den Atheismus schon zu allen Teufeln jagen -

Da scholl des Arnolds Ruf, er fordert alle Frei'n

Nach Bockenheim zusamt zu höllischem Verein:

Auf, auf, ihr Freien all! Was sitzt ihr an den Kunkeln,

Wenn die Romantiker die Welt ringsum verdunkeln?

Wenn die Reaktion sich reget, wenn verschmitzt

Der Wissenschaft schon halb sie in dem Nacken sitzt?

Der Bauer ist bedroht; an wütige Zensoren

Geht, was ihr denkt und schreibt, zum größten Teil verloren;

Drum, Freie allesamt, horcht meinem Manifest,

Vorausgesetzt, dass es der Zensor drucken lässt:

Es ist jetzt hohe Zeit, dass wir als Diplomaten

Die heil'ge Allianz ernst im Kongress beraten.

Seht ihr, wie sie sich müht, die hohe Polizei,

Zu tilgen überall das kleine Wörtchen frei?

Wie der Gendarmerie das Gotteslamm sich eint,

Und gleichfalls nur zum Vieh herabzuwürd'gen meint?

Wohlauf, ihr Freien, denn zum schönen Bockenheim,

Dort pflanzen wir vereint der neuen Taten Keim!"

Kaum war das Manifest in alle Welt ergangen,

Welch fürchterlicher Drang, welch freventlich Verlangen

Erstand in frecher Brust, nach Bockenheim zu ziehn;

Die Frechsten sendete vor allen doch Berlin.

Schamlos ziehn sie daher, voran der breite Arnold,

Ihm nach in -wilder Jagd ein wüster Zug von Narr'n tollt;

Weit übertraf er noch den Jakobinerklub,

Der hinter Arnold tost, der Atheistentrupp.

Siehst du den Köppen dort mit dem bebrillten Haupte,

Den gänzlich guten Mann – wenn's Ruge nur erlaubte.

Doch Arnolds blinde Wut hat ganz ihn angesteckt:

An seine Seite hat den Degen er gesteckt,

Ein langes, rost'ges Ding, gleich einem Teufelsschwanze,

Umwedelt's wunderbar die Waden ihm im Tanze.

Ihn zieren Epauletts, ein Rohr trägt seine Hand,

Er braucht's, den Wissensdrang der Jugend zornentbrannt

Herauszupauken. – Seht, ihm folgt der freie Maien -

Europa kennet ihn – er ist's, an dem sich freuen

Der Bösen Böseste; geborener Atheist,

Der schon seit Mutterleib täglich im Voltaire liest,

So hold, so zart, so klein – o arger Teufel Maien!

Wer sind die Rangen, die an deiner Seite schreien?

Weh', deine Neffen sind's! Auch sie verführest du?

Gleich mit Familie fährst du dem Teufel zu?

Doch der am weitsten links mit langen Beinen toset,

Ist Oswald, grau berockt und pfefferfarb behoset,

Auch innen pfefferhaft, Oswald der Montagnard,

Der wurzelhafteste mit Haut und auch mit Haar.

Er spielt ein Instrument: das ist die Guillotine,

Auf ihr begleitet er stets eine Kavatine;

Stets tönt das Höllenlied, laut brüllt er den Refrain:

Formez vos bataillons! aux armes, citoyens!7

Wer raset neben ihm, bemuskelt wie ein Brauer?

Das ist der Blutdurst selbst, es ist der Edgar Bauer.

Sein braunes Antlitz ist von Bartgesproß umwallt,

An Jahren ist er jung, an Listen ist er alt.

Von außen blaubefrackt, von innen schwarz und zottig,

Von außen Modemann, von innen sanscüllotig.

O seht das Wunder, seht, sein Schatten selber trampst,

Sein arger Schatten, den er Radge8 zubenambst.

Seht Stirner, seht ihn, den bedächt'gen Schrankenhasser,

Für jetzt noch trinkt er Bier, bald trinkt er Blut wie Wasser.

So wie die andern schrein ihr wild: à bas les rois!9

Ergänzet Stirner gleich: à bas aussi les lois!10

Es trippelt hinterher, die grünen Zähne weisend,

Mit ungekämmtem Haupt und vor der Zeit ergreisend,

Ein seifenscheuer und blutscheuer Patriot,

Von ihnen schmeidig-zart, von außen Sanscülot.

Arnold der Wilde vorn, der Atheisten-Zare,

Er schwingt an seinem Stock diverse Exemplare

Der „Hallischen Annalen"; ihm folget ungezählt

Der Schwärm, den Satan sich zum Fraß hat auserwählt.

Kaum sind zur Stelle sie, da tost heran der Bauer,

Gehüllt in Qualm und Dampf, und Höllenregenschauer.

Er rast im grünen Rock, ein schmaler Bösewicht,

Den Höllensohn verrät das lauernde Gesicht.

Er schwingt die Fahne hoch, dass rings die Funken flogen

Von seiner Schmachkritik der Bibel einen Bogen.

Wer jaget hinterdrein mit wildem Ungestüm?

Ein schwarzer Kerl aus Trier, ein markhaft Ungetüm.

Er gehet, hüpfet nicht, er springet auf den Hacken

Und raset voller Wut, und gleich, als wollt' er packen

Das weite Himmelszelt und zu der Erde ziehn,

Streckt er die Arme sein weit in die Lüfte hin.

Geballt die böse Faust, so tobt er sonder Rasten,

Als wenn ihn bei dem Schopf zehntausend Teufel fassten.

Patriziermäß'gen Gangs ein Jüngling folgt aus Köln,

Zum Himmelreich zu arg, zu fein dem Schlund der Höll'n.

Aristokrate halb und halb ein Sanscüllote,

Ein feiner reicher Herr mit faltigem Jabote,

Doch seine Seele zählt der argen Falten mehr,

In seiner Tasche sitzt ein ganzes Teufelsheer

Mit goldigem Gesicht. Und Rtg., der schnöde,

Er baumelt hinterher, mit seiner Faust nicht blöde.

Aus seinem Munde steigt ein ewig gleicher Rauch,

Ein Höllentabaksqualm – das ist sein schnöder Brauch.

Wenn in dem Munde hängt die ellenlange Pfeife,

Er nimmt sie nur heraus, zu keifen sein Gekeife.

Doch wer von Süden dort kommt mutterseelallein,

Verschmähend jeden Trost, er selber ein Verein,

Er selbst ein ganzes Heer von frechen Atheisten,

Er selbst ein ganzer Schatz von argen Teufelslisten,

Er selbst ein ganzer Strom von Lästerung und Schmach,

Es ist, hilf Sankt Johann! – der grause Feuerbach.

Er rast und springet nicht, er schwebet in den Lüften,

Ein grauses Meteor, umwallt von Höllendüften.

In seiner einen Hand den blinkenden Pokal,

Und in der anderen des Brotes labend Mahl,

Sitzt bis zum Nabel er in einem Muschelbecken,

Den neuen Gottesdienst der Frechen zu entdecken.

Das Fressen, Saufen und das Baden, sagt er frei,

Dass dies die Wahrheit nur der Sakramente sei.

Ein Hoch empfanget ihn, ein Brüllen, Jubilieren;

Man muss ihn auch sogleich in eine Kneipe führen.

Ein Durcheinanderschrein, ein Toben fängt hier an,

Dass keiner in dem Saus zu Worte kommen kann.

Sie sitzen nimmer still, sie schwirren, drängen, schieben,

Vom bösen Geiste stets im Kreis herumgetrieben.

Es lässt sie nimmer ruhn des Stillstands toller Hass,

Zur Ordnung schreiet man umsonst ohn' Unterlass.

Da fasste wilder Grimm den gänzlich guten Köppen,

Den ordnungsfrohen Mann: „Bin ich in wilden Steppen?

Ihr roher Hordenschwarm, vergeßt ihr immerdar,

Was von der Reis' hieher der erste Anlass war?

O Arnold, treuer Hort, heb an das Disputieren,

O sage, willst du uns zu gutem Ausweg führen?"

Oswald und Edgar schrein in brüllendem Verein:

Hört, hört! Genug, genug das ordnungslose Schrein!"

Still ward es alsobald, und Arnold, der indessen

Ganz in Harmlosigkeit drei Beefsteaks aufgegessen,

Den letzten Bissen noch würgt' er in seinen Schlund,

Da öffnet' er alsbald zum Reden seinen Mund:

Ha, welch treffliche Schau rings im Verein! Freie, zum Kampf bereit

Und zu gehn in den Tod, immer am Platz, wenn's die Idee gebeut.

Seht, die Reaktion hält uns am Schopf, wie mit dem Stock sie dräut;

Doch sie bändigt uns nicht, wenn ihr, o Freund', einig und tapfer seid."

Nicht länger lassen ihn Oswald und Edgar reden,

Sie springen auf den Tisch und brüllen laut, die Beeden:

Der Worte haben wir genug vor dir, Ruge,

Gehört; wir wollen heut' mit Kraft und Mark: Taten!"

Ein wildes Bravo schallt, ein Echo, schlechtberaten,

Es brüllte stets und stets: „Ha, Taten, Taten, Taten!"

Und spöttisch lächelnd rief der Arnold nun darein:

Unsere Taten sind nur Worte bis jetzt und noch lange,

Hinter die Abstraktion stellt sich die Praxis von selbst."

Indessen hatten schon die beiden wilden Schreier

Gehoben auf den Stuhl in ihrem Tatenfeuer

Den tollen Bruno; seht, es reiht sich eine Schar

Um sie, man hebt ihn hoch, da schwebt er gleich dem Aar.

Seht, wie die wilde Brunst in seinen Augen funkelt,

Wie Zornesfaltenwurf die ganze Stirn verdunkelt.

Hört, wie es brüllend rast. – Doch gegenüber, weh'!

Das schwarze Ungetüm erklettert Rtg.

Hört, wie er brüllt und tost! Hört, wie sie beide brüllen:

Wie lange willst du uns den Durst mit Worten stillen?"

Bauer: „Siehst du, Verblendeter,

Siehst du die Frommen,

Ha, wie sie kommen!"

Ungetüm: „Ihr frommes Heer

Wächst mehr und mehr."

Bauer: „Beutel zieht um,

Verwirrt das Publikum."

Ungetüm: „Gott Vater soll schon längst daran denken,

Der Erd' einen neuen Messias zu schenken."

Bauer: „Nicht ein Lamm macht uns jetzt Beschwerde,

Uns dränget von Lämmern 'ne ganze Herde."

Ungetüm: „Der heil'ge Geist

In tausend Gestalten auf Erden reist."

Beide: „Uns plaget nicht bloß die Dreieinigkeit,

Auch der Polizei und des Glaubens Zweieinigkeit."

Ungetüm: „Wenn sie nicht feiern, Wollen wir leiern?"

Bauer: „Sie nehmen die Waffen,

Wir sollen nun gaffen?"

Schon rief man hier und dort: „Wir sind zum Kampf bereit!"

Durch Feuerbach entbrennt jedoch ein neuer Streit.

Er schrie: „Was sollen wir so lange denn beraten,

Wenn jemand Taten will, so tu' er selber Taten!

Sein eigner Helfer steht für sich der freie Mann,

Und was er immer tut, hab' er allein getan!"

Seht, Köppen stehet auf, es leuchtet seine Brille,

Vor seinem Jovishaupt sind rings die Freien stille:

Was hast, o Feuerbach, du gegen den Verein?

Es wird der Unordnung gewehrt durch ihn allein;

Des Fortschritts Strom wird dann in Ruhe sich ergießen,

Und, was das beste ist, kein Tröpfchen Blut wird fließen!"

Edgar und Oswald schrein: „Verfluchter Girondist,

Kraftloser Schwärmer, geh, du bist kein Atheist!"

Doch Stirner würdevoll: „Wer bindet ihm den Willen?

Wer will hier ein Gesetz aufdrängen uns durch Brüllen?

Den Willen bindet ihr, ihr wagt's und nennt euch frei,

Wie seid ihr eingelebt noch in die Sklaverei!

Weg Satzung, weg Gesetz!" – Schon war durch diese Irrung

Der höllische Kongress in völliger Verwirrung,

Da teilet sich das Dach, und Blücher-Wigand schießt

Hernieder in den Saal auf eignem Flieggerüst;

Er ritt, o Teufelsspuk! hoch auf papiernem Drachen.

Was", ruft energisch er, „wollt ihr für Streiche machen?

Hier seht mich fahren

Auf Exemplaren

Der ,Deutschen Jahrbücher',

Die ich mir geklebt,

Die ich mir gewebt,

Ich, euer Blücher!

Wenn sie mich durch die Lüfte tragen,

Wollt ihr verzagen?

Wehe, wehe!

Frankfurts Nähe,

Gibt sie gutes Beispiel nicht?

Dort ist Einigkeit und Stille,

Und der Allerhöchsten Wille

Ist den Hohen und den Höchsten,

Ist den Kleinen und den Kleinsten

Leitstern, Überzeugung, Licht!

Wehte – wehe! -

Frankfurts Nähe

Euch herüber schlechten Wind?

Kann der Freie nicht bestehen,

Wo des Bundes Winde wehen?

Nun, so folget mir geschwind!

Nach Leipzig lasst uns ziehn,

dort hab' ich aufgetürmt

Die schönsten Batterien,

die nie ein Frommer stürmt.

Das Haus, in dem ich sonst mit Hegelei gehandelt,

In eine feste Burg ist es jetzt umgewandelt.

Im Gutenberge dann, in Leipzig sammelt euch,

Das Zentrum des Verlags sei Zentrum auch vom Reich."

Ja, auf nach Leipzig hin!" so schallt's von allen Seiten,

Dort sei der Mittelpunkt für das vereinte Streiten."

Und alle brechen auf, und Wigand schwebt voran,

Und nur der Feuerbach zieht einsam seine Bahn. -

Doch fort von dieser Schau, mir winken Friedentale,

Mir winkt die Stadt des Herrn, winkt Halle an der Saale.

O sel'ge Stadt, getreu bestehst du vor dem Herrn!

Des Teufels List zum Trotz strahlt heller stets dein Stern,

Dir tut die Jauche nichts, die Ruge ausgeeitert,

All seine Pläne sind an deiner Treu' gescheitert!

Drum zog er wütend ab und kehret nicht zurück;

O danke, Stadt, dem Herrn für solchen Sieg und Glück!

Und sieh, die Gläubigen, die Auserwählten alle

Versammeln sich zu Lob und Preis mit süßem Schalle.

O sieh, welch feine Schar! sieh? jenen Schuster vorn,

Sein hektisch dürrer Leib ist ihm der Andacht Sporn.

Sieh dort den Schenkwirt an des Mäßigkeitsvereines,

Er schenkt euch aus fürs Geld Trinkwasser, klares, reines.

Der Friede Gottes hellt sein Vollmondsangesicht -

O sehet, was vermag ein fester Glaube nicht!

Seht jenes Mütterchen, die Sünde beugt sie nieder,

Doch Seligkeit durchstrahlt die abgestorbnen Glieder.

Sie singt ein geistlich Lied mit lieblichem Gekreisch,

Und kreuzigt Tag und Nacht ihr ausgedörrtes Fleisch.

Und seht, o sehet hier des Saalenstrandes Leuen,

An dessen Glaubenskraft sich Gottes Engel freuen.

Im Glauben griff er an der Hegelinge Schar,

Im Glauben schützte er den Thron und den Altar,

Im Glauben hat er die gottlose Weltgeschichte

Verbessert, umgewandt, verklärt in Himmelslichte.

O, komm, du treue Schar, geh in das Kämmerlein

Und singe deinem Gott ein Loblied zart und fein!

O hört, wie liebelich das Liedelein erschallet,

Gleich Opferrauch empor zum Thron der Gnaden wallet:

O Herr, wir sind vor dir ein Aas,

Ein Pestgestank, ein Rabenfraß,

Im Schinderloch der Sünden!

Wir sind von Mutterleib grundschlecht,

Zertritt uns, so geschieht uns recht

Für unsre argen Sünden!

Wenn auch, dennoch hast du gnädig

Uns entledigt

Von dem Krebs, der uns beschädigt.

Du lässt uns in den Himmel ein

Zu deinen lieben Engelein

Und wäschest uns vom Schlamme.

Du hast den Bösen weggejagt,

Der uns stets Unruh' hat gebracht,

Friss ihn, und ihn verdamme!

Glühend, sprühend in der Hölle

Schlimmster Stelle

Lass ihn braten

Für die schnöden Sündentaten!"

Der Schuster stellet sich, o sieh', auf einen Stuhl,

Und predigt schrecklich laut vom Höllenschwefelpfuhl:

Seht ihr den grausen Schlund, der qualmend sich ergießet,

Der Schwefel, Pech und Feu'r auf alle Lande gießet!

Seht, wie er kocht und braut und lauter Teufel speit,

Zu fressen, zu verzehr'n die ganze Christenheit!

Seht, wie er weithin streut der Hölle schwarzen Samen!

Groß ist der Herr, dein Gott, die Welt geht unter. Amen."

Ja wahrlich, also ist's", so ruft der Leu begeistert,

Die Teufel ziehen nackt, selbst nicht die Scham verkleistert.

Die große Hure kommt vom schnöden Babylon,

Die Göttin der Vernunft, die Revolution!

Bauer ist Robespierre, und Danton lebt in Ruge,

Marat ist Feuerbach, o dass ihn Gott verfluche!

Drum nehmet, Gläubige, der Zeiten wohl in acht!

Es kommt der Tag des Herrn, o betet, betet, wacht!"

Er sprach's, und siehe da – und alle stehen betroffen - -

Tritt Bruder Beutel ein und sieht den Himmel offen.

Ihn trägt die Eselin, die Gottes Sprachrohr ward,

Sie wird ihn tragen auch bei seiner Himmelfahrt.

Zum Himmel schaut er auf mit Gottvertraun und Stärke

Und spricht: „O fromme Schar, ich kenne deine Werke.

So spricht der Herr, dein Gott: Gehorchet meinem Knecht,

Den ich erwählt, mein Heer zu führen ins Gefecht.

Gehorchet ihm, gehorcht, gehorchet Bruder Beuteln,

Er wird des Teufels List und Trug und Macht vereiteln.

So spricht der Herr; und ich fiel demutsvoll aufs Knie

Und sprach: Du rufst, o Herr, ich folge dir und zieh'.

So zog ich mutig aus, das Wort des Herrn zu kündigen,

Das angenehme Jahr des Herrn, der Welt, der sündigen.

Und in die Schlösser ging ich, in die reichen, hin

Zu vornehmem Geschlecht, zu Fürst und Königin.

Doch dies Geschlecht, das stets nach ird'schen Gütern trachtet,

Nach eitler Ehre geizt, hat mich geschmäht, verachtet.

Sie saßen um den Tisch in wilder Völlerei,

Genossen Augenlust und Fleischeslust dabei.

Da ging ich fort, den Staub von meinen Füßen schüttelnd,

Doch zu mir sprach der Herr, mich nachts vom Schlafe rüttelnd:

.Gehn nicht zum Himmelreich die Reichen ein so schwer,

Als ein Kamel du machst gehn durch eine Nadelöhr?

Wie steht geschrieben? Geh hinaus auf die Landstraßen,

Die Armen führe her, die Blinden von den Gassen,

Die Krüppel, Lahmen lass herein zum Abendmahl,

Die an den Zäunen stehen, ruf an mit lautem Schall.

Da sind die wahren Leut', das ist der Kern des Heeres,

So geh und sammle sie, wirb Knechte und vermehr' es!'

So sprach der Herr, und ich, ich komme also gleich,

Gehorsam seinem Wort, ihr Gläubigen, zu euch.

Gehorcht dem Ruf des Herrn, bald wird der Morgen tagen,

Wo mit dem Teufel wird die große Schlacht geschlagen.

Die Freien scharen sich, gen Leipzig zieht ihr Heer,

Und Blücher-Wigands Haus ist ihnen feste Wehr.

Dort hinter Ballen stehen und Büchern sie verschanzet,

Dort wird der Kampfestanz, der heil'ge Tanz getanzet.

Hier gilt Beständigkeit und starker Mut im Sturm,

Dass wir einnehmen bald der argen Frevler Turm.

So schart euch, Brüder, denn, seid stark in Lieb' und Hoffen,

Am Glauben haltet fest! Ich seh' den Himmel offen.

Der Glauben ist das A und auch das Omega,

Im Glauben bist du groß, Halle, Halleluja!

Im Glauben hat die Maid den Gottessohn empfangen,

Im Glauben spie der Fisch den Jonas aus, den bangen.

Im Glauben tat der Herr das Evangelium kund,

Im Glauben sprach zu mir der Herr durch Eselsmund.

Im Glauben sah das Licht der Blinde wider Hoffen,

Im Glauben blick' ich auf und seh' den Himmel offen.

Im Glauben ruf ich laut: credo ut intelligam,

Im Glauben halt' ich fest am rauhen Kreuzesstamm.

Im Glauben ist mein Tun, im Glauben ist mein Hoffen,

Im Glauben blick' ich auf und seh' den Himmel offen:

Und zu mir spricht der Herr: Lass meinen Knecht, den Leun,

Von der Hallenser Schar den kühnen Hauptmann sein.

Durchziehe Land und Stadt, geh ein in alle Burgen

Und wirb Soldaten an und Kompagniechirurgen.

Und ruhe nimmer aus, bei Tage wie bei Nacht,

Dass bald der Frommen Heer zusammen sei gebracht.

So spricht der Herr, dein Gott, so sei's mein Hort und Hoffen!

Lebt wohl, ihr Brüder lieb, ich seh' den Himmel offen!" -

Vierter Gesang

Was seh' ich! Sankt Johann, erleuchte meine Blicke,

Dass deiner Dichterei Gewalt mich schier verzücke;

Der mit geweihtem Aug' den Engel Michael

Im Drachenkampfe schaut', o läutre meine Seel'!

Was seh' ich! Ha, er naht, er naht, der Tag des Richtens,

Der Tag der letzten Schlacht, der Tag naht des Vernichtens!

Was seh' ich! Ein Gewölk, das rings des Himmels Kreis

Umzog, es steigt herauf, erst sacht', erst schmeichelnd-leis;

Doch plötzlich, wie der Leu, voll Gier nach seiner Beute,

Rast es gewaltig an. Die ganze Höllenmeute

Zischt durch der Wolken Dunst; mit feuerglühn'dem Schwanz

Zerpeitschen sie die Luft; in wildem Hexentanz

Drehn sie sich ruhelos, in rasend gier'gem Brüllen

Versuchen sie die Wut, die sie durchkocht, zu stillen.

Was seh' ich! Schandgeschlecht, sind dein des Himmels Höh'n,

Und darfst du ungestraft auf Gottes Pfaden gehn?

In eurer Hand der Blitz, in eurer Macht der Donner?

Doch, ich versteh', es führt voll Wildheit euch der Bonner!

Doch sieh', die Gnad' des Herrn ist ewig wachsam da,

Und alles endiget mit einem Gloria. – -

Da kommen sie heran, die wutentbrannten Freien,

Bald, bald wird ihren Stolz der Herr mit Macht zerstreuen.

Da brausen sie heran, und Wigand schwebt vorauf,

Die andern hinterdrein mit Brüllen und Geschnauf.

Nach Leipzig führt er sie; zu einem Platz der Waffen

Hat er den „Gutenberg" in Eile umgeschaffen.

Von Ballen aufgetürmt, prangt manche Bastion,

Wallgang und Graben ist des Sturms gewärtig schon.

Von Bauers Schriften sind getürmt vier Raveline,

Wohl mit Geschütz versehn, zu decken die Kurtine.

Von Köppens „Friederich“ liegt dort manch Exemplar,

Manch Blatt „Annalen" auch von längstvergangnem Jahr.

Posaune"11, Feuerbach, geschnürt in schwere Ballen,

Ziehn sich in langen Reihn, die Festung zu umwallen.

Als span'scher Reiter liegt dort Ruges „Novellist",

Zum Schweißabtrocknen der „verhallerte Pietist"12

Zum Rückzug bleibt das Haus, dies kleine Stückchen Hölle,

Das jetzt verwandelt in die stärkste Zitadelle.

Die Fenster sind verbaut, die Tür barrikadiert,

Und die Munition hart unters Dach geführt,

Dass, kommt der Frommen Schar, die Schanzen einzureißen,

Die Frei'n von oben her ihnen den Kopf zerschmeißen.

Sie ziehen mit Gebrüll und wildem Jubel ein,

Und auf die Bastions verteilen sich die Frei'n.

Von Halle rückten an die frommen Gottesstreiter,

Zum Stürmen trugen sie des Jakob Himmelsleiter.

Die Feuersäule wogt als Fahne stolz voran,

Die Büsche brannten hell auf ihrer nächt'gen Bahn.

O, wär' ich stark genug, der Frommen Zug zu malen

Und ihn mit heil'gem Glanz gar köstlich zu umstrahlen!

Die erste Reihe führt der grimmig stolze Leu;

Er schreitet kühn daher und schwinget sonder Scheu

Fünf Bände Weltgeschicht13 in seinen frommen Fäusten;

Sonst ist er waffenlos; der Glaube muss ihm leisten,

Was aller Übermut und Selbstvertrau'n nicht kann.

Die zweite Reihe führt ein wahrer Gottesmann.

Die Frommen nennen ihn Herr Julius van der Sünden14;

Ihr könnt am lieben Mann nicht eine Waffe finden;

Er schlägt die Freien bloß durch seine Gegenwart,

Drum hatten sich um ihn die Gläubigsten geschart,

Und ihre Waffe war das Beten nur und Singen,

Denn wenn von weitem nur des Himmelssanges Klingen

Die Freien angehört, sie laufen meilenweit. -

Bonn sendet Kämpen auch, viel tapfre, zu dem Streit,

Sie führet Bruder Nichts; und andre ziehn von Schwaben,

Der „Christenbote" schwebt als Fahne hoch erhaben.

Die Bremer führt zum Kampf der tapfre Mallet hin,

Es führet Hengstenberg die Frommen von Berlin.

Auch ihr, die ihr den Strauß von Zürich fortgejaget,

Es führet euch zum Kampf der Hirzel unverzaget,

Der Pfaff von Pfäffikon15. Auch Basler ziehn heran.

Du kommst vom Wuppertal, Krummacher, Gottesmann.

Die Scharen sammeln sich auf Leipzigs weiten Plätzen;

Da höret man von fern zu lieblichem Ergötzen

Erbaulichen Gesang, der zu dem Herzen dringt;

Und alle fragen sich: Wer ist es, der da singt?

Sieh, auf der Eselin – und alle stehen betroffen -

Naht Bruder Beutel sich und sieht den Himmel offen.

Sein Sang ertönt: „Hie Schwert des Herrn und Gideon,

Auf, Brüder, sehet dort des Teufels Schanzen schon!

Wie fürchterlich sich auch der Höllen Pforten türmen,

Hinauf in Gottvertraun! Der Glaube wird sie stürmen!"

Und sieh, die Eselin sprengt auf die Schanzen ein,

Die Schar der Gläubigen eilt singend hinterdrein.

O welch ein wilder Sturm! Verzagt, ihr Lästermäuler,

Und heult zum Teufel nun, ihr gottvergess'nen Heuler!

Sieh, Bruder Beutel fliegt hinan den stolzen Wall;

Es führet Hengstenberg zum Kampf der Gläub'gen Schwall.

Doch drinnen ordnet an den Widerstand der Teufel,

Gibt guten Rat zur Schlacht und scheuchet feige Zweifel.

Seht, Blücher-Wigand steht hoch auf dem Ravelin,

Von Maien unterstützt, seht, wie sie Feuer sprühn;

Seht Stirner, wie er wirft mit ganzen Bücherballen,

Dass scharenweis betäubt die Frommen niederfallen;

Seht Arnold auf dem Wall, wie er gewaltig ficht,

Wie er den Gläub'gen wirft „Jahrbücher" ins Gesicht;

Seht, wie in erster Reih', hoch auf der Büchermauer,

Wild die „Posaune" schwingt der tolle Bruno Bauer;

Seht, wie aus sichrem Ort, wo ihn kein Wurf bedroht,

Broschüren rücklings wirft ins Feld der Patriot;

Wie Köppen wütend ficht mit seinem Krötenspieße,

Und dennoch menschlich sorgt, dass er kein Blut vergieße;

Wie streitet Edgar wild mit Brauerskraft und Mut,

Wie färbt der Pfefferrock Oswalds sich rot von Blut!

O seht die Kölner Schar! Im Kampf ist ausgegangen

Die Pfeife Rtg's, doch das macht ihm kein Bangen,

Er fasst sie umgekehrt am langen, schwanken Schlauch,

Und schwenkt den Wassersack den Frommen um den Bauch.

Der Jüngling schleudert grimm Goldteufel rings hernieder,

Es rast das Ungetüm und reckt zum Kampf die Glieder.

Doch immer mut'ger vor das fromme Häuflein dringt

Und immer herrlicher das Halleluja klingt.

Seht, wie den Wigand fasst auf seinem Bücherberg

Am langen blonden Bart der fromme Hengstenberg;

Seht, wie er wütend hat den Bart ihm ausgerissen,

Und in den grausen Kot Wigand herabgeschmissen;

Seht Arnold ist bedrängt und Edgar hart bedroht,

Ins Haus flieht Köppen schon, mit ihm der Patriot.

Halb eingerissen ist die stolze Büchermauer,

Doch immer wütend kämpft allein der tolle Bauer.

Auf Bruder Beuteln fliegt von seiner Hand herab

Ein ganzer Ballen jetzt und wird des Frommen Grab.

Es wankt von seinem Schlag Herr Julius van der Sünden,

Da trotzet Halles Leu den wilden Höllenschlünden.

Ein Simson, reißt er ein den stolzen Festungwall,

Er stürzt und Bauer, seht, auch Bauer kommt zu Fall!

Da liegt er, eingepresst von seinen eignen Ballen, -

Ha, wie die Gläub'gen ihn lobsingend überfallen!

Seht, Bruder Beutel rafft sich von der Erd' empor

Und fasset siegesfroh des tollen Bauer Ohr,

Und spricht: „O Gläubige, der Herr erfüllt mein Hoffen,

Der Herr ist unser Hort, ich seh' den Himmel offen!

Zum Kampfe, fort zum Kampf! O lasst den Bauer mir;

Derweil ihr jene schlagt, bewach' ich diesen hier."

Sie binden Bauer rasch und stürzen singend weiter,

Und setzen an das Haus zum Sturm die Jakobsleiter.

Es wankt der Gutenberg, es kracht die Türe schon.

Schon geht den Freien aus oben die Munition,

Schon ringt der Patriot verzweiflungsvoll die Hände,

Schon ist durch einen Wurf gelähmet Arnolds Lende,

Schon blutet Maien stark aus Nasenloch und Mund,

Da eilt der Teufel fort voll Angst zum Höllenschlund.

Mit grausigem Geheul flieht er in seine Tiefen,

Hei, wie die Bösen da in Angst zusammenliefen!

Sie fragen, lästern, drohn, und er in grimmem Zagen:

O Schmach, die Freien sind vom frommen Heer geschlagen!

Nichts half mein Spott und Hohn, nichts half mein Pestgestank;

Weh', sie besiegten mich mit himmlischem Gesang!

Wigand ist ohne Bart, gefangen ist der Bauer,

Genommen ist mit Sturm der Bücherballen Mauer!"

Hei, wie von Angstgebrüll der Höllen Tiefe dröhnt!

Hei, wie vor grausem Schmerz der wilde Hegel stöhnt!

Doch hat sich kaum erholt der Schwärm vom ersten Schrecken,

Erheben Schimpf und Drohn die tollen Höllenrecken;

In Aufruhr tosen sie. „Du willst ein Teufel sein,

Und lässt uns das geschehn?", schreit Hegel wild darein.

Wo war dein Schwefeldampf, wo war dein Brand und Feuer?

Vor einem Amen fliehst du, feiges Ungeheuer?

Wir sehen, ach, zu spät! vor Alter bist du schwach,

Nur Kindern läufst du noch und alten Vetteln nach.

Auf! rasches Handeln hilft, nicht weichliches Geplärre,

Hier, Danton! Voltaire, auf! Und du, Robespierre!

Nur ihr könnt helfen hier, die ihr gewallt auf Erden;

Zum Himmel mit dem Teufel! Wir müssen Teufel werden!

Stets kraftlos ist und bleibt das mythische Geschmeiß,

Selbst tausendjähr'ger Brand macht nicht die Feigen heiß.

Auf, Bruder Marat! Wir, die Menschen einst gewesen,

Wir müssen einen Mann zum Führer auserlesen.

Der Teufel ist und bleibt nur mythische Person,

Und er ist unser Feind, wie jeder Himmelssohn.

Hinauf, hinauf zum Sieg!" – Hei, wie in tollem Rasen

Sie aus der Hölle fliehn, die blutgewohnten Asen!

An ihrer Spitze schwingt zwei Feuerbränder Hegel,

Und Voltaire hinter ihm mit feurigrotem Flegel.

Danton erhebt die Stimm', es brüllet Edelmann,

Es ruft Napoleon: „Auf, Höllenbrut, voran!"

Marat, in jeder Hand zwei borst'ge Höllenkinder,

Schon lechzet er nach Blut, der wüste Menschenschinder.

Robespierre saust, von Grimme zuckt sein Mund -

Weh'! diese wilde Schar speit aus der Höllenschlund.

Wo Bruder Beutel hält, der Bauern fromm behütet,

Da ist die wilde Jagd gradhin zuerst gewütet.

Der Beutel steht erschreckt, es weint die Eselsmaid:

Ach, Herr, jetzt ist es aus, es kommt nun unsre Zeit."

Marat wirft sein Geschoss, und Beutel wird getroffen,

Zur Erde sinkt er hin und sieht den Himmel offen.

Und Hegel hat umarmt den tollen Bauer schon:

Ja, du hast mich gefasst, du bist mein lieber Sohn!"

Die Bande löst er ihm, die Bösen jubilieren:

Hoch Bauer, unser Held! Er soll zum Kampf uns führen!

Der Teufel ist entsetzt, wir brauchen einen Mann."

So stürmen mit Geschrei sie auf die Frommen an.

Es wendet sich das Blatt, die Frommen fliehn betroffen;

Doch Bruder Beutel sieht, wie stets, den Himmel offen.

Es trägt die Eselin zum Himmel ihn hinan -

O welch ein Wunder, seht, hat Gott der Herr getan!

Zum Himmel fahren seht, o seht Elias-Beuteln!

Der Gotteslästrer Plan, seht herrlich ihn vereiteln.

Und hinter ihm mit Glanz der Frommen Heeresschar,

Sie fliehen mit Gesang zum Himmel auf fürwahr.

Doch weh'! die Höllenbrut, sie fähret hinterdrein:

Es stürmen wütend nach mit Siegesruf die Frei'n.

Dem Schrecken sind, der Furcht die Frommen nun zur Beute,

Und ihnen mit Gebrüll stürzt nach die Höllenmeute. -

Den Teufel unterdes hat die Rebellion,

Mit der die Trefflichsten aus seinem Haus geflohn,

Auf lange stumm gemacht, und mit ihm staunt die Hölle;

Sie stehen regungslos und stieren nach der Schwelle,

Aus welcher Hegel und die ganze Schar gesaust;

Bis endlich ihm der Zorn aus schaum'gem Munde braust:

Daran erkenn' ich euch, ich Dummer bin verraten,

Die Tat ist teuflischer als meine faden Taten.

Zu frei sind diese Frei'n, erst hab' ich sie verführt,

Nun haben sie von mir sich schnöd' emanzipiert.

Mit diesem Menschenpack ist gar nichts anzufangen.

Nach frechster Freiheit steht ihr freventlich Verlangen;

Erkennen diese Frei'n kein Heiliges mehr an,

Am Ende ist es dann auch noch um mich getan.

Ich kämpfe wider mich, indem ich Gott bestreite,

Als mythische Person schiebt man mich auch beiseite.

Hinauf! wir suchen Gott in seinem Himmelsglanz

Und schließen treu vereint hochheil'ge Allianz."

So stürzt er wild hinauf, er wirft sich Gott zu Füßen

Und spricht: „O lass mich nicht, was ich gefrevelt, büßen!

Vereint kämpf ich mit dir." Und Gott, der güt'ge, sprach:

Einstweilen sehen wir dir deine Sünden nach;

Geh, wasch in Lästrerblut dir ab die argen Sünden,

Und kommst du dann zurück, wird sich das andre finden."

Voll Freude stürmt er fort; er findet grimme Schlacht.

Ob Beistand auch der Schar der Frommen ward gebracht -

Ach dennoch muss – o Schmach! – der Glauben unterliegen,

Es eilt die Frevlerbrut zu immer neuen Siegen.

Von Stern zu Sterne fort springt Bauer, wutentbrannt,

Und die „Posaune" schwingt als Keule seine Hand.

Entgegen ziehen ihm die vier Evangelisten,

Jedoch sie schrecken nicht den frechen Atheisten;

Ob auch des Lukas Ochs die Hörner grimmig streckt,

Des Markus Löwe brüllt – Er bleibet unerschreckt;

Er scheucht die Heil'gen all. – Wie wild der Hegel dränget,

Der Engel Flügelein mit seinem Brand versenget;

Wie mit dem Flegel hoch der schnöde Voltaire dräut;

Wie Ruge wutentbrannt die Kirchenväter bleut;

Seht Bauer einen Stern in seinem Laufe packen

Und, ach! ihn schleudern auf die fliehnden frommen Nacken;

Seht, wie der Teufel sinkt von der „Posaune" Schlag,

Und vor ihr Michael selbst nicht bestehen mag;

Seht, wie den Sirius der wilde Hegel fasset,

Und Hengstenbergen wirft, dass er alsbald erblasset;

Seht, wie der Englein Schar versengt die Flügelein,

Durchzappelt das Gewölk mit angsterfülltem Schrein!

Das Lämmlein hält das Kreuz dem Ungetüm entgegen,

Der aber ballt die Faust und droht mit grimmen Schlägen.

Die Magd Maria selbst verlässt das Heiligtum

Und spornt die Engel an zu Kampfesmut und Ruhm:

Auf, gegen Bauer, auf! auf, gegen den Titanen!

Begreifen wollt' er mich, das müsst, das müsst ihr ahnen."

Doch, wie sie fleht und ruft, wie sie auch lieblich blickt,

Der Freien Scharen sind stets weiter vorgerückt.

O seht, schon nahen sie dem Heiligtum des Herren,

Schon kann die Gottesschar nicht mehr den Weg versperren;

Schon stößt an einen Stern die fromme Eselin,

Und fällt auf ihrer Flucht mit Bruder Beuteln hin;

Schon nahet Bauer ihm mit fürchterlichem Rasen,

Sein Lebenslicht mit der „Posaune" auszublasen;

Schon fasset Ruge wild des Saalestrandes Leun,

Und presst in seinen Mund ein Blatt „Annalen" ein –

Da sieh! was schwebt heran, von Himmelsglanz umgeben,

Was lässt den Bauer so gewaltiglich erbeben?

Es ist, ihr glaubt es kaum, ein einfach Pergamen:

Was mag mit Himmelslicht darauf verzeichnet stehen?

Es schwebt gelind herab, es schwebt vor Bauer nieder,

Und Bruno hebt es auf; es zittern seine Glieder –

Was ist es, was die Stirn mit kaltem Schweiß benetzt?

Was murmelt er so dumpf? Er murmelt: – „Abgesetzt!"

Kaum ist dies Himmelswort dem Höllenmund entfahren,

Da brüllen: „Abgesetzt!" ringsum der Freien Scharen.

Sie stehen starr und stumm, es jauchzt der Engel Heer,

Die Freien fliehn voll Graus, die Engel hinterher.

Sie treiben in Triumph die Freien bis zur Erde.

Dass jeder Böse doch also bestrafet werde!

1 Dieses parodistische Heldengedicht entstand als Protest gegen die Ende März 1842 erfolgte Entlassung Bruno Bauers aus dem Universitätsdienst. Es wurde von Engels gemeinsam mit seinem damaligen Freund Edgar Bauer, dem Bruder Bruno Bauers, verfasst, der wohl vor allem die Fakten zur Geschichte der Berliner Junghegelianer vor Engels' Eintreffen in Berlin beigesteuert hat.

2 2. Mose 8,19

3 5. Mose 22,8

4 5. Mose 25

5 Anspielung auf die Versetzung Bruno Bauers als Privatdozent der Theologie nach Bonn im Jahre 1839.

6 Hier ist wahrscheinlich der 1840 in Stuttgart erschienene vierteilige Roman „Toussaint" von Theodor Mügge gemeint.

7 Formiert eure Bataillone! zu den Waffen, Bürger! [aus der „Marseillaise“]

8Anagramm von „Edgar“ (Bauer) [WK]

9 nieder mit den Königen!

10 nieder auch mit den Gesetzen!

11 Gemeint ist Bruno Bauers anonym erschienene Schrift „Die Posaune des jüngsten Gerichts über Hegel den Atheisten und Antichristen. Ein Ultimatum", Leipzig 1841.

12 Hinweis auf Eduard Meyens Buch „Heinrich Leo, der verhallerte Pietist. Ein Literaturbrief. Allen Schülern Hegel's gewidmet", Leipzig 1839.

13 Gemeint ist Heinrich Leos Werk „Lehrbuch der Universalgeschichte", von dem von 1835 bis zur Niederschrift der „Frech bedräuten, jedoch wunderbar befreiten Bibel..." in Halle fünf Bände erschienen waren; ein sechster Band erschien 1844.

14 Mit Julius van der Sünden bezeichnete Engels den evangelischen Theologen Julius Müller, den Autor des 1839 in Breslau erschienenen ersten Bandes des Buches „Die christliche Lehre von der Sünde. Vom Wesen der Sünde...".

15 Am 6. September 1839 wurde die gemäßigte liberale Regierung des Kantons Zürich durch einen Putsch reaktionärer Kräfte vor allem aus dem Lager des Klerikalismus gestürzt. Hierbei spielte der Pfarrer von Pfäffikon, Bernhard Hirzel, mit seinen bewaffneten glaubenseifrigen Anhängern eine ausschlaggebende Rolle.

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