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Serp

Serp" ist die Abkürzung der russischen Bezeichnung der Jüdischen Sozialistischen Arbeiterpartei, die im Herbst 1905 entstand und im April 1906 sich formierte, als die „Deklaration über die Bildung der Partei" herausgegeben wurde. In die Partei trat die nationalistische Gruppe von Intellektuellen der Narodnikirichtung, die sich „Wiedergeburt" nannte (entstanden 1903), und eine Reihe Funktionäre der „marxistischen" zionistischen Arbeiterpartei „Poale Zion" ein. Das wichtigste charakteristische Moment des Programms der „Serp" war die Idee von exterritorialen, demokratisch gewählten nationalen Parlamenten, Landtagen (russisch „Sejm" genannt, weshalb die Anhänger der Partei auch „Sejmowzi" genannt wurden), in deren Kompetenz die rechtliche Lösung der kulturellen, Bildungs-, ökonomischen und politischen Fragen, die mit den Interessen der entsprechenden Nationen zusammenhängen, fallen sollten. Außerdem stellte die „Serp" einen Plan der Konzentrierung der jüdischen Nation in irgendeinem bisher nicht bevölkerten Ansiedlungsgebiet auf.

In theoretischer Hinsicht zeichnete sich die „Serp" durch Eklektizismus und philosophischen Idealismus aus. In der nationalen Frage stützte sie sich auf die Theorie der Austromarxisten Rudolf Springer (Karl Renner) und Otto Bauer, die die Idee der national-kulturellen Autonomie vertraten. Anerkannte Theoretiker der Partei waren M. B. Ratner und Ch. Schitlowski.

Nach ihrem allgemeinen Programm, ihrer Taktik und ihrer kleinbürgerlichen Orientierung stand die Partei „Serp" den Sozialrevolutionären am nächsten. Auf der 1. Konferenz der Partei im Herbst 1906 wurde das Zentralkomitee beauftragt, mit der Partei der Sozialrevolutionäre über die Bildung eines dauernden Blocks zu verhandeln. Auf dem II. Außerordentlichen Parteitage der Partei der Sozialrevolutionäre im Februar 1907 war auch ein Vertreter der „Serp" anwesend, und die Frage des Blocks wurde dort in bejahendem Sinne entschieden.

Die „Serp" nahm an der Konferenz der nationalen sozialistischen Parteien der Narodnikirichtung im Frühjahr 1907 teil. Mit Unterstützung der Partei der Sozialrevolutionäre wurde die „Serp" auf dem Internationalen Sozialistenkongresse in Stuttgart 1907 in die II. Internationale aufgenommen. In demselben Jahre gab die Partei in Moskau zwei Sammelbände mit Arbeiten über theoretische Fragen in russischer Sprache heraus, ferner eine Wochenschrift in jiddischer Sprache („Volksstimme") und Broschüren in jiddischer und russischer Sprache.

Die soziale Zusammensetzung der Partei war charakterisiert durch das Überwiegen der kleinbürgerlichen Intellektuellen, der Kleinhandwerker und der Handwerksgesellen; die Zahl der Industriearbeiter in der Partei war gering. Im März 1917 verschmolz die „Serp" mit der Partei der sozialistischen Zionisten zur „Vereinigten Jüdischen Sozialistischen Arbeiterpartei", die im April 1919 unter dem Einfluss der proletarischen Elemente der Partei eine kommunistische Plattform und den Namen „Vereinigte Jüdische Kommunistische Partei" annahm. Im Mai 1919 gründete diese Partei gemeinsam mit der ukrainischen Organisation des Bund, die ebenfalls eine kommunistische Plattform angenommen hatte, die einheitliche Organisation „Kommverband". Ein großer Teil der Mitglieder dieses Verbandes trat im Sommer 1919 der Kommunistischen Partei der Ukraine bei. Im Mai 1921 trat die Partei auf dem X. Parteitage der KPR in diese ein. [Band 17]

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