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Wahlkampfhilfe der SPD für die SDAPR

In Verbindung mit den herannahenden Wahlen zur vierten Reichsduma und mit dem Ansuchen des ZK der lettischen Sozialdemokratie um materielle Unterstützung im bevorstehenden Wahlkampfe wurden vom Parteivorstande der deutschen Sozialdemokratie der SDAPR 80.000 Mark zur Durchführung der Wahlkampagne zur Verfügung gestellt. Die Übergabe dieses Geldes knüpfte der Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie an die folgenden Bedingungen: 1) Sie dürfen nur für die Zwecke der Wahlkampagne verbraucht werden; 2) dürfen sie nur an jenen Orten verausgabt werden, wo nicht die Gefahr von „Doppelkandidaturen“, d. h. die Aufstellung von Sonderkandidaten durch die verschiedenen Richtungen und Fraktionen der SDAPR, bestehen; 3) es muss zwischen den Vertretern der verschiedenen Organisationen, die der SDAPR angehören, ein Übereinkommen über die Aufteilung der Gelder beschlossen werden; 4) es müssen Vertrauenspersonen bestimmt werden, die dem Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie für die Verausgabung des Geldes verantwortlich sind. Das Auslandskomitee der lettischen Sozialdemokratie verständigte davon das ZK der SDAPR, den Parteivorstand der Sozialdemokratie Polens und Litauens und die Redaktion des „Golos Sozialdemokrata“ und lud sie alle ein, ihre Vertreter zu einer Beratung in Brüssel am 31. (18.) Mai 1912 zwecks Aufteilung der Gelder zu entsenden. Im Zusammenhang damit entfalteten die Liquidatoren gemeinsam mit Trotzki eine Kampagne dafür, dass das Recht der Verhandlung mit dem Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie dem liquidatorischen Organisationskomitee (OK) übergeben und das ZK der SDAPR von der Teilnahme an der Aufteilung der Gelder ausgeschlossen werde. Mit der Führung der Verhandlungen mit dem Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie betraute das liquidatorische OK Trotzki. Die Beratung in Brüssel fand nicht statt, und das Auslandskomitee der lettischen Sozialdemokratie wandte sich nun an den Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie mit dem Vorschläge, selbst eine Beratung der elf verschiedenen „Zentren“ einzuberufen, des liquidatorischen OK, des ebenfalls liquidatorischen Kaukasischen Gebietskomitees, der Redaktion der liquidatorischen Zeitung „Golos Sozialdemokrata“, der „Gruppe „Wperjod“ , der Wiener „Prawda“ Trotzkis, des „Dnjewnik Sozialdemokrata Plechanows, der Gruppe der „Parteibolschewiki“ (Versöhnler), des Bund, des ZK der lettischen Sozialdemokratie, des Parteivorstandes der Sozialdemokratie Polens und Litauens und des ZK der SDAPR. Dieser Vorschlag wurde auch vom deutschen Parteivorstande an alle diese Körperschaften versendet mit der Aufforderung, im Falle der Zustimmung ihre Vertreter zu einer Beratung in Berlin am 18. (3.) September 1912 zu entsenden. Die Antwort auf diesen Vorschlag des Parteivorstandes der deutschen Sozialdemokratie und auf den Vorschlag des Auslandsbüros der lettischen Sozialdemokratie ist der hier abgedruckte von Lenin verfasste Brief des ZK der SDAPR, den Lenin am 11./12. August (29./30. Juli) 1912 schrieb und der mit einem kurzen Vorwort und Schlusswort unter dem Titel „Zur gegenwärtigen Lage in der SDAPR“ als Broschüre herausgegeben wurde. In dem Brief wird die Weigerung der Mehrheit des ZK, an der Beratung teilzunehmen, begründet und ein Bild der wirklichen Lage der Dinge in der russischen Sozialdemokratie gegeben. Außer der Mehrheit des ZK der SDAPR lehnten die Teilnahme an der Beratung auch der Parteivorstand der Sozialdemokratie Polens und Litauens und auch Plechanow ab. Infolgedessen nahm der Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie von der Einberufung dieser Beratung Abstand und teilte den zu ihr eingeladenen Zentralstellen und Einzelpersonen mit, dass er nach seinem früheren Beschluss das Geld nicht einzelnen Gruppen geben werde, aber bereit sei, das Geld einer Person zu geben, die das allgemeine Vertrauen hinsichtlich des Empfanges und der Verteilung des Geldes genießt. Der Enthüllung dieser angeblichen Neutralität des deutschen Parteivorstandes, hinter der er seine Verweigerung der Unterstützung der SDAPR und ihres ZK aus Sympathie für die Verleumdungskampagne der Liquidatoren zu verbergen suchte, ist ein von Lenin geschriebenes und in der Broschüre mit der Unterschrift der Redaktion des Zentralorgans der SDAPR, des „Sozialdemokrat“, versehenes Nachwort zu dem Briefe des ZK der SDAPR an den Parteivorstand der deutschen Sozialdemokratie gewidmet, das hier ebenfalls abgedruckt wird. -– Von der Broschüre, bzw. von diesem hier abgedruckten Briefe, ist nur die deutsche Ausgabe in Broschürenform erhalten geblieben, aus der auch die Übersetzung ins Russische für die russische Ausgabe der Sämtlichen Werke erfolgte. Wir drucken hier den Text der deutschen Broschüre ab, wobei wir nur die notwendigsten rein sprachlichen Verbesserungen vornehmen. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 82]

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