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Wladimir I. Lenin 19050501 Rede über die Stellung zur Taktik der Regierung am Vorabend des Umsturzes

Wladimir I. Lenin: Rede über die Stellung zur Taktik der Regierung

am Vorabend des Umsturzes1

auf dem III. Parteitag der SDAPR, 12./25. April–27. April/10. Mai 1905

[Nach Sämtliche Werke, Band 7, 1929, S. 353]

18. April/1. Mai 1905

Wir befinden uns in einer schwierigen Lage. Wir haben drei Resolutionen und drei Abänderungsanträge. Die Resolutionen mehren und entwickeln sich, und dieser Prozess ist gar nicht geregelt. Das Thema erwies sich umfangreicher, als es der Referent angenommen hat. Man wird die Resolutionen an die Kommission zurückverweisen müssen, obwohl Genosse Sergejew sich über diesen Antrag anscheinend lustig macht. Die Frage des offenen Auftretens haben alle Redner berührt. Das Referat entspricht dem Thema, aber es muss ergänzt werden. Hinsichtlich der Beteiligung an den [legalen] Vereinen sind zwei Meinungen aufeinandergeprallt. Der Parteitag kann über die Beteiligung an Vereinen keine kategorischen Direktiven geben. Man muss alle Mittel zur Agitation ausnützen. Aus der Erfahrung mit der Schidlowski-Kommission lässt sich keine absolut negative Einstellung herleiten. Man sagt, die Resolution bringt nichts Neues. Was gut ist, soll man aber immer wieder sagen. Die Meinung des Genossen Simin ist etwas zugespitzt. Eine kategorische Antwort, ob man sich an einem Semski Sobor beteiligen soll, kann man nicht geben. Alles wird von der politischen Konjunktur, von dem Wahlsystem und anderen konkreten Bedingungen abhängen, die man vorher nicht berechnen kann. Man sagt, der Semski Sobor ist ein Betrug. Das ist richtig, aber zuweilen muss man, um den Betrug zu entlarven, an den Wahlen teilnehmen. Mehr als eine allgemeine Direktive kann man nicht geben. Ich wiederhole, meines Erachtens muss man alle Resolutionen an die Kommission zurückverweisen und deren Zusammensetzung erweitern.

1 Referent über diesen Punkt der Tagesordnung war Р. P. Rumjanzew. In seinem Referat ging er über das eigentliche Thema hinaus und behandelte auch die Frage der Ausnutzung der legalen und halblegalen Möglichkeiten, wie sie in beschränktem Umfange nach dem 9. Januar entstanden sind, zu einem offenen Auftreten der Sozialdemokratie. Die Diskussion zeigte noch mehr, wie notwendig es war, von Partei wegen eine besondere Direktive über die Frage des offenen Auftretens der Sozialdemokratie zu geben. Viele Parteiarbeiter aus der Provinz, die auf dem Parteitag anwesend waren, hatten die Notwendigkeit eines jähen Umschwunges in den Arbeitsmethoden noch nicht erkannt und aus Furcht vor den Subatowschen Polizeimethoden die Möglichkeit einer Vertiefung der sozialdemokratischen Arbeit durch Entlastung der illegalen Organisation von einer Reihe Funktionen der allgemeinen Aufklärung (also Ausnutzung von „legalen" Versammlungen, Klubs usw., Herausgabe „legaler" Broschüren usw.) unterschätzt. […]

Die drei Resolutionen, die Lenin erwähnt, waren: eine Resolution Rumjanzews (des Berichterstatters); eine Resolution Leskow und eine Resolution Desnitzki (Sosnowski). Die Resolutionen wurden der Redaktionskommission überwiesen, und der Parteitag nahm dann auf Antrag der Kommission zwei Resolutionen an: 1. über die Stellung zur Taktik der Regierung am Vorabend des Umsturzes, und 2. über das offene politische Auftreten der SDAPR.

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