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Wladimir I. Lenin 19050228 Über die Einberufung des III. Parteitages

Wladimir I. Lenin: Über die Einberufung des III. Parteitages1

[Wperjod" Nr. 8, 15./28. Februar 1905. Nach Sämtliche Werke, Band 7, 1929, S. 195-198]

Der Redaktion des „Wperjod" bleibt nur übrig, ihre wärmste Sympathie für die Initiative des russischen Büros auszusprechen. Endlich ist ein energischer Schritt erfolgt zu einem parteimäßigen Ausweg aus der Lage, die durch die ausländischen Bonapartisten geschaffen worden ist! In der Rubrik „Aus der Partei" bringen wir Nachrichten darüber, wie schnell die Komitees auf die Aufforderung des Büros reagiert haben. Mögen alle Gruppen und Organisationen, sowie einzelne Personen, die sich zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands zählen oder sich wenigstens ihren Anschauungen und Sympathien nach dieser eng anschließen, ihrem Beispiele folgen. Der III. Parteitag wird zum ersten Mal unter solchen Bedingungen einberufen, wo man im Voraus sowohl seine Zusammensetzung (auf Grund des Parteistatuts) als auch den Gang der Arbeiten und das Recht auf Teilnahme an ihm kennt. Mögen alle Genossen von diesen Bedingungen in weitestem Umfange Gebrauch machen! Mögen sie nicht vergessen, dass das Statut unserer Partei jedem die Möglichkeit garantiert, sich an den Parteitag zu wenden (Punkt 10 des Statuts: „Jedes Parteimitglied und jede Person, die irgend etwas mit der Partei zu tun hat, hat das Recht, zu verlangen, dass seine Erklärung im Original dem ZK, der Redaktion des Zentralorgans oder dem Parteitag zugestellt wird"). Mögen sie von dieser Möglichkeit sofort Gebrauch machen. Die Redaktion des „Wperjod" übernimmt die Zustellung solcher Erklärungen an das russische Büro, das sich jetzt als Organisationskomitee des Parteitages konstituiert hat. Die Teilnahme am Parteitag mit beschließender Stimme steht nur den Vertretern von Komitees und anderen auf Grund des Statuts voll berechtigten Parteiorganisationen zu. Die Beteiligung mit beratender Stimme steht jedoch mit Genehmigung des Parteitages selbst jedem und mit Genehmigung des Organisationskomitees den Delegierten der nicht voll berechtigten Parteiorganisationen offen (Punkt 3, Anm. 2 des Parteistatuts: „Dem ZK bleibt es überlassen, zum Parteitag Delegierte derjenigen Organisationen mit beratender Stimme einzuladen, die den in Anm. 1 erwähnten Bedingungen nicht entsprechen", d. h. die nicht ein Jahr vor dem Parteitag als voll berechtigte Organisationen bestätigt worden sind. – Selbstverständlich übernimmt das Organisationskomitee, das den Parteitag im Auftrage der Mehrzahl der Komitees gegen den Willen des bonapartistischen Zentralkomitees und des Parteirates einberuft, alle Rechte des ZK zur Einberufung des Parteitages) .

Die Redaktion des „Wperjod" ihrerseits schlägt dem Parteitag ungefähr folgende Tagesordnung vor: 1. Konstituierung des Parteitages (Geschäftsordnung, Bericht des Organisationskomitees, Prüfung der Mandate). 2. Berichte der Delegierten. 3. Die Parteikrise*. 4. Organisationsfrage. 5. Stellung zum Aufstand. 6. Bündnis mit der revolutionären Demokratie für den Aufstand. 7. Das Verhältnis zu den Liberalen. 8. Die Arbeit unter der Bauernschaft und die Unterstützung der revolutionären Bauernbewegung. 9. Die Arbeit unter dem Militär. 10. Verbesserung der propagandistischen und agitatorischen Arbeit. 11. Wahl der Parteiangestellten.

Die aktive Mitwirkung aller Parteimitglieder bei der Ausarbeitung und Vorbereitung der Referate und Resolutionen über diese und andere bedeutende Fragen (ebenso bei der Sammlung von Material für die Referate) ist für die erfolgreiche Durchführung des Parteitages unbedingt notwendig. Wir laden alle Anhänger der Partei ein, diese Arbeit sofort in Angriff zu nehmen. Jeder, der so oder so an den Peripetien der Parteikrise teilgenommen hat, kann dem Parteitag durch eine kurze Mitteilung über seine Erfahrungen und seine Meinung über die Mittel des Ausweges helfen. Jeder, der in irgendeiner Parteiorganisation oder in einer Organisation, die der Partei nahesteht, gearbeitet hat, kann nützliches Material zur Lösung der verschiedenen Seiten der Organisationsfrage liefern, das auf seiner persönlichen Erfahrung beruht. (Hier ungefähr das Programm solcher Mitteilungen: Zeit und Ort der Arbeit; Zahl der Mitglieder der Organisation, Arbeiter und Intellektuelle; das Verhältnis zwischen ihnen; ob man geschriebene Statuten braucht und welche; ist eine Normierung hinsichtlich der Grenzen der Autonomie, der Arbeitsteilung, der Gruppen, die der Partei angehören und ihr nahestehen, der Kooptierung und des Ausschlusses von Mitgliedern notwendig und welche; Wählbarkeitsprinzip; das Verhältnis der Komitees zu den Gruppen der Propagandisten, Agitatoren, Organisatoren, zu den Bezirks- und Fabrikzirkeln, den literarischen und technischen Kommissionen usw. usw.).

Bei der Redaktion des „Wperjod" ist bereits einiges Material über die Arbeit unter den Bauern und den Soldaten eingegangen. Uns ist eine Gruppe bekannt, die systematisch an der Zusammenfassung der Erfahrung ihrer Mitglieder bei der Propaganda, Agitation und Organisation und an der Abfassung eines Berichts an den Parteitag arbeitet. Ferner wurde uns der Bericht eines Genossen versprochen, der bei der Organisierung des bewaffneten Widerstandes Hunderter von Arbeitern für den Fall eines Judenpogroms in einer Großstadt mitgewirkt hat, ebenso der Bericht eines Genossen, der das Militärwesen studiert hat, über die Frage des Straßenkampfes. Es ist äußerst wichtig, dass die Genossen sofort in möglichst großer Zahl an eine solche Arbeit gehen.

Die Parteikrise ist in der Literatur bis ins Kleinste klargelegt. Ihre Behandlung kann und darf nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Im Mittelpunkt des Parteitages müssen die neuen Fragen der Organisation und Taktik stehen, die durch den neuen, gigantischen Aufschwung unserer revolutionären Bewegung aufgerollt werden. Für die Lösung dieser Fragen ist die kollektive Erfahrung aller Sozialdemokraten, die irgendwie an der Bewegung teilgenommen haben, von unschätzbarem Wert. Man muss nur diese Erfahrung schnellstens sammeln und sie für eine Besprechung auf dem Parteitag zugänglich machen.

Ans Werk, Genossen! Möge jeder, dem die sozialdemokratische Bewegung am Herzen liegt, sofort dem Parteitag aktive Hilfe leisten. Dann wird die Partei rasch aus der Periode der vorübergehenden Erniedrigung und Schwächung herauskommen auf den Weg der aktivsten Mitwirkung an der großen russischen Revolution, auf den Weg, der zum Siege über den fluchwürdigen Feind des russischen Volkes führt.

1 Die Überschrift dieses Artikels stammt von der Redaktion der Werke. Im „Wperjod" erschien er als Kommentar der Redaktion unmittelbar hinter der Mitteilung des Büros der Komitees der Mehrheit über die Einberufung des III. Parteitages.

* Bebel wandte sich mit einem Brief an Lenin, in dem er sich als Schiedsrichter zwischen den Anhängern der „Iskra" und denen des „Wperjod" anbot. Lenin hat geantwortet, dass weder er noch irgendein anderer der ihm bekannten Anhänger des „Wperjod" das Recht hat, durch seine Schritte die gesamte Partei zu binden, und dass der Vorschlag Bebels dem vom russischen Büro einzuberufenden Parteitag zur Entscheidung vorgelegt werden muss. Wir glauben, der Parteitag könnte diesen Vorschlag beim Punkt „Parteikrise" behandeln.

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