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Wladimir I. Lenin 19070224 Die Ergebnisse der Wahlen in der Petersburger Arbeiterkurie

Wladimir I. Lenin: Die Ergebnisse der Wahlen in der Petersburger Arbeiterkurie

[Proletarij" Nr. 13 24. (11.) Februar 1907. Nach Sämtliche Werke, Band 10, Wien-Berlin 1930, S. 465-472]

Obwohl die Beschaffung von genauem Material über den Verlauf der Wahlen in der Arbeiterkurie nur langsam fortschreitet (die Bolschewiki haben einen gedruckten Fragebogen herausgegeben und verbreitet), ist das allgemeine Ergebnis der Wahlen doch schon klar geworden.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Sozialrevolutionäre stärker geworden sind, als wir erwartet haben. Das geben sogar die Menschewiki zu („Nasch Mir"1, Nr. 1). In der Arbeiterkurie des Gouvernements haben sie vier von zehn Wahlmännern gewonnen. In der Arbeiterkurie der Stadt sind sie von den Sozialdemokraten geschlagen, die sämtliche 14 Wahlmänner gewonnen haben. Aber es hat sich erwiesen, dass die Zahl der Stimmen, die für die Kandidaten der Sozialrevolutionäre abgegeben worden sind, recht erheblich ist (110–135 Stimmen für die Sozialrevolutionäre; 145–159 Stimmen für die Sozialdemokraten, bei insgesamt 269 abgegebenen Stimmen).

Weiter. Die Tatsache, dass die Sozialrevolutionäre uns vor allem in den größten Betrieben besiegt haben, wird ebenfalls von niemand geleugnet.

Die Menschewiki leugnen die folgende Tatsache, die für die Klarstellung der Ursache unserer Misserfolge ganz besonders wichtig ist, und zwar, dass die Sozialrevolutionäre in erster Linie die Menschewiki besiegt haben.

In Nr. 1 des „Nasch Mir" verschweigen sie in einem den Wahlen in der Arbeiterkurie gewidmeten Artikel diese Tatsache, wobei sie sich heuchlerisch auf die Schwächung der Sozialdemokratie durch den Fraktionskampf berufen und zu vertuschen versuchen, dass es gerade die Menschewiki waren, die diesen Fraktionskampf bis zur Spaltung und bis zu einem „Kadettismus" in ihrer Taktik getrieben haben, der die fortgeschrittenen Arbeiter abgestoßen hat.

Aber sogar die bisher bekanntgewordenen Tatsachen beweisen immer mehr die Richtigkeit unserer ursprünglichen Schlussfolgerung (Nr. 12 des „Proletarij"), dass nämlich die Sozialrevolutionäre die Menschewiki geschlagen haben.

Für den Newski-Bezirk wird der Nachweis hierfür durch die Wahlergebnisse der einzelnen Betriebe erbracht, die wir in Nr. 12 des „Proletarij" veröffentlicht haben. Die entgegengesetzte, durch keine Tatsachen erhärtete Erklärung in Nr. 1 des „Nasch Mir" ist einfach eine Merkwürdigkeit.

Für den Moskauer Bezirk wird der Beweis durch den in dieser Nummer veröffentlichten Bericht erbracht.2

Für den Wiborger Bezirk geben die Menschewiki („Nasch Mir", Nr. 1) folgende Zahlen an: in der Stadt 17 (menschewistische) Sozialdemokraten, 12 Sozialrevolutionäre und 2 Wahlmänner, die sich für keine Partei entschieden haben. Im Gouvernementsteil des Bezirks, wo nur Bolschewiki gearbeitet haben, sind 7 Sozialdemokraten und kein einziger Sozialrevolutionär gewählt worden.

Diese Zahlen bilden noch keinen endgültigen Beweis. Im Großen und Ganzen aber bestätigen sie vollauf unsere Schlussfolgerung, dass nämlich die Menschewiki von den Sozialrevolutionären geschlagen worden sind. Der Versuch des „Nasch Mir", sich darauf zu berufen, dass im Gouvernementsteil des Wiborger Bezirks die Sozialrevolutionäre überhaupt nicht aufgetreten sind und dass „folglich keine Mitbewerber vorhanden waren", ist offensichtlich nicht stichhaltig. Erstens ergibt sich die Frage, warum gerade in diesem Vorort St. Petersburgs die Sozialrevolutionäre nicht aufgetreten sind. Hat da nicht die Tatsache eine Rolle gespielt, dass eine „Mitbewerbung" der Sozialrevolutionäre hier von vornherein dank der Arbeit, die vorher geleistet wurde, ausgeschlossen war? Zweitens machen die Menschewiki keine genauen Angaben darüber, welche Kandidaten aufgestellt worden waren. Daten nach Fabriken geben sie auch nicht. Drittens wissen wir aus den Zeitungen, dass die Sozialrevolutionäre die Menschewiki gerade im Wiborger Bezirk in Versammlungen wegen ihres „Kadettismus" geschlagen haben.

So berichtet die „Rjetsch" vom 6. Februar (24. Januar) über dar Versammlung vom 3. Februar (21. Januar) im Nobel-Haus (Njustadskaja 11). Nach dem Bericht der „Rjetsch" sprach der Sozialdemokrat Gurwitsch, der die äußersten linken Parteien des Boykotts der Dumawahlen bezichtigte (die „Rjetsch" berichtet in Kursivschrift über diese Hilfe, die den Kadetten in einer Versammlung der Linken erwiesen wurde!). Gurwitsch beschuldigte die Narodniki des „kleinlichen Feilschens", das den Block mit den Kadetten zum Fall gebracht habe. Der Narodnik Bikermann antwortete Gurwitsch und nannte „die Erklärung des Vorredners über das kleinliche Feilschen eine Verleumdung". Der Narodnik Smirnow bewies, dass der Menschewik Gurwitsch „sich durch nichts von einem Kadetten unterscheide". Smirnow berief sich darauf, dass der Kadett Gredeskul Gurwitsch öffentlich „gelobt habe".

So lautet der Bericht der „Rjetsch". Aus ihm ist klar ersichtlich, dass die Sozialrevolutionäre die Menschewiki gerade wegen ihres Verhaltens zu den Kadetten bei den Arbeitern ausgestochen haben.

Der Erfolg der Sozialrevolutionäre im Newski-, im Moskauer und im Wiborger Bezirk hat allgemeines Aufsehen erregt. Und gerade für diese Bezirke wird jetzt die Ursache dieses Erfolges klar: Die opportunistischen Sozialdemokraten schädigen das Ansehen der Sozialdemokratie bei der Vorhut des Proletariats.

Wenn uns aber die rechten Sozialdemokraten den Verlust von 4 von den 10 Sitzen der Gouvernementsarbeiterkurie kosteten, so haben wir diesen Verlust in der städtischen Arbeiterkurie wieder wett gemacht.

Wir haben ihn, wie weiter unten zu ersehen, eben dadurch wieder wettgemacht, dass wir vor allen Bevollmächtigten die Taktik der revolutionären Sozialdemokratie und nicht die der opportunistischen Sozialdemokratie angewandt haben.

Insgesamt gab es in der Stadt 272 Arbeiterbevollmächtigte. Unter diesen zählte man 147 Sozialdemokraten und Sympathisierende, d. h. mehr als die Hälfte. Von den übrigen waren nur ein Teil ausgesprochene Sozialrevolutionäre (54), ein Teil unentschieden (55), Parteilose (6), ein Rechter und 9 Trudowiki, „Linke" (zwei von ihnen Kadetten) und dergleichen mehr.

Das Petersburger Komitee hat unter den Bevollmächtigten eine außerordentlich energische Tätigkeit entfaltet. Es wurde die jedermann beschäftigende Frage der Taktik bei den Wahlen in St. Petersburg, und zwar die Frage: mit den Kadetten oder gegen die Kadetten? zur Erörterung gestellt. Die Vertreter des Petersburger Komitees der SDAPR klärten die Bevollmächtigten über die Stellung der revolutionären Sozialdemokraten auf, die Menschewiki verteidigten ihre Taktik.

Am 10. Februar (28. Januar) fand die entscheidende Versammlung der Bevollmächtigten aller Parteien statt. Es waren 200 bis 250 Menschen anwesend. Gegen 10 bis 12 Stimmen wurde eine Resolution angenommen, die vorbehaltlos die bolschewistische Taktik billigt, zur Unterstützung des linken Blocks auffordert und sich direkt gegen die Menschewiki richtet, gegen die „geheime" Unterstützung der Kadetten.

Hier der Wortlaut dieser Resolution:

In Anbetracht der Tatsache: 1. dass der Erfolg der linken Listen, die bereits von den Sozialdemokraten, Sozialrevolutionären, Trudowiki und Volkssozialisten den Listen der Schwarzhunderter und der Kadetten entgegengestellt worden sind, in der städtischen Kurie von außerordentlicher politischer Wichtigkeit ist;

2. dass dieser Erfolg nur möglich ist, wenn die linken Listen einmütig von allen linken Parteien unterstützt werden, –

schlägt die Versammlung der Bevollmächtigten der Arbeiter verschiedener Fabriken und Werke allen linken Parteien vor, gemeinsame linke Listen zu unterstützen und keinesfalls, in keinem einzigen Bezirk Petersburgs irgendwelche getrennten Listen aufzustellen und auch nicht in irgendeiner versteckten Form die Kadetten zu unterstützen.

Die Versammlung der Bevollmächtigten spricht, gestützt auf die Meinung der Massen, den Wunsch aus, dass die Genossen Menschewiki dem Abkommen der Linken beitreten und zum Erfolg der linken Liste bei den Wahlen in Petersburg beitragen."

Also haben in der Stadt Petersburg, die die Menschewiki von dem Gouvernement trennen wollten, die Vertreter des gesamten Proletariats die Taktik der Menschewiki verurteilt!

Das Übergewicht der klassenbewussten Petersburger Arbeiter, die mit der bolschewistischen Taktik einverstanden sind, zeigte sich deutlich bereits auf der sozialdemokratischen Konferenz und wird durch diesen Beschluss der Bevollmächtigten endgültig bewiesen.

Am 10. Februar (28. Januar) haben die Vertreter der Arbeitermassen die Menschewiki zum letztenmal aufgefordert, die Taktik der „versteckten Unterstützung" der Kadetten, die Taktik des Streikbruchs am Linksblock aufzugeben.

Die Menschewiki haben sich aber auch jetzt nicht dem Willen des Proletariats gefügt. Am 14. (1.) Februar erschienen in der Rjetsch" Auszüge aus ihrem Aufruf, in dem sie dem Linksblock Knüppel zwischen die Beine werfen.3 Am 11. Februar (29. Januar), spät in der Nacht, lösten die parteilosen Progressisten des Kolomnaer Bezirks ihren schriftlichen Vertrag mit den Menschewiki, nachdem ihnen alle Vertreter des Linksblocks klargemacht hatten, dass die menschewistische Bedingung Handlungsfreiheit" für die Wahlmänner, d. h. Freiheit des Überlaufens zu den Kadetten!) unannehmbar ist.

Am 12. Februar (30. Januar) fand eine Versammlung von Arbeiterbevollmächtigten statt, die der SDAPR angehören oder dieser Partei nahestehen. Von diesen Bevollmächtigten war die Mehrzahl – 98 Leute – anwesend. Der Vertreter des Petersburger Komitees der SDAPR, Genosse W.4, schlug vor, die Frage zu behandeln, ob die künftigen sozialdemokratischen Wahlmänner bei den Wahlen der Mitglieder der Reichsduma den Weisungen des Petersburger Komitees unterstellt werden sollen. Er wies darauf hin, dass diese Frage unter gewöhnlichen Verhältnissen Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten nicht hervorrufen könnte, da natürlich die Weisungen des Petersburger Komitees für alle Mitglieder der Petersburger Organisation verbindlich seien. Gegenwärtig jedoch habe sich ein bedeutender Teil der Organisation, die Mehrzahl der Menschewiki, abgespalten und erklärt, dass sich die menschewistischen Wahlmänner Handlungsfreiheit vorbehalten. Der Vertreter des Petersburger Komitees verwies darauf, dass es die Vollendung der Spaltung, die die Menschewiki ins Werk gesetzt hätten, bedeuten und dem mit erdrückender Mehrheit gefassten Beschluss der allgemeinen Versammlung der Bevollmächtigten widersprechen würde, der die Unterstützung des Linksblocks im Wahlkampf verlangt, wenn sich die Wahlmänner der Arbeiter dieser Weisung des abgespaltenen Teiles der Organisation unterordneten, der sich formal noch nicht zu einer selbständigen Organisation zusammengeschlossen habe. Dieser Ansicht widersprachen die menschewistischen Mitglieder des Petersburger Komitees, die Genossen M. und A.; sie drangen darauf, dass die Wahlmänner der Arbeiter nur der Meinung der Bevollmächtigten Rechnung tragen sollten. Mit erdrückender Mehrheit wurde folgende im Namen des Petersburger Komitees vorgeschlagene Resolution angenommen: „Die Versammlung erklärt, dass alle Wahlmänner verpflichtet sind, sich bei den Wahlen den Weisungen des Petersburger Komitees unterzuordnen."

Die Menschewiki kämpften mit aller Kraft gegen diese Resolution. Die bekanntesten und verantwortlichsten Menschewiki schämten sich nicht, sogar in einem solchen Augenblick, am Vorabend der Wahlen, gegen das Petersburger Komitee vorzugehen. Sie stellten einen „Abänderungsantrag": an Stelle des Petersburger Komitees „Petersburger Organisation" zu sagen.

Die Arbeiter haben jedoch bereits die menschewistische Taktik der Spaltung zugunsten der Kadetten begriffen. Den menschewistischen Rednern wurde zugerufen: „Genug!" Der Abänderungsantrag, der im Geheimen darauf gerichtet war, die Spaltung zu rechtfertigen, wurde mit erdrückender Mehrheit abgelehnt.

Hierauf schritt man zur Aufstellung von Wahlmänner-Kandidaten der SDAPR. Das Petersburger Komitee unterbreitete der Versammlung eine Liste von 14 Kandidaten, die in den Bezirksversammlungen der Bevollmächtigten von insgesamt 21 vorgeschlagenen Kandidaten gewählt worden waren, und empfahl der Versammlung, diese Liste zu wählen. Es wurde vorgeschlagen, über diese Liste als Ganzes abzustimmen, was auch ungeachtet des Widerspruchs der Menschewiki, die hierin einen „Druck von oben" erblickten, mit überwiegender Mehrheit angenommen wurde; hierbei setzte der Vertreter des Petersburger Komitees, Genosse W., auseinander, dass von einem Druck von oben keine Rede sein könne, da das Petersburger Komitee nur so weit Autorität genießt, als ihm das organisierte Petersburger sozialdemokratische Proletariat Vertrauen entgegen bringe: indem das Petersburger Komitee die vorgeschlagene Liste zur Annahme empfehle, erfülle es nur seine Pflicht als Leitung der Organisation. Alle Kandidaturen wurden erörtert, wobei einer von den Kandidaten auf Vorschlag des Vertreters des Petersburger Komitees durch «raten anderen ersetzt wurde. Hierauf schritt man zur Abstimmung, deren Ergebnis war, dass die gesamte Liste des Petersburger Komitees mit erheblicher Stimmenmehrheit gewählt wurde.

Die Liste des Petersburger Komitees wurde am Vorabend der Wahlen in allen Zeitungen veröffentlicht.

Die Wahlen vom 14. (1.) Februar erbrachten einen Sieg der Sozialdemokraten, die geschlossen auftraten. Die Liste des Petersburger Komitees wurde bis auf den letzten Mann gewählt. Sämtliche 14 Wahlmänner sind Sozialdemokraten!

Von diesen 14 Wahlmännern sind acht Bolschewiki, 4 Menschewiki (von denen einer eigentlich kein Menschewik, sondern ein Syndikalist ist) und 2 fraktionslose Sozialdemokraten, die für den Linksblock eintreten.

In der städtischen Arbeiterkurie machten die Bolschewiki den Verlust wieder gut, den die Sozialdemokratie in der Arbeiterkurie des Gouvernements erlitten hat.

Möge jetzt die „Rjetsch" (siehe den Artikel in der Nummer vom 16. [3.] Februar5), die davon redet, die Bolschewiki hätten den Sozialrevolutionären nicht einmal eine ihrer Stärke entsprechende Minderheit gegeben, toben, soviel sie will.

Wir haben den Sozialrevolutionären niemals Verteilung der Kandidaten nach Maßgabe des Kräfteverhältnisses versprochen, – bisher hat ja auch noch niemand nachgewiesen, welches Stimmenverhältnis zwischen Sozialdemokraten und Sozialrevolutionären besteht, denn es ist nicht bekannt, wie viel Stimmen für die eine und die andere Partei abgegeben wurden. Erst wir haben begonnen, diese Zahlen zu sammeln.

Wir haben uns in der Arbeiterkurie volle Freiheit des Kampfes gegen alle Parteien vorbehalten.

Und dank dem Auftreten der revolutionären Sozialdemokratie wählten die Arbeiter in Petersburg und im Petersburger Gouvernement nur 4 Sozialrevolutionäre gegenüber 20 Sozialdemokraten.

Bei den nächsten Wahlen werden wir alle Sitze für die Sozialdemokratie erobern.

1 Lenin zitiert den Artikel W. Lewizkis: „Das Petersburger Proletariat bei den Wahlen", in dem der Verfasser, in Beurteilung des Erfolges der Sozialrevolutionäre bei den Wahlen, zu folgender Schlussfolgerung kommt: „Die zum politischen Leben erwachten, schon ziemlich breiten Schichten der Arbeiterklasse Petersburgs haben dadurch, dass sie bei den Wahlen den Sozialrevolutionären ihre Stimme gaben, der Petersburger Sozialdemokratie wegen ihres den Klassenkampf der Massen hindernden Fraktionskampfes und wegen ihrer Untätigkeit ihr Misstrauen ausgedrückt."

2 Der Bericht über die Tätigkeit des Moskauer Bezirks in Petersburg ist fast vollständig der Tätigkeit des Bezirks nach der Abspaltung der Menschewiki gewidmet. Der Verfasser betont, dass es dem Bezirk gelungen war, „nachdem in den Versammlungen der Bezirksleitung die ständigen Zusammenstöße mit der abgespaltenen Gruppe aufgehört haben", eine umfassende organisatorische und propagandistische Arbeit zu leisten.

Nachstehend bringen wir einen Auszug aus dem in Nr. 13 des „Proletarij" vom 24. (11.) Februar 1907 gebrachten Bericht zur Frage der Wahlkampagne:

Die Wahlen der Wahlmänner in der Arbeiterkurie ergaben im allgemeinen im Moskauer Bezirk für die Sozialdemokratie ungünstige Ziffern: in 22 Betrieben wurden 10 Sozialrevolutionäre, 3 Sozialdemokraten, 5 mit der Sozialdemokratie Sympathisierende, 3 Parteilose und 1 Unbestimmter gezählt. In den meisten Fällen kam dieser Misserfolg nicht unerwartet, denn während die Sozialrevolutionäre den Moskauer Bezirk zu ihren Hochburgen zählen, existiert er bei uns überhaupt noch nicht lange (z. B. wurde in den Fabriken des Unterbezirks Obwodnyj erst seit dem September mit der Herstellung von Verbindungen begonnen). Es gibt jedoch einige Betriebe, in denen die Niederlage der Sozialdemokraten ausschließlich der Agitation der Menschewiki für den Block mit den konstitutionellen Demokraten zugeschrieben werden muss. Ein charakteristischer Fall in dieser Hinsicht ist die Niederlage des sozialdemokratischen Kandidaten im Betriebe Retschkin, wo der Einfluss der Menschewiki besonders stark war. Dort antworteten einige Arbeiter auf die Frage, warum nicht ein Sozialdemokrat bei ihnen gewählt worden ist, direkt damit, dass sie den Sozialrevolutionär deshalb gewählt haben, weil sie keinen .Kadetten' (konstitutionellen Demokraten) wählen wollten. Trotzdem die Menschewiki in dieser Fabrik etwa 250 Parteimitglieder allein, abgesehen von den Sympathisierenden, hatten, wurden für sie insgesamt 94 Stimmen (darunter 10 von den Bolschewiki, die keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hatten), für den Kandidaten der Sozialrevolutionäre dagegen 500 Stimmen abgegeben."

3 In Nr. 26 der „Rjetsch" vom 14. (1.) Februar 1907 wurden Auszüge aus dem Aufruf des Vollzugsorgans des menschewistischen Teils der Petersburger sozialdemokratischen Konferenz „An alle Arbeiter und sozialdemokratischen Wähler" gebracht. In diesem Aufruf erhoben die Menschewiki gegen die Bolschewiki die Beschuldigung, sie hätten „beschlossen, um die Wählermassen von den konstitutionellen Demokraten abzulenken, mit den Parteien der Sozialrevolutionäre und Trudowiki ein Wahlabkommen zur Verteilung der Abgeordnetenmandate einzugehen". Hierin sahen die Verfasser des Aufrufs einen Verzicht der Sozialdemokratie „auf absolut selbständiges Auftreten, und das nicht etwa um der Hauptfrage des Proletariats im gegenwärtigen historischen Moment willen – des Kampfes gegen das absolutistisch-feudalistische Regime –, sondern um eine Neben- und Teilaufgabe zu erfüllen: radikalere Elemente der Opposition in die Duma hineinzubringen – selbst auf die Gefahr hin, auf diese Weise Reaktionären das Durchkommen zu ermöglichen." Sie verwiesen darauf, dass die Menschewiki auf der Notwendigkeit beharren, „den Rahmen des Abkommens zur Verhinderung des Sieges der Rechten einzuschränken und deshalb in den am meisten bedrohten Bezirken ein Teilabkommen über die Wahlmännerlisten abzuschließen", wobei sie die „Frage der Verteilung der Abgeordnetenmandate für eine zweitrangige Frage" hielten.

Im vollen Wortlaut erschien der Aufruf in Nr. 2 der menschewistischen Wochenschrift „Nasch Mir" vom 19. (6.) Februar 1907.

4 aller Wahrscheinlichkeit nach W. S. Woitinski

5 Lenin meint den Artikel von A. S. Isgojew: „Der Linksblock" („Rjetsch" Nr. 28 vom 16. [3.] Februar 1907). Isgojew schilderte die Geschichte der Entwicklung des Linksblocks und schloss seinen Artikel wie folgt: „Und als das Blockbündnis abgeschlossen war, führten die Bolschewiki, die Wahlmänner der Arbeiter, die letzte Komödie auf … die Bolschewiki hatten den Sozialrevolutionären dort, wo sie ihre Stimmen zum Kampf gegen die konstitutionellen Demokraten brauchten, so eifrig den Hof gemacht, dass sie in der Arbeiterkurie vollständig die gemeinsamen ,revolutionären' Aufgaben vergaßen. Dort wurde der schonungslose Krieg erklärt, wobei sie, unter Ausnützung ihrer Mehrheit, eine ganze Hälfte der Arbeiterbevölkerung Petersburgs jeglicher Vertretung beraubten."

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