Lenin‎ > ‎1918‎ > ‎

Wladimir I. Lenin 19180224 Äußerungen Lenins in der Sitzung des ZK der SDAPR (B)

Wladimir I. Lenin: Äußerungen Lenins in der Sitzung des ZK der SDAPR (B)

24. Februar 1918, Protokollarische Aufzeichnungen

[Zum ersten Mal veröffentlicht in N. Lenin, Gesammelte Werke, Bd. XV. 1922. Nach Sämtliche Werke, Band 22, Zürich 1934, S. 306-309]

I

Behandelt wird die Frage der Entsendung einer Delegation nach Brest-Litowsk zur Unterzeichnung des Friedensvertrags.

Lenin ist der Auffassung, dass man den Zusammenhang mit der früheren Delegation bewahren muss. Da aber Genosse Karachan allein nicht genügt, so wäre es sehr erwünscht, dass die Genossen Joffe und Sinowjew fahren.

II

A Joffe lehnt es kategorisch ab zu fahren und erklärt, dass „die Unterzeichnung des Friedens der Tod der gesamten Politik von Brest-Litowsk sei“.

Lenin sagt, dass er nicht auf der Reise Joffes als Bevollmächtigten zur Unterzeichnung des Friedens bestehe, dass er aber die Reise Joffes in der Eigenschaft eines Konsultanten für notwendig halte. Die Deutschen haben zweifelsohne ihrer Antwort eine ultimative Form gegeben, weil sie unsere Opposition fürchten. Wenn sie aber sehen, dass wir einverstanden sind, den Frieden zu unterzeichnen, so können sie sich mit Verhandlungen einverstanden erklären. Gerade deswegen ist ein Konsultant notwendig, der die ganzen Dinge kennt. Wenn sich herausstellen sollte, dass nur unterzeichnet zu werden braucht, dann werden natürlich alle Unterredungen überflüssig, und der Konsultant braucht nicht einmal in einer Sitzung zu erscheinen.

III

Lenin erklärt, dass Radek, obwohl er Gegner des Friedensschlusses sei, sich damit einverstanden erklärt habe zu fahren, dass aber die Polen es ihm verboten hätten.

IV

In der weiteren Diskussion erklärt Trotzki, dass man in Brest-Litowsk nur den Frieden zu unterzeichnen haben werde, dass Joffe dort nicht notwendig sei, da in der Antwort der Deutschen bereits eine Formulierung der wichtigsten Fragen enthalten sei.

Lenin ist der Auffassung, dass er nicht recht habe, da zweifelsohne bei der Unterzeichnung des Friedens Fachleute notwendig seien, wir aber keine hätten, nicht einmal für den Handelsvertrag. Krassin hätte fahren können, aber er ist für einige Zeit nach Stockholm gegangen, Wir unterzeichnen den Vertrag mit knirschenden Zähnen, was die Delegation erklären wird, aber wir kennen die Situation nicht, wir wissen nicht, was beim Eintreffen der Delegation in Brest-Litowsk passieren kann. Deshalb ist Joffe als Konsultant notwendig. Überhaupt muss man berücksichtigen, dass wir die Delegation beauftragen, Verhandlungen zu führen, wenn nur die Möglichkeit dazu besteht.

V

In der weiteren Diskussion werden die Kandidaturen G. Sinowjews und G. Sokolnikows aufgestellt. Sokolnikow schlägt Sinowjew vor, Sinowjew – Sokolnikow.

Lenin ist der Auffassung, dass man beide schicken muss, dass sie beide, wenn nur der Frieden unterzeichnet zu werden braucht, nach Vereinbarung der weiteren Schritte mit Tschitscherin sofort abreisen können.

VI

G. Sokolnikow erklärt, dass er nicht nach Brest-Litowsk fahren und, falls es beschlossen werden sollte, aus dem ZK austreten werde.

Lenin bittet die Genossen, nicht nervös zu werden, und weist darauf hin, das Genosse Petrowski als Volkskommissar mit der Delegation fahren kann.

VII

Das ZK behandelt dann die Erklärung Trotzkis über seinen Rücktritt von dem Posten des Volkskommissars für Auswärtiges.

Lenin weist darauf hin, dass das unannehmbar sei, dass eine Änderung der Politik zu einer Krise führen werde, dass die Provinzorganisationen über die Politik befragt worden seien und dass es nicht schädlich sei, ein wenig zu polemisieren.

Er macht einen praktischen Vorschlag: das ZK ersucht den Genossen Trotzki, seine Erklärung bis zur nächsten Sitzung des ZK, bis Dienstag aufzuschieben. (Abänderungsantrag – bis zur Rückkehr der Delegation aus Brest-Litowsk.)

VIII

Lenin beantragt, über folgende Erklärung abzustimmen: das ZK hält es im gegenwärtigen Augenblick nicht für möglich, die Demission des Genossen Trotzki anzunehmen, und ersucht ihn, seine Entscheidung bis zur Rückkehr der Delegation aus Brest-Litowsk bzw. bis zur Änderung der faktischen Lage der Dinge aufzuschieben.

Der Antrag wird bei drei Stimmenthaltungen angenommen.

IX

Nach der Annahme dieses Antrags erklärt L. Trotzki, „dass er seine Erklärung eingereicht habe, dass sie nicht angenommen worden sei und dass er sich deshalb gezwungen sehe, von der Teilnahme an den Sitzungen der offiziellen Körperschaften Abstand zu nehmen".

Lenin schlägt vor, über folgenden Antrag abzustimmen: „Das ZK gibt sich nach Entgegennahme der Erklärung des Genossen Trotzki vollkommen damit zufrieden, dass er bei Beschlussfassungen des Rates der Volkskommissare über auswärtige Angelegenheiten nicht teilnehmen werde, bittet aber den Genossen Trotzki, bei anderen Beschlussfassungen anwesend zu sein".

Antrag angenommen.

X

Dann behandelt das ZK die Erklärung G. Lomows, M. Urizkis, W. Smirnows, G. Pjatakows und anderer über den Rücktritt von den verantwortlichen Posten in der Partei und in den Sowjets.

Lenin stellt folgenden Antrag: Das ZK bittet die Genossen, die die Erklärung abgegeben haben, ihre Entscheidung bis zur Rückkehr der Delegation aus Brest-Litowsk aufzuschieben und diesen Beschluss des ZK in der Gruppe zu beraten.

XI

Lenin stellt zwei Anträge:

1. Das ZK erkennt die Forderung der Vierergruppe als berechtigt an, bittet sie, den Antrag des ZK zu beraten und die Erklärung aufzuschieben, weil der Parteitag nahe bevorsteht und die politische Situation kompliziert ist.

2. Das ZK garantiert den Genossen, dass ihre Erklärungen in der „Prawda" veröffentlicht werden, und bittet sie, ihren Beschluss abermals zu prüfen und zu beraten, ob sie es nicht für möglich halten, sowohl auf den verantwortlichen Posten als auch im ZK zu bleiben.

Die Anträge Lenins werden angenommen.

Kommentare