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Wladimir I. Lenin 19210315 Schlusswort zum Referat über die Naturalsteuer

Wladimir I. Lenin: Schlusswort zum Referat über die Naturalsteuer

15. März

[Erschienen 1921 in dem Buch: „X. Parteitag der Kommunistischen Partei Russlands. Stenogr. Bericht (8.–16. März 1921)“. Staatsverlag 1921. Nach Sämtliche Werke, Band 26, Moskau 1940, S. 310-320]

Genossen! Ich glaube, dass ich mich auf ziemlich kurze Bemerkungen beschränken kann. Vor allem möchte ich zur Frage der sibirischen Funktionäre der Lebensmittelversorgung sprechen. Jaroslawski und Danischewski haben mich gebeten, folgende Mitteilung zu machen. Wenn Droschin vor Gericht gestellt worden ist, so ist das eben geschehen, um zu zeigen, dass er unschuldig ist. Ich höre hier skeptische Bemerkungen, aber man muss jedenfalls sagen, dass dieser Standpunkt richtig ist. Anwürfe und Klatschereien kommen nicht selten vor, und auf diese Weise ihre Unhaltharkeit nachzuweisen, ist eine durchaus richtige Methode. Ferner: eine Reihe von Funktionären der Lebensmittelversorgung in Tjumen ist erschossen worden wegen Auspeitschungen, Folterungen, Vergewaltigungen und anderer Kriminalverbrechen. Folglich darf man das im gegebenen Fall keineswegs mit der Arbeit im Versorgungswesen in Zusammenhang bringen, sondern muss darin schon direkt kriminelle Schweinereien sehen, die in der Situation, in der die Arbeit im Versorgungswesen vor sich geht, über das gewöhnliche Maß hinausgehende Bestrafung erfordern. Von dieser Seite ist also zweifellos eine richtige Maßnahme getroffen worden.

Jetzt möchte ich vor allem einige Worte über die Frage der Genossenschaften sagen. Das Referat des Genossen Zjurupa war – wie er selbst erklärt hat und wie wir das hier alle gehört haben – kein Korreferat in dem Sinne, dass dem Referenten eine prinzipiell andere Meinung gegenübergestellt worden wäre. Der Beschluss des ZK über die Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Steuer wurde so einmütig gefasst – und die Hauptsache ist, wir sahen sofort, noch vor der Eröffnung des Parteitags, dass im Lande draußen verschiedene Genossen unabhängig davon, auf Grund praktischer Erfahrung, zu denselben Schlussfolgerungen gelangten –, dass Zweifel an der Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer solchen Maßnahme im Grunde genommen nicht möglich sind. Und das Referat des Genossen Zjurupa bestand lediglich aus Ergänzungen und Warnungen in einer Reihe von Fragen, enthielt aber keinen Vorschlag für eine andere Politik.

Von dieser allgemeinen Linie des Referats ist Genosse Zjurupa lediglich in der Frage der Genossenschaften abgewichen. Hier hat Genosse Zjurupa gegen die von mir vorgeschlagene Resolution opponiert, aber ich glaube, dass seine Einwände nicht als überzeugend gelten können. In welcher Weise sich die Verhältnisse des lokalen freien Wirtschaftsverkehrs im Sinne seines Fonds entwickeln werden, ob durch die Genossenschaften oder durch die Wiederherstellung des privaten Kleinhandels, können wir jetzt wohl kaum endgültig festlegen. Diese Frage muss man prüfen, darüber besteht kein Zweifel, und in dieser Hinsicht müssen wir aufmerksam die örtliche Erfahrung verfolgen. Damit sind wir natürlich alle einverstanden. Ich glaube jedoch, dass ein gewisser Vorzug der Genossenschaften bleibt. Wenn sie politisch, wie ich bereits gesagt habe, eine Stätte der Organisation, der Zentralisation, der Zusammenfassung der uns politisch feindlichen Elemente bilden, die im Grunde genommen die Politik der Koltschak und Denikin betreiben, dann ändern natürlich die Genossenschaften im Vergleich zu den kleinen Wirtschaften, dem Kleinhandel, nur die Form der Sache. Es versteht sich von selbst, dass jedes Hochkommen des Kulakentums und jede Entwicklung der kleinbürgerlichen Verhältnisse die entsprechenden politischen Parteien erzeugen, wie sie sich in Russland in Jahrzehnten herausgebildet haben und die uns gut bekannt sind. Hier ist zu wählen, nicht ob man diesen Parteien freie Bahn geben soll oder nicht – sie werden durch die kleinbürgerlichen wirtschaftlichen Verhältnisse unvermeidlich erzeugt –, sondern wir haben, und auch das nur in einem gewissen Grade, lediglich zwischen den Formen der Konzentration, der Zusammenfassung der Handlungen dieser Parteien zu wählen. Es lässt sich auf keinen Fall beweisen, dass die Genossenschaften in dieser Hinsicht schlechter seien. Im Gegenteil, die Kommunisten werden gegenüber den Genossenschaften dennoch etwas mehr Mittel zur systematischen Einwirkung und Kontrolle haben.

Die Resolution des IX. Parteitags über die Genossenschaften ist hier von Genossen Zjurupa entschieden verteidigt und von Genossen Miljutin entschieden bekämpft worden.

Genosse Zjurupa sprach unter anderem davon, dass ich selbst Zeuge jenes Kampfes war, der sich in der Genossenschaftsfrage vor ihrer Entscheidung durch den Parteitag abgespielt hat. Diese Tatsache muss ich bestätigen. In der Tat, es gab einen Kampf, und die Resolution des IX. Parteitags hat ihm ein Ende gesetzt, indem sie dem Versorgungsressort ein größeres Übergewicht oder, genauer gesagt, ein vollständiges Übergewicht sicherte. Aber jetzt aus dieser Erwägung auf eine größere Handlungsfreiheit und Freiheit der Wahl der politischen Maßnahmen gegenüber den Genossenschaften zu verzichten, wäre ohne Zweifel bereits politisch unrichtig. Mir ist es natürlich viel unangenehmer, vorn Standpunkt, sagen wir, des Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, dazu verurteilt zu sein, auf einem Dutzend Sitzungen Kleinkampf und sogar Stänkereien zu beobachten, als eine für alle obligatorische Resolution des Parteitags zur Grundlage zu haben, die diesem Kampf ein Ende setzt. Aber man muss nicht mit solchen Bequemlichkeiten rechnen, sondern mit den Interessen der Durchführung einer bestimmten Wirtschaftspolitik. Ihr habt hier alle gesehen, und die große Zahl von schriftlichen Anfragen, die ich bekommen habe – ein Berg von Zetteln –, hat es noch anschaulicher bestätigt, dass in dieser konkreten Frage bei der Durchführung dieser Änderung unserer Politik eine Unmenge von einzelnen Schwierigkeiten entsteht. Das ist der Kern der Sache. Und es kann gar nicht daran gezweifelt werden, dass wir sie nicht auf einmal bewältigen können. Wenn wir die Resolution des IX. Parteitags über die Genossenschaften gelten lassen, so binden wir uns die Hände. Wir bringen uns in eine Lage, wo wir, da wir über alles vor dem Parteitag Rechenschaft ablegen müssen und verpflichtet sind, seine Politik durchzuführen, nicht imstande sind, von dem Buchstaben dieser Resolution abzugehen. Die Resolution erinnert ständig an die Ablieferungspflicht, während ihr sie durch eine Steuer ersetzt.

In welchem Grade wir dem Wirtschaftsverkehr Freiheit lassen werden, wissen wir nicht.

Dass wir bis zu einem gewissen Grade die Freiheit des Wirtschaftsverkehrs bestehen lassen müssen, ist unzweifelhaft. Die wirtschaftlichen Bedingungen dieser Tatsache müssen wir berücksichtigen und prüfen. Deshalb bringt uns natürlich die Aufhebung der Resolution des IX. Parteitags abermals in eine Lage, wo die bis zu einem gewissen Grade entschiedene Frage zu einer unentschiedenen Frage wird. Aber das ist ganz unvermeidlich. Das zu umgehen, hieße die von uns in den Grundzügen festgesetzten Verhältnisse der Wirtschaftspolitik verderben, die zweifellos für die Bauern annehmbarer sind.

Dass die Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Steuer eine für die Bauern annehmbarere Wirtschaftspolitik ist, darüber bestehen auf diesem Parteitag offenbar keine zwei Meinungen und gibt es unter Kommunisten überhaupt keine zwei Meinungen. Darüber liegt auch eine ganze Reihe von Erklärungen von parteilosen Bauern vor. Das ist einwandfrei festgestellt. Schon allein deswegen müssen wir diese Änderung vornehmen. Deshalb verlese ich nochmals die Resolution über die Genossenschaften: „In Anbetracht dessen, dass die Resolution des IX. Parteitags der KPR über die Stellung zu den Genossenschaften ganz auf der Anerkennung des Prinzips der Ablieferungspflicht beruht, die jetzt durch die Naturalsteuer ersetzt wird, beschließt der X. Parteitag der KPR:

Die genannte Resolution wird aufgehoben.

Der Parteitag beauftragt das Zentralkomitee, Beschlüsse auszuarbeiten und sie auf dem Wege der Partei- und der Sowjetinstanzen durchzuführen, Beschlüsse, die die Struktur und die Tätigkeit der Genossenschaften verbessern und weiterentwickeln, in Übereinstimmung mit dem Programm der KPR und in Anpassung an die Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Naturalsteuer.“

Ich werde dem Parteitag im Namen des ZK vorschlagen, die erste Resolution – den vorläufigen Entwurf über die Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Steuer – anzunehmen, sie im Wesentlichen gutzuheißen und das ZK der Partei zu beauftragen, sie zu koordinieren, auszuarbeiten und dem Allrussischen Zentralexekutivkomitee vorzulegen, ebenso die zweite Resolution über die Genossenschaften.

Nun gehe ich zu Bemerkungen über, die hier gemacht worden sind. Ich muss sagen, dass die schriftlichen Anfragen, die ich erhalten habe, so zahlreich sind, die Zettel einen solchen Berg bilden, dass ich nicht nur nicht imstande bin, die Fragen aufzuzählen, die sie berühren, sondern ganz darauf verzichten muss, sie vollständig so zu gruppieren, dass auf Grund dieser Zettel jetzt die Aussprache fortgesetzt werde. Ich bin leider gezwungen, darauf zu verzichten, und werde die Zettel als Material für die weitere Behandlung der Frage aufbewahren.

Vielleicht wird es mir gelingen, sie mehr im Einzelnen für die Presse auszunutzen oder zumindest so zusammenzufassen und zu gruppieren, dass ich all den Genossen Ökonomen, Administratoren und politischen Leitern, die sich mit den Vorarbeiten zu dem Gesetz über die Ablösung der Ablieferungspflicht durch die Steuer aufs Eingehendste werden beschäftigen müssen, einen detaillierten und wirklich vollständigen Überblick geben kann. Ich kann jetzt jedoch nur zwei Hauptrichtungen hervorheben und einige Worte über die beiden Haupteinwände oder -bemerkungen, über die beiden Haupttypen oder -gruppen von Fragen sagen, die in diesen Zetteln angeschnitten werden.

Der erste ist der Hinweis auf die Technik: eine ganze Reihe von zahlreichen und detaillierten Bemerkungen darüber, wie schwer es sein wird, diese Maßnahmen konkret durchzuführen und wie viele ungelöste Fragen dabei entstehen werden. Ich habe bereits in meinem ersten Referat den Vorbehalt gemacht, dass solche Bemerkungen ganz unvermeidlich sind und dass man jetzt keinerlei Möglichkeit hat, sofort zu erfahren, wie wir namentlich die Lösung dieser Schwierigkeiten in Angriff nehmen werden.

Der zweite – allgemeine – Hinweis bezieht sich schon auf die Grundlagen der Wirtschaftspolitik. Das, worauf hier viele, sogar die meisten Redner in ihren Reden eingingen und worauf in den mir überreichten Zetteln hingewiesen wird, ist die unvermeidliche Stärkung des Kleinbürgertums, der Bourgeoisie und des Kapitalismus. „Ihr öffnet auf diese Weise“, steht in einigen dieser Zettel, „Tür und Tor der Entwicklung der Bourgeoisie, der Kleinindustrie und der Entwicklung kapitalistischer Verhältnisse.“ Dazu muss ich sagen, Genossen, indem ich in einem gewissen Grade das wiederhole, was ich in meinem ersten Referat ausgeführt habe: es besteht kein Zweifel, dass der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus in verschiedenen Formen denkbar ist, je nachdem, ob wir im Lande bereits ein Überwiegen der großkapitalistischen Verhältnisse haben oder ob der Kleinbetrieb vorwiegt. Und von dieser Seite aus muss ich bemerken, dass man einige Schlussfolgerungen meiner Rede kritisiert hat, dass man das Verhältnis des Staatskapitalismus zum kleinen freien Warenumsatz kritisiert hat, aber niemand von den Rednern hat kritisiert – ich habe keinen einzigen Zettel bekommen (immerhin habe ich die meisten gelesen, und es waren mehrere Dutzend) –, ich habe keinen einzigen Zettel gesehen, in dem die angeführten Leitsätze kritisiert worden wären. Hätten wir einen Staat, in dem die Großindustrie überwiegt oder, sagen wir, nicht überwiegt, aber sehr stark entwickelt und die Großproduktion in der Landwirtschaft stark entwickelt ist, dann wäre ein direkter Übergang zum Kommunismus möglich. Ohne das ist der Übergang zum Kommunismus wirtschaftlich unmöglich. Genosse Miljutin sprach hier davon, dass wir ein straffes System hatten und dass unsere Gesetzgebung, wie er sich ausdrückte, bis zu einem gewissen Grade ein straffes System eines solchen Übergangs ist, das jedoch die Notwendigkeit einer Reihe von Zugeständnissen an die Kleinbourgeoisie nicht in Rechnung stellte. Als Genosse Miljutin davon sprach, hat er nicht die Schlussfolgerung gezogen, die ich ziehe. Das entstandene straffe System wurde durch militärische Erfordernisse, Erwägungen und Bedingungen diktiert, und nicht durch wirtschaftliche. Unter den Verhältnissen der unerhörten Zerrüttung, in denen wir uns befanden, als wir gezwungen waren, nach einem großen Krieg eine Reihe von Bürgerkriegen durchzumachen, gab es keinen anderen Ausweg. Bei der Anwendung der festgelegten Politik wurden wohl Fehler gemacht, gab es eine ganze Reihe von Übertreibungen: – das muss man mit aller Gewissheit sagen. Aber unter den Verhältnissen des Krieges, in die wir geraten waren, war diese Politik im Wesentlichen richtig. Wir hatten keine andere Möglichkeit als die maximale und sofortige Anwendung des Monopols, bis zur Einziehung aller Überschüsse, sogar ohne jede Vergütung. Und anders konnten wir an diese Aufgabe gar nicht herangehen. Das bedeutete nicht ein straffes wirtschaftliches System. Das war eine Maßnahme, die nicht durch wirtschaftliche Bedingungen hervorgerufen, sondern uns zum großen Teil durch die militärischen Bedingungen diktiert worden war. Was die wirtschaftlichen Erwägungen betrifft, so ist hier die Haupterwägung jetzt: wie ist die Produktenmenge zu steigern. Wir haben eine solche Verarmung, Zerrüttung, Ermattung, Erschöpfung der Hauptproduktivkräfte, der Arbeiter und der Bauern, dass man dieser Haupterwägung – um jeden Preis die Produktenmenge zu steigern – vorübergehend alles unterordnen muss.

Man fragt mich: welcher Zusammenhang besteht zwischen der Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Steuer und der Aussaatkampagne, die jetzt durchgeführt wird? Und die Genossen bemühen sich in ihren Zetteln, hier eine Reihe von Widersprüchen aufzudecken. Ich glaube, dass im Wesentlichen hier eine wirtschaftliche Übereinstimmung besteht und kein Widerspruch. Die Aussaatkampagne ist auf eine Reihe von Maßnahmen berechnet, die alle wirtschaftlichen Möglichkeiten maximal ausnutzen sollen, um die Saatfläche zu erweitern. Zu diesem Zweck muss man das Saatgut neu verteilen, es aufbewahren und transportieren. Aber wir können selbst den kärglichen Vorrat an Saatgut, den wir haben, nicht transportieren; in einem fort muss man zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen der gegenseitigen Unterstützung Zuflucht nehmen, um bei dem erstaunlichen Mangel an Inventar den Saatausfall zu verringern, um ihn zu beseitigen. Für eine ganze Reihe von Gouvernements ist daran nicht zu denken. Wenn der parteilose Bauer, der in sehr vielen Fällen schon selbst die Forderung nach der Ersetzung der Ablieferungspflicht durch die Steuer aufgeworfen hat, dadurch auf der gegebenen wirtschaftlichen Grundlage einen Anreiz zur Entwicklung seiner Wirtschaft erhält, wenn er vor der Frühjahrskampagne eine Erklärung der Staatsmacht erhält, dass diese Maßnahme beschlossen ist und durchgeführt wird, – steht das denn im Widerspruch zu der allgemeinen Politik der Aussaatkampagne? Nein, das ist nicht der Fall, das ist eine Maßnahme, die ein Element der Anspornung mit sich trägt. Ich weiß, man wird sagen, das sei ein sehr unbedeutendes Element der Anspornung. Die Frage steht nicht so. Könnten wir sofort den Bauern Dutzende von Schiffen zeigen, die aus England Waren heranfahren zum Austausch gegen das, was sie bei der bevorstehenden Ernte einbringen werden, so wäre das natürlich viel realer. Aber lächerlich wäre es, auf diese Weise Leute betrügen zu suchen, die die Bedingungen unseres Handels aus der Praxis kennen. Dass Schiffe mit Kohle und mit einer geringen Menge von Lebensmitteln aus England abgehen, wissen wir. Darüber haben wir vom Genossen Krassin Nachrichten bekommen; wir wissen, dass vor dem Abschluss des Handelsvertrags, der noch nicht unterzeichnet ist, halblegal Geschäfte gemacht werden mit einzelnen Händlern, denen die bürgerliche Regierung das natürlich nicht verbieten kann. Es ist eine schwierige Sache, den Ring der Wirtschaftsblockade, von dem wir umgeben sind, zu durchbrechen, und wir können natürlich nicht irgend etwas Großes versprechen.

Auf jeden Fall – was getan werden kann, tun wir, eine Änderung des Importplans nehmen wir in dieser Hinsicht vor.

Vom Standpunkt des Kleinbesitzers, des kleinen Landwirts ist die Steuer, die auf eine geringere Summe festgesetzt werden wird als die Pflichtablieferung, die mit größerer Genauigkeit festgesetzt werden wird und ihm die Möglichkeit geben wird, mehr anzubauen, ihm die Möglichkeit geben wird, sicher zu sein, dass er die Überschüsse für die Verbesserung seiner Wirtschaft verwenden kann, – ist die Steuer eine Linie der maximalen Unterstützung des tüchtigen Landwirts, und das ist auch in der Aussaatkampagne in den Vordergrund gerückt worden. Alle Einwände laufen letzten Endes auf folgende Frage hinaus: wird die Kleinbourgeoisie, die dem Kommunismus wirtschaftlich feindlich ist, mehr gewinnen oder wird die Großindustrie mehr gewinnen, die die Grundlage bildet für den Übergang zum Sozialismus und die, vom Zustand der Produktivkräfte aus gesehen, d.h. nach dem Hauptkriterium der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung, die Grundlage der sozialistischen Wirtschaftsorganisation bildet, die fortgeschrittensten Industriearbeiter zusammenfasst, die Klasse zusammenfasst, die die Diktatur des Proletariats ausübt?

Hier suchten manche vorzubringen, bzw. ökonomisch zu begründen, dass die Kleinbourgeoisie, die handwerksmäßige Warenproduktion, zweifellos mehr gewinnen wird; insbesondere hat man das damit zu begründen versucht, dass gerade die Großindustrie infolge der Erteilung von Konzessionen keine sozialistische sein werde … dass mit Hilfe der Konzessionen ein Block mit dem Staatskapitalismus zustande kommen werde…1 Ich glaube, diese Überlegungen enthalten einen grundlegenden ökonomischen Fehlschluss. Selbst wenn ganz genau bewiesen wäre, dass proportional, sagen wir sogar absolut, die Kleinindustrie weitaus mehr gewinnen werde, so widerlegt das keineswegs die theoretische oder praktische Richtigkeit der von uns unternommenen Schritte. Die Schlussfolgerung ist, dass es für die wirtschaftliche Festigung unseres gesamten Aufbaus des Sozialismus keine andere Stütze geben kann. Nehmen wir jetzt rein als Beispiel an – ich nehme ein anschauliches Beispiel zur Erklärung–, dass die Kleinindustrie die Größe 100 darstellt (einerlei, ob es 100 Millionen Arbeitseinheiten oder 100 irgendwelcher anderen Einheiten sind), die Großindustrie – 200. Nehmen wir beispielsweise an, dass die Kleinindustrie auf kapitalistischer Grundlage auf 175 anwächst, die Großindustrie aber bei 200 bleibt. Setzen wir eine Stagnation der Großindustrie und eine gewaltige Entwicklung der Kleinindustrie voraus. Ich denke, dass sogar diese schlimmste Annahme, die ich gemacht habe, für uns einen zweifellosen Vorteil bedeuten würde, weil wir uns jetzt, wie das laufende Jahr gezeigt hat, wie unsere Brennstoff- und Transportverhältnisse gezeigt haben, wie die Verteilung der Nahrungsmittel es zeigt, an die Genosse Miljutin sehr zu recht erinnert hat, kaum auf den Beinen halten.

Hier hat man erklärt und durch Zettel angefragt: „Wie werdet ihr bei der Entwicklung des Kapitalismus im Dorf den Arbeiterstaat behaupten?“ Diese Erscheinung, die uns bedroht – die Entwicklung der Kleinproduktion und der Kleinbourgeoisie in den Dörfern –, diese Erscheinung stellt die größte Gefahr dar.

Gehen wir zu den Konzessionen über. Die Konzessionen sind ein Block mit dem Kapitalismus der fortgeschrittenen Länder. Man muss sich das Wesen der Konzessionen klar vorstellen. Das ist ein wirtschaftliches Bündnis, ein Block, ein Vertrag mit dem fortgeschrittenen Finanzkapital der fortgeschrittenen Länder, ein Vertrag, der uns eine geringe Vergrößerung der Produktenmenge, aber auch eine Vergrößerung der Warenmasse der Kontrahenten bringen wird. Geben wir dem Konzessionär Erze oder Holz, so wird er einen gewaltigen Teil dieses Produkts nehmen und uns einen kleinen Teil in Form von Abgaben liefern. Aber für uns ist es so wichtig, die Produktenmenge zu vermehren, dass auch eine kleine Abgabe ein gewaltiges Plus für uns ist. Eine kleine Verbesserung der Lage der städtischen Arbeiter, die in den Konzessionen vertraglich gesichert ist und die für das Auslandskapital nicht die geringste Schwierigkeit bildet, sogar das wäre ein Plus, eine Stärkung unserer Großindustrie. Und das wird dank dem wirtschaftlichen Einfluss zur Verbesserung der Lage des Proletariats, zur Verbesserung der Lage der Klasse beitragen, die die Staatsmacht in ihren Händen hält.

Zu fürchten, dass die Kleinproduktion in der Landwirtschaft und in der Industrie in einem Umfang anwachsen wird, der für unsere Großindustrie gefährlich werden kann, ist unbegründet.

Damit die Industrie ansteige, müssen gewisse Anzeichen in Erscheinung treten.

Bekommen wir eine Missernte (ich habe euch bereits auf die Broschüre Popows aufmerksam gemacht), haben wir eine Missernte und ebensolche kümmerlichen Mittel wie im vergangenen Jahr, so wird von irgendeiner Verringerung der Krise und von der Entwicklung der Kleinindustrie gar keine Rede sein können: die Wiederherstellung der kapitalistischen Verhältnisse ist nur unter der Bedingung möglich, dass sich Überschüsse an landwirtschaftlichen Erzeugnissen ergeben. Das letztere ist möglich und sehr wichtig, weil es uns ein wesentliches Plus gibt. Die Frage, ob die Klein- oder die Großproduktion mehr gewinnen wird, ist eine Frage der Vereinigung und Verknüpfung jener Ausnutzung unseres Fonds und der Entwicklung des Marktes, die wir durch ein Abkommen mit dem Kapitalismus im Zusammenhang mit den Konzessionen erreichen. Und das wird uns eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion bringen. Wer von uns diese Mittel besser ausnutzen wird, davon hängen auch die Resultate ab. Ich glaube, wenn die Arbeiterklasse, die die wichtigsten Zweige der Großindustrie in ihrer Hand hält, die Aufmerksamkeit auf die wichtigsten von ihnen konzentrieren wird, so wird sie mehr gewinnen als die Kleinindustrie, selbst wenn die Kleinindustrie proportional rascher anwachsen sollte. Die Lage der Textilindustrie war bei uns derart, dass man Ende 1920 zweifellos eine Besserung feststellen konnte, aber es mangelte an Brennstoff; wenn wir genügend Brennstoff gehabt hätten, so würden wir bis zu 800 Millionen Arschin Stoffe bekommen haben und hätten für den Austausch gegen die landwirtschaftlichen Produkte Material eigener Produktion.

Doch zugleich mit der Brennstoffkrise haben wir einen gewaltigen Rückgang der Produktion. Wenn jetzt auch Kohle im Ausland gekauft wird und wenn in ein oder zwei Wochen Schiffe mit Kohle bei uns eintreffen werden, so haben wir doch bereits einige Wochen oder sogar Monate verloren.

Jede Verbesserung der Lage der Großproduktion, die Möglichkeit, einige große Fabriken in Betrieb zu setzen, festigt die Lage des Proletariats dermaßen, dass wir gar keine Veranlassung haben, das kleinbürgerliche Element, sogar wenn es wächst, zu fürchten. Nicht davor brauchen wir uns zu fürchten, dass das Kleinbürgertum und das Kleinkapital anwachsen werden. Fürchten müssen wir uns davor, dass der Zustand des ärgsten Hungers, der Not, des Mangels an Lebensmitteln zu lange andauert, dessen Folge bereits die völlige Entkräftung des Proletariats ist, die Unmöglichkeit für das Proletariat, der Elementarkraft der kleinbürgerlichen Schwankungen und der Verzweiflung zu widerstehen. Das ist schrecklicher. Bei einer Vermehrung der Produktenmenge wird keine Entwicklung des Kleinbürgertums ein großes Minus bilden, da das zur Entwicklung der Großindustrie beiträgt. Wir müssen die kleinbäuerliche Wirtschaft anspornen. Alles, was wir zu ihrer Anspornung tun können, sind wir zu tun verpflichtet. Die Steuer ist eine der bescheidenen, aber sicheren Maßnahmen in dieser Hinsicht, eine Maßnahme, die diese Anspornung herbeiführen wird und die wir unbedingt annehmen müssen.

1 Nach den Worten „keine sozialistische sein werde“ sowie nach den Worten „kommen werde“ sind in der stenographischen Aufzeichnung einige Worte ausgelassen. Die Red.

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