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X. Parteitag

Der „Bericht über die politische Tätigkeit des ZK der KPR(B) auf dem X. Parteitag der KPR(B)“ vom 8. März 1921 und der „Bericht über die Naturalsteuer“ auf demselben Parteitag vom 15. März 1921 bestimmten dem Wesen nach nicht nur die Richtung der ganzen Arbeit dieses Parteitages, sondern auch die ganze weitere Politik der Partei für eine lange Periode. In diesen Berichten findet man zugleich mit der Einschätzung der Situation, jener Verschärfung der ökonomischen und politischen Krise im Lande (siehe Anm. 1 zum vorliegenden Band), die die Zeit, in der der Parteitag tagte, charakterisierte, auch die Begründung für den Übergang von der Politik des Kriegskommunismus zur neuen ökonomischen Politik. [...]

Der X. Parteitag, der unter Lenins Führung eine Wendung in der ökonomischen Politik der Partei herbeiführte, bewirkte eine entsprechende Wendung auch in allen übrigen grundlegenden Arbeitszweigen der Partei und der Sowjetmacht. Der Parteitag nahm folgende äußerst wichtige Entschließungen an: 1. Entschließung „Über die Fragen des Parteiaufbaus“, die die Grundlage für die Entwicklung der innerparteilichen Demokratie in den folgenden Etappen des sozialistischen Aufbaus und des Klassenkampfes unter den Bedingungen der neuen ökonomischen Politik schuf; 2. Entschließung „Über die Rolle und die Aufgaben der Gewerkschaften“, die der Gewerkschaftsdiskussion ein Ende machte und die Grundlage für die weitere Gewerkschaftspolitik der Partei bildete; 3. Entschließung „Über die aktuellen Aufgaben der Partei in der nationalen Frage“, die der Entfaltung der nationalen Politik der Partei in den folgenden Etappen zugrunde gelegt wurde; 4. Entschließung „Die Sowjetrepublik in kapitalistischer Umgebung“, die die Grundlagen der ökonomischen Außenpolitik der Partei unter den Bedingungen des Übergangs von der Kriegsfront zur Wirtschaftsfront bestimmte.

Um den Leninschen „Bericht über die politische Tätigkeit des ZK der KPR(B)“ sowie um die Fragen des Parteiaufbaus und die Frage nach der Rolle und den Aufgaben der Gewerkschaften spielte sich auf dem Parteitag ein entschiedener Kampf gegen die oppositionellen Strömungen und fraktionellen Gruppierungen ab, die auch schon vor dem Parteitag aufgetreten waren. Unter Lenins Führung wurden sie zerschlagen. Auf seinen Antrag hin wurden zwei Resolutionen, „Über die Einheit der Partei“ und „Über die syndikalistische und anarchistische Abweichung in unserer Partei“, angenommen, die für den weiteren Kampf um die Einheit der Partei in den späteren Etappen der Revolution von größter Tragweite waren. Dieser Kampf, der sich unter den äußerst schwierigen Bedingungen eines Wendepunktes in der Geschichte der Partei und der proletarischen Diktatur im Lande der Sowjets abspielte, zu einer Zeit, wo der Kronstädter Aufstand ausbrach und niedergeworfen wurde und in einer ganzen Reihe von Gegenden konterrevolutionärer Banditismus bekämpft werden musste, fand einen markanten Ausdruck sowohl in dem speziellen Bericht Lenins „Über die Einheit der Partei und die anarchosyndikalistische Abweichung“ als auch in seinem „Bericht über die politische Tätigkeit des ZK“ und im Schlusswort zu diesem Bericht.

Die Resolution des Parteitages zum Bericht des ZK „erklärt die innere und äußere Politik des ZK im Großen und Ganzen für richtig“ und „hält es für notwendig, zur geplanten Sicherung der völligen Stabilität der Politik des führenden Zentrums der Partei und zur Verstärkung seiner Verbindung mit den breiten proletarischen Massen die Organisatoren in das ZK aufzunehmen, die sich in der Parteiarbeit unter den Massen hervorgetan haben“. Resolutionen wurden noch von der „Arbeiteropposition“ und von der Gruppe „Demokratischer Zentralismus“ eingebracht Für die Resolution, die die Linie des ZK billigte, wurden 514 Stimmen, d. h. die erdrückende Mehrheit der Stimmen, abgegeben, die Resolution der Gruppe „Demokratischer Zentralismus“ erhielt 47, die der „Arbeiteropposition“ 45 Stimmen. Die Schlussabstimmung ergab 59 Gegenstimmen und 31 Stimmenthaltungen.

Zu den Fragen des Parteiaufbaus sprachen außer Genossen Bucharin, dem Referenten, als Korreferenten: von der „Arbeiteropposition“ Ignatow, von der Gruppe „Demokratischer Zentralismus“ Genosse Maximowski. Bei der Abstimmung erhielt die Resolution des ZK 369 Stimmen, die Thesen der „Arbeiteropposition“ 23 Stimmen, die der Gruppe „Demokratischer Zentralismus“ 9 Stimmen. Nach dem Bericht der Kommission wurde die vorgeschlagene Resolution mit allen Stimmen bei 18 Stimmenthaltungen angenommen.

Über die Gewerkschaftsfrage, die vor dem Parteitag in der ganzen Partei eingehend diskutiert worden war, war Sinowjew Referent, Schljapnikow und Trotzki Korreferenten. Die Abstimmung ergab: für die Resolution der „Zehn“, die den Standpunkt Lenins und des ZK zum Ausdruck brachte, 336 Stimmen, für die Thesen Trotzkis 50, für die Thesen der „Arbeiteropposition“ 18 Stimmen. Nach dem Bericht der Kommission wurden bei der Schlussabstimmung die Thesen der „Zehn“ mit einigen von der Kommission eingefügten Zusätzen mit allen Stimmen gegen 16 Stimmen der „Arbeiteropposition“ und bei 4 Stimmenthaltungen angenommen.

Die Resolution zum Bericht Lenins über die Naturalsteuer wurde ohne irgendwelche prinzipiellen Einwände angenommen.

Der von Lenin eingebrachten Resolution „Über die Einheit der Partei“ wurde die Resolution der „Arbeiteropposition“ entgegengestellt, in der die verleumderischen, parteifeindlichen Beschuldigungen gegen das Zentralkomitee wiederholt wurden.

Nach der endgültigen Abstimmung über die Resolutionen über die Parteieinheit und die anarchosyndikalistische Abweichung wurde vom Parteitag auf Antrag Lenins folgende besondere Resolution angenommen: „Der Parteitag fordert alle Mitglieder der aufgelösten Gruppe der ,Arbeiteropposition‘ auf, sich der Parteidisziplin zu fügen, und verpflichtet sie, auf den ihnen übertragenen Posten zu verbleiben.“

Der X. Parteitag bereitete somit dem innerhalb der Partei von der Trotzki-Gruppe, der „Arbeiteropposition“ und der Gruppe „Demokratischer Zentralismus“ entfachten Fraktionskampf ein Ende. Das Verbot von Fraktionen und Gruppierungen bildete für all die folgenden Jahre eine der wichtigsten Direktiven für die Partei. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 34]

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