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Rosa Luxemburg 19010200 Brief an Franz Mehring

Rosa Luxemburg: Brief an Franz Mehring

[Nach Rosa Luxemburg, Briefe, Band 1, Berlin 1982, S. 513 f.]

[Friedenau, zwischen 16. Januar und 13. Februar 1901]

Lieber Freund!

Ich habe heute wieder mein Pensum an Kautsky abgeliefert und kann mich für Ihre liebenswürdigen Zeilen mit freiem Kopf bedanken. Mir war es selbst peinlich, dass ich nicht zum Konzert konnte, auf das wie auf Ihre verehrte Frau und Ihre Gesellschaft ich mich so gefreut hatte! Aber in dieser Woche habe ich wirklich Pech gehabt. Gerade wo ich mich in den letzten Tagen matt und nicht ganz wohl fühlte, hatte ich außer dem Artikel für die »Neue Zeit« viel polnische Arbeit. Wir haben jetzt Nachwahl zum Reichstag in Posen, und ich fabriziere Flugblätter, Repliken etc. Ich soll auch noch nach Posen zu einer Versammlung der polnischen »Volkspartei« kommen als Diskussionsrednerin, weil wir selbst keine Säle kriegen. Ich habe da schöne Aussichten, denn in drei solchen Versammlungen sind unsere Leute schon verprügelt worden, und zwar so tüchtig, dass z.B. unser Kandidat krank liegt. Ich bin sehr darauf gespannt, ob ich auch Keile kriege. Das hat übrigens Zeit, ich gehe jedenfalls erst gegen das Ende des Monats hin.

Heute war ich gerade bei Kautsky, als Frau K von Ihnen zurückkam und mir die erfreuliche Nachricht brachte, dass Ihre verehrte Frau bereits wieder hergestellt ist. Das freut mich herzlich! Ich hoffe, dass Sie selbst gleichfalls bei guter Gesundheit sind.

Mein Landsmann Melcer soll, wie ich höre, noch ein Konzert geben, und zu diesem hoffe ich sicher, zusammen mit Ihnen (ich besorge für Sie jedenfalls drei Billetts) gehen zu können, wenn Sie mir das Vergnügen nicht versagen.

In einer Woche habe ich aber auch meine ganze langweilige französische Serie hinter mir, und zur Erholung erlaube ich mir dann, sehr bald nach Steglitz zu pilgern.

Einstweilen meine herzlichsten Grüße, auch an Ihre verehrte Frau und Schwägerin,

Ihre ergebene

Rosa Luxemburg

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