Leo Trotzki‎ > ‎1917‎ > ‎

Leo Trotzki 19170922 Resolution des Petrograder Sowjets zu den Ereignissen des 3. bis 5. Juli 1917

Leo Trotzki: Resolution des Petrograder Sowjets zu den Ereignissen des 3. bis 5. Juli 1917

(9./22. September)

[„Rabotschij Put" Nr. 8, 12./25. September 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 1. Москва-Ленинград, 1924]

Der Petrograder Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten erklärt, dass die von der provisorischen Regierung in Bezug auf die wirklichen und imaginären Teilnehmer der Juli-Bewegung auferlegten Vergeltungsregelungen ein unauslöschlicher Fleck auf der Justiz und den offiziellen Führern des Landes sind.

1. In voller Übereinstimmung mit den Sicherheits- und Polizeimethoden des alten Regimes wurde die Juli-Bewegung als Produkt der militärischen Verschwörung der politischen Partei der Bolschewiki falsch dargestellt.

2. Die Regierungsbehörden haben bislang nicht die wichtigsten Fakten über die Juli-Bewegung veröffentlicht: die Zahl der Toten und Verwundeten bei Demonstranten, Regierungskräften und außenstehendem Publikum – doch würde es ausreichen, diese Daten in gutem Glauben zu ermitteln, um den Vorwurf, die Demonstration sei ein bewaffneten Aufstand oder eine Rebellion, als Verfälschung zu entdecken.

3. Die Verurteilung der Demonstranten nach Artikel 100, der den bewaffneten Aufstand gegen die autokratische unbegrenzte Macht des Zaren bestraft, zeigt besonders klar die Justiz von Perewersew-Sarudnij, die auf „zaristischen" Artikeln beruht und die Gerichtsbeamten des alten Regimes gegen die Arbeiterpartei mobilisiert.

4. Diese Arbeit wurde durch eine beispiellose Verleumdungskampagne gegen die erfahrenen Führer der Arbeiterpartei ergänzt, die in Jahrzehnten uneigennütziger und selbstloser Arbeit ihre völlige Hingabe an die Sache des Sozialismus und der Revolution bewiesen haben. Die ungezügelte reaktionäre Presse, mit der aktiven Unterstützung von Justizgestalten wie Perewersew und Karinskij, und professionellen Verleumdern wie Alexinski und Burzew stellt tadellose Revolutionäre als Agenten des deutschen Imperialismus dar.

5. Die Anklage gegen die Genossen Lenin und Sinowjew, einem Prozess auszuweichen, nachdem sie sich gemäß der Entscheidung des Zentralkomitees ihrer Partei nicht einverstanden erklärten, sich unter den oben genannten Bedingungen der Schwarzhundert-Gegenspionage und den zaristischen Ermittler auszuliefern, ist eine skrupellose Hetzjagd, da die Genossen immer bereit sind, vor Gericht zu erscheinen, sobald elementare Bedingungen der Gerechtigkeit vorhanden sind.

In diesem Sinne fordert der Sowjet, dass Lenin und Sinowjew die Gelegenheit gegeben wird, in den Reihen des Proletariats offen zu arbeiten.

6. Zu der Reihe der willkürlichen Verhaftungen, der Zerstörungen, der Schließung der Arbeiterzeitungen gehört die Verhaftung des Genossen Krylenko, der seit mehr als zwei Monaten auf persönlichen Befehl Kerenskis eingesperrt ist, ohne dass gegen ihn Anklage erhoben wird – trotz der Tatsache, dass Genosse Krylenko Petrograd vor den Juli-Ereignissen verließ und dass sowohl die zivilen als auch die militärischen Justizbehörden offiziell erklärt hatten, dass von ihrer Seite keine Anklagen gegen den Genossen Krylenko vorliegen.

7. Ebenso unverschämt ist die Tatsache, dass die ehemaligen Minister Awksentjew und Sawinkow es möglich fanden, eine Wache an die Tür der Wohnung der Genossin Kollontai zu stellen, nachdem sie von den Ermittlungsbehörden auf Kaution freigelassen worden war, und dass nach dem Rücktritt der Minister selbst ihre Agenten weiterhin die unwürdigste Freiheitsbeschränkung für Genossin Kollontai bilden.

Angesichts des Vorgenannten erklärt der Petrograder Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten die Verfasser, Verbreiter und Helfershelfer der Verleumdung gegen verdiente und unschuldige Revolutionäre für verächtlich, fordert die sofortige Freilassung auf Kaution aller Revolutionäre, gegen die politische Anklagen erhoben haben, und fordert die unmittelbare öffentliche und glaubwürdige Überprüfung des gesamten Untersuchungsprozess des Falles 3.-5. Juli mit der Beseitigung aller kompromittierten gerichtlichen Persönlichkeiten.

Kommentare