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Sowjetpresse

Bereits zu Beginn des XX. Jahrhunderts rollte Lenin als Führer der Arbeiterbewegung, als Organisator und Leiter der proletarischen Partei die Frage der Rolle einer Zeitung für ganz Russland auf und sah darin eine Grundfrage der Arbeiterbewegung und der Parteiarbeit.

Eine solche Zeitung sollte – nach Lenins Meinung – eine mächtige Waffe der systematischen, prinzipiellen, gesinnungsfesten und allseitigen Propaganda und Agitation unter den Arbeitern werden, eine Waffe zur Entlarvung und politischen Anprangerung des Absolutismus und des russischen Kapitalismus. Die Zeitung sollte die Behebung der Zersplitterung innerhalb der Arbeiterbewegung sowie die Vereinigung der Anstrengungen der proletarischen Revolutionäre in ihrem Kampf gegen den Absolutismus, gegen die ganze grundherrlich-bürgerliche Ordnung fördern, Daher war die Gründung einer Zeitung nicht nur für agitatorisch-propagandistische Zwecke, sondern auch aus organisatorischen Erwägungen notwendig. Lenin betonte mit besonderem Nachdruck, dass die Zeitung ein kollektiver Organisator sein soll.

Bekanntlich hat die Zeitung „Iskra“ („Der Funke“), die (bis zu Nr. 52, von wo an sie menschewistisch wurde und Lenin aus der Redaktion austrat) unter Anteilnahme und unter der unmittelbaren Führung Lenins herausgegeben wurde, die Rolle eines solchen kollektiven Propagandisten, Agitators und Organisators gespielt. Gewiss konnte die Leninsche „Iskra“ aus vielen Gründen noch nicht zu jener Massenzeitung werden, von der Lenin schrieb. Als jedoch die bolschewistische Partei erstarkte und die im Aufschwung begriffene Arbeiterbewegung einen Massencharakter annahm, erschien auch eine solche politische bolschewistische Massenzeitung wie die „Prawda“ („Die Wahrheit“).

Das Erscheinen der „Prawda“ bildete in der Periode des revolutionären Aufschwungs der Arbeiterbewegung in der Zeit von 1912 – 1914 ein bedeutendes Ereignis. Die „Prawda“ spielte bei der Beschleunigung des Sieges der proletarischen Revolution eine hervorragende Rolle. Lenin, der dies später, im Jahre 1922, in einem Artikel anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der „Prawda“ hervorhob, schrieb dort u. a.: „Das zehnjährige Jubiläum der legalen bolschewistischen Tageszeitung ,Prawda' zeigt uns anschaulich einen der Marksteine der großen Beschleunigung der größten Revolution der Welt. Im Jahre 1906-1907 mochte es scheinen, dass der Zarismus die Revolution aufs Haupt geschlagen habe. Die bolschewistische Partei vermochte jedoch nach wenigen Jahren, in anderer Form, auf neue Art in die Zitadelle des Feindes einzudringen und tagaus, tagein, ,legal' die Arbeit der Sprengung des fluchwürdigen zaristischen und gutsherrlichen Absolutismus von innen heraus aufzunehmen. Es verflossen noch einige wenige Jahre, und die vom Bolschewismus organisierte proletarische Revolution siegte“ (siehe Sämtliche Werke, Bd. XXVII).

Die bolschewistische Presse vermochte ihre führende und organisierende Rolle nur deshalb zu spielen, weil sie von jenem bolschewistischen Parteigeist durchdrungen war, für den Lenin unermüdlich kämpfte.

Für die Einbürgerung dieser Grundsätze des Parteigeistes in der Literatur und in den Zeitungen haben Lenin und die Partei stets einen beharrlichen, unversöhnlichen Kampf geführt. Diese Grundsätze bleiben auch für die Gegenwart in Kraft. Freilich haben sich die konkreten Aufgaben der Presse als kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator der Massen nach der Oktoberrevolution erheblich geändert. Über diese veränderten Aufgaben und im Zusammenhang damit über den veränderten Charakter der Zeitungen zur Zeit der Diktatur des Proletariats sprach Lenin wiederholt. im Großen und Ganzen führt Lenin im vorliegenden Artikel dasselbe aus, was er auch in seinem späteren Artikel „Über die Arbeit des Volkskommissariats für Bildungswesen“ (im Februar 1921 geschrieben) darlegt. Lenin, der darin den Fragen der Verbreitung der Zeitungen große Aufmerksamkeit widmet, geht dabei von der Bedeutung aus, die der Presse beim Aufbau der neuen sozialistischen Gesellschaft zukommt. „Der Kapitalismus“ – schreibt Lenin dort – „machte aus den Zeitungen ein kapitalistisches Unternehmen, ein Instrument des Profits für die Reichen, der Information und des Vergnügens für sie, ein Instrument des Betrugs und der Verdummung der Massen der Werktätigen. Wir haben das Instrument des Profits und Betrugs zerbrochen. Wir haben begonnen, aus den Zeitungen ein Instrument der Aufklärung der Massen zu machen, ein Instrument, das sie lehrt, wie sie ohne Großgrundbesitzer und Kapitalisten leben und ihre Wirtschaft aufbauen sollen. Wir haben jedoch eben erst begonnen, dies zu tun. In dreieinhalb Jahren haben wir wenig getan. Es muss aber sehr viel getan, es muss noch ein sehr langer Weg zurückgelegt werden. Weniger politisches Geschnatter, weniger allgemeine Erwägungen und abstrakte Losungen, mit denen sich die unerfahrenen Kommunisten, die ihre Aufgaben noch nicht erfasst haben, vergnügen, mehr Produktionspropaganda und am meisten eine sachliche, geschickte, dem Entwicklungsniveau der Massen angepasste Berücksichtigung der praktischen Erfahrungen“ (von uns hervorgehoben. D. Red.). [...]. [Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 137]

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