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Auslandsliga der russischen revolutionären Sozialdemokratie 19011000 Erklärung

Erklärung der Auslandsliga der russischen revolutionären Sozialdemokratie

[Flugblatt. 1901. Liga der Russischen Revolutionären Sozialdemokratie. Nach Sämtliche Werke, Band 4.2, Wien-Berlin 1929, S. 355 f.]

Nach dem misslungenen Versuch der Vereinigung aller Auslandsorganisationen der russischen Sozialdemokratie, einer Vereinigung, für die, wie es sich erwiesen hat, noch keine genügende prinzipielle Einmütigkeit vorhanden war, haben die revolutionäre Organisation „Sozialdemokrat" und die Auslandsabteilung der Organisation „Iskra" beschlossen, sich zur „Auslandsliga der revolutionären Sozialdemokratie" zu verschmelzen.

Die sogenannte „Einigungs"-Konferenz haben wir verlassen, begleitet von den feindlichen Zurufen: „Nieder mit den Sektierern!" Das ist der gleiche Zuruf, mit dem noch vor kurzem in Frankreich die erbärmlichen Anhänger des Minister-Verräters diejenigen begleitet haben, die den Grundsätzen des internationalen revolutionären Sozialismus treu geblieben sind.

Die Auslandsliga der Russischen Revolutionären Sozialdemokratie setzt sich das Ziel, die aktiven Elemente in Russland zu unterstützen bei der Herausarbeitung einer sozialdemokratischen Kampforganisation, die notwendig ist, damit das russische Proletariat die ihm zugefallene historische Mission erfüllen kann.

In Anbetracht der bei uns im ständigen Anwachsen begriffenen Armee von Revolutionären, die nur in ihrer eigenen Einbildung Sozialisten sind, in Wirklichkeit aber zugunsten der entstehenden bürgerlichen Demokratie arbeiten, bleiben wir auch weiterhin „Sektierer" und betrachten als das leitende Prinzip unserer ganzen Tätigkeit die Sache des revolutionären Sozialismus, die Endziele der internationalen proletarischen Bewegung. Wie die niederländischen Geusen1, nehmen wir mit Stolz den uns zugeworfenen Spottruf auf, der uns, nach der Absicht unsrer Gegner, trennen soll von dem breiten Lager jener, für die die revolutionäre Theorie des Marxismus nichts ist als ein „tötendes Dogma", deren sozialistische Phraseologie nur den kleinbürgerlichen Mangel an Verständnis für die Interessen des Proletariats verdeckt.

Treu dem Geiste des Manifestes der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands, und in ihren Reihen kämpfend, formulieren wir unsere Aufgaben so, wie sie von der Gruppe „Befreiung der Arbeit" zum ersten Mal formuliert worden sind: Kampf auf dem Boden der Klassenbewegung des Proletariats gegen das gesamte gegenwärtige soziale und politische Regime für den Triumph des Sozialismus, Kampf, in dem das organisierte und klassenbewusste Proletariat an der Spitze aller unterdrückten Volksschichten steht und sie vor allem zum Sturm gegen die Feste des Absolutismus führt.

Indem wir uns an alle wenden, die imstande sind, sich über persönliche Streitigkeiten zu erheben und hinter dem Schein organisatorischer Meinungsverschiedenheiten den Kampf um Grundsätze zu sehen, der von tiefster, lebenswichtiger Bedeutung ist; an alle, die ihre Kräfte in den Dienst des rassischen Proletariats stellen wollen; an alle, in denen das Gefühl der Verantwortung der Klasse gegenüber lebendig ist, unter deren Banner sie sich stellen, für die der Gedanke des unbewussten Verrats der proletarischen Interessen an die ausbeutenden Klassen unerträglich ist; an alle, die ersticken unter dem schweren Joch des russischen Absolutismus und die verstehen, dass nur das Proletariat, das sich seiner Interessen vollkommen bewusst ist und das von der revolutionären Sozialdemokratie organisiert wird, diese das russische Volk schändende Pest aus der Welt schaffen kann, – fordern wir euch, Genossen, auf, unermüdlich zu arbeiten an der Lösung der Fragen, die in der letzten Zeit durch die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der russischen Sozialdemokratie aufgerollt sind, und dann – dessen sind wir gewiss – wird eure Unterstützung der neuen Liga gesichert sein.

Es lebe die revolutionäre Sozialdemokratie! Es lebe die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands!

1 Geusen – bedeutet wörtlich „Bettler", – ein Spottname, mit dem die spanischen Höflinge die niederländischen Adligen bezeichneten, die im XVI. Jahrhundert den Aufstand gegen die spanische Herrschaft begannen. D. Red.

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