e) Der Konflikt wegen der Gleichberechtigung der Sprachen

e) Der Konflikt wegen der Gleichberechtigung der Sprachen

Kehren wir zur Tagesordnung des Parteitages zurück.

Wir haben uns jetzt davon überzeugt, dass noch vor Eintritt in die sachliche Behandlung der Fragen auf dem Parteitag sich nicht nur eine ganz bestimmte Gruppe von Anti-Iskristen (8 Stimmen) deutlich herausgebildet hatte, sondern auch eine Gruppe von schwankenden Zwischenelementen, die bereit waren, diese 8 Stimmen zu unterstützen und sie auf ungefähr 16 bis 18 Stimmen zu erhöhen.

Die Frage nach der Stellung des „Bund" in der Partei, die vom Parteitag außerordentlich, allzu ausführlich erörtert wurde, lief auf die Entscheidung über eine grundsätzliche These hinaus, während die praktische Lösung verschoben wurde bis zur Beratung über die organisatorischen Beziehungen. Da in der Literatur vor dem Parteitag der Erläuterung der hierzu gehörenden Probleme ziemlich viel Raum gewidmet war, hat die Diskussion auf dem Parteitag verhältnismäßig wenig Neues gezeitigt. Es muss noch bemerkt werden, dass die Anhänger des „Rabotscheje Djelo" (Martynow, Akimow und Bruker), die sich mit der Resolution Martows einverstanden erklärten, den Vorbehalt machten, dass sie ihre Unzulänglichkeit zugeben und in ihren Schlussfolgerungen anderer Meinung sind (S. 69, 73, 83 und 86).

Von der Frage der Stellung des „Bund" ging der Parteitag zum Programm über. Die Diskussion drehte sich hier zum größten Teil um kleinere Korrekturen von geringem Interesse. Grundsätzlich äußerte sich die Opposition der Anti-Iskristen nur in dem Feldzug des Genossen Martynow gegen die vielgenannte Stellung der Frage der Spontaneität und Zielbewusstheit. Hinter Martynow stellten sich selbstverständlich geschlossen die Bundisten und die „Rabotscheje Djelo"-Leute. Die Unzulänglichkeit seiner Einwände wurde unter anderem von Martow und Plechanow aufgezeigt. Als Kuriosum sei hervorgehoben, dass die Redaktion der „Iskra" jetzt (wahrscheinlich nach einer gewissen Überlegung1) auf die Seite Martynows übergegangen ist und das Gegenteil von dem behauptet, was sie auf dem Parteitag behauptet hatte! Das entspricht wahrscheinlich dem berühmten Grundsatz von der „Kontinuität" …2. Es bleibt abzuwarten, wann die Redaktion sich ganz klar sein wird über die Frage – und sie uns auseinandersetzt –, wie weit, worin und seit wann sie mit Martynow einverstanden ist. Vorläufig wollen wir nur fragen, ob man je ein Parteiorgan gesehen hat, dessen Redaktion nach dem Parteitag genau das Gegenteil von dem sagt, was sie auf dem Parteitag gesagt hat?3

Wir lassen die Diskussion über die Anerkennung der „Iskra" als Zentralorgan (wir haben sie schon früher erwähnt)4 und den Beginn der Debatten über das Statut (es wird zweckmäßig sein, sie zusammen mit der Erörterung des Statuts zu behandeln) beiseite und wollen zu den prinzipiellen Schattierungen übergehen, die sich bei der Erörterung des Programms offenbart haben. Vor allem wollen wir eine höchst charakteristische Einzelheit hervorheben: die Debatten über die Frage des Proporzes. Genosse Jegorow vom „Juschny Rabotschij" trat für die Aufnahme dieser Frage ins Programm ein, und zwar so, dass er die berechtigte Bemerkung Possadowskis (eines Iskristen aus der „Minderheit") über „eine ernste Meinungsverschiedenheit" hervorrief. „Es unterliegt keinem Zweifel, sagte Genosse Possadowski, dass wir in folgender Grundfrage miteinander nicht übereinstimmen: ist es notwendig, unsere künftige Politik den einen oder andern demokratischen Grundprinzipien unterzuordnen und ihnen einen absоluten Wert zuzusprechen, oder aber müssen alle demokratischen Prinzipien ausschließlich den Vorteilen unserer Partei untergeordnet werden? Ich trete entschieden für das letztere ein." Plechanow „schließt sich ganz" Possadowski an und wehrt sich in noch bestimmteren und entschiedeneren Ausdrücken gegen den „absoluten Wert der demokratischen Prinzipien", er wehrt sich dagegen, dass sie „abstrakt" betrachtet werden. „Hypothetisch ist der Fall denkbar", sagt er, „wo wir Sozialdemokraten uns gegen das allgemeine Wahlrecht aussprechen. Die Bourgeoisie der italienischen Republiken hat einst den Leuten, die dem Adel angehörten, die politischen Rechte abgesprochen. Das revolutionäre Proletariat könnte die politischen Rechte der höheren Klassen ebenso einschränken, wie die höheren Klassen einstmals seine politischen Rechte eingeschränkt hatten". Plechanows Rede wurde mit Händeklatschen und mit Zischen aufgenommen, und als Plechanow gegen den Zwischenruf5 „Sie dürfen nicht zischen" Einspruch erhob und die Genossen bat, sich keinen Zwang anzutun, da stand Genosse Jegorow auf und sagte: „Wenn solche Reden Händeklatschen hervorrufen, bin ich verpflichtet, zu zischen." Zusammen mit Genossen Goldblatt (einem Delegierten des „Bund") wandte sich Genosse Jegorow gegen die Auffassungen Possadowskis und Plechanows. Leider wurden die Debatten geschlossen und die mit ihnen im Zusammenhang aufgetauchte Frage verschwand sofort von der Bildfläche6. Doch vergebens versucht jetzt Genosse Martow ihre Bedeutung abzuschwächen oder sogar ganz zu leugnen, wenn er auf dem Kongress der Liga erklärt: „Diese Worte (Plechanows) haben die Empörung eines Teiles der Delegierten hervorgerufen, die man leicht hätte vermeiden können, wenn Genosse Plechanow hinzugefügt hätte, dass man sich natürlich eine so tragische Lage nicht vorstellen könne, in der das Proletariat zur Festigung seines Sieges solche politischen Rechte, wie die Pressefreiheit, mit Füßen treten müsse … " (Plechanow: merci) (S. 58, Protokolle der Liga). Diese Auslegung steht in direktem Widerspruch zu der ganz kategorischen Erklärung des Genossen Possadowski auf dem Parteitag über die „ernste Meinungsverschiedenheit" in der „Grundfrage" und über das Auseinandergehen in der „Grundfrage". In dieser Grundfrage haben sich alle Iskristen auf dem Parteitag gegen die Vertreter der anti-iskristischen „Rechten" (Goldblatt) und des Parteitags-„Zentrum" (Jegorow) ausgesprochen. Das ist eine Tatsache, und man kann entschieden dafür bürgen, dass eine ernste Meinungsverschiedenheit sofort in Erscheinung getreten wäre, wenn das „Zentrum" (ich hoffe, dieses Wort wird die „offiziellen" Anhänger der Weichheit weniger schockieren als irgendein anderes … ), wenn also das „Zentrum" (in Person der Genossen Jegorow oder Machow) sich „ungezwungen" zu dieser oder ähnlichen Fragen geäußert hätte.

Die Meinungsverschiedenheit trat noch deutlicher in Erscheinung in der Frage der „Gleichberechtigung der Sprachen" (S. 171 und folg. d. Protokolle). In dieser Frage sind nicht so sehr die Debatten bezeichnend, wie die Abstimmungen: wenn wir ihre Summe zusammenzählen, so erhalten wir die unglaubliche Zahl sechzehn! Und worum ging es? Um die Frage, ob es genüge, im Programm von einer Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig von Geschlecht usw. und Sprache zu reden, oder ob es notwendig sei, zu sagen: „Freiheit der Sprache" oder „Gleichberechtigung der Sprachen". Genosse Martow hat auf dem Liga-Kongress diese Episode ziemlich richtig gekennzeichnet, als er sagte, dass der „geringfügige Streit um die Fassung dieses Punktes des Programmes eine prinzipielle Bedeutung angenommen habe, denn die Hälfte des Parteitages war bereit, die Programmkommission zu stürzen". Gerade so war es*. Der Anlass des Konfliktes war ganz geringfügig, und dennoch hat der Konflikt einen wirklich prinzipiellen Charakter und darum auch eine ungeheuer erbitterte Form angenommen. Es kam sogar zu dem Versuch, die Programmkommission „zu stürzen", zur Verdächtigung, man wolle „den Parteitag hereinlegen" (diesen Verdacht sprach Jegorow gegen Martow aus), zu einem Austausch von persönlichen Bemerkungen, die in grobe Schimpfereien ausarteten (S. 178). Sogar Genosse Popow „drückte sein Bedauern aus, dass aus Anlass von Kleinigkeiten eine solche Atmosphäre (von mir gesperrt, S. 182) entstanden sei", wie sie in den letzten drei Sitzungen herrschte (S. 16, 17 und 18).

Alle diese Äußerungen sind im höchsten Grade bestimmt und weisen kategorisch auf jene auffallende Tatsache hin, dass die Atmosphäre der „Verdächtigungen" und der äußerst erbitterten Formen des Kampfes (Sturz), deren Erzeugung nachher auf dem Liga-Kongress der Mehrheit der Iskristen vorgeworfen wurde, in Wirklichkeit lange bevor wir uns in eine Mehrheit und eine Minderheit gespalten hatten, entstanden war. Ich wiederhole, das ist eine Tatsache von größter Wichtigkeit, – die grundlegende Tatsache, deren Verkennung viele, sehr viele zu den leichtsinnigsten Ansichten von der Künstlichkeit der Mehrheit am Schluss des Parteitages führte. Vom jetzigen Standpunkte des Genossen Martow, der versichert, dass auf dem Parteitag neun Zehntel Iskristen waren, ist die Tatsache vollkommen unerklärlich und unsinnig, dass wegen „Kleinigkeiten", aus einem „geringfügigen" Anlass ein Konflikt entstehen konnte, der einen „prinzipiellen Charakter" erhielt und fast zum Sturz einer Parteitagskommission geführt hätte. Es wäre lächerlich, wollte man über diese Tatsache mit Wehklagen und Bedauern über Witze, die „Schaden" angerichtet haben, hinweggehen. Eine prinzipielle Bedeutung konnte der Konflikt wegen irgendwelcher bissigen Witze nicht erhalten; eine solche Bedeutung konnte sich nur aus dem Charakter der politischen Gruppierungen auf dem Parteitag ergeben7. Nicht Schroffheiten und nicht Witze haben den Konflikt geschaffen, – sie waren nur ein Sуmptоm dafür, dass in der politischen Gruppierung des Parteitags selbst ein „Widerspruch" vorhanden ist, dass in ihr alle Keime für einen Konflikt stecken, eine innere Ungleichartigkeit sich birgt, die aus jedem, selbst dem geringfügigsten Anlass, mit immanenter Kraft durchbricht.

Von dem Standpunkt hingegen, von dem ich den Parteitag betrachte und den zu verteidigen ich für meine Pflicht halte – als bestimmte politische Auffassung der Ereignisse, auch wenn irgendwer an dieser Auffassung Anstoß nimmt –, von diesem Standpunkt8 ist der verzweifelt-scharfe Konflikt prinzipiellen Charakters aus „geringfügigem" Anlass durchaus erklärlich und unvermeidlich. Da wir auf dem Parteitag die ganze Zeit hindurch einen Kampf der Iskristen gegen die Anti-Iskristen hatten, zwischen denen die schwankenden Elemente standen, und da diese zusammen mit den Anti-Iskristen ein Drittel der Stimmen bildeten (8 + 10 = 18 von 51, nach meiner natürlich nur annähernden Berechnung), so ist es vollkommen verständlich und natürlich, dass jeder Abfall, sei es auch nur einer geringen Minderheit, von den Iskristen die Möglichkeit des Sieges der anti-iskristischen Richtung schuf und daher einen „wütenden" Kampf hervorrief. Das ist nicht ein Ergebnis unangebracht scharfer Angriffe und Ausfälle, sondern das Ergebnis einer politischen Kombination. Nicht die Schroffheiten haben den politischen Konflikt geschaffen, sondern das Bestehen eines politischen Konfliktes in der Gruppierung des Parteitages selber erzeugte Schroffheiten und Angriffe – in dieser Gegenüberstellung besteht unser entscheidendes prinzipielles Auseinandergehen mit Martow in der Einschätzung der politischen Bedeutung und der Ergebnisse des Parteitages.

Im Verlauf des ganzen Parteitages gab es drei wichtige Fälle des Abfalls einer kleinen Zahl von Iskristen von der Mehrheit der Iskristen – die Gleichberechtigung der Sprachen, § 1 des Statuts und die Wahlen; und in allen diesen drei Fällen entstand ein erbitterter Kampf, der letzten Endes zu der jetzigen schweren Krise in der Partei geführt hat. Um diese Krise und diesen Kampf politisch zu erfassen, darf man sich nicht auf die Redensarten über unerlaubte Witze beschränken, sondern9 muss man die politischen Gruppierungen der Schattierungen analysieren, die auf dem Parteitag aufeinandergestoßen sind. Der Konflikt wegen der „Gleichberechtigung der Sprachen" bietet daher vom Standpunkte der Klärung der Ursache des Auseinandergehens ein doppeltes Interesse, denn hier war Martow noch (er war noch!) Iskrist und kämpfte wohl mehr als alle anderen gegen die Anti-Iskristen und das „Zentrum".10

Der Krieg begann mit dem Streit zwischen dem Genossen Martow und dem Führer der Bundisten, Genossen Liber (S. 171 und 172). Martow beweist, dass die Forderung der „Gleichberechtigung der Bürger" ausreichend sei. Die „Freiheit der Sprachen" wird abgelehnt, aber sofort wird die Forderung der „Gleichberechtigung der Sprachen" gestellt, und zugleich mit Liber tritt Genosse Jegorow in die Schanze. Martow erklärt, es sei Fetischismus, „wenn die Redner bei ihrer Ansicht beharren, dass die Nationalitäten gleichberechtigt seien und dass die Rechtsungleichheit nur auf dem Gebiet der Sprache bestehe. Indes muss die Frage gerade umgekehrt betrachtet werden: es besteht eine Rechtsungleichheit der Nationalitäten, die unter anderem auch darin zum Ausdruck kommt, dass Leute, die einer bestimmten Nation angehören, des Rechtes beraubt sind, ihre Muttersprache zu gebrauchen" (S. 172). Martow hatte damals vollkommen recht. In der Tat, ein gewisser Fetischismus war der absolut unzulängliche Versuch Libers und Jegorows, die Richtigkeit ihrer Formulierung zu verteidigen und herauszufinden, dass wir den Grundsatz der Gleichberechtigung der Nationalitäten nicht durchführen wollen oder können. In Wirklichkeit verfochten sie, wie „Fetischisten", nur das Wort und nicht das Prinzip, sie handelten nicht aus Furcht vor irgendeinem prinzipiellen Fehler, sondern aus Furcht vor dem, was die Leute sagen würden. Gerade diese Psychologie der Wankelmütigkeit (und wenn uns deswegen die „andern" beschuldigen?), die wir bei dem Konflikt über das Organisationskomitee verzeichnet haben, hat hier mit vollkommener Klarheit auch unser ganzes „Zentrum" offenbart. Ein anderer Vertreter des „Zentrums", der dem „Juschny Rabotschij" nahestehende Delegierte, der Bergarbeiter Lwow, „hält die von den Randgebieten aufgeworfene Frage der Unterdrückung der Sprachen für sehr ernst. Es ist wichtig, dass wir, die wir einen Punkt über die Sprache in unser Programm aufgenommen haben, jeden Gedanken der Russifizierung, deren man die Sozialdemokraten verdächtigen könnte, fernhalten." Eine bemerkenswerte Begründung der „Ernsthaftigkeit" der Frage. Die Frage sei darum ernst, weil man die möglichen Verdächtigungen der Randgebiete vermeiden müsse! Der Redner sagt absolut nichts zur Sache, er antwortet nicht auf den Vorwurf des Fetischismus, sondern bestätigt ihn vollauf, indem er einen völligen Mangel an eigenen Argumenten offenbart und sich auf den Hinweis beschränkt, was wohl die Randgebiete sagen würden. Alles was sie sagen könnten, ist falsch – sagt man ihm. Anstatt zu untersuchen, ob es richtig oder falsch ist, antwortet er: „man könnte verdächtigen".

Eine solche Art der Fragestellung mit dem Anspruch auf Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit gewinnt in der Tat schon einen prinzipiellen Charakter, allerdings nicht den, den hier die Liber, Jegorow und Lwow finden wollten. Prinzipiell wird die Frage: sollen wir den Organisationen und den Parteimitgliedern anheimstellen, die allgemeinen und grundlegenden Sätze des Programms anzuwenden, sie den konkreten Bedingungen anzupassen und im Sinne dieser Anwendung weiter zu entwickeln, oder müssen wir aus bloßer Furcht vor Verdächtigungen das Programm mit kleinlichen Einzelheiten, Teilhinweisen, Wiederholungen und mit Kasuistik anfüllen? Prinzipiell wird die Frage, wie Sozialdemokraten in dem Kampfe gegen die Kasuistik Versuche der Einschränkung der elementaren demokratischen Rechte und Freiheiten sehen können („verdächtigen"). Wann werden wir uns endlich diese fetischistische Anbetung der Kasuistik abgewöhnen? – das ist der Gedanke, der uns kam, als wir den Kampf um die „Sprachen" sahen.11

Die Gruppierung der Delegierten in diesem Kampf wird besonders deutlich dank der Überfülle namentlicher Abstimmungen. Davon gab es volle drei. Gegen den iskristischen Kern stehen während der ganzen Zeit geschlossen alle Anti-Iskristen (acht Stimmen), und mit den kleinsten Schwankungen das ganze Zentrum (Machow, Lwow, Jegorow, Popow, Medwedjew, Iwanow, Zarew und Bjelow – nur die beiden letzten schwankten am Anfang, bald enthielten sie sich der Stimme, bald stimmten sie mit uns, und erst bei der dritten Abstimmung nahmen sie eine klare Stellung ein). Von den Iskristen fällt ein Teil ab, – hauptsächlich die Kaukasier (drei mit sechs Stimmen), und dank diesem Umstand bekommt schließlich die Richtung des „Fetischismus" das Übergewicht. Bei der dritten Abstimmung, bei der die Anhänger der beiden Tendenzen ihre Stellung am klarsten zum Ausdruck gebracht hatten, trennten sich von den Iskristen der Mehrheit die drei Kaukasier mit den sechs Stimmen und gingen auf die andere Seite über. Von den Iskristen der Minderheit trennten sich zwei mit zwei Stimmen – Possadowski und Kostitsch. Bei den ersten zwei Abstimmungen gingen auf die andere Seite über, oder enthielten sich der Stimme: Lenski, Stepanow und Gorski von der Mehrheit der Iskristen und Deutsch von der Minderheit. Der Abfall von acht iskristischen Stimmen (von insgesamt 33) gab der Koalition der Anti-Iskristen und der schwankenden Elemente das Übergewicht. Das ist eben jene grundlegende Tatsache der Parteitagsgruppierung, die sich bei der Abstimmung über den § 1 des Statuts und bei den Wahlen wiederholt hat (nur dass andere Iskristen abgefallen sind). Kein Wunder, dass diejenigen, die bei den Wahlen eine Niederlage erlitten haben, krampfhaft die Augen verschließen vor den politischen Ursachen dieser Niederlage, vor den Ausgangspunkten jenes Kampfes der Schattierungen, der die schwankenden und politisch charakterlosen Elemente immer mehr vor der Partei aufdeckte und immer schonungsloser entlarvte. Der Konflikt wegen der Gleichberechtigung der Sprachen zeigt uns diesen Kampf um so klarer, als damals auch Genosse Martow das Lob und die Billigung der Akimow und Machow noch nicht verdient hatte.12

1 Der Schluss des Absatzes, beginnend mit den Worten „Das entspricht wahrscheinlich … " ist in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

2 Die Redaktion der „Iskra", die dem früheren Ökonomisten Martynow die Möglichkeit gab, seine gegen „Was tun?" gerichteten Anschauungen auf den Seiten der „Iskra", die noch gestern den Ökonomismus bekämpfte, zu verfechten, gab dem Artikel Martynows „Eine Stimme aus dem Volke" (Nr. 57 der „Iskra" vom 15. Januar 1904, Beilage) eine Anmerkung bei. Darin hieß es, dass die Redaktion „lange nicht mit allen Gedanken" Martynows einverstanden sei, weiter aber schrieb sie: „Richtig erscheint uns der Gedanke des Verfassers, dass der Organisationsutopismus von neuem Typus (damit waren die Organisationsprinzipien der Mehrheit gemeint. Die Red.) die Aufgaben der politischen Selbsterziehung der Parteimitglieder ignoriere und dass dieses Ignorieren das Ergebnis einer starken Reaktion gegen den ,Ökonomismus' mit seiner Anbetung des ,Demokratismus' in der Organisation sei. In welcher Weise dieser Mangel des Organisationsutopismus sich mit der falschen Einstellung zur Frage des Verhältnisses zwischen Spontaneität' und ,Bewusstheit' assoziiert und wie weit Genosse Lenin sich eine solche falsche Stellung zuschulden kommen lässt, davon werden wir noch mehrfach Gelegenheit haben zu sprechen". Später hat zur Leninschen Auffassung vom Verhältnis zwischen Spontaneität und Bewusstheit Plechanow in der „Iskra" in sehr scharfer Form Stellung genommen. In diesem Artikel („Die Arbeiterklasse und die sozialdemokratische Intelligenz", „Iskra" Nr. 70 und 71 vom 25. Juli und 1. August 1904), der eine Überfülle kleinlicher Nörgeleien und persönlicher Ausfälle gegen Lenin enthielt, nahm Plechanow, der früher in dieser Frage mit Lenin einverstanden gewesen war, eine Stellung ein, die dem Standpunkt der Ökonomisten nahekam.

3 Die in Klammern stehenden Worte sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

4 Die in Klammern stehenden Worte sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

5 „Zwischenruf" bei Lenin deutsch. Die Red.

6 Der weitere Teil dieses Absatzes ist in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

* Martow fügt hinzu: „In diesem Falle hat Plechanows Witz über die Esel uns sehr geschadet" (als von der Freiheit der Sprache die Rede war, erwähnte ein Delegierter, ich glaube, es war ein Bundist, die Pferdezucht, und dabei ließ Plechanow die Bemerkung fallen: „Pferde reden nicht, aber Esel reden manchmal"). Ich kann natürlich in diesem Witz keine besondere Milde, Nachgiebigkeit, Vorsicht und Elastizität sehen. Immerhin scheint es mir seltsam, dass Martow, der die prinzipielle Bedeutung des Streites anerkannt hat, gar nicht auf die Analyse dessen eingeht, worin der prinzipielle Unterschied hier besteht und welche Schattierungen sich hier geäußert haben, sondern sich mit dem Hinweis auf den „Schaden" begnügt, den Witze anrichten. Das ist ein wahrhaft bürokratischer und formalistischer Standpunkt! Boshafte Witze haben in der Tat „auf dem Parteitag sehr geschadet", und zwar nicht nur die Witze über die Bundisten, sondern auch über diejenigen, die mitunter von den Bundisten unterstützt und sogar vor der Niederlage bewahrt wurden. Sobald man jedoch die prinzipielle Bedeutung des Streites anerkannt hat, kann man sich nicht auf die Redensart von der „Unzulässigkeit" (S. 58 der Liga-Protokolle) mancher Witze beschränken. (Diese Fußnote ist in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.)

7 Die Sätze von „Ich wiederhole, das ist" bis zu den Worten „auf dem Parteitag ergeben" sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

8 Das Wort „hingegen" und der Satz „und den zu verteidigen … von diesem Standpunkt" sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

9Die Worte „darf man sich nicht" bis „sondern" sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

10 Der Schluss des Absatzes, beginnend mit den Worten „Der Konflikt ist in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

11 Der Teil des vorhergehenden Absatzes, von den Worten ab: „Martow hatte damals …" und der ganze letzte Absatz sind in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

12 Der Schluss des Absatzes, beginnend mit den Worten „Kein Wunder, dass … ", ist in der Ausgabe von 1908 weggelassen. Die Red.

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