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Wladimir I. Lenin 19051101 Der erste Sieg der Revolution

Wladimir I. Lenin: Der erste Sieg der Revolution

[Proletarij", Nr. 24, 25. Oktober/7. November 1905. Nach Sämtliche Werke, Band 8, S. 473-482]

Genf, 19. Oktober/1. November.

Am Montag, spät abends, brachte der Telegraph Europa die Kunde von dem Zarenmanifest des 17./30. Oktober. „Das Volk hat gesiegt. Der Zar hat kapituliert. Der Absolutismus hat aufgehört zu existieren," berichtete der Korrespondent der „Times"1. Anders drückten sich die Freunde der russischen Revolution in weiter Ferne aus, die aus Baltimore (Nordamerika) ein Telegramm an den „Proletarij" sandten: „Wir gratulieren zum ersten großen Sieg der russischen Revolution."

Diese letzte Einschätzung der Ereignisse ist zweifellos weitaus richtiger. Wir dürfen mit Recht triumphieren. Das Zugeständnis des Zaren ist in der Tat ein großer Sieg der Revolution, doch entscheidet dieser Sieg noch bei weitem nicht das Schicksal der ganzen Sache der Freiheit. Der Zar hat noch lange nicht kapituliert. Der Absolutismus hat durchaus noch nicht aufgehört zu existieren. Er hat nur einen Rückzug angetreten und dem Feind das Schlachtfeld überlassen. Er hat in einer äußerst ernsten Schlacht den Rückzug angetreten, aber er ist noch lange nicht geschlagen. Er sammelt noch seine Kräfte, und das revolutionäre Volk hat noch viele ernste Kampfaufgaben zu lösen, um die Revolution zum wirklichen und vollen Siege zu führen.

Der 17./30. Oktober wird in der Geschichte einer der großen Tage der russischen Revolution bleiben. Ein in der Welt noch nie dagewesener Streik eines ganzen Volkes hatte seinen Höhepunkt erreicht. Der mächtige Arm des Proletariats, das sich in einem Aufwallen heroischer Solidarität an allen Enden Russlands erhoben hatte, brachte das gesamte industrielle, kommerzielle und staatliche Leben zum Stillstand. Das Land erstarrte vor dem Sturm. Es kamen bald aus der einen, bald aus der anderen Großstadt Nachrichten, die eine beunruhigender als die andere. Die Truppen schwankten. Die Regierung zauderte mit ihren Repressalien, die Revolutionäre gingen noch nicht zu offenen und ernsten Angriffen über, aber der Aufstand brach sich mit elementarer Wucht überall und allerorten Bahn.

Da entschloss sich die zaristische Regierung zu einem Zugeständnis – im letzten Moment, nachdem sie erkannt hatte, dass die Explosion unvermeidlich war, dass sie schon nicht mehr, in keinem Falle einen vollen Sieg zu erringen imstande sein würde, dagegen sehr, sehr wohl eine völlige Niederlage erleiden könnte. „Zuerst Blutbad und dann eine Konstitution," soll, wie man sagt, Trepow erklärt haben. Über die Unvermeidlichkeit einer Konstitution konnte selbst im Falle der Unterdrückung des Aufstandes kein Zweifel mehr herrschen. Und die Regierung kalkulierte: besser, kein ernstes allgemeines Blutvergießen riskieren, denn ein Sieg des Volkes würde die Zarenmacht restlos hinwegfegen.

Wir kennen nur einen winzigen Bruchteil jener Nachrichten, die am Montag, den 17./30. Oktober bei der Regierung einliefen und sie veranlassten, einem Verzweiflungskampf auszuweichen und nachzugeben. Alle Anstrengungen der lokalen und zentralen Behörden liefen daraus hinaus, die Nachrichten über das drohende Anwachsen des Aufstandes zurückzuhalten oder zu verstümmeln. Aber selbst das spärliche, zufällige und verstümmelte Material, das in die europäische Presse gedrungen ist, lässt keinen Zweifel darüber, dass es ein wirklicher Aufstand war, wohl geeignet, dem Zaren und den zaristischen Ministern einen tödlichen Schrecken einzujagen.

Die Kräfte des Zarismus und der Revolution halten sich die Wage, schrieben wir vor einer Woche auf Grund der ersten Nachrichten über den allrussischen politischen Streik. Der Zarismus ist schon nicht mehr imstande, die Revolution zu unterdrücken. Die Revolution ist noch außerstande, den Zarismus zu vernichten. Bei einem solchen Gleichgewicht der Kräfte aber bedeutete jedes Zögern für den Zarismus die größte Gefahr, denn das Zögern trug unvermeidlich das Schwanken in die Reihen der Truppen.

Der Aufstand breitete sich aus. An allen Enden Russlands floss bereits Blut. Von Reval bis Odessa, von Polen bis Sibirien kämpfte das Volk auf den Barrikaden. Die Truppen waren in einzelnen kleinen Zusammenstößen siegreich, gleichzeitig aber kamen Nachrichten über eine neue, bisher beispiellose Erscheinung, die die militärische Ohnmacht des Absolutismus klar bezeugte. Nämlich Nachrichten über Verhandlungen der zaristischen Truppen mit dem aufständischen Volk (Charkow), Nachrichten über die Zurückziehung der Truppen aus den Städten (Charkow, Reval) als das einzige Mittel, die Ruhe wieder herzustellen. Verhandlungen mit dem aufständischen Volk, Zurückziehung der Truppen – das ist der Anfang vom Ende. Das beweist besser als alle Betrachtungen, dass sich die Militärbehörden in höchstem Maße unsicher fühlten. Das beweist, dass die Unzufriedenheit unter den Truppen einen wahrhaft erschreckenden Grad erreicht hatte. Vereinzelte Nachrichten und Gerüchte sind auch in die Auslandspresse gedrungen. In Kiew wurden Soldaten verhaftet, die sich geweigert hatten, zu schießen. In Polen gab es ähnliche Fälle. In Odessa hielt man die Infanterie in den Kasernen zurück, weil man sich fürchtete, sie auf die Straße zu führen. In Petersburg entstand eine offene Gärung in der Flotte, und man sprach von der völligen Unzuverlässigkeit der Garde. Über die Schwarzmeerflotte die wirkliche Wahrheit zu erfahren, ist bisher nicht gelungen. Schon am 17./30. Oktober berichteten Telegramme, dass sich hartnäckig das Gerücht von einem neuen Aufstand dieser Flotte erhalte, dass die Behörden, die alle Mittel aufgeboten haben, um die Verbreitung von Nachrichten über die Ereignisse zu verhindern, alle Telegramme abfangen.

Reiht man alle diese lückenhaften Nachrichten aneinander, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass die Lage des Absolutismus sogar vom rein militärischen Standpunkt verzweifelt war. Zwar wurden noch einzelne Aufstände unterdrückt, zwar nahmen die Truppen noch hier und da Barrikaden, doch diese vereinzelten Zusammenstöße entfachten nur die Leidenschaften, steigerten nur die Empörung, rückten nur eine mächtigere, allgemeine Explosion näher, und gerade davor fürchtete sich die Regierung, da sie sich auf die Truppen nicht verlassen konnte.

Der Feind hat die erste Schlacht nicht angenommen. Der Feind hat sich zurückgezogen und das Schlachtfeld dem revolutionären Volke überlassen. Er hat sich auf eine neue Position zurückgezogen, die ihm besser befestigt scheint, wo er hofft, zuverlässigere Kräfte sammeln, organisieren und moralisch aufrichten und einen günstigeren Moment zum Angriff wählen zu können.

Eine ganze Reihe verhältnismäßig „unparteiischer" Stimmen der europäisch-bürgerlichen Presse bestätigt diese Einschätzung des großen Tages des 17./30. Oktober.

Einerseits atmet die europäische Bourgeoisie erleichtert auf. Das Zarenmanifest verspricht eine direkte Konstitution: die Duma erhält gesetzgeberische Rechte, kein Gesetz kann ohne Zustimmung der Volksvertreter in Kraft treten, Ministerverantwortlichkeit, bürgerliche Freiheiten, Unantastbarkeit der Person, Gewissens-, Rede-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit werden gewährt. Auch die Börse beeilt sich, den russischen Finanzen größeres Vertrauen zu beweisen. Der in den letzten Tagen gesunkene Kurs der russischen Papiere steigt. Die ausländischen Bankiers, die aus dem revolutionären Petersburg die Flucht ergriffen hatten, versprechen in zwei Wochen zurückzukehren. Die Konstitution erscheint der europäischen Bourgeoisie als das Unterpfand kleiner, „friedlicher" Zugeständnisse, die die besitzenden Klassen vollauf befriedigen werden, ohne zugleich dem revolutionären Proletariat die Eroberung von „allzu viel" Freiheit zu gestatten.

Anderseits ist es aber sogar für die liberalen Bourgeois offensichtlich, dass das Manifest des Zaren lediglich Worte, lediglich Versprechungen enthält. Wer aber wird jetzt bloßen Versprechungen glauben wollen? Wirken all diese Phrasen von der Unantastbarkeit der Person und der Freiheit des Wortes nicht wie Hohn, angesichts der Tatsache, dass die Gefängnisse noch immer mit sogenannten politischen Verbrechern überfüllt sind, die Zensur noch immer aufrechterhalten wird? Was für Männer werden das Versprechen des Zaren erfüllen? Das Ministerium Witte, in das den Gerüchten nach Kjusmin-Karawajew, Kussitsch und Koni eintreten sollen? Das würde noch nicht einmal ein Ministerium der liberalen Bourgeoisie sein. Das wäre erst ein Ministerium der liberalen Bürokratie, mit der die reaktionäre Hofclique schon so manches Mal fertig geworden ist. Soll das Volk wirklich sein Blut im Kampf für die Freiheit vergossen haben, um sich auf liberale Bürokraten zu verlassen, die sich mit bloßen Worten und Versprechungen begnügen?!

Nein, der Zarismus hat noch lange nicht kapituliert. Der Absolutismus ist noch lange nicht gefallen. Dem revolutionären Proletariat steht noch eine Reihe großer Kämpfe bevor, und der erste Sieg wird ihm helfen, seine Kräfte zu sammeln und neue Verbündete für seinen Kampf zu werben.

Schon der Erfolg der Sache der Freiheit an sich", schrieb der Korrespondent der „Times" am Tage der Veröffentlichung des Manifestes, „wird die reaktionären Elemente nur zu neuer Aktivität anspornen, und solange die Armee unter dem Kommando ihrer alten Befehlshaber bleibt, ist Russland vor den Möglichkeiten eines Pronunziamento nicht gesichert." „Es ist noch die Frage, ob das erzwungene Zugeständnis der Regierung mitten in der höchsten Entfachung der revolutionären Erhebung nicht das Signal zu einer neuen Verstärkung der Revolution sein wird."

Es ist noch unbekannt, ob die Bürokratie aus ihrer Zitadelle hinausgeworfen ist oder ob sie nur ihre vordersten Positionen geräumt hat," sagen die bürgerlichen Optimisten, obgleich die Tatsachen klar beweisen, dass die „Zitadelle" des Absolutismus noch in ihrer ganzen Macht bestehen bleibt.

Der erzwungene Charakter des Zugeständnisses erregt die gemäßigten Bürger am meisten. Das Organ des herrschenden französischen Geldsacks, der „Temps", war schrecklich empört über die „Anarchie" und spie Gift und Galle gegen die Führer und Teilnehmer des allrussischen politischen Streiks. Jetzt aber bemerkt dieses Blatt, das mit den konstitutionellen Versprechungen des Zaren an sich zufrieden ist, beunruhigt:

Der Zar hat, statt aus eigener Initiative zu handeln, einfach die ,Befehle' der liberalen Opposition unterschrieben. Das ist eine schlechte Methode, die den stetigen Reformen einen erzwungenen Charakter gibt, den Charakter des Fragmentarischen und Plötzlichen. Diese Methode bringt die Regierung in Widerspruch mit sich selbst und wirkt wie eine Prämie für die Gewalt. Leider ist es nur allzu klar, dass die Dinge in der Tat weit gediehen waren und dass es einen anderen Ausweg aus der Sackgasse, in die man die Regierung getrieben hatte, nicht gab. Vergessen wir möglichst rasch den Charakter dieser Kapitulation, einer Kapitulation nicht nur vor den Konstitutionalisten, vor den Gemäßigten, auf die man vor allem hätte hören sollen, sondern einer Kapitulation auch vor dem Streik, einer Kapitulation vor der Revolution."2

Nein, ihr Herren Bourgeois, die Arbeiter werden den erzwungenen Charakter der Kapitulation des Zaren niemals vergessen! Die Arbeiter werden nie vergessen, dass sie nur durch Gewalt, nur durch die Macht ihrer Organisation, ihrer Einmütigkeit, ihres Massenheroismus dem Zarismus die Anerkennung der Freiheit in dem papiernen Manifest entrissen haben, und sie werden die Freiheit auch in der Wirklichkeit an sich reißen.

Wir sagten oben, dass der Feind sich zurückgezogen und das Schlachtfeld dem revolutionären Proletariat überlassen hat. Wir müssen jetzt hinzufügen: man fährt fort, den sich zurückziehenden Feind energisch zu verfolgen. Montag, den 17./30. Oktober, ist das Manifest des Zaren erschienen. Dienstag, den 18./31., erschien laut Mitteilung des Wolffschen Telegraphenbüros das Manifest der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands, das in Petersburg in einer riesigen Auflage verbreitet wurde. Dieses Manifest erklärt, dass der Kampf des Proletariats durch das Zarenmanifest in keiner Weise unterbrochen werde. Die Taktik des Proletariats müsse nun bestehen: in der Ausnützung jener Rechte, die unter der Wucht seiner Schläge gewährt worden sind, in der Veranstaltung von Arbeiterversammlungen zur Entscheidung der Frage der Fortsetzung des Streiks, in der Organisierung einer Miliz zum Schutz der revolutionären Rechte und in der Aufstellung der Forderung nach voller Amnestie. Die sozialdemokratischen Redner in den Volksversammlungen bestehen auf die Einberufung der konstituierenden Versammlung. Nach den Telegrammen fordert das Streikkomitee die Amnestie und die sofortige Einberufung der konstituierenden Versammlung auf der Grundlage des allgemeinen und direkten Wahlrechts.

Der revolutionäre Instinkt hat den Arbeitern Petersburgs gleich die richtige Losung diktiert: energische Fortsetzung des Kampfes, Ausnützung der neu eroberten Position zur Fortführung des Angriffes, zur wirklichen Vernichtung des Absolutismus. Und der Kampf geht weiter. Die Versammlungen werden häufiger und zahlreicher. Die Freude und der berechtigte Stolz über den ersten Sieg hindern nicht die neue Organisierung der Kräfte zur Weiterführung der Revolution bis zum Ende. Ihr Erfolg hängt von der Gewinnung, Aufklärung und Organisierung noch breiterer Schichten der Bevölkerung für die Sache der Freiheit ab. Die Arbeiterklasse hat im allrussischen politischen Streik ihre gigantischen Kräfte gezeigt, aber unter den rückständigen Schichten des städtischen Proletariats steht uns noch viel Arbeit bevor. Indem wir die einzig zuverlässige Stütze der Revolution, eine Arbeitermiliz, schaffen, uns auf einen neuen und noch entschlosseneren Kampf vorbereiten und an unseren alten Losungen festhalten, müssen wir auch der Armee unsere besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Das erzwungene Zugeständnis des Zaren muss die größten Schwankungen in ihre Reihen gebracht haben, und jetzt müssen wir, indem wir die Soldaten zu den Arbeiterversammlungen heranziehen, die Agitation in den Kasernen verstärken und unsere Verbindungen mit den Offizieren ausbauen, neben der revolutionären Armee der Arbeiter Kader von aufgeklärten Revolutionären auch im Heer schaffen, das gestern noch ausschließlich das Heer des Zaren war und heute vor seiner Umwandlung in ein Heer des Volkes steht.

Das revolutionäre Proletariat hat die Neutralisierung des Heeres durch seine Paralysierung in den großen Tagen des allgemeinen Streiks erreicht. Jetzt muss es den vollständigen Übertritt des Heeres auf die Seite des Volkes erreichen.

Das revolutionäre Proletariat hat die städtische Revolution zum ersten großen Sieg geführt. Es muss jetzt die Basis der Revolution erweitern und vertiefen, indem es sie auf das Dorf ausdehnt. Die Entwicklung der Bauernschaft zum bewussten Verteidiger der Sache der Freiheit, die Forderung einschneidender Maßnahmen zugunsten der Bauernschaft, die Vorbereitung der Bewegung im Dorfe, die zusammen mit dem fortgeschrittenen städtischen Proletariat den Absolutismus stürzen und die völlige und wirkliche Freiheit erobern wird – das ist jetzt die Tagesaufgabe der russischen Sozialdemokratie.

Der Erfolg der Revolution hängt von der Größe der Massen des Proletariats und der Bauernschaft ab, die sich zu ihrer Verteidigung und Vollendung erheben werden. Der revolutionäre Krieg unterscheidet sich von anderen Kriegen dadurch, dass er seine Hauptreserve aus dem Lager der gestrigen Verbündeten seines Feindes, der gestrigen Anhänger oder blinden Mitläufer des Zarismus schöpft. Und der Erfolg des allrussischen politischen Streiks sagt dem Verstand und dem Herzen des Bauern mehr als die verworrenen Worte irgendwelcher Manifeste und Gesetze.

Als die liberale Bourgeoisie den ganzen Vordergrund der politischen Szene einnahm, wie das vor einem Jahr der Fall war, hatte die russische Revolution sich kaum zu entwickeln begonnen.

Als die städtische Arbeiterklasse am 9./22. Januar in Aktion trat, stellte sich die Revolution auf eigene Füße.

Als das Proletariat aller Völker Russlands sich wie ein Mann erhob und an dem Zarenthrone rüttelte, von dem alle Völker und vor allem die werktätigen Klassen so viel Unheil erduldet hatten, errang die Revolution den ersten Sieg.

Die Revolution wird den Feind niederringen und den Thron des Blutzaren vom Angesicht der Erde vertilgen, wenn sich die Arbeiter noch einmal erheben und die Bauernschaft mit sich reißen werden.

Und dann – dann besitzt die russische Revolution noch eine weitere Reserve. Die Zeiten sind vorüber, wo Völker und Staaten abgesondert voneinander leben konnten. Schaut nur um euch: Europa ist schon unruhig geworden. Seine Bourgeoisie ist in Unruhe versetzt und bereit, Millionen und Milliarden herzugeben, um der Feuersbrunst in Russland Einhalt zu tun. Die Regierenden der europäischen Militärmächte erwägen eine militärische Unterstützung des Zaren. Wilhelm hat bereits einige Kreuzer und zwei Torpedo-Divisionen entsandt, um eine direkte Verbindung zwischen der deutschen Soldateska und Peterhof herzustellen. Die europäische Konterrevolution reicht der russischen Konterrevolution die Hand.

Versuchen Sie es, versuchen Sie es nur, Bürger Hohenzollern! Auch wir haben eine europäische Reserve für die russische Revolution. Diese Reserve ist das internationale sozialistische Proletariat, die internationale revolutionäre Sozialdemokratie. Die Arbeiter der ganzen Welt begrüßen den Sieg der russischen Arbeiter mit fiebernder Begeisterung, und im Bewusstsein der engen Verbindung zwischen den einzelnen Abteilungen der internationalen Armee des Sozialismus rüsten auch sie zum großen und entscheidenden Kampf.

Ihr seid nicht vereinsamt, ihr Arbeiter und Bauern ganz Russlands! Und wenn es euch gelingt, die Tyrannen des Russlands der Leibeigenschaft, der Polizei, der Gutsbesitzer und des Zaren niederzuwerfen, aufs Haupt zu schlagen und zu vernichten, dann wird euer Sieg das Signal sein zum Kampf gegen die Tyrannei des Kapitals in der ganzen Welt, zum Kampf für die völlige, nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Befreiung der Werktätigen, zum Kampf für die Erlösung der Menschheit vom Elend und für die Verwirklichung des Sozialismus.

1 Die zitierten Worte entstammen einem in der „Times" vom 31. Oktober 1905 enthaltenen Telegramm vom 30. Oktober mit der Überschrift: „The crisis in Russia. A Constitution granted. Count Witte – prime minister" (Die Krise in Russland. Eine Verfassung verliehen. Graf Witte Ministerpräsident). Dasselbe Telegramm zitiert Lenin auch weiter unten.

2 Der zitierte Bericht war in der Nr. 16.205 des „Temps" vom 19. Oktober/1. November 1905 enthalten unter der Überschrift: „Le Manifeste de Nicolas II" (Das Manifest Nikolaus II.).

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