Lenin‎ > ‎1908‎ > ‎

Wladimir I. Lenin 19080226 Politische Notizen

Wladimir I. Lenin: Politische Notizen

[„Proletarij" Nr. 21, 26. (13.) Februar 1908. Nach Sämtliche Werke, Band 12, Wien-Berlin 1933, S. 152-158]

Die Chauvinisten sind an der Arbeit. Eifrig werden Gerüchte über Kriegsrüstungen der Japaner verbreitet, über die angebliche Konzentrierung von 600 Bataillonen in der Mandschurei zum Überfall auf Russland. Auch die Türkei rüste angeblich eifrig, um schon in diesem Frühjahr Russland den Krieg zu erklären. Es heißt auch, im Kaukasus werde ein Aufstand vorbereitet, um die Loslösung von Russland zu erreichen (es fehlt nur noch, dass man über Pläne der Polen Geschrei erhebt!). Die Hetze gegen Finnland wird durch Märchen über seine Rüstungen angefacht. Aus Anlass des Baues einer Eisenbahn in Bosnien wird eine erbitterte Kampagne gegen Österreich entfaltet. Es mehren sich die Ausfälle der russischen Presse gegen Deutschland, das die Türkei gegen Russland aufhetze. Die Kampagne wird nicht nur in der russischen, sondern auch in der französischen Presse aufgezogen, an deren Bestechung durch die russische Regierung erst vor kurzem und so sehr zur rechten Zeit ein Sozialdemokrat in der Duma erinnert hat.

Die ernsthafte bürgerliche Presse des Westens weigert sich, diese ganze Kampagne als die Ausgeburt der Phantasie von Zeitungsschreibern oder das Geschäft sensationslüsterner Leute zu betrachten. Nein, augenscheinlich geht von den „regierenden Kreisen" – lies: von der zaristischen Schwarzhunderter-Regierung oder von einer geheimen Hofkamarilla, etwa in der Art der berüchtigten „Sternkammer" – irgendeine durchaus bestimmte Parole, irgendeine systematische „Linie" aus, augenscheinlich hat sie irgend einen „neuen Kurs" eingeschlagen. Dass man die Türen der Dumakommission für Landesverteidigung für alle Nichtmitglieder, d. h. nicht nur für die revolutionären Parteien, sondern auch für die Kadetten geschlossen hat, wird von der ausländischen Presse in direkten Zusammenhang mit dieser chauvinistischen Kampagne gebracht; man meint sogar, die russische Regierung beabsichtige, um ihrer Verhöhnung des „Konstitutionalismus" die Krone aufzusetzen, um Bewilligung der Kredite für militärische Verstärkungen an der Grenze nicht bei der ganzen Duma, sondern nur bei der aus Schwarzhundertern und Oktobristen zusammengesetzten Kommission nachzusuchen.

Nachstehend einige Zitate aus europäischen, durchaus nicht sozialistischen Zeitungen, die keinesfalls eines Optimismus in puncto russische Revolution verdächtigt werden können:

Die deutschen Siege über Frankreich (1870) haben, wie Bismarck einmal bemerkte, den Ehrgeiz der russischen Militärs entfacht, und sie strecken ihre Hände ebenfalls nach Kriegslorbeeren aus. Aus politischen, religiösen und historischen Gründen schien ihnen die Türkei ein besonders geeignetes Objekt zu diesem Zweck zu sein (Krieg mit der Türkei 1877/78). Augenscheinlich sind auch jetzt bestimmte Kreise Russlands, die die Lehren des japanischen Krieges vergessen haben und für die wahren Bedürfnisse des Landes kein Verständnis haben, der gleichen Meinung. Da es auf dem Balkan keine slawischen Brüder mehr zu befreien gibt, muss man zu anderen Mitteln greifen, um die russische öffentliche Meinung zu beeinflussen. Diese Mittel sind aber – das muss man sagen – noch plumper als die damaligen: man will die Sache so darstellen, als ob Russland von inneren und äußeren Feinden umringt wäre."

Die regierenden Kreise Russlands wollen den Versuch machen, ihre Lage durch erprobte Mittel zu festigen, nämlich durch gewaltsame Unterdrückung der Freiheitsbewegung im Lande und durch Ablenkung der Aufmerksamkeit des Volkes von der traurigen inneren Lage, indem man nationalistische Gefühle weckt und diplomatische Konflikte schafft, deren Folgen nicht abzusehen sind."1

Welche Bedeutung hat diese neue chauvinistische Linie in der Politik der konterrevolutionären Selbstherrschaft? Nach Tsuschima und Mukden können sich auf ein solche Politik nur Leute werfen, die endgültig jeden Boden unter den Füßen verlieren. Die Erfahrung zweier Jahre Reaktion hat dem Schwarzhunderter-Absolutismus trotz aller seiner Anstrengungen keinerlei zuverlässige innere Stütze zu schaffen vermocht, hat keinerlei neue Klassenelemente ins Leben gerufen, die die Selbstherrschaft wirtschaftlich erneuern könnten. Ohne diese Voraussetzung aber können keine Brutalitäten, kann kein noch so zügelloses Wüten der Konterrevolution das gegenwärtige politische Regime Russlands am Leben erhalten.

Sowohl Stolypin als auch die extrem-reaktionären Gutsbesitzer und die Oktobristen sind sich darüber klar, dass es ihnen unmöglich sein wird, sich an der Macht zu halten, wenn sie sich nicht neue Klassenstützpunkte schaffen. Daher ihre Politik der vollständigen Ruinierung der Bauernschaft, der gewaltsamen Zerstörung der Landgemeinde, um dem Kapitalismus in der Landwirtschaft, koste es, was es wolle, den Weg zu ebnen. Die russischen Liberalen, die gelehrtesten, die gebildetsten, die „humansten" unter ihnen – etwa die Professoren aus der Zeitung „Russkije Wjedomosti", – erweisen sich in dieser Beziehung ungleich beschränkter als die Stolypins.

Man wird darüber nicht staunen dürfen – schreibt der Leitartikler dieser Zeitung am 1. Februar –, wenn z. B. bei der Entscheidung über die Geschicke der provisorischen Bestimmungen vom November die gestrigen Anhänger der Dorfgemeinde und Slawophilen den Versuch der Regierung unterstützen werden, durch Übergabe des Bodens in persönliches Eigentum der einzelnen Hauswirte die Gemeinde zu zerstören ... Man kann sogar annehmen, dass die Verteidigungsziele, die der konservativen Dumamehrheit und der Regierung gemeinsam sind, der einen wie der anderen sogar noch aggressivere Maßnahmen eingeben werden als die berühmten Ukase von 1906 ... Fürwahr ein verblüffendes Bild: die konservative Regierung bereitet mit Unterstützung von Vertretern der konservativen Parteien eine radikale Reform auf dem Gebiet der Agrarbeziehungen vor, das doch schroffen Wendungen am allerwenigsten zugänglich ist, und entschließt sich zu einer so radikalen Maßnahme auf Grund abstrakter Erwägungen über die Vorzüge einer Besitzform gegenüber einer anderen."

So wachen Sie doch auf, Herr Professor, schütteln Sie den Aktenstaub des großväterlichen Narodnikitums von sich, schauen Sie sich an, was die zwei Jahre Revolution getan haben. Stolypin hat euch nicht nur durch physische Kraft besiegt, sondern auch dadurch, dass er das allerpraktischste Bedürfnis der ökonomischen Entwicklung, die Notwendigkeit einer gewaltsamen Umgestaltung der alten Formen des Grundbesitzes richtig erfasst hat. Der von der Revolution unwiderruflich vollzogene große „Ruck" besteht darin, dass die reaktionäre Selbstherrschaft, die sich früher auf die mittelalterlichen Formen des Grundbesitzes stützen konnte, jetzt genötigt ist, vollständig und unwiderruflich genötigt ist, in fieberhafter Eile an deren Zerstörung zu arbeiten. Denn sie hat erkannt, dass es ohne Zerstörung der alten Agrarbeziehungen keinen Ausweg aus dem Widerspruch gibt, der für die russische Revolution die tiefstschürfende Erklärung liefert: der rückständigste Grundbesitz, das unwissendste Dorf – aber der fortgeschrittenste Industrie- und Finanzkapitalismus.

Ihr seid also für die Stolypinsche Agrargesetzgebung? – werden uns die Narodniki entsetzt fragen. – Oh nein! Beruhigt euch! Wir sind unbedingt gegen alle Formen des alten Grundbesitzes in Russland, sowohl des feudalen Grundbesitzes als auch des bäuerlichen Anteillandbesitzes. Wir sind unbedingt für gewaltsame Zerstörung dieses verfaulten, verwesenden, alles Neue vergiftenden Alten, wir sind für die bürgerliche Nationalisierung des Bodens als die einzige konsequente Losung der bürgerlichen Revolution, als die einzige praktische Maßnahme, die die ganze Spitze der historisch notwendigen Umwälzung gegen die Gutsbesitzer lenkt und das Emporwachsen freier Landwirte aus der Bauernmasse fördert.

Die Eigentümlichkeit der russischen bürgerlichen Revolution besteht darin, dass in der Hauptfrage der Revolution, in der Agrarfrage, revolutionäre Politik von den Reaktionären sowie von den Bauern und Arbeitern gemacht wird. Die liberalen Advokaten und Professoren aber verfechten das Lebloseste, das Sinnloseste, die größte Utopie, die es gibt: die Versöhnung zweier entgegengesetzter, einander ausschließender Methoden der Zerstörung dessen, was sich überlebt hat, und dabei eine solche Art von Versöhnung, die eine Zerstörung überhaupt ausschalten soll. Entweder Sieg des Bauernaufstandes und gänzliche Zerstörung der alten Grundbesitzverfassung zugunsten der von der Revolution erneuerten Bauernschaft, d. h. Konfiskation des gutsherrlichen Grundbesitzes und Republik. Oder Stolypinsche Zerstörung, die ebenfalls erneuert, die den alten Grundbesitz in der Tat erneuert und den kapitalistischen Verhältnissen anpasst, aber restlos im Interesse der Gutsbesitzer, um den Preis grenzenlosen Ruins der Bauernmassen, ihrer gewaltsamen Vertreibung aus den Dörfern, ihrer Exmittierung, ihrer Aushungerung, ihrer Vernichtung durch Gefängnis, Verbannung, durch Massenerschießungen und Folterung der gesamten Blüte der Bauernjugend. Es ist für eine Minderheit nicht leicht, gegenüber der Mehrheit eine solche Politik durchzuführen, aber ökonomisch ist eine solche Politik nicht unmöglich. Wir müssen dem Volke helfen, dies klar zu begreifen. Der Versuch aber, durch eine akkurate Reform sich friedlich, gewaltlos aus jenem unendlich verwirrten Knäuel mittelalterlicher Widersprüche, der das Produkt von Jahrhunderten russischer Geschichte ist, herauszuwinden, ist der beschränkteste Traum hoffnungsloser „Männer in Futteral". Die ökonomische Notwendigkeit ruft unbedingt und in höchstem Grade eine „schroffe Umwälzung" in den Agrarverhältnissen Russlands hervor und wird sie unbedingt auch durchführen. Die historische Frage ist nur die, ob sie von den Gutsbesitzern mit dem Zaren und Stolypin an der Spitze oder aber von den Bauernmassen unter Führung des Proletariats durchgeführt werden wird.

Zusammenschluss der Opposition" – das ist. die Tagesfrage der russischen politischen Presse.2 Das polizeilich-Stolypinsche Organ „Rossija" frohlockt: „Zusammenschluss? Also sind auch die Kadetten Revolutionäre; packt den Kadetten!" Das Kadettenorgan „Rjetsch" verzieht, ganz und gar von dem Tschinownikeifer durchdrungen, zu zeigen, dass die Kadetten ebenso gemäßigt sein können, wie die Oktobristen, geziert das Mäulchen, ergeht sich in Strömen „moralischer" Entrüstung über die gewissenlosen Versuche, sie revolutionärer Gesinnung zu bezichtigen, und erklärt: Wir würden natürlich einen Zusammenschluss der Opposition begrüßen, aber dieser Zusammenschluss muss eine Bewegung „von links nach rechts" sein (Leitartikel vom 2. Februar).

Wir haben schon Erfahrungen politischer Fehler und Enttäuschungen hinter uns. Wenn die Opposition sich zusammenschließt, so geschieht dies natürlich auf dem Boden des Minimalprogramms der gemäßigtesten unter den ihr angehörenden Parteien."

Ein durchaus deutliches Programm: Hegemonie des bürgerlichen Liberalismus, das ist meine Bedingung – sagen die Kadetten, ähnlich wie Falloux im Jahre 1871 Thiers geantwortet hat, als dieser ihn um Unterstützung anging: Monarchie, das ist meine Bedingung.

Stolitschnaja Potschta"3 jedoch merkte, dass es unanständig und unschön ist, dergleichen Dinge geradeheraus zu sagen, und daher erklärt sie sich mit der „Rjetsch" „nicht einverstanden", macht unklare Andeutungen über „eine Voroktober-Stimmung“ die verdammte Zensur lässt ein klares politisches Programm nicht zu!) und lädt im Grunde genommen zu einem kleinen Kuhhandel ein: die „Rjetsch" möchte gern die Führung haben, die Revolutionäre wollen es (in der neuen Vereinigung) auch, – könnte ich nicht als ehrlicher Makler etwas dabei verdienen?

Zusammenschluss" – wir sympathisieren aufs Wärmste mit dieser Losung, besonders wenn dabei „Voroktober-Stimmungen" angedeutet – wenn auch nur angedeutet! – werden. Aber die Geschichte wiederholt sich nicht, ihr Herren Politikaster. Und die Lehren, die uns die „Geschichte der drei Jahre" erteilt hat, können von keinen Mächten der Welt aus dem Bewusstsein der Klassen ausgemerzt werden. Diese Lehren sind außerordentlich reich, – sowohl an positivem Inhalt (Formen, Charakter, Bedingungen des Sieges des Massenkampfes der Arbeiter und Bauern im Jahre 1905) als auch an negativem (Bankrott zweier Dumas, d. h. Bankrott der Verfassungsillusionen und der kadettischen Hegemonie).

Wer gewillt ist, diese Lehren systematisch zu studieren, zu durchdenken, sich anzueignen und unter die Massen zu bringen – bitte schön, wir sind ganz und gar für „Zusammenschluss", für einen Zusammenschluss zu rücksichtslosem Kampf gegen die Renegaten der Revolution. Sagt euch das nicht zu? Dann scheiden sich unsere Wege.

Die alte Losung der „Voroktoberzeit" ist gut, und wir werden sie („Konstituierende Versammlung") nicht streichen (M-d-m aus dem Sammelbuch „Nascha Mysl" möge es nicht übelnehmen4). Aber sie genügt nicht. Sie ist zu formal. Sie entbehrt der Erkenntnis, dass akute Fragen durch das Leben praktisch gestellt werden. Wir werden sie durch die großen Lehren dreier großer Jahre ergänzen. Unser „Minimalprogramm", das „Programm unseres Zusammenschlusses", ist kurz und bündig; 1. Beschlagnahme des gesamten Großgrundbesitzes, 2. Republik. Wir brauchen dazu eine solche Konstituierende Versammlung, die imstande wäre, diese Aufgaben zu bewältigen.

Die Geschichte der beiden Dumas, der beiden kadettischen Dumas, hat mit überraschender Sinnfälligkeit gezeigt, dass es bei dem wirklichen Kampf der sozialen Kräfte, jenem Kampf, dessen man sich nicht immer bewusst war, der nicht immer an die Oberfläche trat, der aber stets von ausschlaggebendem Einfluss auf alle bedeutenden politischen Resultate war und alle Kunststücke der einfältigen und gaunerisch-geschickten Laienprediger des „Konstitutionalismus" in Nichts auflöste, – dass es bei diesem Kampf in seinem ganzen Umfang um die beiden von uns erwähnten „Objekte" ging. Nicht abstrakte Theorien, sondern die realen Kampferfahrungen unserer Volksmassen unter den realen Verhältnissen des russischen feudalen Absolutismus haben uns die Unvermeidlichkeit gerade dieser Losungen gezeigt. Wer sie sich zu eigen machen kann, den fordern wir auf, „getrennt zu marschieren" und „vereint zu schlagen", den Feind zu schlagen, der Russland verheert und Tausende seiner besten Söhne hinschlachtet.

Mit einem solchen Vereinigungsprogramm werdet ihr allein bleiben".Das ist nicht wahr!

Lest die Reden parteiloser Bauern in den ersten zwei Dumas, und ihr werdet sehen, das unser Vereinigungsprogramm nur ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse, die elementar-notwendigen Schlüsse aus diesen Bedürfnissen formuliert. Mit denjenigen, die für diese Bedürfnisse kein Verständnis haben – von den Kadetten angefangen bis zu Pjeschechonow (der in Moskau, wie man uns. von dort schreibt, auch den „Zusammenschluss" gepredigt hat) – mit jenen Leuten werden wir im Namen dieses „Zusammenschlusses" Krieg führen.

Es wird ein hartnäckiger Krieg sein. Wir haben es verstanden, vor der Revolution lange Jahre zu arbeiten. Nicht umsonst hat man uns die „Steinharten" genannt. Die Sozialdemokraten haben eine proletarische Partei geschaffen, die nicht den Mut und nicht den Kopf verlieren, die nicht zu Abenteuern greifen wird, weil ihr erster Ansturm nicht Erfolg hat. Diese Partei geht dem Sozialismus entgegen, ohne sich und ihre Geschicke an das Ergebnis der einen oder anderen Periode bürgerlicher Revolutionen zu binden. Daher ist sie auch von den schwachen Seiten bürgerlicher Revolutionen frei. Diese proletarische Partei geht dem Siege entgegen.

1 Aus dem Russischen übersetzt. Die Red.

2 Nach der Auflösung der II. Reichsduma bildete sich im Winter 1907-1908 in Moskau ein Kreis radikal gesinnter kadettischer und anderer verwandter Elemente, die mit der offiziellen Linie der kadettischen Partei äußerst unzufrieden waren. Diese Linie zeigte sich in dem bekannten Besuch der Kadettenführer in der Nacht der Auflösung der II. Duma bei Stolypin, als die Kadetten, um der Erhaltung der II. Duma willen, der Auslieferung der sozialdemokratischen Fraktion zustimmten. Der Zirkel stellte sich zur Aufgabe den Zusammenschluss der ganzen Opposition nach dem Muster des alten „Sojus Oswoboschdenija" (Befreiungs-Bund). Organisator dieser Vereinigung, der die mit Miljukow und seiner Linie unzufriedenen linken Kadetten, die „Pederaki" (Demokratische Reform-Partei – die zukünftigen Progressisten der III. Reichsduma) sowie die Volkssozialisten, Trudowiki, parteilosen Linken und Menschewiki angehörten, war der linke Kadett W. Obninski. Im Sommer 1908, während seines Aufenthalts im Auslande, verhandelte er mit Plechanow und Dan über Koordinierung der Arbeit. Obninski erklärte, die einzige Bedingung des Zusammenschlusses sei Unversöhnlichkeit gegen die Regierung und Vorbereitung zur kommenden Revolution. Zu diesem Zweck sei aber auch das Zustandekommen einer Einigung erforderlich. Dan und Plechanow sprachen sich für einen ungezwungenen Zusammenschluss aus – nicht in Form einer Organisation, sondern in Form eines Klubs zu gegenseitiger Information. Obninski ging darauf ein und versprach, diese Bedingungen zu erfüllen (u. a. versprach er, für den „Golos Sozialdemokrata" Informationsmaterial zu geben). Dieser neue „Befreiungs-Bund" hielt im Laufe des Winters eine Tagung ab, und in Verbindung damit kam Obninski zu Verhandlungen nach Petersburg. Zu dieser Tagung wurden auch drei Bolschewiki als Einzelpersonen eingeladen. Nach Anhören des Referats von Obninski verlangten sie die Hinzuziehung eines offiziellen Vertreters des Petersburger Komitees. Das Petersburger Komitee erhielt tatsächlich eine diesbezügliche Einladung, beschloss aber, die Beteiligung an diesen Beratungen abzulehnen, und teilte seinen Beschluss schriftlich mit.

Die „Belebungsversuche an einer Leiche" (Titel einer Korrespondenz in Nr. 30 des „Proletarij", die Lenin in seinem Artikel „Kadetten des zweiten Aufgebots" – siehe vorliegenden Band, S. 240 analysiert) blieben erfolglos, wenn man von dem Erscheinen zweier Lieferungen des Sammelbandes „Sarnizy" („Wetterleuchten") absieht, an denen sich außer einer Reihe Kadetten auch die Volkssozialisten Tan, Hornfeld, Petrischtschew, der Menschewik W. Kranichfeld u. a. beteiligten. Der „Zusammenschluss der Opposition" kam nicht zustande.

3 Lenin zitiert den Artikel „Zusammenschluss der Opposition" in Nr. 228 vom 16. (3.) Februar 1908.

4 Lenin scheint den Sammelband „Nascha Mysl", vielleicht auch den Namen „M-d-m" (Medem?) irrtümlich genannt zu haben. Weder in den Sammelbänden dieses Namens noch in Veröffentlichungen, die von Medem redigiert sind, konnten wir einen Artikel finden, wo in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit, die Losung der Konstituierenden Versammlung zu streichen, die Rede ist.

Kommentare