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Wladimir I. Lenin 19190629 Die große Initiative

Wladimir I. Lenin: Die große Initiative

Über das Heldentum der Arbeiter hinter der Front. Aus Anlass der „kommunistischen Subbotniks“

29. Juni 1919

[Ausgewählte Werke, Band 9. Die Neue Ökonomische Politik und der sozialistische Aufbau. Moskau-Leningrad 1936, S. 458-483]

Die Presse meldet zahlreiche Beispiele von Heldenmut der Rotarmisten. Im Kampf gegen die Truppen Koltschaks, Denikins und die anderen Heere der Gutsherren und Kapitalisten zeigen die Arbeiter und Bauern nicht selten Wunder an Tapferkeit und Ausdauer bei der Verteidigung der Errungenschaften der sozialistischen Revolution. Langsam und schwierig vollzieht sich die Ausmerzung des Partisanengeistes, die Überwindung der Müdigkeit und Zügellosigkeit, aber es geht damit vorwärts trotz alledem. Das Heldentum der werktätigen Massen, die bewusst für den Sieg des Sozialismus Opfer bringen, ist die Grundlage der neuen, kameradschaftlichen Disziplin in der Roten Armee, ihrer Wiedergeburt, ihrer Festigung, ihres Wachstums.

Nicht weniger Beachtung verdient das Heldentum der Arbeiter hinter der Front. Eine geradezu gigantische Bedeutung haben in dieser Hinsicht die kommunistischen Subbotniks1, die die Arbeiter aus eigener Initiative veranstalten. Offenbar ist das erst nur ein Anfang, aber dieser Anfang ist von außerordentlich großer Bedeutung. Das ist der Anfang einer schwierigeren, wesentlicheren, radikaleren, entscheidenderen Umwälzung als der Sturz der Bourgeoisie, denn es ist ein Sieg über die eigene Trägheit und Zügellosigkeit, über den kleinbürgerlichen Egoismus, über diese Gewohnheiten, die der fluchwürdige Kapitalismus dem Arbeiter und Bauern als Erbe hinterlassen hat. Wenn dieser Sieg verankert sein wird, dann und nur dann wird die neue gesellschaftliche Disziplin, die sozialistische Disziplin geschaffen sein, dann und nur dann wird eine Rückkehr zum Kapitalismus unmöglich werden, wird der Kommunismus wirklich unbesiegbar werden. Die „Prawda“ vom 17. Mai veröffentlichte einen Artikel des Genossen A. Sch., „Arbeit auf revolutionäre Art (Kommunistischer Sonnabend)“. Dieser Artikel ist so wichtig, dass wir ihn in vollem Wortlaut wiedergeben wollen:

Arbeit auf revolutionäre Art

(Kommunistischer Sonnabend)

Der Brief des Zentralkomitees der KPR über Arbeit auf revolutionäre Art gab den kommunistischen Organisationen und den Kommunisten einen starken Anstoß. Der allgemeine Elan bewog viele kommunistische Eisenbahner, an die Front zu gehen, doch die meisten von ihnen durften ihre verantwortlichen Posten nicht verlassen, um neue Methoden der Arbeit auf revolutionäre Art herauszufinden. Die Berichte aus den einzelnen Orten über den schleppenden Gang der Mobilisierung und der bürokratische Schlendrian veranlassten den Unterbezirk der Moskau-Kasaner Eisenbahn, die Aufmerksamkeit auf den Mechanismus des Eisenbahnbetriebs zu richten. Es zeigte sich, dass infolge des Mangels an Arbeitskräften und der schwachen Intensität der Arbeit dringende Aufträge und eilige Lokomotivreparaturen hinausgeschoben werden. Am 7. Mai wurde in der allgemeinen Versammlung der Kommunisten und Sympathisierenden des Unterbezirks der Moskau-Kasaner Eisenbahn die Frage aufgeworfen, man solle von den Worten über Mitwirkung bei der Besiegung Koltschaks zu Taten übergehen. Der eingebrachte Antrag lautete:

In Anbetracht der schweren inneren und äußeren Lage müssen sich die Kommunisten und Sympathisierenden, um ein Übergewicht über den Klassenfeind zu erlangen, erneut aufraffen und aus ihrer Ruhezeit eine weitere Arbeitsstunde herausholen, d. h. ihren Arbeitstag um eine Stunde verlängern, diese Stunden summieren und am Sonnabend sechs Stunden hindurch physische Arbeit leisten, um sofort einen realen Wert zu erzeugen. Mit Rücksicht darauf, dass die Kommunisten, wenn es um die Errungenschaften der Revolution geht, ihre Gesundheit und ihr Leben nicht schonen dürfen, ist die Arbeit unentgeltlich zu leisten. Der kommunistische Sonnabend ist im gesamten Unterbezirk bis zum völligen Sieg über Koltschak einzuführen.“

Nach einigen Schwankungen wurde dieser Antrag einstimmig angenommen.

Am Sonnabend, den 10. Mai, um 6 Uhr abends traten die Kommunisten und Sympathisierenden wie Soldaten zur Arbeit an, stellten sich in Reih und Glied auf und wurden ohne Gedränge von den Meistern an ihre Plätze geführt.

Die Resultate der Arbeit auf revolutionäre Art liegen vor. Die beigefügte Aufstellung zeigt die Betriebe und den Charakter der Arbeit

Arbeitsstelle

Bezeichnung der Arbeit

Zahl der Arbeiter

Zahl der Stunden

Geleistete Arbeit

Zeiteinheit

insgesamt

Moskau. Lokomotivhauptwerkstätten

Verladung v. Material für die Strecke, Vorrichtungen zur Reparatur von Lokomotiven und Wagenteilen nach Perowo-Murom-Alatyr u. Sysran

48

21

5

5

3

4

240

63

20

Verladen 7500 Pud Ausgeladen 1800 Pud

Moskau. Personenzugdepot

Komplizierte laufende Reparatur der Lokomotive des Trotzki-Zuges und anderer

26

5

130

Im ganzen 1½ Lokomotiven repariert

Moskau.

Rangierbahnhof

Laufende Lokomotivreparaturen

24

6

144

2 Lokomotiven repariert und bei 4 die zu reparierenden Teile auseinandergenommen

Moskau. Wagenabteilung

Laufende Reparaturen von Personenwagen

12

6

72

2 Wagen 3. Klasse

Perowo. Wagenhauptwerkstätten

Wagenreparaturen u. kleine Reparaturen am Sonnabend und Sonntag

46

23

5

5

230

115

12 gedeckte und 2 nicht gedeckte Güterwagen

Insgesamt

205

1014

Insgesamt repariert 4 Lokomotiven und 16 Wagen, ein und ausladen 9300 Pud

Der Gesamtwert der geleisteten Arbeit beträgt bei normaler Bezahlung 5 Millionen Rubel, bei Überstundenbezahlung das Anderthalbfache.

Die Arbeitsintensität bei der Verladung übersteigt die der gewöhnlichen Arbeiter um 270 Prozent. Die übrigen Arbeiten weisen ungefähr die gleiche Intensität auf.

Dadurch wurde die Verzögerung, die bei den (dringlichen) Aufträgen infolge des Mangels an Arbeitskraft und des Schlendrians sieben Tage bis drei Monate betrug, beseitigt.

Die Arbeit ging vor sich bei schadhaftem (leicht zu behebendem) Zustand der Vorrichtungen, wodurch einzelne Gruppen 30 bis 40 Minuten aufgehalten wurden.

Die zur Leitung der Arbeiten im Dienst belassene Administration konnte kaum mitkommen, um neue Arbeit bereitzustellen, und vielleicht mag die Äußerung eines alten Meisters etwas übertrieben sein, dass an dem kommunistischen Sonnabend so viel geleistet worden sei, wie sonst in einer Woche, verglichen mit der Arbeit von nicht klassenbewussten und schludrigen Arbeitern.

Im Hinblick darauf, dass bei der Arbeit auch einfach aufrichtige Anhänger der Sowjetmacht anwesend waren und ein Zustrom dieser für die kommenden Sonnabende erwartet wird, ferner, dass andere Bezirke den Wunsch haben, das Beispiel der kommunistischen Eisenbahner der Moskau-Kasaner Linie nachzuahmen, möchte ich an Hand der aus den einzelnen Arbeitsstellen eingegangenen Berichte ausführlicher bei der organisatorischen Seite verweilen.

An den Arbeiten beteiligten sich etwa 10 Prozent Kommunisten, die dort ständig arbeiten. Die übrigen Teilnehmer waren Inhaber verantwortlicher Posten und Gewählte, vom Kommissar der Strecke bis zum Kommissar des einzelnen Betriebes sowie Funktionäre der Gewerkschaften und Mitarbeiter der Direktion und des Verkehrskommissariats.

Die Begeisterung und Einmütigkeit bei der Arbeit war eine noch nie dagewesene. Als Arbeiter, Kontoristen, Mitarbeiter der Direktion einen 40 Pud schweren Radreifen für eine Personenzuglokomotive anpackten und wie fleißige Ameisen ohne Geschimpfe und Streiterei auf seinen Platz rollten, stieg im Herzen ein heißes Gefühl der Freude über die kollektive Arbeit auf, und der Glaube an die Unerschütterlichkeit des Sieges der Arbeiterklasse wurde fester. Den Welträubern wird es nicht gelingen, die siegreichen Arbeiter zu erwürgen, die Saboteure Im Innern werden den Einzug Koltschaks nicht erleben.

Nach Arbeitsschluss waren die Anwesenden Zeugen eines überwältigenden Schauspiels: etwa hundert Kommunisten, müde, aber mit einem Freudenglanz in den Augen, begrüßten den Erfolg des Werkes mit den feierlichen Klängen der Internationale – und es schien, als würden diese triumphierenden Wellen der Siegeshymne sich über die Mauern hinweg durch das Moskau der Arbeiter ergießen und wie Wellenkreise von einem ins Wasser geworfenen Stein sich über das arbeitende Russland verbreiten und die Müden und Schlappen aufrütteln.

A. Sh."

In einer Würdigung dieses prachtvollen „nachahmenswerten Beispiels“ schrieb die „Prawda“ vom 20. Mai unter dieser Überschrift in einem Artikel des Genossen N. R.:

Fälle dieser Art Arbeit von Kommunisten sind keine Seltenheit. Mir sind solche Fälle auf einem Elektrizitätswerk und auf verschiedenen Eisenbahnen bekannt. Auf der Nikolai-Bahn haben die Kommunisten bei der Hebung einer in die Drehscheibe gestürzten Lokomotive einige Nächte Überstunden geleistet; an der Nordbahn haben im Winter sämtliche Kommunisten und Sympathisierende mehrere Sonntage gearbeitet, um die Strecke vom Schnee zu säubern; zur Bekämpfung der Güterdiebstähle machen die Zellen zahlreicher Güterbahnhöfe nächtliche Rundgänge – diese Arbeit war jedoch eine zufällige, keine systematische. Das Neue, das die Genossen der Kasaner Strecke hineingebracht haben, ist, dass sie diese Arbeit zu einer systematischen, ständigen machen. „Bis zum völligen Sieg über Koltschak“, beschlossen die Genossen der Kasaner Strecke, und darin liegt die ganze Bedeutung ihrer Arbeit. Sie verlängern den Arbeitstag der Kommunisten und Sympathisierenden für die ganze Dauer des Kriegszustandes um eine Stunde; gleichzeitig bieten sie ein Beispiel produktiver Arbeit.

Dieses Beispiel hat bereits Nachahmung gefunden und muss weitere Nachahmung finden. Die allgemeine Versammlung der Kommunisten und der Sympathisierenden der Alexander-Bahn hat nach einer Besprechung der Kriegslage und des Beschlusses der Genossen der Kasaner Strecke beschlossen: 1. ,Subbotniks* für die Kommunisten und Sympathisierenden der Alexander-Bahn einzuführen. Der erste Subbotnik wird auf den 17. Mai festgesetzt. 2. Aus den Kommunisten und Sympathisierenden instruktive, mustergültige Brigaden zu organisieren, die den Arbeitern zeigen sollen, wie gearbeitet werden muss und was in Wirklichkeit mit den vorhandenen Materialien und Werkzeugen und beim jetzigen Stand der Ernährung gemacht werden kann.

Wie die Genossen der Kasaner Strecke berichten, hat ihr Beispiel großen Eindruck gemacht, und für den nächsten Sonnabend erwarten sie, dass zur Arbeit eine beträchtliche Anzahl parteiloser Arbeiter erscheinen wird. Während diese Zeilen geschrieben werden, hat in den Alexander-Eisenbahnwerkstätten die Überstundenarbeit der Kommunisten noch nicht begonnen, aber kaum hatte sich das Gerücht über die geplanten Arbeiten verbreitet, als auch schon die parteilose Masse in Bewegung kam und sich zu äußern begann: ,Wir wussten gestern nichts davon, sonst hätten wir uns vorbereitet und ebenfalls mitgemacht', ,am kommenden Sonnabend werde ich bestimmt kommen' – hört man von allen Seiten. Der Eindruck, der durch derartige Arbeiten hervorgerufen wird, ist sehr groß.

Dem Beispiel der Genossen der Kasaner Strecke müssen alle kommunistischen Zellen im Hinterland folgen. Nicht nur die kommunistischen Zellen des Moskauer Knotenpunktes – die gesamte Parteiorganisation Russlands muss diesem Beispiel folgen. Auch in den Dörfern müssen die kommunistischen Zellen darangehen, vor allem den Familien der Rotarmisten zu helfen, die Felder zu bestellen.

Die Genossen der Kasaner Strecke schlossen ihre Arbeit am ersten kommunistischen Sonnabend mit dem Gesang der Internationale. Wenn die kommunistische Organisation ganz Russlands diesem Beispiel folgen und es unbeirrt in die Tat umsetzen wird, dann wird die Sowjetrepublik Russland die nächsten schweren Monate überstehen unter den donnernden Klängen der Internationale aller Werktätigen der Republik

An die Arbeit, Genossen Kommunisten!“

Die „Prawda“ vom 23. Mal 1919 berichtete:

Am 17. Mai fand auf der Alexander-Bahn der erste kommunistische ,Subbotnik' statt. 98 Personen, Kommunisten und Sympathisierende, arbeiteten gemäß dem Beschluss der allgemeinen Versammlung fünf Überstunden unentgeltlich, sie erhielten nur das Recht auf ein zweites Mittagessen gegen Entgelt, wobei ihnen als physischen Arbeitern zum Mittagessen, ebenfalls gegen Entgelt, je ein halbes Pfund Brot verabfolgt wurde.“

Trotzdem die Arbeit schwach vorbereitet und schwach organisiert war, war dennoch die Arbeitsproduktivität zwei - bis dreimal höher als die übliche.

Ein paar Beispiele:

Fünf Dreher verfertigten in vier Stunden 80 Wellen. Produktivität im Vergleich zur üblichen 213 Prozent.

20 ungelernte Arbeiter sammelten in vier Stunden Altmaterial im Gewicht von 600 Pud und 70 Wagenfedern von je 3% Pud Gewicht, insgesamt 850 Pud. Produktivität im Vergleich zur üblichen 300 Prozent.

Die Genossen erklären das damit, dass, man in der gewöhnlichen Zeit die Arbeit satt habe, ihrer überdrüssig sei, hier dagegen arbeite man gern, mit Begeisterung. Jetzt wird man sich aber schämen, in der gewöhnlichen Zeit weniger zu leisten als im kommunistischen Subbotnik."

Jetzt äußern viele parteilose Arbeiter ihren Wunsch, an den Subbotniks teilzunehmen. Die Lokomotivbrigaden machen sich erbötig, eine Lokomotive vom ,Friedhof' für den Subbotnik zu holen, sie zu reparieren und in Betrieb zu setzen.

Es sind Nachrichten eingegangen, dass ähnliche Subbotniks auch auf der Strecke nach Wjasma organisiert werden.“

Darüber, wie die Arbeit während dieser kommunistischen Subbotniks vor sich geht, schreibt Genosse A. Djatschenko im der „Prawda“ vom 7. Juni. Wir bringen hier den wesentlichen Teil seines Artikels, überschrieben: „Notizen eines Subbotnik-Teilnehmers“:

Mit großer Freude ging ich mit einem Genossen hin, den Sonnabend,dienst' laut Beschluss des Eisenbahnunterbezirks der Partei zu leisten und vorübergehend, für einige Stunden, dem Kopf Ruhe zu gönnen und die Muskeln arbeiten zu lassen … Wir sollten in der Bahntischlerei arbeiten. Wir kamen hin, trafen unsere Leute, begrüßten uns, scherzten, zählten unsere Mannschaft – im ganzen 30 … Und vor uns liegt das ,Ungetüm' – ein Dampfkessel von recht solidem Gewicht, etwa 600-700 Pud, und eben diesen Kessel sollen wir ,umstellen', d. h. fast eine halbe oder ein Drittel Werst weit zur Rampe hinüberrollen. Zweifel beschleichen unsAber nun sind wir bereits an der Arbeit: die Genossen schoben einfach unter den Kessel Holzrollen, banden zwei Stricke an, und die Arbeit ging los … Der Kessel gab ungern nach, rührte sich aber dennoch. Wir freuen uns, wir sind ja so wenige … schleppte doch denselben Kessel nahezu zwei Wochen lang eine dreimal größere Zahl von kommunistischen Arbeitern, doch er widerstand, bis wir nun kamen … Wir arbeiten eine Stunde, kräftig, einmütig unter den gleichmäßigen Kommandorufen des Genossen Kolonnenführers: „Eins, zwei, drei“, und der Kessel rückt immer weiter. Plötzlich, was ist denn los? Mit einem Mal ist eine ganze Reihe Genossen so komisch hingeflogen – der Strick, den wir in den Händen hielten, hatte ,versagt' … Doch die Verzögerung währte kaum eine Minute: an Stelle des Stricks befestigten wir ein TauDer Abend bricht herein, es wird schon merkbar dunkel, aber wir müssen noch ein kleines Hügelchen überwinden, dann wird die Arbeit bald geschafft sein. Die Handgelenke knacken, die Handflächen brennen, uns wird warm, wir stoßen mit aller Kraft – und es geht vorwärts. Die ,Administration' steht da und greift, über den Erfolg verblüfft, unwillkürlich ebenfalls nach dem Tau: Hilf mit! Es war schon längst Zeit! Ein Rotarmist schaut unserer Arbeit zu. In den Händen hält er eine Ziehharmonika. Was denkt er von uns? Was für Menschen sind das? Was wollen sie am Sonnabend, wo alle zu Hause sitzen? Ich löse ihm das Rätsel und sage: ,Genosse! Spiel’ uns etwas Lustiges vor, wir sind ja keine x-beliebigen Arbeiter, sondern wirkliche Kommunisten – siehst du, wie die Arbeit flink vonstatten geht, wir faulenzen nicht, sondern gehen drauf los.' Der Rotarmist legt behutsam die Harmonika zusammen und eilt an das Tau …

,Der Engländer, der Schlaue!' – stimmt im schönen Tenor Genosse U. an. Wir fallen ein, und dumpf schallen die Worte des .Arbeiterliedes: ,He, du Knüppelchen, du grünes … '

Von der ungewohnten Arbeit ermüden die Muskeln, die Schultern schmerzen, der Rücken, aber … es winkt ein freier Tag – unser Ruhetag, wir werden noch ausschlafen können. Das Ziel ist nahe, und nach kleinen Schwankungen ist unser ,Ungetüm' fast schon an der Rampe: Bretter unterlegen, auf die Rampe hinstellen! – nun mag dieser Kessel die Arbeit leisten, die man schon längst von ihm erwartet. Wir begeben uns dichtgedrängt ins Zimmer, den ,Klub' der dortigen Zelle, das mit Plakaten behangen, mit Gewehren voll gestellt und grell erleuchtet ist, und nach einem schönen Absingen der ,Internationale' laben wir und an Tee mit ,Rum' und sogar an Brot. Eine solche Bewirtung, die uns von den dortigen Genossen bereitet wurde, war nach der schweren Arbeit sehr am Platze. Brüderlich verabschieden wir uns von den Genossen und stellen uns in Reih und Glied auf. Revolutionslieder erfüllen in der nächtlichen Stille die schlafende Straße, der Schall der gleichmäßigen Schritte begleitet den Gesang. ,Brüder, zur Sonne, zur Freiheit', ,Wacht auf, Verdammte dieser Erde' – es ertönt unser Lied der Internationale und der Arbeit.

Eine Woche ist vergangen. Hände und Schultern haben sich erholt, und wir fahren nun schon zu einem ,Subbotnik' 9 Werst von hier entfernt, um Waggons zu reparieren. Es geht nach Perowo. Die Genossen kletterten auf das Dach des ,Amerikaners' und singen schön und klangvoll die ,Internationale'. Das mitreisende Publikum horcht auf und ist anscheinend verwundert. Die Räder rattern im Takt, und wir, die wir nicht nach oben klettern konnten, hängen am ,Amerikaner' auf den Stufen, ,tollkühne' Passagiere mimend. Da ist nun die Haltestelle, wir sind schon am Ziel, durchschreiten einen langen Hof und treffen einen freundlichen Genossen, den Kommissar G.

Arbeit ist da, aber zu wenig Leute! Im Ganzen 30, und wir müssen in 6 Stunden ein Bäckerdutzend Waggons mittlerer Reparatur abliefern! Da stehen nun die markierten Radgestelle, nicht nur leere Waggons sind da, auch eine gefüllte Zisterne … nun, es macht nichts, wir werden uns schon ,einrichten', Genossen!

Die Arbeit geht flott. Ich und fünf Genossen arbeiten mit Hebebäumem, d. h. mit Hebeln. Die 60 und 70 Pud schweren Räderpaare springen unter dem Druck unserer Schultern, dank der zwei Hebebäume, die vom Genossen Kolonnenführer dirigiert werden, hurtig und flink von einem Geleise auf das andere. Das eine Paar ist fortgeschafft, ein neues ist an seiner Stelle. Nun haben sie schon alle Platz, und wir ,lotsen' diesen abgenutzten alten Kram ganz schnell über die Schienen nach dem Schuppen … Eins, zwei, drei – und sie sind von dem eisernen sich drehenden Hebebaum in die Luft gehoben und schon nicht mehr auf den Schienen. Dort, im Dunkeln, klopfen die Hämmer, es sind die Genossen, die emsig wie Bienen an ihren ,kranken' Waggons arbeiten. Es wird getischlert, gestrichen, das Dach gedeckt – zu unserer und des Genossen Kommissars Freude geht die Arbeit flott vonstatten. An einer anderen Stelle beanspruchen auch die Schmiede unsere Hände. Auf einem transportablen Schmiedeherd liegt eine glühende ,Lenkstange', d. h. die Kupplungsstange des Waggons mit einem Haken, der durch einen ungeschickten Stoß gekrümmt wurde. Weiß, funkensprühend kommt die Stange auf eine Eisenplatte und nimmt durch unsere geschickten Schläge nach dem Augenmaß eines erfahrenen Genossen wieder ihre normale Form an. Die Stange glüht noch weiß-rot, aber schon wird sie auf unseren Schultern schnell an ihren Platz getragen und funkensprühend in eine eiserne Öffnung eingesetzt – einige Schläge, und sie sitzt. Wir kriechen unter den Waggon. Die Einrichtung dieser Kuppelungen und Stangen dort ist gar nicht so einfach, wie es scheint; es ist ein ganzes System mit Nieten und einer Spiralfeder … Die Arbeit geht rasch vor sich, die Nacht wird dunkler, heller brennen die Fackeln. Bald ist’s zu Ende. Ein Teil der Genossen ist neben einem Stapel Radfelgen ,gelandet' und ,schlürft' heißen Tee. Die Mainacht ist frisch und schön die Sichel des jungen Mondes. Scherzworte, Lachen, gesunder Humor.

Genosse G., mach Schluss, dreizehn Waggons sind genug für dich!

Aber dem Genossen G. ist das zu wenig.

Der Tee ist ausgetrunken, wir stimmen unsere Siegeslieder an, gehen zum Tor hinaus …“

Die Bewegung für die Veranstaltung „kommunistischer Subbotniks“ beschränkt sich nicht auf Moskau. Die „Prawda“ vom 6. Juni berichtete:

Am 31. Mai fand in Twer der erste kommunistische Subbotnik statt. Auf der Eisenbahn arbeiteten 128 Kommunisten. In dreieinhalb Stunden wurden 14 Waggons ein- und ausgeladen, 3 Lokomotiven repariert, 10 Klafter Holz geschnitten und andere Arbeiten ausgeführt. Die Intensität der Arbeit der qualifizierten kommunistischen Arbeiter überstieg die übliche Produktivität um das Zwölffache.“

Ferner lesen wir in der „Prawda“ vom 8 Juni:

Kommunistische Sonnabende“

Saratow, 5. Juni. Die kommunistischen Eisenbahner haben als Antwort auf die Aufforderung der Moskauer Genossen in einer allgemeinen Parteiversammlung beschlossen, an den Sonnabenden zur Unterstützung der Volkswirtschaft fünf Überstunden unentgeltlich zu arbeiten.“

Ich habe mit aller Ausführlichkeit und Vollständigkeit die Berichte über die kommunistischen Subbotniks angeführt, denn hier beobachten wir zweifellos eine der wichtigsten Seiten des kommunistischen Aufbaus, der unsere Presse nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt und die wir alle noch nicht genug gewürdigt haben.

Weniger politisches Geschwätz, mehr Aufmerksamkeit für die einfachsten, aber lebendigen, dem Leben entnommenen, durch das Leben erprobten Tatsachen des kommunistischen Aufbaus – diese Losung müssen wir alle, unsere Schriftsteller, Agitatoren, Propagandisten, Organisatoren usw., immer wieder wiederholen.

Es ist natürlich und unvermeidlich, dass uns in der ersten Zeit nach der proletarischen Revolution am meisten die Haupt- und Grundaufgabe beschäftigt, die Überwindung des Widerstandes der Bourgeoisie, der Sieg über die Ausbeuter, die Unterdrückung ihrer Verschwörung (wie der „Verschwörung der Sklavenhalter“, Petrograd auszuliefern, an der alle, von den Schwarzhundertern und den Kadetten bis zu den Menschewiki und Sozialrevolutionären einschließlich, beteiligt waren). Aber neben diese Aufgabe tritt ebenso unvermeidlich – und zwar je länger, desto mehr – die wesentlichere Aufgabe des positiven kommunistischen Aufbaues, der Schaffung neuer ökonomischer Verhältnisse, einer neuen Gesellschaft in den Vordergrund.

Die Diktatur des Proletariats ist – worauf ich schon mehr als einmal hingewiesen habe, unter anderem auch in der Rede am 12. März in der Sitzung des Petrograder Arbeiterdeputiertenrates nicht bloß Gewalt gegenüber den Ausbeutern und sogar nicht einmal hauptsächlich Gewalt. Die ökonomische Grundlage dieser revolutionären Gewalt, das Unterpfand ihrer Lebensfähigkeit und ihres Erfolges ist, dass das Proletariat einen im Vergleich mit dem Kapitalismus höheren Typus der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit repräsentiert und verwirklicht. Das ist das Wesentliche. Darin liegt die Kraftquelle und die Bürgschaft für den unausbleiblichen vollen Sieg des Kommunismus.

Die auf Leibeigenschaft beruhende Organisation der gesellschaftlichen Arbeit hielt sich durch die Disziplin des Prügelstocks, bei äußerster Unwissenheit und Verängstigung der Werktätigen, die von einer Handvoll Grundherren geplündert und verhöhnt wurden. Die kapitalistische Organisation der gesellschaftlichen Arbeit hielt sich durch die Disziplin des Hungers, und die ungeheure Masse der Werktätigen blieb trotz allen Fortschritts der bürgerlichen Kultur und der bürgerlichen Demokratie selbst in den fortgeschrittensten, zivilisiertesten und demokratischsten Republiken eine unwissende und verschüchterte Masse von Lohnsklaven oder niedergedrückten Bauern, die von einer Handvoll Kapitalisten geplündert und verhöhnt wurden. Die kommunistische Organisation der gesellschaftlichen Arbeit, in der der Sozialismus den ersten Schritt bildet, beruht und wird je länger, desto mehr auf der freien und bewussten Disziplin der Werktätigen selbst beruhen, die das Joch sowohl der Grundherren als auch der Kapitalisten abgeschüttelt haben.

Diese neue Disziplin fällt nicht vom Himmel und entsteht nicht aus frommen Wünschen, sie wächst hervor aus den materiellen Bedingungen des kapitalistischen Großbetriebes, nur aus ihnen. Ohne diese ist sie unmöglich. Der Träger dieser materiellen Bedingungen aber oder ihr Schrittmacher ist eine bestimmte geschichtliche Klasse, die vom Großkapitalismus geschaffen, organisiert, zusammengeschlossen, geschult, aufgeklärt und gestählt worden ist. Diese Klasse ist das Proletariat.

Diktatur des Proletariats bedeutet, wenn man diesen lateinischen, wissenschaftlichen, historisch-philosophischen Ausdruck in eine einfachere Sprache überträgt, folgendes:

Nur eine bestimmte Klasse, nämlich die städtischen und überhaupt die Fabrikarbeiter, die Industriearbeiter, ist imstande, die ganze Masse der Werktätigen und Ausgebeuteten im Kampf um die Niederwerfung des kapitalistischen Jochs, im Verlauf der Niederwerfung selbst, im Kampf um die Behauptung und Befestigung des Sieges, bei der Schaffung der neuen, sozialistischen Gesellschaftsordnung, im ganzen Kampf um die völlige Aufhebung der Klassen zu führen. (In Parenthese sei bemerkt: der wissenschaftliche Unterschied zwischen Sozialismus und Kommunismus besteht lediglich darin, dass das erste Wort die erste Stufe der aus dem Kapitalismus hervorgehenden neuen Gesellschaft, das zweite die höhere, weitere Stufe dieser Gesellschaft bezeichnet.)

Der Fehler der „Berner, der gelben Internationale besteht darin, dass ihre Führer den Klassenkampf und die führende Rolle des Proletariats nur in Worten anerkennen und sich fürchten, bis zu Ende zu denken, sich gerade vor jener unausweichlichen Schlussfolgerung fürchten, die für die Bourgeoisie besonders schrecklich und absolut unannehmbar ist. Sie fürchten anzuerkennen, dass die Diktatur des Proletariats auch eine Periode des Klassenkampfes bedeutet, der unvermeidlich ist, solange die Klassen nicht aus der Welt geschafft sind, und der seine Formen ändert, wobei er in der ersten Zeit nach der Niederwerfung des Kapitals sich besonders erbittert und besonders eigenartig gestaltet. Nach der Eroberung der politischen Macht stellt das Proletariat den Klassenkampf nicht ein, sondern setzt ihn – bis zur Abschaffung der Klassen – fort, aber selbstverständlich unter anderen Umständen, in anderer Form, mit anderen Mitteln.

Was bedeutet aber „Abschaffung der Klassen“? Alle, die sich Sozialisten nennen, erkennen dieses Endziel des Sozialismus an, aber bei weitem nicht alle denken sich in seine Bedeutung hinein. Als Klassen bezeichnet man große Menschengruppen, die sich voneinander unterscheiden nach ihrer Stellung in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen festgelegten und fixierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach der Art der Erlangung und dem Umfang des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen. Klassen, das sind solche Gruppen von Menschen, von denen die eine sich die Arbeit der anderen aneignen kann, dank der Verschiedenheit ihrer Stellung in einer bestimmten Verfassung der gesellschaftlichen Wirtschaft.

Es ist klar, dass man zur völligen Abschaffung der Klassen nicht nur die Ausbeuter, die Grundherren und die Kapitalisten, stürzen, nicht nur ihr Eigentum abschaffen muss; man muss auch jedes Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen, man muss den Unterschied zwischen Stadt und Land ebenso wie den Unterschied zwischen Hand- und Kopfarbeitern aufheben. Das ist eine sehr langwierige Sache. Um sie zu vollbringen, bedarf es eines gewaltigen Schritts vorwärts in der Entwicklung der Produktivkräfte, muss man den Widerstand der zahlreichen Überreste des Kleinbetriebes überwinden (oft einen passiven Widerstand, der besonders hartnäckig ist und sich besonders schwer überwinden lässt), muss man die ungeheure Macht jener Gewohnheit und Trägheit, die mit diesen Überresten verbunden ist, überwinden.

Anzunehmen, dass alle „Werktätigen“ gleichermaßen zu dieser Arbeit fähig sind, wäre die hohlste Phrase oder die Illusion eines vorsintflutlichen, vormarxschen Sozialisten. Denn diese Fähigkeit kommt nicht von selbst, sondern erwächst geschichtlich und erwächst nur aus den materiellen Bedingungen des kapitalistischen Großbetriebes. Diese Fähigkeit besitzt am Anfang des Weges vom Kapitalismus zum Sozialismus nur das Proletariat. Das Proletariat ist imstande, die auf ihm lastende gigantische Aufgabe zu erfüllen, erstens weil es die stärkste und fortgeschrittenste Klasse der zivilisierten Gesellschaft ist; zweitens weil es in den entwickeltsten Ländern die Mehrheit der Bevölkerung ausmacht; drittens weil in den rückständigen kapitalistischen Ländern, wie etwa Russland, die Mehrheit der Bevölkerung Halbproletarier sind, d. h. Menschen, die ständig einen Teil des Jahres proletarisch leben, die ständig einen gewissen Teil ihres Lebensunterhalts durch Lohnarbeit in kapitalistischen Unternehmungen erwerben.

Wer die Aufgaben des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus zu lösen versucht, indem er von allgemeinen Phrasen über Freiheit, Gleichheit, Demokratie überhaupt, Gleichheit der Arbeitsdemokratie u. ä. m. ausgeht (wie das die Kautsky, Martow und die anderen Helden der Berner gelben Internationale tun), offenbart damit nur seine Natur eines Kleinbürgers, Philisters, Spießers, der in ideologischer Hinsicht sklavisch hinter der Bourgeoisie einher trottet Zu einer richtigen Lösung dieser Aufgabe kann man kommen nur durch das konkrete Studium der besonderen Beziehungen zwischen der besonderen Klasse, die die politische Macht erobert hat, nämlich dem Proletariat, und der gesamten nichtproletarischen sowie der halbproletarischen Masse der werktätigen Bevölkerung, wobei diese Beziehungen sich nicht unter phantastisch-harmonischen, „idealen“ Verhältnissen, sondern unter den realen Verhältnissen des wütenden und vielgestaltigen Widerstandes der Bourgeoisie herausbilden.

Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung – und erst recht der werktätigen Bevölkerung – in jedem kapitalistischen Lande, auch in Russland, hat den Druck des Kapitals, seine Räubereien, Verhöhnungen aller Art tausendfach am eigenen Leibe und an dem ihrer Angehörigen erfahren. Der imperialistische Krieg – d. h. die Ermordung von zehn Millionen Menschen, um die Frage zu entscheiden, ob dem englischen oder dem deutschen Kapital der Vorrang bei der Ausplünderung der ganzen Welt zufallen soll – hat diese Prüfungen außerordentlich verschärft, erweitert, vertieft und die Menschen gezwungen, sich ihrer bewusst zu werden. Daher die unausbleibliche Sympathie der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung und besonders der Masse der Werktätigen für das Proletariat, weil es mit heroischer Kühnheit, mit revolutionärer Rücksichtslosigkeit das Joch des Kapitals niederwirft, die Ausbeuter stürzt, ihren Widerstand unterdrückt, mit seinem Blut den Weg zur Schaffung einer neuen Gesellschaft bahnt, in der es keinen Platz für Ausbeuter geben wird.

So groß, so unvermeidlich das kleinbürgerliche Wanken und Schwanken der nichtproletarischen und halbproletarischen Massen der werktätigen Bevölkerung zurück zur bürgerlichen „Ordnung“, unter die „Fittiche“ der Bourgeoisie sein mag, sie können nichtsdestoweniger doch nicht umhin, die moralisch-politische Autorität dem Proletariat zuzuerkennen, das nicht nur die Ausbeuter stürzt und ihren Widerstand unterdrückt, sondern auch eine neue, höhere gesellschaftliche Verbindung, eine gesellschaftliche Disziplin herstellt: eine Disziplin bewusster und vereinigter arbeitender Menschen, die über sich kein Joch und keine Macht kennen außer der Macht ihrer eigenen Vereinigung, ihrer eigenen bewussteren, kühneren, geschlosseneren, revolutionäreren, konsequenteren Avantgarde.

Um siegen zu können, um den Sozialismus zu schaffen und zu befestigen, muss das Proletariat eine doppelte oder zweieinige Aufgabe lösen: erstens durch seinen grenzenlosen Heroismus im revolutionären Kampf gegen das Kapital die ganze Masse der Werktätigen und Ausgebeuteten mitreißen, sie mit fortreißen, sie organisieren, sie leiten, um die Bourgeoisie niederzuwerfen und jeden Widerstand ihrerseits vollständig zu unterdrücken; zweitens, die ganze Masse der Werktätigen und Ausgebeuteten sowie alle kleinbürgerlichen Schichten auf den Weg eines neuen wirtschaftlichen Aufbaues führen, auf den Weg der Schaffung einer neuen gesellschaftlichen Verbindung, einer neuen Arbeitsdisziplin, einer neuen Organisation der Arbeit, die das letzte Wort der Wissenschaft und der kapitalistischen Technik mit dem Massenzusammenschluss zielbewusst arbeitender Menschen vereinigt, die die sozialistische Großproduktion schaffen.

Diese zweite Aufgabe ist schwieriger als die erste, denn sie kann keinesfalls durch den Heroismus eines einzelnen Stoßes gelöst werden, sondern verlangt den andauerndsten, hartnäckigsten, schwierigsten Heroismus der alltäglichen Massenarbeit. Diese Aufgabe ist aber auch wesentlicher als die erste, denn in letzter Instanz kann die tiefste Quelle der Kraft zur Erringung der Siege über die Bourgeoisie und die einzige Gewähr für die Dauerhaftigkeit und Unverrückbarkeit dieser Siege nur eine neue, höhere gesellschaftliche Produktionsweise, die Ersetzung: der kapitalistischen und der kleinbürgerlichen Produktion durch die sozialistische Großproduktion sein.

Die „kommunistischen Subbotniks“ sind gerade deshalb von gewaltiger historischer Bedeutung, weil sie uns die bewusste und freiwillige Initiative der Arbeiter bei der Entwicklung der Arbeitsproduktivität, beim Übergang zu einer neuen Arbeitsdisziplin, bei der Schaffung sozialistischer Wirtschafts- und Lebensbedingungen zeigen.

Einer der wenigen – richtiger dürfte es sogar sein zu sagen: einer der außerordentlich seltenen – bürgerlichen Demokraten Deutschlands, die nach den Lehren der Jahre 1870–1871 nicht zum Chauvinismus und nicht zum Nationalliberalismus. sondern zum Sozialismus übergingen, Johann Jacoby, sagte, die Gründung eines einzigen Arbeitervereins sei von größerer historischer Bedeutung als die Schlacht bei Sadowa. Das ist richtig. Die Schlacht bei Sadowa entschied die Frage der Vorherrschaft einer von zwei bürgerlichen Monarchien, der österreichischen oder der preußischen, bei der Schaffung des deutschen kapitalistischen Nationalstaates. Die Gründung eines Arbeitervereins war ein kleiner Schritt zum Weltsieg des Proletariats über die Bourgeoisie. So können auch wir sagen, dass der erste, am 10. Mai 1919 von den Eisenbahnarbeitern der Moskau-Kasaner Strecke in Moskau veranstaltete kommunistische Subbotnik von größerer historischer Bedeutung ist als irgendein Sieg Hindenburgs oder Fochs und der Engländer im imperialistischen Krieg von 1914–1918. Die Siege der Imperialisten bedeuten die Abschlachtung von Millionen Arbeitern um der Profite der englisch-amerikanischen und französischen Milliardäre willen, sie sind eine Bestialität des untergehenden, überfressenen, bei lebendigem Leibe verfaulenden Kapitalismus. Der kommunistische Subbotnik der Eisenbahnarbeiter der Moskau-Kasaner Strecke ist eine der Keimzellen der neuen, der sozialistischen Gesellschaft, die allen Völkern der Erde die Befreiung vom Joch des Kapitals und von den Kriegen bringt.

Die Herren Bourgeois samt ihren Schleppenträgern, den Menschewiki und den Sozialrevolutionären, die sich als Vertreter der „öffentlichen Meinung“ zu betrachten pflegen, machen sich selbstverständlich über die Hoffnungen der Kommunisten lustig, nennen diese Hoffnungen einen „Affenbrotbaum im Resedatopf“, spotten über die geringe Zahl der Subbotniks im Vergleich mit den zahlreichen Fällen von Unterschlagung, Untätigkeit, Sinken der Produktivität, fahrlässigem Umgehen mit Rohstoffen. Produkten usw. Wir antworten diesen Herrschaften: hätte die bürgerliche Intelligenz ihre Kenntnisse den Werktätigen zur Verfügung gestellt und nicht den russischen und ausländischen Kapitalisten, um deren Macht wiederherzustellen, so würde sich die Umwälzung rascher und friedlicher vollziehen. Das ist jedoch eine Utopie, denn die Frage wird durch den Klassenkampf entschieden, und die Mehrheit der Intelligenz fühlt sich zur Bourgeoisie hingezogen. Nicht mit Hilfe der Intelligenz, sondern trotz ihres Entgegenwirkens (wenigstens in den meisten Fällen) wird das Proletariat siegen, dadurch dass es die unverbesserlich bürgerlichen Intellektuellen beseitigt, die Schwankenden ummodelt, umerzieht, sich gefügig macht und einen immer größeren Teil von ihnen allmählich für sich gewinnt. Die Schadenfreude aus Anlass der Schwierigkeiten und Misserfolge der Umwälzung, die Panikmacherei, die Propaganda einer Wendung rückwärts – alles das sind Mittel und Methoden des Klassenkampfes der bürgerlichen Intelligenz. Das Proletariat wird sich dadurch nicht täuschen lassen.

Nimmt man aber das Wesen der Frage – ist denn jemals in der Geschichte vorgekommen, dass eine neue Produktionsweise mit einem Schlage Wurzeln gefasst hätte, ohne eine lange Reihe von Misserfolgen, Fehlern, Rückschlägen? Noch ein halbes Jahrhundert nach dem Fall der Leibeigenschaft blieben im russischen Dorf nicht wenig Überbleibsel der Leibeigenschaft. Ein halbes Jahrhundert nach der Aufhebung der Negersklaverei in Amerika blieben dort die Neger noch sehr häufig in der Lage von halben Sklaven. Die bürgerlichen Intellektuellen, darunter auch die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre, bleiben sich treu, wenn sie dem Kapital dienen und eine durch und durch verlogene Argumentation beibehalten: vor der Revolution des Proletariats warfen sie uns Utopismus vor, und nach der Revolution verlangen sie von uns eine phantastisch schnelle Überwindung der Spuren der Vergangenheit!

Wir sind aber keine Utopisten und kennen den wahren Wert der bürgerlichen „Argumente“, wir wissen auch, dass die Spuren des Alten in den Sitten eine gewisse Zeit nach dem Umsturz gegenüber den Keimen des Neuen unvermeidlich vorwiegen werden. Wenn das Neue eben erst entstanden ist, bleibt das Alte stets eine gewisse Zeitlang stärker, das ist immer so, sowohl in der Natur als auch im gesellschaftlichen Leben. Der Hohn darüber, dass die Keime des Neuen schwach sind, der billige Intellektuellen-Skeptizismus und dergleichen mehr, alles das sind im Grunde Methoden des Klassenkampfes der Bourgeoisie gegen das Proletariat, die Verteidigung des Kapitalismus gegen den Sozialismus. Wir müssen sorgfältig die Keime des Neuen studieren, uns ihnen gegenüber mit der größten Aufmerksamkeit verhalten, mit allen Mitteln ihr Wachstum fördern und diese schwachen Keime „pflegen“. Es ist unvermeidlich, dass einige von ihnen zugrunde gehen werden. Man kann keine Garantie dafür übernehmen, dass gerade die „kommunistischen Subbotniks“ eine besonders wichtige Rolle spielen werden. Nicht darauf kommt es an. Worauf es ankommt, das ist die Unterstützung aller und jeglicher Keime des Neuen, von denen das Leben die lebensfähigsten auslesen wird. Wenn ein japanischer Gelehrter, um den Menschen zu helfen, die Syphilis zu besiegen, die Geduld hatte, 605 Präparate auszuprobieren, bis es ihm gelang, ein 606. Präparat herzustellen, das bestimmten Anforderungen gerecht wurde, so müssen diejenigen, die eine schwierigere Aufgabe lösen, nämlich den Kapitalismus besiegen wollen, soviel Ausdauer haben, Hunderte und Tausende neuer Methoden, Verfahren, Mittel des Kampfes auszuprobieren, um die geeignetsten von ihnen auszuarbeiten.

Die „kommunistischen Subbotniks“ sind deshalb so wichtig, weil sie von Arbeitern eingeleitet wurden, die sich durchaus nicht in besonders guten Verhältnissen befinden, von Arbeitern verschiedener Berufe, darunter auch von Arbeitern ohne Fachkenntnisse, von ungelernten Arbeitern, die in den üblichen, d. h. den allerschwierigsten Verhältnissen leben. Wir kennen alle sehr gut die Hauptursache für das Sinken der Produktivität der Arbeit, das nicht in Russland allein, sondern in der ganzen Welt zu beobachten ist: Ruin und Verelendung, Erbitterung und Müdigkeit, verursacht durch den imperialistischen Krieg, Krankheiten und Unterernährung. Das zuletzt Erwähnte steht seiner Wichtigkeit nach an erster Stelle. Der Hunger – das ist die Ursache. Um aber den Hunger zu beseitigen, ist eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität sowohl in der Landwirtschaft als auch im Verkehrswesen und in der Industrie notwendig. Es ergibt sich also eine Art fehlerhafter Kreis: um die Arbeitsproduktivität zu heben, muss man sich vor dem Hunger retten, und um sich vor dem Hunger zu retten, muss man die Arbeitsproduktivität heben.

Es ist bekannt, dass in der Praxis derartige Widersprüche durch den Durchbruch dieses fehlerhaften Kreises gelöst werden, durch den Umschwung in der Stimmung der Massen, durch die heroische Initiative einzelner Gruppen, die auf dem Hintergrund eines solchen Umschwungs nicht selten eine entscheidende Rolle spielt. Die Moskauer ungelernten Arbeiter und die Moskauer Eisenbahner (natürlich ist die Mehrzahl gemeint und nicht das Häuflein Spekulanten, Direktionsbürokraten und ähnliches weißgardistisches Gesindel), sind Werktätige, die unter fürchterlich schweren Bedingungen leben. Dauernde Unterernährung und jetzt, vor der neuen Ernte, bei der allgemeinen Verschlechterung der Ernährungslage, geradezu Hunger. Und nun veranstalten diese hungernden Arbeiter in einer Atmosphäre konterrevolutionärer Agitation der Bourgeoisie, der Menschewiki und der Sozialrevolutionäre „kommunistische Subbotniks“, arbeiten ohne jede Bezahlung Überstunden und erreichen eine ungeheure Erhöhung der Arbeitsproduktivität, trotzdem sie müde, abgerackert, durch Unterernährung erschöpft sind. Ist das nicht das größte Heldentum? Ist das nicht der Anfang einer Wendung, der welthistorische Bedeutung zukommt?

Die Produktivität der Arbeit ist schließlich das Wichtigste, das Ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesellschaftsordnung. Der Kapitalismus hat eine Arbeitsproduktivität erzeugt, wie sie unter der Leibeigenschaft nicht dagewesen ist. Der Kapitalismus kann und wird dadurch endgültig besiegt werden, dass der Sozialismus eine neue, weit höhere Arbeitsproduktivität erzeugt. Das ist eine sehr schwierige und sehr langwierige Sache, aber sie hat begonnen, das ist das Allerwichtigste. Wenn im hungernden Moskau im Sommer 1919 hungernde Arbeiter, die vier schwere Jahre des imperialistischen Krieges, dann anderthalb Jahre des noch schwereren Bürgerkrieges durchgemacht haben, imstande waren, dieses große Werk zu beginnen, wie wird da die weitere Entwicklung aussehen, wenn wir erst im Bürgerkrieg gesiegt und den Frieden erkämpft haben werden?

Der Kommunismus bedeutet eine im Vergleich mit der kapitalistischen höhere Produktivität der Arbeit von freiwilligen, bewussten, vereinigten, sich der vorgeschrittenen Technik bedienenden Arbeitern. Die kommunistischen Subbotniks sind außerordentlich wertvoll als faktischer Anfang des Kommunismus, und das ist eine große Seltenheit, denn wir befinden uns auf einer Stufe, wo „erst die ersten Schritte zum Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus gemacht werden“ (wie es ganz richtig in unserem Parteiprogramm heißt).

Der Kommunismus beginnt dort, wo die selbstlose, die harte Arbeit überwindende Sorge der einfachen Arbeiter um die Erhöhung der Arbeitsproduktivität aufkommt, um den Schutz eines jeden Puds Getreide, Kohle, Eisen und anderer Produkte, die nicht den Arbeitenden persönlich und nicht den ihnen „Nahestehenden“, sondern „Fernstehenden“, d. h. der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, den Dutzenden und Hunderten Millionen von Menschen zugute kommen, die zunächst in einem sozialistischen Staat und später in einem Bund von Räterepubliken vereinigt sind.

Karl Marx verhöhnt im „Kapital“ die Schwülstigkeit und Redseligkeit der bürgerlich-demokratischen großen Charte der Freiheiten und Rechte des Menschen, diese ganze Phrasendrescherei über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit im allgemeinen, die die Spießer und Philister aller Länder bis zu den heutigen schuftigen Helden der schuftigen Berner Internationale blendet. Diesen schwülstigen Deklarationen der Rechte stellt Marx die einfache, bescheidene, sachliche, alltägliche proletarische Fragestellung gegenüber: die gesetzliche Verkürzung des Arbeitstages, das ist eines der typischen Beispiele einer solchen Fragestellung. Die ganze Treffsicherheit und die ganze Tiefe der Marxschen Bemerkung offenbart sich uns um so klarer, um so offensichtlicher, je mehr sich der Inhalt der proletarischen Revolution entfaltet. Die „Formeln“ des echten Kommunismus unterscheiden sich von der schwülstigen, kniffligen, feierlichen Phrasendrescherei der Kautsky, der Menschewiki und Sozialrevolutionäre samt ihren netten „Brüderchen“ aus Bern gerade dadurch, dass sie alles auf die Arbeitsbedingungen hinauslaufen lassen. Weniger Geschwätz über „Arbeitsdemokratie“, über „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, über „Volksherrschaft“ und dergleichen mehr: der aufgeklärte Arbeiter und Bauer von heute wird in diesen aufgeblasenen Phrasen ebenso leicht die Gaunerei des bürgerlichen Intellektuellen erkennen, wie mancher lebenserfahrene Mensch beim ersten Blick auf die tadellos „glatte“ Physiognomie und das Äußere eines „Gentlemans“ sofort und ohne fehlzugehen feststellt: „Aller Wahrscheinlichkeit nach ein Spitzbube“.

Weniger schwülstige Phrasen, mehr einfache Alltagsarbeit, mehr Sorge um das Pud Getreide und das Pud Kohle! Mehr Sorge dafür, dass dieses dem hungernden Arbeiter und dem zerlumpten Bauer, der kein ganzes Hemd mehr auf dem Leibe hat, notwendige Pud Getreide und Pud Kohle nicht durch Händlergeschäfte, nicht kapitalistisch beschafft werde, sondern durch bewusste, freiwillige, grenzenlos heroische Arbeit der einfachen Werktätigen, eben solcher wie die ungelernten Arbeiter und die Eisenbahner der Moskau-Kasaner Eisenbahnlinie.

Wir müssen alle eingestehen, dass sich Spuren einer bürgerlich-intellektuellenhaften, phrasenhaften Art, an die Fragen der Revolution heranzugehen, überall auf Schritt und Tritt zeigen, auch in unseren eigenen Reihen. Unsere Presse z. B. führt wenig Krieg gegen diese faulen Überbleibsel der verfaulten bürgerlich-demokratischen Vergangenheit, unterstützt wenig die einfachen, bescheidenen, alltäglichen, aber lebendigen Keime des echten Kommunismus.

Nehmen wir die Lage der Frau. Keine einzige demokratische Partei der Welt hat in dieser Beziehung auch nur in einer einzigen der allerfortgeschrittensten bürgerlichen Republiken in Jahrzehnten auch nur den hundertsten Teil von dem geleistet, was wir gleich im ersten Jahr unserer Macht geleistet haben. Von den niederträchtigen Gesetzen über die Rechtsungleichheit der Frau, über die Einschränkungen bei der Ehescheidung, die widerlichen Formalitäten, an die sie geknüpft ist, über die Nichtanerkennung der unehelichen Kinder, über die Nachforschungen nach ihren Vätern usw. – Gesetzen, deren Überreste in allen zivilisierten Ländern zur Schande der Bourgeoisie und des Kapitalismus so zahlreich sind, haben wir im wahren Sinne des Wortes nicht einen Stein auf dem anderen gelassen. Wir haben tausendmal das Recht, auf das, was wir auf diesem Gebiet geleistet haben, stolz zu sein. Aller je mehr wir den Boden vom Schutt der alten bürgerlichen Gesetze und Einrichtungen gesäubert haben, um so klarer ist es für uns geworden, dass dies nur die Ebnung des Bodens für das Gebäude, aber noch nicht das Gebäude selbst ist.

Die Frau bleibt nach wie vor Haussklavin, trotz aller Befreiungsgesetze, denn sie wird von der kleinen häuslichen Wirtschaft erdrückt, erstickt, abgestumpft, erniedrigt, die sie an die Küche und an das Kinderzimmer fesselt und ihre Schaffenskraft durch eine geradezu barbarisch unproduktive, kleinliche, entnervende, abstumpfende, niederdrückende Arbeit vergeuden lässt. Die wahre Befreiung der Frau, der wahre Kommunismus wird erst dort und dann beginnen, wo und wenn der Massenkampf (den das im Besitz der Staatsmacht befindliche Proletariat leitet) gegen diese kleine Hauswirtschaft, oder richtiger, ihre massenhafte Umgestaltung zur sozialistischen Großwirtschaft beginnen wird.

Schenken wir in der Praxis dieser Frage, die theoretisch für jeden Kommunisten unbestritten ist, genügend Aufmerksamkeit? Natürlich nicht. Behandeln wir genügend sorgfältig die Keime das Kommunismus, die schon jetzt auf diesem Gebiet vorhanden sind? Nein und nochmals nein. Öffentliche Speiseanstalten, Krippen, Kindergärten – das sind Muster dieser Keime, das sind jene einfachen, alltäglichen Mittel, zu denen nichts Hochtrabendes, nichts Schwülstiges, nichts Feierliches gehört, die aber tatsächlich geeignet sind, die Frau zu befreien, tatsächlich geeignet sind, ihre Ungleichheit gegenüber dem Manne in ihrer Stellung in der gesellschaftlichen Produktion wie im öffentlichen Leben zu verringern und aus der Welt zu schaffen. Diese Mittel sind nicht neu, sie sind (wie überhaupt alle materiellen Voraussetzungen des Sozialismus) vom Großkapitalismus geschaffen worden, aber unter dem Kapitalismus blieben sie erstens eine Seltenheit, zweitens – was besonders wichtig ist – waren sie entweder ein geschäftliches Unternehmen, mit allen übelsten Seiten der Spekulation, der Bereicherung, des Schwindels, der Fälschung, oder „Kunststückchen der bürgerlichen Wohltätigkeit“, die von den besten Arbeitern mit Recht gehasst und verachtet wurde.

Kein Zweifel, dass sich diese Einrichtungen bei uns bedeutend vermehrt haben und dass sie beginnen, ihren Charakter zu ändern. Kein Zweifel, dass unter den Arbeiterinnen und Bäuerinnen um ein Vielfaches mehr organisatorische Talente vorhanden sind, als wir es wissen, Menschen, die eine praktische Sache in Gang zu bringen verstehen, unter Teilnahme einer großen Zahl von Mitarbeitern und einer noch größeren Zahl von Verbrauchern, ohne jenen Überfluss an Phrasen, Geschäftigkeit, Zank und Geschwätz über Pläne, Systeme usw., woran die so übermäßig von sich eingenommene „Intelligenz“ oder die frischgebackenen „Kommunisten“ ständig „kranken“. Aber wir pflegen nicht diese Keime des Neuen so, wie es nötig wäre.

Man sehe sich doch die Bourgeoisie an. Wie großartig versteht sie es, für das Reklame zu machen, was sie braucht! Wie werden die vom Standpunkt der Kapitalisten „mustergültigen“ Betriebe in Millionen Exemplaren ihrer Zeitungen angepriesen, wie werden die „mustergültigen“ bürgerlichen Einrichtungen zum Gegenstand des nationalen Stolzes gemacht! Unsere Presse sorgt gar nicht oder fast gar nicht dafür, dass die besten Speiseanstalten oder Krippen beschrieben werden, um durch tägliches Drängen auf die Umwandlung einiger von ihnen in mustergültige hinzuarbeiten, um für sie Reklame zu machen, ausführlich zu schildern, welche Ersparnis an menschlicher Arbeit, welche Bequemlichkeiten für den Verbraucher, welche Ersparnis an Lebensmitteln, welche Erlösung der Frau von der häuslichen Sklaverei, welche Verbesserung der sanitären Verhältnisse bei einer mustergültigen kommunistischen Arbeit erreicht werden, erreicht werden können und wie das alles auf die gesamte Gesellschaft, auf alle Werktätigen ausgedehnt werden kann.

Mustergültige Produktion, mustergültige kommunistische Subbotniks, mustergültige Fürsorge und Gewissenhaftigkeit bei der Beschaffung und Verteilung jedes Puds Getreide, mustergültige Speiseanstalten, mustergültige Sauberkeit dieses oder jenes Arbeiterhauses, dieses oder jenes Häuserblocks – alles das muss zehnmal mehr als jetzt zum Gegenstand der Aufmerksamkeit und der Fürsorge sowohl unserer Presse als auch jeder Arbeiter- und Bauernorganisation werden. Alles das sind Keime des Kommunismus, und die Pflege dieser Keime ist unsere gemeinsame und allererste Pflicht. So schwer unsere Ernährungs- und Produktionslage auch ist, so ist dennoch in den anderthalb Jahren der bolschewistischen Macht der Vormarsch an der ganzen Front unzweifelhaft: die Getreidebeschaffung ist von 30 Millionen Pud (vom 1. VIII. 1917 bis 1. VIII. 1918) auf 100 Millionen Pud (vom I. VIII. 1918 bis 1. V. 1919) gestiegen; der Gemüsebau hat zugenommen, die unbebaute Getreidefläche hat sich verringert, der Eisenbahntransport hat trotz der riesigen Brennstoffschwierigkeiten begonnen, sich zu verbessern, und so weiter. Auf diesem allgemeinen Hintergrund und mit Unterstützung der proletarischen Staatsmacht werden die Keime des Kommunismus nicht verkümmern, sondern sich zum vollen Kommunismus auswachsen und entwickeln.

Man muss die Bedeutung der „kommunistischen Subbotniks“ gut durchdenken, um aus dieser großen Initiative alle sich daraus ergebenden praktischen Lehren, die von großer Wichtigkeit sind, zu ziehen.

Die allseitige Unterstützung dieser Initiative ist die erste und hauptsächliche Lehre. Das Wort „Kommune“ beginnt man bei uns zu leicht anzuwenden. Jedes Unternehmen, das von Kommunisten oder unter ihrer Mitwirkung ins Leben gerufen wird, wird sehr oft gleich zur „Kommune“ erklärt – und dabei wird nicht selten vergessen, dass man sich einen so ehrenvollen Namen durch lange und beharrliche Arbeit erringen, durch einen nachweislichen praktischen Erfolg im wirklich kommunistischen Aufbau erringen muss.

Deshalb ist meines Erachtens der bei der Mehrheit des Zentralexekutivkomitees herangereifte Beschluss, das Dekret des Rates der Volkskommissare, soweit es den Namen „Verbraucherkommunen“ betrifft, aufzuheben, durchaus richtig. Lieber einen etwas einfacheren Namen – dann werden übrigens auch die Fehler und Mängel der ersten Stufen der neuen organisatorischen Arbeit nicht den „Kommunen“ aufgebürdet, sondern (wie es sich von Rechts wegen gehört) den schlechten Kommunisten zur Last gelegt werden. Es wäre sehr nützlich, das Wort „Kommune“ aus dem landläufigen Sprachgebrauch zu verbannen, man sollte verbieten, dass jeder erste beste dieses Wort aufgreift, oder sollte diesen Namen nur wirklichen Kommunen zuerkennen, die wirklich in der Praxis bewiesen (und durch die einmütige Anerkennung der gesamten benachbarten Bevölkerung bestätigt) haben, dass sie fähig und imstande sind, die Sache kommunistisch einzurichten. Beweise zuerst deine Fähigkeit zu unentgeltlicher Arbeit im Interesse der Gesellschaft, im Interesse aller Werktätigen, die Fähigkeit, „auf revolutionäre Art zu arbeiten“, die Fähigkeit, die Produktivität der Arbeit zu erhöhen, die Sache mustergültig zu gestalten, und dann erst strecke die Hand nach dem Ehrennamen „Kommune“ aus!

In dieser Hinsicht bilden die „kommunistischen Subbotniks“ die wertvollste Ausnahme. Denn hier haben die ungelernten Arbeiter und die Eisenbahner der Moskau-Kasaner Eisenbahnlinie zunächst durch die Tat bewiesen, dass sie fähig sind, wie Kommunisten zu arbeiten, und dann haben sie ihrem Beginnen die Bezeichnung „kommunistische Subbotniks“ beigelegt. Man muss danach trachten und durchsetzen, dass dies auch in Zukunft so bleibe, dass alle und jeder, der sein Unternehmen, seine Einrichtung oder sein Werk Kommune nennt, ohne dies durch schwere Arbeit und den praktischen Erfolg langer Arbeit, durch mustergültige und wirklich kommunistische Organisierung der Sache zu beweisen, schonungslos verspottet und als Scharlatan oder Schwätzer gebrandmarkt werde.

Die große Initiative der „kommunistischen Subbotniks“ muss auch in anderer Hinsicht ausgewertet werden, nämlich: zur Reinigung der Partei. Es war ganz unvermeidlich, dass in der ersten Zeit nach dem Umsturz, als die Masse der „ehrlichen“ und spießerhaft gestimmten Menschen besonders ängstlich war, als die bürgerliche Intelligenz, die Menschewiki und Sozialrevolutionäre selbstverständlich mit einbegriffen, ausnahmslos Sabotage trieb und vor der Bourgeoisie liebedienerte – es war ganz unvermeidlich, dass sich da an die regierende Partei Abenteurer und sonstige überaus schädliche Elemente anbiederten. Keine Revolution ist dem entgangen und kann dem entgehen. Worauf es ankommt, ist, dass die regierende Partei, die sich auf eine gesunde und starke vorgeschrittene Klasse stützt, es versteht, eine Reinigung ihrer Reihen vorzunehmen.

In dieser Hinsicht haben wir die Arbeit längst begonnen. Sie muss unbeirrt und unermüdlich fortgesetzt werden. Die Mobilisierung der Kommunisten zum Krieg hat uns dabei geholfen: die Feiglinge und Schufte sind aus der Partei fortgelaufen. Nur zu! Eine solche Verringerung der Mitgliederzahl der Partei ist eine ungeheure Steigerung ihrer Stärke und ihres Gewichts. Man muss die Reinigung fortsetzen, indem man die Initiative der „kommunistischen Subbotniks“ ausnützt: in die Partei, sagen wir, erst nach einer halbjährigen „Probezeit“ oder „Prüfungsfrist“ aufnehmen, die in „Arbeit auf revolutionäre Art“ bestehen soll. Die gleiche Prüfung ist von allen Mitgliedern der Partei zu verlangen, die nach dem 7. November (25. Oktober) 1917 eingetreten sind und nicht durch besondere Arbeiten oder Verdienste ihre unbedingte Zuverlässigkeit, ihre Treue und die Fähigkeit, Kommunisten zu sein, bewiesen haben.

Die Reinigung der Partei, verbunden mit der unentwegten Steigerung ihrer Anforderungen hinsichtlich einer wirklich kommunistischen Arbeit, wird den Apparat der Staatsmacht verbessern und den endgültigen Übergang der Bauern auf die Seite des revolutionären Proletariats riesig beschleunigen.

Die „kommunistischen Subbotniks“ haben unter anderem auf den Klassencharakter des Apparates der Staatsmacht unter der Diktatur des Proletariats ein außerordentlich grelles Licht geworfen. Das Zentralkomitee der Partei schreibt einen Brief über „Arbeit auf revolutionäre Art“. Der Gedanke kommt vom Zentralkomitee einer Partei von 100.000 bis 200.000 Mitgliedern (ich nehme an, dass nach einer ernsthaften Reinigung so viele verbleiben werden, denn jetzt sind es mehr).

Der Gedanke wird von den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern aufgegriffen Ihrer werden bei uns, in Russland und in der Ukraine, etwa 4 Millionen gezählt. Sie sind in ihrer übergroßen Mehrzahl für die proletarische Staatsmacht, für die Diktatur des Proletariats. 200.000 und 4 Millionen – das ist das Verhältnis der „Zahnräder“, wenn man sich so ausdrücken darf. Und weiter folgen Dutzende von Millionen Bauern, die in drei Hauptgruppen zerfallen: die zahlreichste und dem Proletariat am nächsten stehende Gruppe, die Halbproletarier oder die arme Bauernschaft; dann die Mittelbauernschaft; schließlich, die zahlenmäßig sehr kleine Gruppe der Kulaken oder die Dorfbourgeoisie.

Solange die Möglichkeit bestehen bleibt, mit Getreide Handel zu treiben und auf den Hunger zu spekulieren, bleibt der Bauer (und das ist für eine gewisse Zeitspanne unter der Diktatur des Proletariats unvermeidlich) halb Werktätiger, halb Spekulant. Als Spekulant steht er uns, steht er dem proletarischen Staat feindlich gegenüber, ist er geneigt, mit der Bourgeoisie und ihren treuen Lakaien, bis zu dem Menschewiken Scher oder dem Sozialrevolutionär B. Tschernenkow, die für den freien Getreidehandel eintreten, zu paktieren. Als Werktätiger ist jedoch der Bauer ein Freund des proletarischen Staates, der treueste Bundesgenosse des Arbeiters im Kampf gegen den Gutsherren und gegen den Kapitalisten. Als Werktätiger unterstützt der Bauer durch seine gewaltige, nach vielen Millionen zählende Masse jene „Maschinerie“ des Staates, die von der proletarischen Avantgarde, den hundert bis zweihunderttausend Kommunisten, geführt wird und aus Millionen organisierter Proletarier besteht.

Einen Staat, der im wahren Sinne des Wortes demokratischer, der mit den werktätigen und ausgebeuteten Massen enger verbunden gewesen wäre, hat es auf der Welt noch nicht gegeben.

Gerade eine solche proletarische Arbeit, wie sie durch die „kommunistischen Subbotniks“ gekennzeichnet ist und durch sie in die Tat umgesetzt wird, bringt die endgültige Befestigung der Achtung und Liebe der Bauernschaft zum proletarischen Staat mit sich. Diese Arbeit – und nur sie – bringt dem Bauern endgültig die Überzeugung bei, dass wir recht haben, dass der Kommunismus recht hat, macht den Bauer zu unserem rückhaltlosen Anhänger; das aber heißt: sie führt zur völligen Überwindung der Lebensmittelschwierigkeiten, zum völligen Sieg des Kommunismus über den Kapitalismus in der Frage der Produktion und der Verteilung des Getreides, sie führt zur unbedingten Festigung des Kommunismus.

1Vom russischen ,,Subbota‘' – Sonnabend. D. Red.

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