Permanente Revolution 19320201 Die Opposition im Kampf!

Permanente Revolution: Die Opposition im Kampf!

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 3 (Anfang Februar 1932), S. 6-8]

Der Diskussionsabend in Charlottenburg

In einer voll besuchten Versammlung sprach unser Gen. Seipold, Mitglied des Preußischen Landtags, über das Thema: «Soll der Faschismus wirklich siegen? Wie kann er geschlagen werden?» Seine Ausführungen wurden mit großem Interesse von den versammelten Arbeitern aufgenommen. Eine ernste Diskussion schloss sich an das Referat an.

Ein Genosse der SAP erklärte, dass er voll und ganz mit der Linie der Linken Opposition in den Fragen der Perspektiven des Kampfes in Deutschland und den Methoden des Kampfes gegen den Faschismus einverstanden sei. Er würde es sehr begrüßen, wenn sich die Linke Opposition an den Einheitsfrontaktionen der SAP, KPD-O und des Leninbundes beteiligen werde. Die allgemeine Stimmung unter den SAP-Arbeitern und besonders unter der Jugend ist sehr günstig für die Linke Opposition unter Führung Trotzkis.

Ein Genosse aus der KPD erklärte, dass vieles in den letzten Broschüren richtig sei, dass aber der Kampf doch gegen den Faschismus und die Sozialdemokratie zu führen sei. Er versuchte auch die Linie der Partei in der Frage Scheringers im Zusammenhang mit dem Nationalkommunismus zu verteidigen. Die Ausführungen dieses Genossen waren aber getragen vom Geiste einer kameradschaftlichen Auseinandersetzung. Sie hatten nichts gemein mit den gehässigen Schimpfereien eines Parteibürokraten.

An der Diskussion beteiligte sich noch eine ganze Reihe von Arbeitern, die zum größten Teil zum Ausdruck brachten, dass sie mit den Ausführungen des Gen. Seipold einverstanden seien. Einige unsere Genossen versuchten, in ernster Art die Genossen aus der KPD zu überzeugen, was zu einem gewissen Teil gelungen ist.

In seinem Schlusswort ging Gen. Seipold im Einzelnen auf die Ausführungen der Diskussionsredner ein und bekräftigte dadurch die Überzeugung von der Richtigkeit unserer Auffassungen noch mehr. Die Opposition konnte als Erfolg buchen die Aufnahme von neuen Verbindungen in der Partei und die Gewinnung von neuen Abonnenten für die «Permanente Revolution». Nur so weiter auf diesem Wege, und es wird uns bald gelingen, den gewaltigen ideologischen Erfolg, den die Linke Opposition in den letzten Monaten in Deutschland zu verzeichnen hat, auch organisatorisch auszuwerten!

Die Versammlung der SAP und der KPD-O in Charlottenburg.

In der Versammlung der SAP und der KPD-O in Charlottenburg sprach Sievert von den Rechten und ein Vertreter der SAP. Ihre beiden Referate waren aufgebaut auf den Ideen der letzten Broschüren des Gen. Trotzki. Wenn sie auch beide dieses den versammelten Arbeitern nicht mitteilten, so war es aber jedem klar. Der größte Teil der Versammelten setzte sich aus Anhängern der KPD zusammen. Die Referenten wurden des öfteren am Reden unterbrochen.

Die KPD-O nutzte die Versammlung aus, um ihre Protestresolution gegen die Verurteilung Roys einzubringen. Die KPD-Mitglieder verlangten, gegen die Behandlung Scheringers im Gefängnis zu protestieren.

Unserem Gen. Hippe wurde das Wort für 10 Minuten erteilt. Dadurch, dass in diesen Einheitsfrontversammlungen von den Rechten die Frage der politischen Gefangenen aufgerollt wurde, stellte er die Forderung auf die Zurückberufung des Gen. Trotzki aus der Verbannung und die Befreiung der Bolschewiki-Leninisten aus den Gefängnissen auf. Der Versammlungsleiter sorgte unter dem Einfluss der Rechten, denen die Aufrollung dieser Frage besonders unangenehm ist, dass die 10 Minuten schnell zu Ende waren. Die Rechten haben sich in ihrer Berechnung, die Opposition mundtot zu machen, geirrt. Nach kurzer Zeit stieg der Gen. VVegner in die Diskussion ein.

In kurzen eindrucksvollen Ausführungen entlarvte er das fraktionelle Gesicht der Rechten. Als er auf die Frage der Rolle der KPD einging, dass ohne der KPD der Kampf gegen den Faschismus unmöglich sei, dass durch die gesonderte Einheitsfrontaktion der kleinen Gruppen der Faschismus nicht geschlagen werden kann, hörten die KPD-Mitglieder mit großer Aufmerksamkeit zu. Auch die unerschütterliche Kritik an der Politik der heutigen Führung der KPD wurde bei verhältnismäßiger Ruhe Aufmerksamkeit geschenkt.

An der Diskussion beteiligten sich viele Mitglieder der KPD. Hervorzuheben ist die Rede eines Parteibonzen namens Sandner. Er verstieg sich zu der Behauptung, dass in Italien unter der Herrschaft Mussolinis zwei Jahre nach der faschistischen Machtergreifung die KP Italiens mehr Freiheit genoss als heute unter der Brüning-Diktatur. Es ist unerhört, dass solche gewissenlosen Bonzen in Arbeiterversammlungen noch sprechen können. Das soll heißen, dass unter Hitler in Deutschland es der KPD besser gehen wird. So lenkt man bewusst die Arbeiter ab von der ungeheuren Gefahr eines faschistischen Umsturzes.

Der SAP-Vertreter wusste nicht, wie er auf die eingebrachte Resolution der Linken Opposition im Schlusswort eingehen sollte und umging die Frage überhaupt. Dagegen fiel dem guten Siewert die traurige Aufgabe zu, zu verteidigen, warum die Rechten der Forderung der Zurückberufung Trotzkis in die Sowjetunion und der Befreiung der revolutionären Kader aus den Gefängnissen nicht zustimmen können. Sie dürfen sich nicht in die russischen Angelegenheiten einmischen. Die Frage Trotzki und der übrigen Bolschewiki-Leninisten ist eine interne russische Frage. Das ist das wahre Gesicht der Rechten: den Bolschewiki-Leninisten die Ideen klauen, aber auf keinen Fall dafür sorgen, dass die Träger dieser Ideen auf Grund ihrer gewaltigen revolutionären Erfahrungen an dem Entscheidungskampf tatkräftig mitwirken. Und diese Leute maßen sich an, für Demokratie in der KPD zu kämpfen!

Für die «Demokratie» ist auch typisch die Abstimmung der Resolutionen. Die SAP- und KPD-O-Resolution wurde gar nicht abgestimmt. Man erklärte vor dem Schluss der Versammlung, dass diese angenommen sind. Wenn es zu einer Abstimmung gekommen wäre, wäre sie von der Mehrheit der Versammlung – KPD-Anhänger – abgelehnt worden. Die politische Resolution der Linken Opposition wurde nach Schluss der Versammlung durch eine Befragung der an der Tribüne Stehenden abgestimmt und als abgelehnt erklärt.

Trotz dieser Machinationen gelang es unseren anwesenden Genossen, Broschüren und Zeitungen abzusetzen und neue Verbindungen aufzunehmen.

Friedrich.

Betriebsversammlung in Charlottenburg

Bildet die «Rote Einheitsfront» unter Führung der KPD, so liest man täglich in der kommunistischer Presse. Wachsender Einfluss in der Arbeiterklasse, wachsender Einfluss in den Betrieben, und doch ist es nicht möglich, der Lohnabbauoffensive der Brüning und Co. aktiven Widerstand entgegenzustellen. Immer und immer wieder gelingt es dem Staatsapparat, mit Hilfe der Gewerkschafts-Bürokratie, alle Abwehrmaßnahmen im Keime zu ersticken. Das muss heute auch die KPD einsehen, und der offene Brief der Profintern vor einigen Monaten zwang die Partei, ihre Arbeit an der innergewerkschaftlichen Front wieder aufzunehmen.

Trotz alledem ist die ideologische Auffassung «Zerschlagt die Lohnabbau-Gewerkschaften», Hinein in die roten Kampf-Verbände, hinein in die RGO, der «einzigen revolutionären Gewerkschaftsorganisation» schon zu sehr in die Köpfe der Genossen der KPD eingedrungen. Das bewies eine am Mittwoch, den 20. Januar 1932 stattgefundene freigewerkschaftliche Betriebs-Versammlung der Städtischen Betriebe Charlottenburgs. Obwohl nur ein sehr kleiner Teil der Genossen der KPD auf Grund der falschen Gewerkschaftspolitik ausgeschlossen wurde, war nur ein Genosse der Linken Opposition und ein Genosse der Partei anwesend. (Die Linke Opposition hat leider nur einen Genossen, der in den Städtischen Betrieben beschäftigt ist. Die Red.)

Auf der Tagesordnung stand: Die 4. Notverordnung und ihre Auswirkung auf die Kranken-Versicherung.

Nachdem der Vertreter des Verbandsvorstandes in seinen Ausführungen den Standpunkt vertrat, dass in der heutigen Situation nicht daran gedacht werden kann, die Senkung der Reallöhne durch Kampf abzuwehren, sondern man bedacht sein müsse, den Kampf um die Arbeitsplätze zu führen, trat in der Diskussion unser Gen. H. den Ausführungen des Verbandsvertreters in wirkungsvoller Weise entgegen. Gen. H. zeigte auf, dass nur durch die Politik der SPD und der Gewerkschaften es möglich geworden sei, die Arbeiterklasse in einer derartigen Weise zu belasten und dass man Schluss machen müsse mit der Politik wie sie im vergangenem Jahr auf dem Parteitag der SPD in Leipzig und auf dem Gewerkschaftskongress in Frankfurt a. M. beschlossen wurde, und dass nur durch Kampf der Notverordnungspolitik der Brüning-Regierung entgegen getreten werden kann.

Nachdem H. noch auf die faschistische Gefahr einging und den anwesenden Arbeitern zeigte, welche ungeheure Gefahr der Arbeiterklasse der ganzen Welt durch den Sieg des Faschismus droht, legte H. nachfolgende Resolution zur Abstimmung vor, die einstimmige Annahme fand. Selbst die anwesenden Gewerkschafts-Vertreter wagten nicht gegen die Resolution zu polemisieren. Vernünftiger Weise setzte sich auch der Genosse der KPD in der Diskussion für die Resolution ein.

Resolution

Die am Mittwoch, den 20. Januar 1932 tagende Mitgliederversammlung aller im Gesamt-Verband organisierten und beim Bezirksamt Charlottenburg beschäftigten Arbeiter erklärt zur politischen Lage in Deutschland folgendes:

«Die Politik der Brüning-Diktatur führt zur politischen sozialen und wirtschaftlichen Entrechtung der Arbeiter. Die letzte Notverordnung nimmt der Arbeiterklasse den Rest ihrer Rechte, und schafft durch weiteren Lohnabbau die Möglichkeit der unbegrenzten Ausbeutung der Werktätigen.

Die faschistische Gefahr hat den Höhepunkt erreicht, in Deutschland entscheidet sich das Geschick der Arbeiterklasse der ganzen Welt auf Jahrzehnte hinaus.

Die Auffassung, dass die Nazis durch den Eintritt in eine Koalitionsregierung abwirtschaften werden, ist nach den Erfahrungen das italienischen Proletariats ein Verbrechen an der Arbeiterklasse.

Um den Kampf gegen Brüning zu führen, und den Faschismus siegreich zu schlagen, fordern die Versammelten alle proletarischen Parteien (KPD, SAPD und SPD) sowie alle proletarischen Organisationen auf, gemeinsam mit den freien Gewerkschaften die breite Einheitsfront der Arbeiterklasse herzustellen und alle konkreten Maßnahmen (Schaffung von Einheitskomitees, Schutzstaffeln usw.) zu treffen, um die Kampfkraft des Proletariats zu sichern.»

Genossen der KPD zwingt eure Führung abzulassen, von dem Geschrei der «Roten Einheitsfront», ohne konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um an breite Schichten noch von den Reformisten beeinflusster Arbeiter heranzukommen. Hinein in die freien Gewerkschaften zu wirklicher kommunistischer Arbeit. Wenn wir es verstehen, die Arbeiter für wirkliche Forderungen in den Kampf zu führen und so die Voraussetzung schaffen die Führung in diesem und den späteren Kämpfen zu übernehmen, setzen wir die Leninsche Theorie in die Tat um. Lernen wir aus den Erfahrungen der russischen Revolution! Dann wird und muss es uns nicht nur möglich sein den Faschismus zu schlagen, sondern auch die proletarische Revolution, den deutschen Oktober durchzuführen!

O. H.

Oranienburg

Hier fand am 21. Januar eine öffentliche Versammlung des Kampfbundes gegen den Faschismus statt. Ein KP-Genosse referierte: Wir müssen zum Sozialismus kommen (aber wie?) Trotzki ist für das kleinere übel. Die bürgerliche Presse beschäftigt sich mit Trotzki, das beweist, dass Trotzki konterrevolutionär ist, was wir jetzt haben ist schon der Faschismus usw. Mit einem Wort: Prahlerei, Schimpferei und Verdrehungen, das war der Inhalt des Referats.

Gen. Seipold zeigte in der Diskussion die gegenwärtige Situation, die Rolle der bürgerlichen Demokratie als Demokratie für die Bourgeoisie und Diktatur gegen das Proletariat. Der Referent sagt, wir haben schon den Faschismus, Remmele sagte im Reichstag, der Faschismus möge zur Macht kommen, in 24 Stunden hat er abgewirtschaftet und wir werden uns auf seinen Schultern erheben, was ist nun das richtige von den beiden Meinungen? Wie sollen sich die Arbeiter durch diesen eklektischen Wirrwarr hindurch finden. Der Referent sagt, weil sich die bürgerliche Presse mit Leo Trotzki beschäftigt, beweist das, dass Trotzki Konterrevolutionär ist; und er sagte auch, dass selbst die bürgerliche Presse schreibe, dass die RGO eine Macht sei… also beruft sich die bürgerliche Presse auch auf die RGO! Nun bewies S. an Hand der Broschüre «Wie wird der Nationalismus geschlagen?», dass Trotzki nicht für, sondern gegen das «kleinere Übel» ist, aber die Parteiführung hat bei dem Volksentscheid in Preußen bewiesen, dass sie die Nationalsozialisten als das «kleinere Übel» betrachtet. Unser Jugendgenosse Brand zeigte auf, welchen Zweck die Einheitsfront ohne Kompartei haben kann, welche Rolle die KP spielt, welche sie aber spielen sollte, Ein anderer Genosse las aus der «Arpo» vor, wie demagogisch die Gedanken des Gen. Trotzki verdreht werden. Im Vergleich mit der Broschüre Trotzkis bewies er, wie die «Arpo» bewusst die Unwahrheit schreibt, worauf der Brandlermann zwischenrief: «Was die «Arpo» schreibt, ist nur nicht maßgebend» (allgemeines Gelächter). Zum Schluss klärte Gen. S. in äußerster Sachlichkeit die Fragen der notwendigen fraktionellen Arbeit in den Gewerkschaften und die Fragen der proletarischen Einheitsfront: durch unermündliches Einwirken auf die Parteigenossen, muss die Umstimmung in der Partei für eine richtige leninistische Politik herbeigeführt werden; das ist gegenwärtig unsere wichtigste Aufgabe.

Ernst.

Leipzig

Am Sonntag den 10. Januar fand in Leipzig, im Stadtteil Westen ein öffentlicher Diskussionsabend statt, welcher von unseren Genossen mit dem Thema: «Soll der Faschismus siegen und wie wird er geschlagen» einberufen war. In der gut besuchten Versammlung betonte Gen. Seipold als Referent, dass der Faschismus vor der Machtübernahme geschlagen werden muss, aber ohne revolutionäre Einheitsfront werden nicht wir den Faschismus schlagen, sondern er uns.

Wir können nur siegen, wenn die Einheitsfront von der KPD hergestellt wird. Während aber die KPD-Leitung von vornherein die Führung beansprucht, sagen wir mit Lenin, dass es ohne Vertrauen keine Hegemonie geben kann.

Es kommt absolut nicht darauf an, wer am Anfang die Mehrheit hat, es kommt darauf an, wer sich im Laufe des Kampfes das Vertrauen und somit die Führung erobern wird! Fühlt sich die zentristische Parteiführung dieser Aufgabe nicht gewachsen, dann wird sie abrücken müssen. In der Diskussion sprachen Unionisten, die gegen die Betonung der Notwendigkeit der Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften polemisierten. Ein Vertreter der Brandlergruppe sah in den Ausführungen des Genossen einen Widerspruch, dass S. die unbedingte Notwendigkeit der Einheitsfront betont, aber gleichzeitig das Einheitskomitee der KPD-O, SAP und des Leninbundes ablehnt.

Der «roter» Volksentscheid» hat Hitler zum «kleineren Übel» gemacht. Die Zeiten der Spaßmacherei in den Versammlungen sind vorüber, man muss konkret sagen, dass das Proletariat nicht ohne revolutionäre Einheitsfront siegen kann. Die Mutlosigkeit in den Betrieben ist nur der Reflex des Wirrwarrs der Führung, die Masse wird kämpfen, wenn man den Mut hat, sie zu rufen, und wenn man selbst genügend Klarheit hat den Massen den richtigen Weg zu zeigen und nicht Furcht hat, vor der Konkurrenz des «Geistes» der reformistischen Führer! Der starke Beifall zeigte, dass ein großer Teil die Ausführungen des Gen. S. akzeptierte. Nur weil dort eine starke Arbeitergruppe vorhanden ist die jetzt sich uns zuwendet, konnte der Gen. S. 30 Minuten sprechen, die Verleumdungen gegen uns widerlegen und den Wirrwarr der zentristischen Führung aufzeigen.

Max.

Aussprache-Abend mit der Gruppe Revolutionärer Pazifisten.

Auf Einladung der Gruppe Revolutionärer Pazifisten in Gemeinschaft mit der Gesellschaft für politische Theorie hatten wir am 22. Januar in Berlin eine Aussprache unter dem Thema «Trotzkis Kritik am deutschen Kommunismus». In der Versammlung, die von etwa 100 Personen besucht war und von Dr. Kurt Hiller geleitet wurde, gab unser Referent, von den Tagesereignissen ausgehend, einen Überblick über unsre Stellung zur Komintern und zur KPD, der durch historische Hinweise auf die Jahre nach der großen Wendung von 1924 ergänzt wurde. Der referierende Genosse entwickelte die Herkunft des Nationalkommunismus der Thälmann-Remmele-Führung aus der stalinistischen Theorie vom Sozialismus in einem Lande und ging zum Schluss auf die aktuellste Frage, auf die Frage der Einheitsfrontpolitik und deren falsche Lösung durch das heutige ZK, ein. Dass das einstündige Referat zwar nicht unwidersprochen, aber höchst interessiert aufgenommen wurde, bewies die mehr als zweistündige Debatte, in der die Vertreter der verschiedensten politischen Gruppen zu Wort kamen. Von zahlreichen Diskussionsrednern wurde die unbedingte Notwendigkeit der Einheitsfront gegen den Faschismus und die Verurteilung der ergebnislosen Einheitsfrontpolitik des deutschen ZK ausgesprochen. Der unverfälschte Nationalkommunismus kam zum Ausdruck in der Diskussionsrede des Gen. Graf Stenbock-Fermor, der sich veranlasst sah, gegen die von ihm missverstandenen «Angriffe auf Scheringer» zu sprechen; einer unsrer Genossen bedeutete ihm, dass es uns keineswegs um die Person Scheringers gehe, dessen Schikanierung durch die bürgerliche Klassenjustiz selbstverständlich auch wir ablehnen, sondern ganz allein um den Scheringer-Kurs und um die Tatsache, dass ein gestern noch faschistischer Offizier, der sich nach Graf Stenbock-Fermors eigenem Zeugnis erst auf dem Wege zum Marxismus befindet, ungeachtet seiner Fremdheit dem Marxismus gegenüber zum propagandistischen Aushängeschild der Kommunistischen Partei gemacht werde – nur um faschistisch orientierte Kleinbürger ins kommunistische Lager zu ziehen, mit dem Endergebnis, dass diese Kleinbürger gar nicht kommen, statt dessen aber die sozialdemokratischen Betriebsarbeiter vom entscheidenden Schritt zum Kommunismus zurückgehalten werden und ins Lager des Indifferentismus oder der SAP gehen. Die vermeintliche Notwendigkeit, «in der Sprache jener Leute zu reden, die wir gewinnen wollen», also in der Sprache der «Angriff»-Leser, wurde im Verlauf des Abends noch von einigen andern Referenten betont, bis dann einer unsrer Genossen auf die immerhin einigermaßen groteske Tatsache hinwies, dass Oberleutnant Scheringer heute «der revolutionäre Marxist» sei, aber Gen. Trotzki, mit Lenin der Führer der Oktober-Revolution, der konterrevolutionäre Agent der Bourgeoisie!

In einem längeren Schlusswort ging unser Referent auf die wichtigsten Fragen und Einwände der Gegner ein, u. a. auf die angebliche Überbewertung des Marxismus, die uns von Dr. Hiller vorgeworfen wurde, der statt dessen die Gemeinsamkeit des Ziels stärker betont wissen wollte. Wir als Marxisten sind allerdings davon überzeugt, dass der Weg, der zum gemeinsamen Ziel führt, nicht beliebig eingeschlagen werden kann, sondern durch die ökonomisch fundierten Gesetze des Klassenkampfes im Sinne von Marx, Engels und Lenin vorgezeichnet ist.

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