Permanente Revolution 19320416 Über die Versöhnler-Fraktion

Permanente Revolution: Über die Versöhnler-Fraktion

Zum Brief der Zelle Hafenschifffahrt

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 8 (Mitte April 1932), S. 10 f.]

In der «Perm. Rev.» Nr. 6 ist ein Brief der Zelle Hafenschifffahrt Hamburg veröffentlicht. Die Initiative zu diesem Schritt der Zelle geht aus von der in Hamburg relativ starken Versöhnlerfraktion um Westermann, Wendt und Jallas. Um zu dem Inhalt des Zellenbriefes Stellung zu nehmen ist es notwendig, kurz auf die Entwicklung und Taktik der Westermanngruppe einzugehen.

Die politische Plattform dieser Gruppe sind die Bucharinschen Theorien. Diese grundsätzliche Einstellung widerspiegelt sich in der gesamten Politik und Taktik der Gruppe. Seit Jahren führen diese Leute einen erbitterten Kampf gegen die Kritik der Linken Opposition, um in der Kampfesweise keinen Deut hinter den Stalinisten zurückzustehen. Ihre damalige Unterstützung des Gewaltkurses gegen die linke Opposition hindert die Drahtzieher dieser Gruppe nicht, heute über die mangelnde Parteidemokratie zu jammern. Noch heute, nachdem sie durch den bürokratischen Apparat aus der Partei gejagt sind, weisen sie stolz auf ihre «guten» Dienste im Kampf gegen den «Trotzkismus» hin. Beim Aufwachen kritischer Stimmungen in ihren eigenen Reihen wärmen sie die Legende des «Aufstands vom 7. November 1927» auf, um damit das «Konterrevolutionäre» des Trotzkismus zu beweisen. Ein besonderes Zeichen dieser Fraktion ist ihre nationale Beschränktheit und Feigheit in der internationalen Fragestellung. Durch ihre Stützung des rechts-zentristischen Blocks sind sie mitschuldig an der Niederlage des internationalen Proletariats. Angefangen mit der Tolerierung Brandlers 1923-24 und der Verteidigung der Niederlagenpolitik der Komintern in China, Bulgarien. Polen und England, wurden alle Fehler verewigt im Programm der Komintern auf dem VI. Weltkongress. Der Kampf der Versöhnler richtet sich in Deutschland gegen die Auswirkungen des ultralinken Kurses der Thälmann-Remmele-Führung, unter Aufrechterhaltung der falschen Positionen in den Grundfragen des Marxismus-Leninismus, der «Dritten Periode» und den falschen Beschlüssen der Komintern, die auf dem Verzerrungen des Marxismus durch den Zentrismus basieren.

Aus diesem entspringt auch die grundlegende Verschieden­heit der Kritik der Versöhnler und der Kritik der Linken Opposition trotz der oft formalen Gleichheit ihrer Kritiken in den Tagesfragen der kommunistischen Politik.

Die politische Plattform der Versöhnler ist: «Sozialismus in einem Lande», Verneinung der «proletarischen Revolution in China und den anderen zurückgebliebenen Ländern», «Dritte Periode», d. h. das theoretische Fundament aller Fehler der Komintern in der ganzen nachleninistischen Periode. Die po­litischen Positionen der Linken Opposition sind die Theorie der permanenten Revolution, die einzige internationalistische Theorie des Marxismus-Leninismus, als Garant gegen: National-Kommunismus, Zentrismus und Ultralinkstum.

Der Brief der Hafenzelle ist ein deutliches Zeichen der po­litischen Halbheit der Versöhnlerfraktion. Statt die internationalen Fragen aufzugreifen oder auch nur die Gesamtpolitik der Partei einer Kritik zu unterziehen, glaubt man ein poli­tisches Geschäft zu machen mit der Kritik einzelner Personen oder Institutionen der Partei unter Verschweigung der eige­nen politischen Positionen.

Indem man sich auf die falschen Beschlüsse des 11. Ekkiplenums stützt und die Selbstkritik der Führung als genügend hinstellt, sieht man alle Fehler der Partei nur als Auswüchse der Unfähigkeit einiger führender Bürokraten und nicht als Ausdruck der Unfähigkeit der Gesamtpolitik.

Wenn man von dem schwindenden Einfluss in den Hambur­ger Hafenbetrieben spricht, ohne auf die Isolierungspolitik in den anderen Betrieben, den Gewerkschaften, Massenorganisa­tionen, Stempelstellen sowie in der Gesamtarbeiterschaft ein­zugehen oder ohne auf die opportunistischen Grundtenden­zen der KPD-Politik einzugehen, so sind das politische Halbheiten, die bei Zentristen und Scholastikern vorherrschend sind, aber einer Klärung der politischen Grundfragen aus dem Weg gehen.

Die Feigheit der Versöhnler geht so weit, ihre eigene Mei­nung über die Politik der Partei hinter einem Wust von Zahlenmaterial und Zeitungszitaten zu verstecken. Kein Wort über das nationale und soziale Befreiungsprogramm, den Roten Volksentscheid, den Defätismus der Remmele-Neumann, die falsche Einheitsfrontpolitik, den Ultimatismus; das heißt, die Hauptursachen der Isolierung der Partei von den Massen verschweigen. Selbst die wichtigste Frage der Hafen­betriebe. die zusammengebrochenen Kämpfe, die Verhältnisse in der Stauerei «Einheit», welche das Vertrauen der Hafen­arbeiterschaft zur KPD schwer erschüttert haben, werden keiner Kritik unterzogen. Die Aufrollung dieser Fragen hätte eine klare, internationale, politische Position beansprucht, unter anderem auch eine klare Entscheidung des Verhältnisses zwischen den Interessen des sozialistischen Aufbaus in der UdSSR und der Auslösung von Arbeiterkämpfen im Hamburger Hafen. Durch die falsche Politik der Partei ist die Frage des Streiks auf den Dampfern der USSR zu einer kardinalen Fra­ge des Hamburger Hafens während der Lohnkämpfe geworden.

In einem solchen Ideenkampf taugen die Halbheiten der Versöhnler nichts; darum muss geschwiegen werden im Inter­esse der Fraktionsgeschäfte.

Eine Aktion wie dieser Zellen-Brief an das EKKI, muss dann verpuffen, wenn es versäumt wird, die Parteimitglied­schaft zu mobilisieren, weil man unter dem Deckmantel der zum Popanz erhobenen Parteidisziplin eine innerparteiliche Bewegung ablehnt, die über den Rahmen einer bestimmten Schicht hinausgeht und Spitzenkombinationen an Stelle po­litischer Auseinandersetzungen betreibt.

Der Kampf um die Gesundung der KPD und Komintern lässt keine Halbheiten, kein Verschweigen zu, sondern stellt alle Fragen des proletarischen Klassenkampfes in ihrer schärfsten Form. Die Auseinandersetzungen in diesen ent­scheidenden Fragen werden nicht in den Sekretariatszim­mern der Leitungen durchgeführt, sondern vor dem Forum der Gesamtarbeiterschaft. Die Krise des Kommunismus ist nicht die Krise der Komintern an sich, sondern ist längst zu einer Krise der Arbeiterschaft als Ganzes erwachsen. Um eine ernste, tiefe Diskussion in der Parteimitgliedschaft hervor zu bringen, hätte der Zellenbrief die wichtigsten Fehler der Partei aufrollen müssen, um in kameradschaftlicher Diskus­sion aller Parteimitglieder diese Fehler zu überwinden. Neben der Aufrollung der grundsätzlichen marxistischen Fragestel­lung: der Theorie des Sozialismus in einem Lande im Gegen­satz zur Theorie der permanenten Revolution, müssen die Fehler der deutschen Politik der Komintern einer ernsten Überprüfung unterzogen werden.

Die Fehler der Partei liegen im Wesentlichen in folgenden Punkten:

Einheitsfrontpolitik, die die Führung der kommunistischen Partei zur Bedingung und nicht zum Ziel der Bewegung er­hebt.

Administrative RGO-Politik, die ihr die Schaffung eines linken Flügels in den Gewerkschaften unmöglich macht, in­dem sie den Reformisten die Spaltung erleichtert.

Falsche Betriebsarbeit, die ihren Ausdruck findet in der schematischen Forderung von Betriebsaktionen und der Auf­stellung roter Betriebsräte auf jeden Fall, auch dort, wo die Voraussetzungen dafür fehlen.

Politik der «nationalen und sozialen Befreiung», die ihre Fortsetzung fand in der «Volksrevolution» und im «Roten Volksentscheid» gipfelt.

Theorie des Sozialfaschismus, die die richtige Erkenntnis der Rolle und Bedeutung der SPD unmöglich machte und den SPD-Führern die weitere Irreführung ihrer Arbeitergefolg­schaft unter antifaschistischen Phrasen ermöglicht.

Bürokratischer statt des demokratischen Zentralismus, Aus­schaltung des Mitbestimmungsrechtes der Mitgliedschaft, Per­sonenkult faktische Unkontrollierbarkeit der zentralen In­stanzen. Ersetzung der politischen Auseinandersetzungen durch Cliquenkämpfe.

Alle diese Fragen sind unberührt in dem Zellen-Brief der Versöhnler, trotzdem sie Schicksalsfragen der deutschen Kom­munistischen Partei sind, und damit Schicksalsfragen des deutschen Proletariats. Gleich der stalinistischen Führung schweigen sich die Versöhnler in den wichtigsten Fragen aus, denn diese Fragen können nicht im nationalen Rahmen ge­löst werden, sondern sie müssen im engsten Zusammenhang mit den Fragen der Politik der Komintern gestellt werden.

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