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Leo Trotzki 19180203 Die Frage Finnlands auf der Friedenskonferenz

Leo Trotzki: Die Frage Finnlands auf der Friedenskonferenz

[Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 17, часть 1. Москва-Ленинград, 1926, S. 92 f.]

[Die Frage kam auf auf einer Sitzung der politischen Kommission am 3. Februar in Verbindung mit einer Bemerkung des Genossen Trotzki in seiner Rede auf. In seiner Antwort erklärte Kühlmann, dass er nicht genügend Sachinformationen über die Lage in Finnland habe, dass aber Beschwerden ihn erreicht hätten, dass die russische Armee angeblich am Bürgerkrieg teilgenommen habe.]

Trotzki. Vor allem muss ich einige sachliche Bemerkungen zu der Frage machen, die hier im Zusammenhang mit der Erörterung der polnischen Frage aufgetreten ist, nämlich der Frage Finnlands. Uns unbekannte Personen oder Institutionen beschwerten sich beim Herrn Staatssekretär, dass wir unsere Truppen nicht aus Finnland abgezogen haben. Wir sollten die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass wir die Unabhängigkeit Finnlands schon vor dem Ende des Krieges anerkannt haben und dass Truppen, die an diesem Krieg teilnahmen, auf finnischem Territorium waren. Der finnische Senat, der sich mit dem Vorschlag zur Anerkennung der finnischen Unabhängigkeit an uns wandte, brachte selbst die Idee zum Ausdruck, dass der Abzug der Truppen spätestens zum Abschluss des Friedens erfolgen solle. Dies bedeutet, dass, wenn wir es aus militärischen Gründen möglich fänden, Truppen früher abzuziehen, wir es tun würden. Wir haben diesem Vorschlag voll und ganz zugestimmt und eine Kompromisskommission auf paritätischer Basis gebildet, um die Räumung des finnischen Territoriums durchzuführen. Auf dieser Ebene gab es bei uns keine Zeitnot, keine Konflikte und konnte keine geben. Als in Finnland die Revolution der Arbeitermassen begann, eine Revolution, mit der ein beträchtlicher Teil unserer Truppen sympathisierte, appellierten die finnischen Sozialdemokraten an diese Truppen und an uns und brachten den Wunsch nach Nichteinmischung russischer Truppen in den andauernden Kampf in Finnland zum Ausdruck. Wir kamen diesem Wunsch nach, was ich in einem Telegramm an Herrn Svinhuvud zum Ausdruck brachte. Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, dass in der Atmosphäre der Revolution ein paar kleinere Zusammenstöße zwischen einzelnem Abteilungen der russischen Truppen und Gruppen und Abteilungen der finnischen bürgerlichen Armee stattfinden könnten, aber ich bestreite kategorisch, dass diese Zusammenstöße nicht nur einen entscheidenden, sondern auch nur einen ernsten Einfluss auf den Ausgang des inneren Kampfes in Finnland haben könnten. Gleichzeitig stelle ich fest, dass die deutsche Regierung wie die österreichisch-ungarische Regierung die Svinhuvud-Regierung seinerzeit anerkannten, unmittelbar nachdem wir Finnlands Unabhängigkeit anerkannt hatten. Jetzt trifft, wenn ich mich nicht irre, die neue finnische Regierung nicht auf eine solche Bereitschaft seitens der deutschen Regierung. Ich wage jedoch darauf hinzuweisen, dass die Regierung der Arbeiter und Bauern Finnlands existiert, und aus unserer Sicht voll berechtigt ist, im Namen Finnlands zu sprechen.

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