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Leo Trotzki 19180112 Noch einmal Erklärungen mit Hoffmann

Leo Trotzki: Noch einmal Erklärungen mit Hoffmann

(Plenarsitzung der Friedenskonferenz vom 12. Januar 1918)

[Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 17, часть 1. Москва-Ленинград, 1926, S. 12-14, verglichen mit der englischen Fassung]

[Hoffmann drückt seine Unzufriedenheit mit den Erklärungen des Genossen Trotzki vom 10. Januar zu seinem Protest gegen die russische Propaganda aus, die „eine Revolution und einen Bürgerkrieg in Deutschland entfachen" wolle.]

Trotzki. Ich halte das immer noch für eine einseitige Auslegung, die General Hoffmann von Fakten gibt. Gegenwärtig hat die gesamte deutsche Presse freien Zugang zu Russland. Einige der Organe dieser Presse und darüber hinaus die einflussreichsten offiziellen und halbamtlichen Organe werden von der russischen Öffentlichkeit der reaktionären Kreise als direkte politische Unterstützung für ihre Positionen angesehen.

Und viele der russischen Konterrevolutionäre stellen sich auf der Grundlage von von ihnen richtig oder falsch verstandenen deutschen Presseorganen vor, dass nach Meinung der letzteren Nikolai Romanow, unser ehemaliger Zar, von Tobolsk nach Petrograd transportiert werden sollte, und dass wir seinen Platz einnehmen sollten. Wir unsererseits sind entschieden dagegen. Wir halten es jedoch nicht für möglich, eine Einschränkung Freiheit der deutschen Presse zu fordern, die auch die Ansichten von General Hoffmann stützt.

Zweifellos trägt die Unterstützung, die unsere reaktionären Kreise in einer bestimmten Haltung und in bestimmten Äußerungen der deutschen offiziellen Kreise erhalten, zu unserem Bürgerkrieg bei – in Gestalt der von den Anhängern des alten Regimes angeführten Richtung.

Wir halten es jedoch nicht für möglich, diese Frage entweder mit den Bedingungen des Waffenstillstands oder mit dem Verlauf der Friedensverhandlungen zu verknüpfen. Übrigens halte ich es für überflüssig, zu bemerken, dass, wie General Hoffmann hier nicht nur die Regierung von Berlin vertritt, sondern, soweit ich weiß, auch Dresden und München, genau so, wie wir nicht nur mit Petrograd Beziehungen haben, sondern auch nach Moskau und in andere Städte.

[Hoffmann erklärt, dass Genosse Trotzki ihn nicht verstanden habe: Er meinte nicht die Presse, sondern „offizielle Äußerungen der russischen Regierung und offizielle Propaganda, die vom Oberbefehlshaber, Krylenko, unterzeichnet wurden."]

Trotzki. Es tut mir sehr leid, dass ich, wie General Hoffmann wiederholt hat, seine Haltung zu diesem Thema nicht verstehen kann. Dies erklärt sich meines Erachtens durch einen grundlegenden Unterschied in den Ausgangspunkten. Der Unterschied ist, ich muss es sagen, durch ein Gerichtsurteil an meine Adresse während des Krieges festgehalten. Details finden sich in den Annalen – ich erinnere mich nicht genau – des Leipziger oder Stuttgarter Gerichts.

Auf jeden Fall muss ich ganz eindeutig feststellen, dass weder die Bedingungen des Waffenstillstands noch die möglichen Bedingungen eines Friedensvertrags Aussagen, Meinungsäußerungen und die Propaganda von Bürgern der Russischen Republik oder seiner regierenden oder leitenden Kreise einschränken können.

[Kühlmann weist darauf hin, dass das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten nur auf voller Gegenseitigkeit beider Seiten stattfinden kann.]

Trotzki. Da die Partei, der ich angehöre, und die andere Partei, die in unserer Regierung vertreten ist1, einen zutiefst internationalen Charakter haben, würden wir es nur als einen Fortschritt betrachten, wenn die deutsche Regierung es, so wie wir es tun, für möglich und notwendig hielte, offen und frei ihre Meinung über den inneren Zustand Russlands in allen Formen zu äußern, die sie für notwendig und zweckmäßig hält.

1 Die Rede ist von der Partei der linken Sozialrevolutionäre, damals Teil der Regierung. Zu diesem Zeitpunkt waren in ihren Händen die Posten des Volkskommissars für Justiz (Steinberg), des Volkskommissars für Boden (Kalegajew), des Volkskommissars für Post und Telegraph (Proschjan) und Volkskommissars für Vermögen (Karelin). Außerdem waren die linken Sozialrevolutionäre Mitglieder des Kollegiums einiger Volkskommissariate.

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