Glossar‎ > ‎

Revisionismus in der Agrarfrage

Lenin schrieb schon in einem Briefe im Jahre 1899, dass ihm die ganze kritische Richtung im Marxismus, für die Struve und Bulgakow sich begeistern, äußerst verdächtig vorkomme. Sehr bald bestätigte sich dieser Verdacht, und zwar als die „legalen Marxisten“ offen gegen den Marxismus und besonders gegen die Marxsche Lehre von der Entwicklung der Landwirtschaft und der Klassenverhältnisse auf dem Lande auftraten. Marx und Lenin gingen davon aus, dass die Landwirtschaft sich ungeachtet einiger Besonderheiten nach den gleichen Gesetzen wie die Industrie entwickle. Auch in der Landwirtschaft erhalte der Großbetrieb das Übergewicht über den Kleinbetrieb, auch hier herrsche das Gesetz der Konzentration des Kapitals. Dabei macht Lenin darauf aufmerksam, dass der Begriff des Großbetriebes und des Kleinbetriebes in der Landwirtschaft nicht nur durch den Bodenumfang der einzelnen Wirtschaft bestimmt wird. „Die Hauptlinie der Entwicklung der kapitalistischen Landwirtschaft besteht gerade darin, dass die Kleinwirtschaft, während sie nach ihrem Bodenumfang ein Kleinbetrieb bleibt, sich im Umfang ihrer Produktion, in der Entwicklung der Viehwirtschaft, im Ausmaß der Düngung und in der Anwendung von Maschinen usw. in eine Großwirtschaft verwandelt.“

Die Verdrängung der Kleinwirtschaft geschieht auf dem Wege der Verdrängung der nach dem Bodenumfang ,großen', aber weniger ergiebigen, weniger intensiven und weniger kapitalistischen Farmen durch die nach dem Bodenumfang ,kleinen', aber ergiebigeren, intensiveren und mehr kapitalistischen Farmen“ (siehe „Neue Daten über die Gesetze der Entwicklung des Kapitalismus in der Landwirtschaft“). Diese ökonomischen Erscheinungen in der Landwirtschaft werden von den entsprechenden sozialen Erscheinungen auf dem Lande begleitet: Klassenschichtung im Dorfe, Wachstum des Proletariats und der Bourgeoisie auf Kosten der bäuerlichen Mittelschichten, Bereicherung der einen, Verarmung der anderen, Anwachsen der Anwendung von Lohnarbeit usw. Die kapitalistische Entwicklung auf dem Lande hat auch ein Anwachsen der dem Kapitalismus eigenen Widersprüche zur Folge: Agrarkrisen, Verschärfung des Klassenkampfes. Daraus folgern Marx und Lenin die Unausweichlichkeit der proletarischen Revolution auch auf dem Lande. Die damals in Mode stehenden „Marx-Kritiker“, David, Bernstein und andere im Westen, Bulgakow, Struve und andere in Russland, bestritten diese Ansichten des Marxismus und behaupteten, die Landwirtschaft gehe ihren eigenen, von der Industrie verschiedenen Weg der Entwicklung. Sie verneinten das Gesetz der Konzentration in der Landwirtschaft und wollten beweisen, dass hier der Kleinbetrieb dem Großbetrieb überlegen sei. Auch leugneten sie die fortschreitende Klassenschichtung und folglich auch die Verschärfung des Klassenkampfes auf dem Lande. So kamen sie selbstverständlich auch zur Verneinung der Unausweichlichkeit der proletarischen Revolution und zu der Behauptung, die Landwirtschaft werde schon unter den Verhältnissen des Kapitalismus, mit Hilfe verschiedener genossenschaftlicher Organisationen, „friedlich in den Sozialismus hinein wachsen“. [Ausgewählte Werke, Band 2]

Kommentare