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Wladimir I. Lenin 19040526 Erklärung dreier Mitglieder des Zentralkomitees

Wladimir I. Lenin: Erklärung dreier Mitglieder des Zentralkomitees

[Veröffentlicht mit einigen Änderungen im Jahre 1904 in der Broschüre N. Schachows „Der Kampf um den Parteitag", Genf. Nach Sämtliche Werke, Band 6, Wien-Berlin 1930, S. 459 f.]

Drei Mitglieder des Zentralkomitees, Glebow, Swerjew und Lenin sind, nachdem sie die Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Zentralkomitees erörtert haben, zu folgenden Schlüssen gelangt, die allen Mitgliedern des Zentralkomitees mitgeteilt werden müssen:

1. Die Meinungsverschiedenheit begann mit der Frage der Einberufung des Parteitages. Nachdem Lenin und Wassiljew im Parteirat für den Parteitag eingetreten waren, sprach sich die Mehrheit des Zentralkomitees (mit fünf gegen vier Stimmen, wobei die Stimme Trawinskis an Genossen Glebow überging) gegen den Parteitag aus. Daraufhin erklärten Lenin und Wassiljew, dass sie zeitweilig aus dem Parteirat ausscheiden. Jetzt ist dieser Konflikt so beigelegt worden*, dass Glebow und Lenin als Vertreter des Zentralkomitees im Parteirat gelten.

2. Genosse Glebow erklärte Genossen Lenin, dass er, Glebow, aus dem Zentralkomitee austritt, wenn Lenin nicht darauf verzichtet (außerhalb des Zentralkomitees), für den Parteitag Agitation zu treiben, und wenn er der Einberufung des Parteitages nicht entgegenwirken wird. Lenin, der eine solche Fragestellung für falsch und prinzipiell unzulässig hält, erklärt, dass er alle Mitglieder des Zentralkomitees um ihre Meinung befragen und dann eine Antwort geben werde, die sich nur darauf beziehen kann, ob er, Lenin, das Zentralkomitee verlässt oder nicht. (Was sich auf Lenin bezieht, bezieht sich vom Standpunkte des Genossen Glebow auch auf alle mit Lenin einverstandenen Mitglieder des Zentralkomitees.)

3. Um die Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Zentralkomitees in diesem Augenblick genau zu charakterisieren, ist es notwendig, festzustellen, dass Genosse Valentin und Genosse Nikititsch in ihrer im Monat März geschriebenen und vom Genossen Glebow gebilligten Deklaration erklärt haben: 1. dass sie entschieden gegen eine Kooptation auf Forderung der Minderheit hin seien; 2. dass sie die in der Broschüre „Was tun?" dargelegten organisatorischen Auffassungen teilen, und 3., dass sie, oder wenigstens zwei von ihnen, die opportunistische Stellung verschiedener Parteischriftsteller nicht billigen. Hinsichtlich des Parteitags aber ist Genosse Glebow überzeugt, dass 1. die Meinungsverschiedenheit in dieser Frage eine zwiespältige Politik in das Zentralkomitee hinein trage und 2. der Parteitag zur Spaltung führen könne. Da er die Verantwortung dafür nicht übernehmen möchte, so erklärt er seinen Austritt aus dem Zentralkomitee für unvermeidlich. Lenin ist dagegen der Meinung, dass das Zentralkomitee, als Kollegium, das Rechenschaft abzulegen hat, in der Frage des Parteitags neutral bleiben und allen seinen Mitgliedern die Freiheit der Agitation überlassen müsse. Eine Spaltung aber ist unwahrscheinlich, denn die Mehrheit lässt prinzipiell eine Verständigung auf dem Parteitag selbst bis zur Neutralisierung der „Iskra" zu.

4. Bis zur Lösung des erwähnten Konflikts treten Genosse Glebow und Genosse Lenin offiziell und in allen Handlungen im Namen des Zentralkomitees nur mit allgemeinem Einverständnis und gemeinsamer Unterschrift auf.

Genf, den 26. Mai 1904

Die Mitglieder des Zentralkomitees

Glebow

Swerjew

Lenin

* Siehe darüber den von Genossen Glebow gebilligten Brief Lenins, der hier beigelegt wird.

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