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Wladimir I. Lenin 19070120 Plechanow und Wassiljew

Wladimir I. Lenin: Plechanow und Wassiljew

[Proletarij" Nr. 11 20. (7.) Januar 1907. Nach Sämtliche Werke, Band 10, Wien-Berlin 1930, S. 327-334]

Das Verhalten der menschewistischen sozialdemokratischen Presse zu den bekannten herostratischen Äußerungen Plechanows im „Towarischtsch" verdient die Aufmerksamkeit der ganzen Partei der Arbeiterklasse. Der hervorragendste Vertreter der menschewistischen Richtung, der Führer der Menschewiki, wie ihn offen und ständig alle liberalen Zeitungen nennen, tritt öffentlich mit dem Vorschlag einer gemeinsamen Plattform der Sozialdemokraten und Kadetten hervor.

Und die Menschewiki schweigen!

Als hätten sie keine Zeitungen, keine Zeitschriften, keine Flugblätter, keine Körperschaften, keine Kollegien, keine einzige Parteiorganisation. Als ginge es sie nichts an, was vor dem gesamten Russland ihr Führer über ihre Politik spricht…

Wir alle aber wissen sehr gut, dass die Menschewiki sowohl Organisationen – sogar einflussreiche Organisationen, wie das ZK – als auch alle möglichen Zeitschriften haben. Deshalb beweist ihr Schweigen ein übriges Mal die ganze Verlogenheit ihrer Stellung. Nur die Bundisten heben sich von der menschewistischen Masse ab. Sie haben sich in ihrer, den Russen leider fast unbekannten „Volkszeitung" gegen die Losung „Souveräne Duma" gewandt. Sie haben Plechanow auch in ihrer russischen Zeitschrift „Nascha Tribuna" verspottet. Sie haben dadurch wenigstens bewiesen, dass sie den Mut haben, eine eigene Meinung zu haben, nicht nur in Worten, sondern auch in der Tat nur ihre Parteiorganisation anzuerkennen, die verpflichtet ist, sich offen und direkt über alle politischen Fragen zu äußern, die verpflichtet ist, ihre politische Pflicht gegenüber dem Proletariat über persönliche Freundschaft, Gevatterschaft und Achtung vor Personen zu stellen …*

Was für eine widerliche Erscheinung in einer Arbeiterpartei! Die in der Partei überwiegende Richtung, die das ZK in ihren Händen hat, wagt es nicht, auch nur ein Wort über die Fehler eines ihrer Mitglieder zu verlieren. Auf allen Versammlungen, bei jeder Auseinandersetzung vor Arbeitern, bei jeder Diskussion mit den Bolschewiki schwören die Menschewiki und rufen Gott zum Zeugen an, dass sie mit Plechanow nicht einverstanden seien. In der Presse aber schweigen sie: keine einzige offizielle Erklärung auch nur irgendeiner Parteizelle. Was hat das zu bedeuten? Im Stillen abrücken und durch offizielles Schweigen bestätigen? Hinter dem Rücken schimpfen und in Gegenwart … des Herrn schweigen. So handeln nur … ratet selbst, Verehrteste, wer so handelt!1

Den Arbeitern aber und der gesamten Partei werden wir sagen: man darf nicht den politischen Führern trauen, die mitsamt allen ihren Kollegien von der Bildfläche verschwinden, sobald nur irgend jemand ihnen auf den Leib rückt. Bei jeder endgültigen Entscheidung werden alle diese „Führer" nicht so handeln, wie sie reden, sondern so, wie andre für sie reden.

Übrigens. Das Verhalten Plechanows und der Menschewiki bei diesem Zwischenfall ist eine gute Illustration zu dem landläufigen Gerede über den intelligenzlerischen Charakter unserer Partei. Ja, der Einfluss, den bei uns die nichtproletarischen Intellektuellen auf das Proletariat haben, ist übermäßig groß, das ist richtig. Wenn dem nicht so wäre, könnte dann eine proletarische Partei auch nur eine Woche lang die Streiche Plechanows und das Verhalten der Menschewiki zu diesen Streichen dulden? Wie anschaulich offenbart sich hier der wahre Sinn des Geredes über den parteilosen Arbeiterkongress. Wenn an Stelle unserer Partei eine legale Arbeiterpartei (einfach Arbeiterpartei, nicht sozialdemokratische Partei) träte – wie es Larin und die Publizisten des „Nasche Djelo" und der „Sowremennaja Schisn" wünschen –, ja, dann würden einem Auftreten, wie dem Plechanows, Tür und Tor geöffnet sein. Schreibe in beliebigen Zeitungen, tritt beliebigen literarischen oder allgemein politischen Blocks, mit wem du willst, bei, schlage in deinem eigenen Namen, ohne auf irgendeine Parteiorganisation Rücksicht zu nehmen, deine eigenen Losungen vor! Volle Freiheit für die intelligenzlerische individualistische Natur bei vollständiger Formlosigkeit der parteilosen Arbeitermasse. Ist das nicht das Ideal des alten „Credos" Prokopowitschs (wegen dessen wir gemeinsam mit Plechanow in den Jahren 1899 und 1900 über Prokopowitsch hergefallen sind und ihn samt seinen Getreuen aus der sozialdemokratischen Partei hinausgeworfen haben)? Das „Credo", die Quintessenz des sozialdemokratischen Opportunismus, propagierte unpolitische, parteilose Arbeiterverbände für den wirtschaftlichen Kampf und für den liberalen politischen Kampf. Blocks mit den Kadetten und ein parteiloser Arbeiterkongress, – das ist nichts anderes als das „Credo" vom Jahre 1899 in der Neuauflage von 1906/07.

Plechanows Auftreten im „Towarischtsch" bedeutet nichts anderes als eine Verwirklichung des Larinschen Vorschlags: freie Propagandagesellschaften aller möglichen „Sozialisten" – mit Verlaub zu sagen, Sozialisten – auf der Grundlage parteiloser Arbeiterorganisationen. Tatsächlich ist Plechanow im „Towarischtsch" nicht als Mitglied der Partei, nicht als Mitglied einer der Parteiorganisationen aufgetreten. Das ist eine Tatsache, die durch keine Sophismen aus der Welt geschafft wird, vor der kein „Schweigen" des menschewistischen ZK eine gewisse Fraktion unserer Partei retten wird. In der Praxis hat eben Plechanow auf Larinsche Art gehandelt, als außerparteilicher Sozialist in einem außerparteilichen „sozialistischen" Blatt einen außerparteilichen, nicht sozialistischen, und sogar antisozialistischen Vorschlag gemacht.

Wassiljew ist in die Fußstapfen Plechanows getreten. Die Schweiz ist frei von den Überlieferungen des russischen revolutionären Proletariats und versorgt uns deshalb in steigendem Maße mit „progressiven" Opportunisten.

Wassiljew ist ein hervorragender Menschewik. Er hat mit den Menschewiki – und zwar nicht in irgendeinem entlegenen Winkel mit irgendwelchen zufälligen Menschewiki, sondern mit den hervorragendsten und den verantwortlichsten Menschewiki – zusammengearbeitet. Darum haben die Menschewiki kein Recht, geringschätzig über ihn die Achseln zu zucken.

Wassiljew beruft sich ausdrücklich auf Plechanow. Ja, noch mehr: er stützt sich geradezu auf ihn. Er nennt das für die sozialdemokratische Partei schmachvolle Auftreten Plechanows in der Kadettenpresse, seinen Vorschlag einer gemeinsamen Plattform mit den Kadetten, einen „tapferen Sammelruf". Er „bedauert", dass „es in anderen Parteien keine Plechanows gibt".

An Eifer fehlt es Wassiljew nicht, dafür aber an Verstand. Er wollte Plechanow loben und platzt mit dem Lobe heraus: „Leider gibt es in anderen Parteien keine Plechanows." Das ist unübertrefflich! Guter Wassiljew, er gebraucht das Wort „Plechanows" als Gattungsnamen, als Bezeichnung für Politiker, die auf eigene Faust und unabhängig von ihrer Partei handeln. Von nun an wird man wahrscheinlich sagen: „Die Plechanows im Wassiljewschen Sinne des Wortes."

Die Wassiljews klopfen den „Plechanows" auf die Schulter und nennen die Dinge bei ihrem richtigen Namen. Im Jahre 1899 haben die Verfasser des „Credo", die Herren Prokopowitsch und Konsorten, von einer reinen Arbeiterbewegung ohne den revolutionären Bazillus gesprochen. Die Wassiljews sprechen von einer Revolution, die eine „Konstitution" gebären soll, und zwar ohne jeden Geburtshelfer, ohne Revolutionäre. Ohne Geburtshelfer, ohne Revolutionäre, ohne revolutionäres Volk – das ist die Losung Wassiljews.

Schtschedrin hat einmal in klassischer Weise das Frankreich, das die Kommunarden erschossen hat, das Frankreich der vor den russischen Tyrannen auf dem Bauche kriechenden Bankiers, als eine Republik ohne Republikaner verspottet. Es wäre an der Zeit, dass ein neuer Schtschedrin käme, Wassiljew und die Menschewiki zu verspotten, die die Revolution verteidigen mit der Losung „Ohne Revolutionäre", „Ohne Revolution".

Haben wir das Recht, das Auftreten Wassiljews so zu deuten? Haben wir das Recht, die Menschewiki in einem Atemzug mit ihm zu nennen?

Natürlich haben wir das Recht! Der ganze Artikel, alle Gedanken, alle Vorschläge Wassiljews sind durch und durch von dem „Plan" durchdrungen, die Konstitution gebären zu helfen durch Tötung der Revolution. Sämtliche Programme eine Zeitlang beiseite zu stellen, alle Sozialdemokraten und Sozialrevolutionäre usw. mit den Kadetten zu einer liberalen Partei zu verschmelzen, alle Leute zu vereinigen im Kampfe für die „politische Konstitution", „ohne gleichzeitige Lösung der wirtschaftlichen Programme" (so steht es im Briefe: ohne Lösung der Programme. Die Schweizer Ratgeber des russischen Proletariats können nicht immer russisch sprechen), – ist das nicht der Wunsch, die Konstitution durch Verzicht auf die Revolution zu retten?

Die Revolution in der wirklichen, ernsten Bedeutung des Wortes ist undenkbar ohne „die Lösung der wirtschaftlichen Programme". Die Revolution können nur die Massen machen, die von tiefer, wirtschaftlicher Not getrieben werden. Der Sturz des Absolutismus in Russland, sein wirklicher Sturz, würde unweigerlich eine wirtschaftliche Umwälzung sein. Nur Leute von jungfräulicher Unschuld im Sozialismus sind unfähig, das zu begreifen. Wirtschaftliche Programme über Bord werfen, heißt die wirtschaftlichen Interessen über Bord werfen, die die Massen des verängstigten, verschüchterten und unaufgeklärten Volkes zu gewaltigem, beispiellos aufopferungsvollem Kampf treiben. Es heißt die Massen über Bord werfen, eine Bande von intellektuellen Phrasendreschern übrig lassen und sozialistische Politik durch liberale Phrasendrescherei ersetzen.

Was für einen Nutzen haben die Bauern davon, dass ihre Frage von der Duma aufgeworfen wurde, die ja hauptsächlich eben wegen der Agrarfrage aufgelöst worden ist?" Ist diese Betrachtung nicht wirklich wert, dass man Wassiljew für seinen nirgends in der Welt übertroffenen sozialistischen Opportunismus zu Lebzeiten ein Denkmal setze?

Und ist das nicht (wir gehen zu der zweiten der beiden oben aufgeworfenen Fragen über) eine menschewistische Betrachtung?

In einem Wagen bis Twer mit den Kadetten zusammen fahren, ohne sich gegenseitig zu stören, sagt Plechanow. Zusammen mit den Kadetten in die Duma fahren, sich mit einer nichtrevolutionären Partei (für eine Zeit!, „für eine kurze Zeit!" ergänzt Wassiljew die Menschewiki) zu revolutionären Zwecken vereinigen, sagen die Menschewiki. Zusammen fahren bis zu einem Kadettenministerium, sagte vor kurzem unser ZK.

Wenn schon, denn schon, beeilt sich Wassiljew beizupflichten. Fahren „ohne einander zu stoßen, ohne einander Schrecken einzujagen". „Jetzt aber, im gegebenen Augenblick, ist er (der Kampf der Klassen und Gruppen) verhängnisvoll und verbrecherisch."

Der Klassenkampf ist verbrecherisch. Der Konstitution durch revolutionäre Forderungen (wie z. B.: souveräne Duma, konstituierende Versammlung usw.) Schaden zuzufügen, ist ein Verbrechen. So sehr auch die Menschewiki von Wassiljew abrücken mögen (immerhin sind sie bis jetzt noch nicht von ihm abgerückt), sie werden die Tatsache niemals aus der Welt schaffen, dass gerade dieser Gedanke sowohl den Blocks mit den Kadetten als auch der Unterstützung der Forderungen nach einem Dumaministerium und allen gemeinsamen Reisen bis Twer usw. zugrunde liegt.

Wassiljew ist natürlich ein Unikum. Aber selbst Naturerscheinungen, die einzig in ihrer Art sind, kommen nur in einer bestimmten Umgebung vor, werden nur aus einer bestimmten Umwelt heraus geboren. Wassiljew ist natürlich ein Montblanc des Opportunismus. Bekanntlich aber gibt es keinen Montblanc in der Steppe. Montblancs gibt es nur in den Alpen. Die Wassiljews bieten sich der Welt dar nur Seite an Seite mit den „Plechanows", Tscherewanin und tutti quanti bis zu Prokopowitsch.

Dank den „Plechanows im Wassiljewschen Sinne" aber erhält Herr Struve die Möglichkeit, zu erklären – wie er am 9. Januar (27. Dezember) in einer Versammlung in Soljany Gorodok gesagt hat („Towarischtsch" vom 10. Januar [28. Dezember]) –, dass

alle jetzigen Gegner der Kadetten in Bälde selbst Kadetten sein werden. Den ,Towarischtsch' bezeichnet man schon als Kadettenzeitung. Die Volkssozialisten bezeichnet man als Sozialkadetten, die Menschewiki als Halbkadetten. G. V. Plechanow halten viele für einen Kadetten, und die Kadetten können wirklich vieles von dem, was Plechanow jetzt sagt, nur mit Freuden begrüßen. Es ist nur schade, dass er es nicht gesagt hat, als die Kadetten allein standen. Unverbesserlich werden vielleicht nur die Bolschewiki sein. Deswegen ist ihr Los – in das historische Museum zu kommen."

Wir danken für das Kompliment, ungeschickter Herr Struve! Ja, wir werden in das historische Museum kommen, das den Namen trägt: „Geschichte der Revolution in Russland". Unsere bolschewistischen Losungen, der bolschewistische Boykott der Bulyginschen Duma, die bolschewistischen Aufforderungen zum Massenstreik und zum Aufstand (bereits auf dem 3. Parteitag) sind unzertrennlich und auf immer mit der russischen Oktoberrevolution verknüpft. Und diesen Platz im Museum werden wir sogar im Laufe von (schlimmstenfalls) vielen langen Jahren oder Jahrzehnten der Reaktion dazu benützen, das Proletariat im Geiste des Hasses gegen die verräterische oktobristisch-kadettische Bourgeoisie, im Geiste der Verachtung gegenüber dem intelligenzlerischen Geschwätz, gegenüber der kleinbürgerlichen Rückgratlosigkeit zu erziehen. Diesen Platz im Museum werden wir dazu benützen, unter allen, selbst unter den schlimmsten politischen Bedingungen den Arbeitern den unversöhnlichen Klassenkampf zu predigen, sie zu lehren, sich zur neuen Revolution zu rüsten, die unabhängig sein wird von der Halbheit und Schlappheit der Bourgeoisie, und von der es nicht mehr weit sein wird zur sozialistischen Revolution des Proletariats.

Ihr Platz im Museum aber, verehrtester Herr Struve, ist der Platz derjenigen, die im Augenblick des Triumphes der Konterrevolution jubeln und sich müßigem Geschwätz hingeben. In solchen Augenblicken werden Sie stets Anlass haben, zu jubeln – deshalb zu jubeln, weil die Revolutionäre gefallen sind, geschlagen im Kampfe, und weil die Bühne den Liberalen gehört, die freiwillig gefallen sind, die vor dem Feind zu Boden gefallen sind, um auf dem Bauche zu kriechen, „entsprechend den Anforderungen, die an ihre Gemeinheit gestellt werden".

Wenn es der Revolution, entgegen unsern Erwartungen, nicht vergönnt ist, sich noch einmal zu erheben, wenn es ihr nicht vergönnt ist, dem zaristischen Gesindel die Macht zu entreißen – werden Sie lange der Held der Konterrevolution sein, wir aber werden einen „Platz im Museum" haben, und zwar einen guten Platz: den Platz des Oktoberkampfes des Volkes. Wenn aber die Revolution, wie wir glauben, sich noch einmal erheben wird, – wird im Laufe einer Woche auch die letzte Spur der jämmerlichen Kadetten verschwunden sein, wird der Kampf der Massen des Proletariats und der zugrunde gerichteten Bauernschaft wieder unter bolschewistischen Losungen geführt werden. Unter der Hegemonie der Kadetten kann die Revolution nur im Staube liegen. Siegen kann die Revolution nur unter der Hegemonie der bolschewistischen Sozialdemokratie.

* Wir haben erst jetzt einen Auszug aus einem Artikel des georgischen sozialdemokratischen Organs der Tifliser Menschewiki, dem „Zin“ („Vorwärts" vom 21. [8.] Dezember), erhalten. Die Tifliser Menschewiki treten Plechanow entschieden entgegen und erklären, dass seine Argumente für die Losung „Souveräne Duma" falsch seien, dass die Sozialdemokraten unter dieser Losung nicht die Konstituierende Versammlung verstehen können. Die Losung „Souveräne Duma" – schreiben sie – „würde eine Verstümmelung unseres Programms bedeuten". Weiter wird bewiesen, dass auch für die Kadetten diese Losung nicht annehmbar ist und dass überhaupt von einer gemeinsamen Plattform der Sozialdemokraten und Kadetten keine Rede sein kann. Eine gemeinsame Plattform „heißt der Selbständigkeit unserer Partei die Flügel stutzen, den Unterschied in den Anschauungen der Sozialdemokratie und der bürgerlichen Parteien vertuschen". [Lenin meint den Artikel: „Zu dem letzten Artikel Plechanows" („Zin" Nr. 1 vom 28. [8.] Dezember 1906). In der nächsten Nummer der Zeitung „Zin" erschien wiederum ein Artikel gegen Plechanow mit der Überschrift: „Realpolitik".]

Richtig, Genossen Menschewiki von Tiflis! Mit Vergnügen stellen wir fest dass im Gegensatz zum Zentralkomitee und der Mehrheit der russischen Menschewiki die russischen Bundisten und die Kaukasier sich nicht ihrer Pflicht entzogen haben, die Auffassung Plechanows und sein ganzes Auftreten offen als Fehler zu bezeichnen.

1 Das Auftreten G. V. Plechanows mit dem Artikel: „Offenes Antwortschreiben an einen Leser des .Towarischtsch'" („Towarischtsch" Nr. 122 vom 7. Dezember [24. November] 1906) mit dem an die konstitutionellen Demokraten gerichteten Vorschlag eines Blocks stand im Gegensatz nicht nur zur Taktik der Bolschewiki, sondern auch zu den von der menschewistischen Mehrheit der Allrussischen Novemberkonferenz angenommenen, vom Zentralkomitee bestätigten Resolutionen. Die bolschewistischen Mitglieder des ZK, die Genossen Simin (L. B. Krassin) und Maximow (A. A. Bogdanow), die in einer besonderen Erklärung darauf hingewiesen hatten, dass die Novemberkonferenz alle Blocks mit den konstitutionellen Demokraten verbiete, forderten das Zentralkomitee auf, von dem Auftreten Plechanows abzurücken und ihn selbst auf die Verletzung der Parteidisziplin hinzuweisen. Das ZK beschloss jedoch mit Stimmenmehrheit der menschewistischen Mitglieder, sich an Plechanow mit der Bitte zu wenden, zu erläutern, ob wirkliche Differenzen zwischen ihm und dem Beschluss der Konferenz bestehen. Inzwischen war Plechanow mit einem neuen Artikel aufgetreten: „Es ist Zeit, sich zu erklären" („Towarischtsch" Nr. 139 vom 27. [14.] Dezember 1906), worin er seine bisherige politische Linie des Blocks mit den konstitutionellen Demokraten aufrechterhielt. Das Büro des ZK hielt es auch daraufhin noch nicht für notwendig, Plechanow den Beschluss des ZK zur Kenntnis zu bringen, und bald darauf hob dieses, auf Initiative der Redaktion des „Sozialdemokrat", seinen Beschluss mit der Begründung auf, dass Gerüchte über ihn in die Presse gedrungen seien und Plechanow dadurch an sich schon bestraft sei.

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