Glossar‎ > ‎

Oktobristen

Oktobristen oder „Verband des 17. Oktober" – entstand nach dem Oktober 1905 im wesentlichen aus dem rechten Flügel, der sogenannten „Minderheit" der Landstände-(Semstwo-) Kongresse 1904-1905 und vertrat die Interessen eines gewissen Teiles verbürgerlichter Gutsbesitzer, ferner aus einigen Elementen liberaler Gutsbesitzer, die zur Mehrheit jener Kongresse gehörten und sich dem Verband nach den Agrarunruhen im Herbst 1905 angeschlossen hatten, ferner aus der industriellen Großbourgeoisie. Der Verband, der die Interessen des industriellen Großkapitals widerspiegelte, übernahm die Vereinigung der zu jener Zeit entstandenen verschiedenen Parteien mit gleichartigen Programmen und erklärte, dass die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Partei die Möglichkeit des Eintritts in den Verband nicht ausschließe, wenn nur die politische Überzeugung der Eintretenden von den grundlegenden Bestimmungen des Verbandes nicht abweiche. Dem Verbande traten Parteien bei, wie z.B. die „Progressiv-ökonomische Partei", die bereits im Oktober aus Petersburger Großkapitalisten gebildet worden war, und der „Handels- und Industrieverband", der sich Mitte November 1905 in Petersburg aus mittleren Kaufleuten und Industriellen organisiert hatte, die sich nicht entschließen konnten, sofort der Organisation der aus Großindustriellen bestehenden Progressiv-ökonomischen Partei beizutreten. Das am 26. (13.) November 1905 in der Zeitung „Slowo" („Das Wort"), die zum offiziellen Organ des Verbandes wurde, veröffentlichte Programm des Verbandes lief auf folgende Punkte hinaus: Konstitutionelle Monarchie, unaufschiebbare Einberufung der Reichsduma und entschiedener Protest gegen die Konstituierende Versammlung, Erhaltung der Einheit und Unteilbarkeit des russischen Staates unter Zulassung „einer gewissen autonomen staatlichen Einrichtung lediglich für Finnland", Lösung der Agrarfrage im Sinne des Bedachtseins auf die Hebung der Produktivität der Landwirtschaft durch die Regulierung der Kleinpacht, Umbildung der Bauernbank, Verbesserung des Siedlungswesens und Anerkennung der staatlichen und Apanageländereien als Fond für die Zuteilung von Land an bedürftige Bauern und „falls diese Maßnahmen sich als unzulänglich erweisen sollten, in Fällen von staatlicher Bedeutung – Zulassung der Enteignung im Privatbesitz befindlicher Ländereien unter gerechten, durch die gesetzgebende Macht festzusetzenden Entschädigungsbedingungen".

Zu diesem schon ohnehin konterrevolutionären Programm, das im Grunde genommen das ganze Leibeigenschaftsregime konservierte, brachte der Verband, nachdem die Niederschlagung der Revolution offenbar geworden war, wesentliche Abänderungsanträge ein. Bereits am 21. (8.) Januar 1906 wurde auf der Tagung der Moskauer und Petersburger Mitglieder des ZK eine Resolution angenommen, die ausführte, dass nach der Auffassung der Führer des Verbandes der „Titel Selbstherrscher" dem Manifest vom 17. Oktober und infolgedessen auch der konstitutionellen Monarchie nicht widerspreche. Auf der gleichen Tagung wurde beschlossen, dass „die Regierung verpflichtet ist, auf die revolutionäre Gewalt und den bewaffneten Aufstand mit energischen Maßnahmen zu antworten, sie kann und muss sogar auf bestimmte Zeit den Belagerungszustand verhängen". Schließlich erwies sich auch das Agrarprogramm als für die Mehrheit der Verbandsmitglieder zu „revolutionär", und im Februar 1906, auf dem 1. Allrussischen Kongress des Verbandes, sprach sich die Mehrheit für die Stolypinsche Lösung der Agrarfrage, ohne Vorbehalte betreffs der Möglichkeit einer Enteignung usw., aus, als eine Lösung, die den Hoffnungen der Industrie auf Erweiterung des Innenmarktes durchaus entspreche.

In eine eigentlich politische Partei – die feste Formen und eine Parteidisziplin besitzt und nicht eine Zusammenfassung von Parteien darstellt – verwandelte sich der Verband erst nach der im Herbst 1906 erfolgten Spaltung.

Der vorbehaltlose Anschluss von A. I. Gutschkow an die Regierungspolitik stieß auf Widerstand bei jener Gruppe der Oktobristen, die glaubte, dass das allzu unvermittelte und energische Programm der Regierung die schwankenden Elemente der Bourgeoisie abstoßen und in das Lager der Revolution treiben könnte. Einer der Gründer und der Vorsitzende des Zentralkomitees des Verbandes in Moskau, D. N. Schipow, trat aus dem Verband aus und der Partei der friedlichen Erneuerung bei, die die Zugehörigkeit von Parteimitgliedern zu anderen Organisationen als mit der Mitgliedschaft in ihren Reihen unvereinbar erklärte. Die Spaltung endigte mit dem Austritt einiger linksgesinnter Oktobristen (M. Stachowitsch u. a.) und ließ die Hauptmasse des Verbandes unberührt, zwang aber diesen, sich eine andere organisatorische Form zu geben. Das Zentralkomitee des Verbandes des 17. Oktober nahm das Zentralkomitee des Handels- und Industrieverbandes in seinen Bestand auf und schlug auch den Organisationen vor, die Ortsleitungen jener Partei in ihrem Bestande aufgehen zu lassen.

Die Oktobristen spielten keine besondere politische Rolle, weder in der ersten Reichsduma, wo sie 17 Abgeordnete hatten, noch in der zweiten, wo die 42 oktobristischen Abgeordneten in allen Fragen geschlossen mit den äußersten Rechten stimmten und nur in einem Punkte mit ihnen nicht einig waren: die Oktobristen stimmten für die Aufhebung der militärischen Standgerichte. Während der Wahlen zur zweiten Duma trafen Teile des „Verbandes des 17. Oktober" Wahlabkommen mit dem Bund des russischen Volkes. In der dritten und vierten Duma (120 bzw. 99 Abgeordnete) wurden die Oktobristen zur Regierungspartei und unterstützten den Absolutismus in allen Fragen der Innen- und Außenpolitik. Erst während des Krieges 1914, als sich die völlige Unfähigkeit des Absolutismus zur siegreichen Beendigung des Krieges herausstellte, traten die Oktobristen dem oppositionellen progressiven Block bei, dessen Losung die Forderung eines der Duma verantwortlichen Ministeriums wurde. Die Revolution 1917 vereinigte die Oktobristen mit den feudalherrschaftlichen Elementen im Lager der Konterrevolution.

Oktobristen nannte man die Anhänger des „Verbandes des 17. Oktober“. Dieser entstand nach dem Oktober 1905 im Wesentlichen aus dem rechten Flügel, der sogenannten „Minderheit“ der Semstwokongresse 1904-1905 und vertrat die Interessen eines gewissen Teiles verbürgerlichter Gutsbesitzer, ferner aus einigen Elementen liberaler Gutsbesitzer, die zur Mehrheit jener Kongresse gehörten und sich dem Verband nach den Agrarunruhen im Herbst 1905 angeschlossen hatten, ferner aus der industriellen Großbourgeoisie. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 3]

Oktobristen nannte man die Anhänger des „Verbandes des 17. Oktobers“, der sich im Oktober 1905 nach dem Erscheinen des Zarenmanifestes über die Einberufung einer Duma bildete. Die Partei vertrat die Interessen eines gewissen Teiles verbürgerlichter Gutsbesitzer und der industriellen Großbourgeoisie. Das Programm der Partei forderte eine konstitutionelle Monarchie, äußerst gemäßigte liberale Agrarreformen im Interesse der Gutsbesitzer und der ländlichen Bourgeoisie. Die Oktoberrevolution von 1917 vereinigte die Oktobristen natürlich mit den Kadetten, den Menschewiki und den Sozialrevolutionären im Lager der Konterrevolution. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 3]

Kommentare