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Juni-Konferenz 19010600 Resolution

Resolution der Juni-Konferenz

Genf 1901

[Dokumente der „Einigungs"-Konferenz. Herausgegeben von der Liga der Russischen Revolutionären Sozialdemokratie. Genf 1901. Nach Sämtliche Werke, Band 4.2, Wien-Berlin 1929, S. 353-355]

Der Vertreter des „Auslandsbund russischer Sozialdemokraten", des Auslandskomitees des „Bund", der Auslandsorganisation der „Sarja" und „Iskra " und der Revolutionären Organisation „Sozialdemokrat"

Die Konferenz der Vertreter des „Auslandsbundes der Russischen Sozialdemokraten", der Auslandsorganisation der „Iskra" und „Sarja" und der Revolutionären Organisation „Sozialdemokrat" stellt fest, dass zwischen den vertretenen Organisationen keine solche Meinungsverschiedenheiten in prinzipiellen und taktischen Fragen bestehen, die ein Hindernis für die gemeinsame Arbeit innerhalb einer einheitlichen Organisation sein könnten; dass die russische Sozialdemokratie als ganzes, trotz partieller Meinungsverschiedenheiten, stets auf dem gemeinsamen Boden der Grundprinzipien, wie sie von der Gruppe „Befreiung der Arbeit" zum ersten Mal formuliert worden sind, gestanden hat und auch weiter steht; dass die Lebensinteressen der sozialdemokratischen Bewegung den engen Zusammenschluss aller sozialdemokratischen Kräfte in Russland und insbesondere der sozialdemokratischen Auslandsorganisationen dringend erfordern, – einen Zusammenschluss, für den besonders der „Auslandsbund der Russischen Sozialdemokraten" gearbeitet hat mit Hilfe seiner Verlags- und Organisationstätigkeit, was ihm als Verdienst gegenüber der russischen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung anzurechnen ist; – die Konferenz erklärt, dass die genannten Organisationen sich vereinigen zum „Auslandskomitee der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands" und ihrer Vereinbarung folgende Punkte zugrunde legen:

Prinzipielle Vereinbarung

1. Indem wir die Grundprinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus anerkennen und solidarisch mit der internationalen revolutionären Sozialdemokratie handeln, lehnen wir alle Versuche ab, den Opportunismus in den Klassenkampf des Proletariats hinein zu tragen, – Versuche, die zum Ausdruck gekommen sind im sogenannten Ökonomismus, Bernsteinianertum, Millerandismus usw.

2. Indem wir uns einverstanden erklären mit dem Manifest (1898) der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands und mit den Haupttraditionen der russischen Sozialdemokratie, erkennen wir als nächste politische Aufgabe der Arbeiterklasse in Russland den Sturz des Absolutismus an, als notwendige Vorbedingung für ihre vollständige soziale Befreiung.

3. Die Bedingungen der historischen Entwicklung Russlands stellen die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands, die auf dem Boden des proletarischen Klassenkampfes steht, vor die Aufgabe, an der Spitze aller unterdrückten Volksschichten den Kampf gegen den Absolutismus zu führen.

4. Zum Tätigkeitsgebiet der Sozialdemokratie gehört:

a) Führung aller Kämpfe des Proletariats gegen alle Formen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Unterdrückung, um die Unzufriedenheit und die Empörung der Arbeiterklasse in einen zielbewussten Kampf für die demokratische Republik und die sozialistische Gesellschaftsordnung umzuwandeln;

b) Unterstützung der gegen das bestehende Regime gerichteten fortschrittlichen Bewegung im Interesse der Entwicklung des politischen Bewusstseins und des Klassenbewusstseins des Proletariats und im Interesse des Kampfes für die Demokratie;

c) Verbreitung der Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, Begründung und Entwicklung der sozialistischen Theorie und ideologischer Kampf gegen alle Gegner des revolutionären Marxismus.

5. Wir erkennen an, dass die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands sich in ihrer praktischen Tätigkeit unbeirrt leiten lassen muss von folgenden taktischen Grundsätzen:

a) auf keinem Gebiet der organisatorischen oder der agitatorischen Tätigkeit darf die Sozialdemokratie auch nur für einen Augenblick die nächste politische Aufgabe des russischen Proletariats – den Sturz des Absolutismus – außer acht lassen;

b) die Entwicklung des politischen und des sozialistischen Bewusstseins der Arbeiterklasse muss angestrebt werden auf dem Wege der Agitation nicht nur auf dem Boden des täglichen Kampfes der Lohnarbeit gegen das Kapital, sondern auch auf dem Boden der allgemeinen Lage des Proletariats und der werktätigen Massen überhaupt in Staat und Gesellschaft;

c) wir lehnen den Standpunkt ab, dass die Sozialdemokratie in ihrer Agitation an die Behandlung der allgemeinen politischen Aufgaben erst herangehen könne, nachdem das Proletariat das Stadium des rein ökonomischen Kampfes und des Kampfes um politische Teilforderungen durchgemacht hat, und wir sind der Meinung, dass der allgemeine Inhalt der sozialdemokratischen Agitation stets bestimmt werden muss durch die allgemeine sozialpolitische Lage der Arbeiterklasse und die Hauptgrundsätze des sozialdemokratischen Programms;

d) wir erkennen an, dass die Sozialdemokratie in ihrem Verhältnis zu den elementaren Formen, in denen die Klassenbewegung des Proletariats in Erscheinung tritt, eine vorwärtstreibende Kraft sein muss, und darum sind wir der Meinung, dass die Kritik an den Richtungen, die das Elementare und die sich daraus ergebende Beschränktheit dieser niederen Formen der Bewegung zum Prinzip der sozialistischen Tätigkeit erheben, von Wichtigkeit für die Bewegung ist;

e) bei der Wahl der Kampfmittel gegen das gegenwärtige Regime muss sich die Sozialdemokratie leiten lassen von Erwägungen der politischen Zweckmäßigkeit und der Übereinstimmung der Kampfmethoden mit der Notwendigkeit, den Klassencharakter der Bewegung aufrechtzuerhalten.

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