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Wladimir I. Lenin 19090617 Die Resolutionen der Konferenz der erweiterten Redaktion des ,Proletarij'

Wladimir I. Lenin: Resolutionen der Beratung der erweiterten Redaktion

der Zeitung Proletarij

(8./21.-17./30. Juni 1909)

[Nach Ausgewählte Werke, Band 4, Die Jahre der Reaktion und des neuen Aufschwungs 1908-1914, Wien 1933, S. 17-23]

I. Über Otsowismus und Ultimatismus

Die vom revolutionären Flügel unserer Partei aufgestellte Losung des Boykotts der Bulyginschen und der ersten Reichsduma hat seinerzeit eine große revolutionäre Rolle gespielt und die aktivsten sowie revolutionärsten Schichten der Arbeiterklasse mitgerissen.

Dem unmittelbaren revolutionären Kampf der breiten Massen folgte sogleich eine drückend schwere Ära der Konterrevolution; für die Sozialdemokraten ergab sich die Notwendigkeit der Anwendung ihrer revolutionären Taktik auf diese neue politische Lage, und im Zusammenhang damit wurde unter anderem die Ausnützung der öffentlichen Dumatribüne zwecks Unterstützung der sozialdemokratischen Agitation und Organisation zu einer im höchsten Grade wichtigen Aufgabe.

Dabei aber vermochte ein Teil der Arbeiter, die am unmittelbaren revolutionären Kampfe teilgenommen hatten, bei diesem raschen Wechsel der Ereignisse nicht sofort zur Anwendung der revolutionären sozialdemokratischen Taktik unter den neuen Verhältnissen der Konterrevolution überzugehen und versteifte sich auf eine einfache Wiederholung der Losungen, die in der Epoche des offenen Bürgerkriegs revolutionär waren, jetzt aber, bei einer bloßen Wiederholung, nur geeignet waren, den Prozess des Zusammenschlusses des Proletariats unter den neuen Verhältnissen des Kampfes aufzuhalten.

Andererseits entstand auf dem Boden dieser schwierigen Wendung, in der Atmosphäre des abflauenden revolutionären Kampfes, der Apathie und Kopflosigkeit sogar bei einem Teil der Arbeiter, in der Periode der Zertrümmerung der Arbeiterorganisationen und ihrer mangelnden Widerstandskraft gegen die zersetzenden Einflüsse bei einem Teil der Arbeiterklasse ein Indifferentismus gegenüber dem politischen Kampfe überhaupt und eine besonders starke Gleichgültigkeit gegenüber der Arbeit der Sozialdemokratie in der Duma.

In diesen Schichten des Proletariats können unter solchen Verhältnissen der sogenannte Otsowismus und Ultimatismus vorübergehend Anklang finden.

Die Arbeit der dritten Duma, die eine offene Verhöhnung der Nöte der Arbeiter ist, verstärkt die Stimmung für die Abberufung unserer Dumaabgeordneten in diesen Arbeiterschichten, die infolge ihrer unzulänglichen sozialdemokratischen Erziehung noch nicht fähig sind, zu begreifen, dass gerade diese Tätigkeit der dritten Duma den Sozialdemokraten die Möglichkeit der revolutionären Ausnützung dieser Vertretung der Ausbeuterklassen zur Aufklärung der breiten Volksmassen über den wahren Charakter des Absolutismus und aller konterrevolutionären Kräfte, sowie über die Notwendigkeit des revolutionären Kampfes gewährt.

Die otsowistische Stimmung unter diesem Teil der Arbeiter wurde obendrein noch durch jene außerordentlich schwerwiegenden Fehler genährt, die von der sozialdemokratischen Dumafraktion besonders im ersten Jahre ihrer Tätigkeit begangen worden waren.

In Erwägung der Tatsache, dass diese otsowistische Stimmung die sozialistische und revolutionäre Erziehung der Arbeiterklasse beeinträchtigt, hält die bolschewistische Fraktion das Folgende für notwendig:

a) gegenüber diesen Arbeiterschichten – eine langwierige sozialdemokratische Erziehungs- und Organisationsarbeit, eine systematische und beharrliche Aufklärung über die ganze politische Fruchtlosigkeit des Otsowismus und Ultimatismus, über die wirkliche Bedeutung des sozialdemokratischen Parlamentarismus und über die Rolle der Dumatribüne für die Sozialdemokraten in der Periode der Konterrevolution;

b) gegenüber der sozialdemokratischen Dumafraktion und der Arbeit in der Duma überhaupt – die Herstellung einer engen Verbindung zwischen der Dumafraktion und den vorgeschrittenen Arbeitern, die allseitige Unterstützung und organisierte Kontrolle der Dumafraktion sowie die Ausübung eines Drucks auf sie durch die gesamte Partei, unter anderem auch durch offene Erläuterung ihrer Fehler; die tatsächliche Verwirklichung der Leitung der Tätigkeit der Fraktion, als einer Parteikörperschaft, durch die Partei und überhaupt die praktische Durchführung der in der letzten allgemeinen Parteikonferenz hierüber gefassten Beschlüsse durch die Bolschewiki, denn nur die Verschärfung der Aufmerksamkeit der Arbeiterkreise gegenüber der Tätigkeit der sozialdemokratischen Dumafraktion und die organisierte Beteiligung der Arbeiterkreise an der Tätigkeit der Sozialdemokratie in der Duma ist geeignet, die Taktik unserer Dumafraktion wirklich auszurichten;

c) gegenüber dem rechten Flügel der Partei, der die Dumafraktion auf einen parteifeindlichen Weg verleitet und sie dadurch dem Vortrupp der Arbeiter entfremdet, einen systematischen, unversöhnlichen Kampf und die Entlarvung dieser für die Partei verderblichen Taktik.

Im Laufe der bürgerlich-demokratischen Revolution ist eine Reihe von Elementen zu unserer Partei gestoßen, die nicht durch ihr rein proletarisches Programm, sondern vorwiegend durch ihren unzweideutigen, energischen Kampf für die Demokratie angelockt wurden und die revolutionär-demokratischen Losungen der proletarischen Partei unabhängig von ihrem Zusammenhang mit dem gesamten Kampf des sozialistischen Proletariats in seinem ganzen Umfang übernommen haben.

Solche nicht genügend vom proletarischen Standpunkt durchdrungene Elemente zeigten sich auch in den Reihen unserer bolschewistischen Fraktion. In den schweren Zeiten bekunden diese Elemente immer stärker ihre ungenügende sozialdemokratische Ausdauer, gelangen in einen immer schärferen Widerspruch zu den Grundlagen der revolutionären sozialdemokratischen Taktik und bilden so im letzten Jahr eine Richtung, die die Theorie des Otsowismus und des Ultimatismus in feste Formen zu kleiden sucht, in Wirklichkeit aber nur die falschen Vorstellungen über den sozialdemokratischen Parlamentarismus und die sozialdemokratische Arbeit in der Duma zum Prinzip erhebt und vielfach verstärkt.

Diese Versuche, aus den otsowistischen Stimmungen ein ganzes System der otsowistischen Politik zu machen, führen zu einer Theorie, die im Grunde genommen die Ideologie des politischen Indifferentismus einerseits und der anarchistischen Verirrungen anderseits zum Ausdruck bringt. Bei all ihrer revolutionären Phraseologie ist die Theorie des Otsowismus und Ultimatismus in Wirklichkeit zu einem erheblichen Teile die Kehrseite der Verfassungsillusionen, die mit den Hoffnungen darauf Zusammenhängen, dass die Reichsduma selbst diese oder jene brennenden Forderungen des Volkes befriedigen könne; im Wesentlichen setzt diese Theorie kleinbürgerliche Tendenzen an die Stelle der proletarischen Ideologie.

Nicht geringeren Schaden als der offene Otsowismus fügt der Sache der sozialdemokratischen Arbeit der sogenannte Ultimatismus zu (d. h. jene Richtung, die die Ausnützung der Tribüne der dritten Duma prinzipiell ablehnt bezw. ihre Ablehnung der Erfüllung dieser Verpflichtung durch praktische Erwägungen zu rechtfertigen sucht und in dem Bestreben nach Abberufung der sozialdemokratischen Dumafraktion die langwierige Arbeit zur Erziehung und Ausrichtung der Dumafraktion durch Stellung eines Ultimatums ersetzt). Politisch unterscheidet sich der Ultimatismus gegenwärtig in nichts vom Otsowismus und richtet durch den verschleierten Charakter seines Otsowismus nur noch größere Verwirrung und Zerfahrenheit an. Die Versuche des Ultimatismus, einen unmittelbaren Zusammenhang seiner Taktik mit der Boykotttaktik zu konstruieren, die unsere Fraktion in einem bestimmten Moment der Revolution angewandt hat, verdrehen lediglich den wirklichen Sinn und Charakter des von der ungeheuren Mehrheit unserer Partei absolut richtig angewandten Boykotts der Bulyginschen und der ersten Reichsduma. Der Versuch des Otsowismus und des Ultimatismus, aus einzelnen Fällen der Anwendung des Boykotts von Vertretungskörperschaften in dem einen oder anderen Moment der Revolution eine Linie des Boykotts als ein die Taktik des Bolschewismus auch in der Periode der Konterrevolution kennzeichnendes Merkmal abzuleiten, zeigt, dass diese Richtungen im Grunde genommen nur die Kehrseite des Menschewismus sind, der die Beteiligung an allen Vertretungskörperschaflern in Bausch und Bogen predigt, unabhängig von der jeweiligen Entwicklungsetappe der Revolution, unabhängig davon, ob ein revolutionärer Aufschwung vorhanden ist oder nicht.

Alle bisher vom Otsowismus und vom Ultimatismus unternommenen Versuche zur prinzipiellen Begründung ihrer Theorie führen unvermeidlich zur Verneinung der Grundlagen des revolutionären Marxismus. Die von ihnen vorgesehene Taktik führt zum vollständigen Bruch mit der den gegenwärtigen russischen Verhältnissen angepassten Taktik des linken Flügels der internationalen Sozialdemokratie, denn sie zeitigt anarchistische Abirrungen.

Die otsowistisch-ultimatistische Agitation hat der Arbeiterbewegung und der sozialdemokratischen Tätigkeit bereits unzweifelhaften Schaden zuzufügen begonnen. Bei ihrer weiteren Fortsetzung kann sie zu einer Gefahr für die Einheit der Partei werden, hat ja doch diese Agitation bereits derart widerwärtige Ausgeburten gezeitigt wie die Vereinigung der Otsowisten mit den Sozialrevolutionären (in St. Petersburg)1 zu dem Zwecke, der Dumavertretung unserer Partei die Unterstützung zu verweigern, und das wiederholte öffentliche Auftreten vor den Arbeitern gemeinsam mit ausgeprägten Syndikalisten.

Angesichts all dessen erklärt die erweiterte Redaktion des „Proletarij“, dass der Bolschewismus als eine bestimmte Richtung in der SDAPR mit dem Otsowismus und dem Ultimatismus nichts gemein hat und dass die bolschewistische Fraktion gegen diese Abirrungen vom Wege des revolutionären Marxismus den energischsten Kampf zu führen hat.

II. Die Aufgaben der Bolschewiki in der Partei

In der Epoche des entschiedenen Triumphes der Konterrevolution, die auf die Auflösung der II. Duma folgte, war der gesamten Tätigkeit der Partei durch die Macht der Umstände die gebieterische Aufgabe gestellt: trotz der Anstrengungen der Reaktion und dem tiefen Niedergang des proletarischen Klassenkampfes die in den Jahren des höchsten Aufschwungs des Kampfes geschaffene Parteiorganisation aufrecht zu erhalten – und zwar als eine Organisation, die bewusst auf dem Boden des orthodoxen Marxismus stellt und alle „nationalen“ sozialdemokratischen Organisationen zur Durchführung der einheitlichen revolutionären sozialdemokratischen Taktik vereinigt.

Im Verlaufe dieses zweijährigen Kampfes für die Partei und den Parteigeist hat sich mit voller Deutlichkeit einerseits das Abrücken der Partei von den Elementen, die durch die besonderen Verhältnisse der bürgerlich-demokratischen Revolution in sie eingeschleppt worden waren, anderseits der weitere feste Zusammenschluss der revolutionären Sozialdemokraten gezeigt. Auf der einen Seite haben sich jene vormaligen Mitläufer der Sozialdemokratie vollständig entpuppt, die, als sie die Partei verließen, ihre Tätigkeit restlos in die verschiedenen legalen Organisationen (Genossenschaften, Gewerkschaften, Bildungsvereine, Kommissionen bei der Dumafraktion) verlegten und dort nicht nur die Parteipolitik nicht durchführten, sondern umgekehrt die Partei bekämpften, wobei sie bestrebt waren, diese Organisationen von ihr loszureißen und sie ihr entgegenzustellen. Diese Elemente, die – als offene Liquidatoren der Partei – die Legalität zu einem Fetisch und den der Arbeiterbewegung durch die vorübergehende Niedergedrücktheit und Zersplitterung aufgezwungenen schmalen Rahmen ihrer Tätigkeit zum Prinzip erhoben, stellen sich mit einer für alle greifbaren Offensichtlichkeit auf den Boden des theoretischen und taktischen Revisionismus. Der engste Zusammenhang zwischen dem organisatorischen Liquidatorentum – Bekämpfung der Parteiinstitutionen – und dem prinzipiellen Kampf gegen die marxistische Theorie und die Grundlagen des Programms der SDAPR ist jetzt mit voller Klarheit dargetan und bewiesen durch die ganze Geschichte der Tätigkeit der intellektuellen Ratgeber unserer Dumafraktion, durch die dieser die opportunistische Linie aufgedrängt wurde, durch den ganzen Kampf zwischen den Liquidatoren und den parteitreuen Elementen in den legalen Arbeiterorganisationen sowie in den Arbeitergruppen der vier Kongresse: der Volkshochschulen, der Genossenschaften, der Frauen und der Fabrik- und Betriebsärzte.

Auf der anderen Seite hat der linke Flügel der Partei, dem die Führung der Partei in dieser Periode des entschiedenen Triumphes der Konterrevolution zugefallen war, die Taktik der zweckmäßigen Kombinierung der illegalen und der legalen Parteiarbeit theoretisch anerkannt und praktisch verfolgt. Hierher gehört die gesamte Arbeit der Partei an der Dumafraktion sowie die gesamte Arbeit der Partei in den legalen und halblegalen proletarischen Organisationen. Gerade diese Formen der Arbeit sind durch die eigenartigen Verhältnisse des jetzigen geschichtlichen Momentes als eine Ergänzung zu den grundlegenden Formen der Parteiarbeit, als Formen der Einwirkung der illegalen Partei auf mehr oder minder breite Massen hervorgebracht worden. Gerade in diesen Formen der Tätigkeit stößt die Partei praktisch und tatsächlich mit dem Liquidatorentum zusammen und versetzt ihm empfindliche Schläge. Auf demselben Boden näherten sich bezw. nähern sich einander praktisch die zur Partei stehenden Sozialdemokraten der verschiedenen Fraktionen.* Und ebenfalls hier, in den gleichen Fragen der Taktik und der Organisation der Partei unter den Verhältnissen der Periode der III. Duma, rückt die bolschewistische Fraktion offen von den Pseudorevolutionären, nicht standfesten, unmarxistischen Elementen ab, die sich unter der Flagge des sogenannten „Otsowismus“ gegen die neuen Formen der Parteitätigkeit gewandt haben.

Indem die erweiterte Redaktion des „Proletarij“ die grundlegenden Aufgaben der Bolschewiki festlegt, stellt sie fest:

1. dass im weiteren Kampfe um die Partei und den Parteigeist die Aufgaben der bolschewistischen Fraktion, die die Vorkämpferin für den Parteigeist und die revolutionäre sozialdemokratische Linie in der Partei bleiben muss, in der allseitigen tatkräftigen Unterstützung des Zentralkomitees und des Zentralorgans der Partei zu bestehen hat. Nur die die Gesamtpartei vertretenden Zentralinstanzen können in der gegenwärtigen Periode der Umgruppierung der Parteikräfte als maßgebende und starke Vertreter der Parteilinie in Frage kommen, um die sich alle wirklich zur Partei stehenden und wirklich sozialdemokratischen Elemente zusammenschließen würden;

2. dass im menschewistischen Lager der Partei angesichts der völligen Beherrschung des offiziellem Fraktionsorgans „Golos Sozialdemokrata“ durch die liquidatorischen Menschewiki, die Fraktionsminderheit, die den Weg des Liquidatorentums bis zum Letzten durchgekostet hat, bereits ihre Stimme zum Protest gegen diesen Weg erhebt und wiederum den Boden der Partei für ihre Tätigkeit zu gewinnen sucht. (Brief der „Wiborger“ Menschewiki in St. Petersburg, Spaltung der Menschewiki in Moskau, Spaltung in der Redaktion „Golos Sozialdemokrata“, entsprechende Scheidung im „Bund“ usw.);

3. dass unter solchen Umständen die Aufgabe der Bolschewiki, die die fest geschlossene Avantgarde der Partei bleiben, nicht nur in der Fortsetzung des Kampfes gegen das Liquidatorentum und alle Schattierungen des Revisionismus, sondern auch im der Annäherung an die marxistischen und parteitreuen Elemente der anderen Fraktionen besteht, wie das durch die Gemeinsamkeit der Ziele im Kampf für die Erhaltung und Festigung der SDAPR geboten ist.

Juli (Juni) 1909

1 Es handelt sich hier um den folgenden Vorfall: Als die sozialdemokratische Dumafraktion sich an die Petersburger Gewerkschaften mit der Bitte wandte, ihr Material zu geben für eine Interpellation über die Verfolgung der Gewerkschaften, fassten die Gegner der Fraktion – die Otsowisten – gemeinsam mit den Sozialrevolutionären einen Beschluss, jedwede Beziehung zur Dumafraktion abzulehnen. Das war nicht nur eine Verletzung der elementarsten Parteidisziplin, sondern auch offene Sabotage einer wichtigen Parteiarbeit.

* Im ZK die Resolutionen über die Gewerkschaften, die Genossenschaften und eine Reihe von Beschlüssen über die Arbeit in der Duma einstimmig angenommen. Die erdrückende Mehrheit der letzten Reichskonferenz für die Parteilinie. Die Erfahrungen in der Führung des Zentralorgans, die Arbeitergruppen der vorstehend angeführten Kongresse usw.

[Hier handelt es sich um die folgenden Tatsachen:

1) Die Resolution des ZK über die Gewerkschaften wurde im ZK von den Bolschewiki eingebracht und einstimmig angenommen. Die Resolution verwies darauf, dass die Arbeit der Sozialdemokraten in der Gewerkschaftsbewegung im Geiste der Resolution des Londoner Parteitages der SDAPR (1907) und des Stuttgarter Kongresses der Internationale (1907) und in der Richtung auf eine immer größere Annäherung der Gewerkschaften an die sozialdemokratische Partei geführt werden muss. Die Resolution hob in erster Linie die Aufgabe der Gründung geschlossener organisatorischer Zellen in den Betrieben hervor, die die erste Stufe der Gewerkschaftsorganisationen darstellen sollten. Innerhalb dieser untersten Zellen der Gewerkschaftsorganisationen sollten die Sozialdemokraten Gruppen bilden, die unter der Leitung der örtlichen Parteiorganisation zu arbeiten hätten. Dort wo die legale Gewerkschaftsorganisation von der Polizei aufgelöst worden war, sollten illegale Gewerkschaften gebildet werden. Im Schlussabsatz der Resolution hob das ZK hervor, dass die legale Existenz der Gewerkschaften die Kampfaufgaben der gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats nicht schmälern soll.

2) Die Resolution des ZK über die Genossenschaften wurde ebenfalls von den Bolschewiki beantragt und einstimmig angenommen. Sie verwies alle Parteiorganisationen darauf, die Genossenschaftsbewegung aufmerksam zu verfolgen, und verpflichtete die Parteimitglieder, in den Genossenschaften zu arbeiten und für ihre Entwicklung tätig zu sein. Unter Betonung der Notwendigkeit, die Konsumgenossenschaften zur Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei heranzuziehen, stellte die Resolution zugleich fest, dass die Genossenschaft die Kampforganisation des Proletariats nicht ersetzen kann. Die Resolution verlangte den entschiedensten Kampf gegen die Versuche, die organisatorische Tätigkeit des Proletariats auf die Genossenschaft zu beschränken. Ebenso wie in der Gewerkschaftsbewegung wurde den Sozialdemokraten empfohlen, innerhalb der Genossenschaften geschlossene Gruppen zu bilden, die mit den örtlichen Parteiorganisationen eng verbunden sein müssen.

3) Über die Dumafraktion beschloss das ZK eine ganze Reihe von Resolutionen im bolschewistischen Sinne, in denen die Wichtigkeit der Arbeit in der Duma unterstrichen und auf die Notwendigkeit verwiesen wurde, dass die ganze Partei der Fraktion helfe, die Verbindung mit ihr verstärke, sie mit Materialien versorge, die Arbeitermassen in den einzelnen Fragen des Arbeiterlebens um die Fraktion herum mobilisiere usw. Gleichzeitig vermerkte das ZK in diesen Resolutionen eine ganze Reihe konkreter Fehler und Abweichungen der Fraktion von der politischen Linie der Partei.

4) Davon, dass die erdrückende Mehrheit der Reichskonferenz im Januar 1909 (Dezember 1908) für die Linie der Partei war, zeugt die Annahme der bolschewistischen Resolutionen durch diese Konferenz, besonders der im vorliegenden Band weiter oben abgedruckten und von Lenin vorgelegten Resolution über die augenblickliche Lage und die Aufgaben der Partei.

5) Unter der Erfahrung in der Leitung des Zentralorgans ist hier die Leitung des „Sozialdemokrat gemeint, der bolschewistischer Richtung war, obwohl er zu dieser Zeit nicht das Organ der bolschewistischen Fraktion war und in der Redaktion neben Bolschewiki auch Menschewiki saßen (das Fraktionsorgan der Bolschewiki war der „Proletarij).

6) Die Arbeitergruppen der Kongresse, von denen in dieser Resolution gesprochen wird, standen zum größten Teil unter der Leitung der Bolschewiki.

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