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Vereinigung der Internationalisten

Die Möglichkeit dieser Verschmelzung ergab sich für die Partei aus der Haltung Lenins und der Petrograder Stadtkonferenz wie auch der Allrussischen Konferenz der Partei, die seinen Standpunkt angenommen hatten. Die Allrussische Konferenz hatte in ihrer Resolution „Über die Vereinigung der Internationalisten gegen den kleinbürgerlichen Block“ jedwede Möglichkeit irgendeiner Vereinigung mit jenen Parteien und Gruppen abgelehnt, welche die Politik der „revolutionären Vaterlandsverteidigung“ und der „Unterstützung der Provisorischen Regierung, die die Interessen des Kapitals vertritt“, befolgten. Diese konsequent bolschewistische Linie gegenüber den Anhängern der Vaterlandsverteidigung, unter welcher Flagge sie auch auftreten mögen, musste in den Beschlüssen der Konferenz um so mehr unterstrichen werden, als an manchen Orten, wie aus den Berichten der örtlichen Organisationen auf der Konferenz hervorging, die Abgrenzung gegen die Menschewiki bei weitem noch nicht durchgeführt war und eine Reihe noch mit den Menschewiki vereinigter Organisationen der SDAPR bestanden. Gegenüber jenen Gruppen und Strömungen jedoch, die nicht nur in Worten, sondern wirklich auf dem internationalistischen Standpunkt standen, hielt die Konferenz, wie aus dem Anfang des vorliegenden Artikels Lenins hervorgeht, eine „Annäherung und Vereinigung“ auf der Grundlage des Bruches mit der „revolutionären Vaterlandsverteidigung“ und mit der „Politik des kleinbürgerlichen Verrats am Sozialismus“ für möglich. Zu diesen „Gruppen und Strömungen“, mit denen auf dieser Grundlage eine Vereinigung möglich war, gehörte die Gruppe der sog. „Meschrayonzy“ (so genannt nach dem offiziellen Titel der Organisation: „Zwischenbezirksorganisation der Vereinigten Sozialdemokraten“) in Petrograd. Diese Organisation der „Vereinigten Sozialdemokraten-Internationalisten“, wie sie sich nannte, bezeichnete sich als „nicht fraktionell“. Zu ihr gehörte ein Teil ehemaliger Trotzkisten mit Trotzki selbst, ein Teil ehemaliger Anhänger der Gruppe „Wperjod“ (eine Gruppe, die sich in den Jahren der Reaktion bildete und in den philosophischen Fragen einen idealistischen Standpunkt, in den politischen Fragen einen „linken“ Standpunkt einnahm, weshalb die Bolschewiki 1909 den Bruch mit dieser Gruppe vollzogen) und ein Teil der „parteitreuen Menschewiki“ (d. h. ein Teil der Anhänger Plechanows aus der Periode der Reaktion und des neuen Aufschwungs, die das Liquidatorentum der Menschewiki nicht mitmachten und der illegalen Partei treu blieben), der sich von Plechanow trennte, als dieser Sozialchauvinist wurde. In den Fragen des Kriegs und der Revolution nahmen die Meschrayonzy im Großen und Ganzen eine internationalistische Haltung ein, legten aber noch immer Schwankungen zum Zentrismus hin an den Tag; dieser Umstand trennte sie auch hauptsächlich von den Bolschewiki und verhinderte ihren endgültigen Bruch mit dem Menschewismus. Doch war die direkte Einwirkung der bolschewistischen Partei imstande, diesen Schwankungen der Meschrayonzy ein Ende zu machen. Die Organisation besaß einigen Einfluss unter den Arbeitern in Petrograd und vereinigte in ihren Reihen zu Beginn der Revolution von 1917 ein paar hundert Arbeiter. Es gab unter ihnen auch so bedeutende Kräfte wie M. Urizki und W. Wolodarski, die beide 1918 als Opfer des weißen Terrors (der Sozialrevolutionäre) fielen. Die Frage der Vereinigung mit den Bolschewiki wurde auf einer am 10./23. Mai 1917 abgehaltenen Konferenz dieser Organisation behandelt, an der vom ZK der bolschewistischen Partei Lenin, Sinowjew und Kamenew teilnahmen. Die von Lenin auf dieser Konferenz vorgelegte Resolution über die Vereinigung stieß auf den Widerstand Trotzkis, der kurz vorher aus dem Auslande nach Russland zurückgekehrt und dieser Organisation beigetreten war. Es sind Aufzeichnungen Lenins über die wesentlichsten Punkte der Reden Trotzkis auf dieser Konferenz erhalten geblieben. Aus diesen Aufzeichnungen ist zu ersehen, dass Trotzki für die Vereinigung die Bedingung stellte, dass ein „Parteitag auf breiter Grundlage“ einberufen werde, und zwar gemeinsam von den Bolschewiki, den „Meschrayonzy“ und den menschewistischen Internationalisten (die Gruppe Martow). Dabei war Trotzki damit einverstanden, dass der Vereinigung die Resolutionen der Parteikonferenz der Bolschewiki vom April/Mai 1917 zugrunde gelegt werden, wobei er erklärte, dass die Bolschewiki bei der Vereinigung „von uns (d. h. von Trotzki und den Meschrayonzy) nicht Anerkennung des Bolschewismus verlangen dürfen“, denn mit den bolschewistischen Resolutionen sei er nur „insoweit“ einverstanden, „insoweit sich der Bolschewismus internationalisiert hat“. [...] Die Konferenz stellte sich hinter Trotzki (siehe in dem vorliegenden Artikel Lenins die von der Konferenz angenommene Resolution Trotzkis). Erst der weitere Gang der Ereignisse von 1917 führte die „Meschrayonzy“ zur vorbehaltlosen Verschmelzung mit der bolschewistischen Partei; diese Verschmelzung vollzog sich auf dem VI. Parteitag. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 6, Anm. 36]

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