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Konferenz der Mehrheit 19051200 Resolutionen

Resolutionen der Konferenz der Mehrheit in Tammerfors

[Hektographiertes Flugblatt mit den Konferenz-Resolutionen, herausgegeben im Jahre 1905. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 8, Wien-Berlin 1931, S. 601-603]

I. Über die Verschmelzung der Zentralstellen (Resolution Leontjew)

1. Zum Zwecke der praktischen Vereinigung und auch als vorläufige Maßnahme bis zum Vereinigungsparteitag schlägt die Konferenz die sofortige und gleichzeitige Verschmelzung der zentralen Körperschaften und der literarischen Zentralorgane auf paritätischer Grundlage vor, wobei die Mitglieder der Redaktion auch Mitglieder der zentralen Körperschaften werden können.

Die Redaktion hat sich von den Direktiven der gemeinsamen Zentrale leiten zu lassen. Auf Verlangen eines Drittels der Redakteure ist die Redaktion stets verpflichtet, deren besondere Meinung mit einer entsprechenden redaktionellen Bemerkung abzudrucken.

2. Die Konferenz spricht sich für die sofortige Verschmelzung der örtlichen Parallelorganisationen aus (Resolution Losowski).

3. Zur Einberufung des Vereinigungsparteitages. Die verschmolzenen ZK und OK oder – wenn die Verschmelzung nicht zustande kommen sollte – der vereinigte Rat des ZK und der OK müssen sofort die Einberufung des Vereinigungsparteitages der SDAPR bekanntgeben und zwar so, dass der Parteitag möglichst bald stattfinden kann. Die Beschickung des Vereinigungsparteitages hat durch Wahl zu erfolgen, und zwar proportionell. An den Wahlen der Delegierten nehmen alle Mitglieder der Parteiorganisation auf Grund der direkten und geheimen Stimmenabgabe teil. Je dreihundert Parteimitglieder entsenden einen Delegierten. Die selbständigen örtlichen Organisationen, deren Mitgliederzahl geringer als 300, aber höher als 100 ist, entsenden ebenfalls je einen Delegierten. Die selbständigen örtlichen Organisationen, deren Mitgliederzahl weniger als 100, aber mehr als 50 beträgt, entsenden je einen Delegierten mit beratender Stimme. Bei der Wahl der Delegierten werden taktische Plattformen aufgestellt. Eine Zusammenlegung der in verschiedenen Ortschaften oder Rayons für einen Kandidaten abgegebenen Stimmen ist nur dort zulässig, wo diese Organisationen durch ein lokales Zentrum vereinigt sind.

Anmerkung 1. Parteimitglieder, die erst nach der Bekanntgabe der Einberufung des Parteitages in die Partei eingetreten sind, nehmen an den Wahlen nicht teil.

Anmerkung 2. Jeder Delegierte auf dem Parteitag kann nicht mehr als ein Mandat haben. Das genaue Wahlstatut des Vereinigungsparteitages mit dem Hinweis auf seine unbedingte Verbindlichkeit für alle Parteimitglieder sowie auch die Tagesordnung des Parteitages sollen spätestens drei Wochen nach Mitteilung über die Einberufung des Parteitages von den verschmolzenen Zentralstellen veröffentlicht werden. Bei jeder mehr als 100 Mitglieder zählenden örtlichen Organisation sollen Wahlkommissionen gebildet werden, die über alle Fragen der Parteizugehörigkeit und der Wahlordnung zu beschließen haben. Die Wahlkommissionen werden von den örtlichen Organisationen mit Stimmenmehrheit gewählt, wobei der Kommission unbedingt Vertreter der Minderheit angehören müssen. An den Orten, wo die Parallelorganisationen bis zum Parteitag nicht miteinander verschmolzen werden, werden in die Wahlkommissionen in gleicher Zahl Vertreter beider Fraktionen gewählt. Alle strittigen Fragen, die die Wahlen zum Vereinigungsparteitag betreffen und die von der Wahlkommission nicht gelöst worden sind, werden von der vereinigten Zentralstelle endgültig entschieden. (Resolution Philippow und Lenin.)

II. Reorganisation der Partei

1. Die Konferenz, die das Prinzip des demokratischen Zentralismus als unbestritten anerkennt, hält die breiteste Durchführung eines Wahlprinzips für notwendig, das den gewählten Zentralstellen, die absetzbar, zu breitester Öffentlichkeit verpflichtet sind und über ihre Tätigkeit genaue Rechenschaft abzulegen haben, in der ideologischen und praktischen Führung die ganze Fülle der Macht einräumt. 2. Zum Zwecke der Vereinigung und Belebung der örtlichen Arbeit empfiehlt die Konferenz die Veranstaltung von Gebietskonferenzen und die Herstellung von Bündnissen mit gemeinsamen Organen. 3. Die Konferenz schlägt allen Organisationen der Partei vor, sofort und in der energischsten Weise die Reorganisierung der örtlichen Organisationen auf Grund des Wahlprinzips durchzuführen, wobei man, ohne schon jetzt sofort auf der vollständigen Gleichartigkeit aller Wahlsysteme zu bestehen, Abweichungen vom vollständigen Demokratismus (zweistufige Wahlen usw.) nur im Falle unüberwindlicher praktischer Hindernisse zulassen darf.

III. Über die Reichsduma

Die absolutistische Regierung hat in der Zeit nach dem 17./30. Oktober alle vom Proletariat eroberten wichtigsten bürgerlichen Freiheiten mit Füßen getreten. Die Regierung hat das ganze Land in ein Blutmeer verwandelt. Sie hat die für die Freiheit kämpfenden Arbeiter, Bauern, Soldaten und Matrosen mit Kanonen und Maschinengewehren zusammenschießen lassen. Die Regierung verhöhnt die allgemeine Volksforderung nach Einberufung einer konstituierenden Versammlung, sie versucht mit dem Gesetz vom 11./24. Dezember das Proletariat und die Bauernschaft aufs Neue zu täuschen und den eigenen endgültigen Untergang hinauszuschieben. Das Gesetz vom 11./24. Dezember schließt das Proletariat und die Massen der Bauernschaft von der Teilnahme an der Reichsduma faktisch aus und ist im Voraus bestrebt, mit Hilfe von allerlei Winkelzügen und polizeilichen Einschränkungen den reaktionären Elementen und den ausbeutenden Klassen das Übergewicht in der Duma zu sichern.

Die Konferenz spricht ihre Zuversicht aus, dass die Antwort des gesamten klassenbewussten Proletariats Russlands auf dieses neue zaristische Gesetz der Kampf gegen diese wie auch gegen jede andere Verfälschung der Volksvertretung sein wird. Die Konferenz ist der Meinung, dass die Sozialdemokratie bestrebt sein muss, diese Polizeiduma zu beseitigen, indem sie jede Beteiligung an ihr ablehnt. Die Konferenz rät allen Parteiorganisationen, die Wählerversammlungen in der breitesten Weise auszunützen, nicht um, sich den polizeilichen Einschränkungen unterwerfend, irgendwelche Wahlen zur Reichsduma vorzunehmen, sondern um die revolutionäre Organisation des Proletariats zu erweitern und in allen Schichten des Volkes die Agitation für den bewaffneten Aufstand zu führen. Der Aufstand soll sofort vorbereitet, soll überall organisiert werden, denn nur sein Sieg wird die Möglichkeit geben, eine wirkliche Volksvertretung, d. h. eine freigewählte konstituierende Versammlung auf Grund des allgemeinen, direkten, gleichen und geheimen Stimmrechts einzuberufen. (Resolution Lenin, Simin, Woronow, Iwanowitsch, Jemeljanow: Kommission von 5 Mitgliedern).

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