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Wladimir I. Lenin 19070700 Graf Heyden zum Gedächtnis

Wladimir I. Lenin: Graf Heyden zum Gedächtnis

(Was lehren unsere parteilosen „Demokraten" das Volk?)1

[Geschrieben Anfang Juli 1907 Veröffentlicht 1907 im ersten Sammelbuch „Golos Schisni" („Stimme des Lebens"), St. Petersburg. Gez.: N. L. Nach Sämtliche Werke, Band 12, Wien-Berlin 1933, S. 3-11]

Die gesamte fortschrittliche Presse bekundete anlässlich des schweren Verlustes, den Russland durch das Hinscheiden des Grafen P. A. Heyden erlitten hat, tiefes Beileid. Die herrliche Persönlichkeit von Peter Alexandrowitsch wirkte anziehend auf alle anständigen Menschen ohne Unterschied der Partei und Richtung. Ein seltenes und glückliches Los!!!"

Es folgt ein umfangreiches Zitat aus den rechts-kadettischen Russkije Wjedomosti", wo Fürst Pawel Dmitrijewitsch Dolgorukow über das Leben und die Tätigkeit des „wundervollen Menschen" in Rührung zerfließt, einer aus jenem Stamm der Dolgorukows, dessen Vertreter offen bekannt haben, welches die Wurzeln ihres Demokratismus sind! Es sei besser, sich mit den Bauern friedlich zu vergleichen, als abzuwarten, bis sie sich selbst das Land nehmen...

Wir teilen die Gefühle tiefen Leids, die der Tod des Grafen Heyden in allen hervorgerufen hat, die den Menschen zu schätzen gewohnt sind, in welcher Parteiumhüllung er auch erscheinen mag. Und der verblichene Heyden war eben vor allem Mensch."

So schreibt die Zeitung „Towarischtsch" in Nr. 296 vom Dienstag, den 19. Juni 1907.

Die Publizisten vom „Towarischtsch" sind nicht nur die eifrigsten Demokraten in unserer legalen Presse. Sie halten sich für Sozialisten, kritische Sozialisten natürlich. Sie sind beinahe Sozialdemokraten; und die Menschewiki, Plechanow, Martow, Smirnow, Perejaslawski, Dan usw. usw., finden herzlichste Gastfreundschaft in einer Zeitung, deren Spalten die Herrschaften Prokopowitsch, Kuskowa, Portugalow und andere „ehemalige Marxisten" mit ihrer Unterschrift zieren. Es unterliegt, mit einem Wort, nicht dem geringsten Zweifel, dass die Publizisten vom „Towarischtsch" die „radikalsten" Vertreter unserer „aufgeklärten", jedem engen Illegalismus fremden, „demokratischen" usw. Gesellschaft sind.

Und wenn einem solche Zeilen zu Gesicht kommen, wie die oben angeführten, dann kann man sich nur schwer enthalten, diesen Herrschaften zuzurufen: Welch Glück, dass wir Bolschewiki notorischerweise nicht zu dem Kreise der anständigen Menschen vom „Towarischtsch" gehörten.

Ihr Herren „anständigen Menschen" der russischen aufgeklärten Demokratie! Ihr macht das russische Volk stumpf und verseucht es mit Miasmen der Liebedienerei und Knechtsgesinnung hundertmal mehr als die berüchtigten Schwarzhunderter Purischkewitsch, Kruschewan, Dubrowin, gegen die ihr einen so eifrigen, so liberalen, so wohlfeilen, für euch so vorteilhaften und gefahrlosen Krieg führt. Ihr zuckt die Achseln und wendet euch an alle „anständigen Menschen" eurer Gesellschaft mit einem verächtlichen Hohnlächeln über so „alberne Paradoxe"? Ja, ja, wir wissen sehr wohl, dass nichts in der Welt imstande ist, eure schale liberale Selbstzufriedenheit zu erschüttern. Eben deshalb sind wir auch froh darüber, dass es uns gelungen ist, uns durch unsere ganze Tätigkeit wie durch eine feste Mauer von dem Kreis der anständigen Menschen der russischen gebildeten Gesellschaft abzugrenzen.

Gibt es Beispiele dafür, dass die Schwarzhunderter einigermaßen breite Schichten der Bevölkerung korrumpiert oder verwirrt hätten? Nein.

Weder ihre Presse noch ihr Verband noch ihre Versammlungen noch die Wahlen zur I. oder II. Duma konnten Beispiele dafür liefern. Die Schwarzhunderter erbittern durch Gewalttaten und Bestialitäten, an denen sich Polizei und Truppen beteiligen. Die Schwarzhunderter erregen Hass und Verachtung durch ihre Schurkenstreiche, durch ihre Gaunereien und Bestechungen. Die Schwarzhunderter organisieren mit Regierungsgeldern Häufchen und Banden von Trunkenbolden, die nur mit Erlaubnis der Polizei und von ihr aufgehetzt zu handeln vermögen. In all dem findet sich keine Spur eines einigermaßen gefährlichen ideologischen Einflusses auf einigermaßen breite Schichten der Bevölkerung.

Dagegen ist es ebenso zweifellos, dass unsere legale, liberale und „demokratische" Presse einen solchen Einfluss ausübt. Die Wahlen zur I. und zur II. Duma, die Versammlungen, die Verbände, das Lehrwesen, alles dies beweist es. Und die Betrachtungen des „Towarischtsch" zum Tod des Grafen Heyden zeigen sinnfällig, was das für ein ideologischer Einfluss ist.

... ein schwerer Verlust... die herrliche Persönlichkeit... glückliches Los ... war vor allem Mensch."

Der Gutsbesitzer Graf Heyden liberalisierte gnädigst bis zur Oktoberrevolution. Sofort nach dem ersten Sieg des Volkes, nach dem 17. Oktober 1905, ging er ohne das geringste Schwanken in das Lager der Konterrevolution über, zur Partei der Oktobristen, zur Partei des gegen die Bauern und gegen die Demokratie erbosten Gutsbesitzers und Großkapitalisten. In der I. Duma verteidigte dieser edle Herr die Regierung, und nach der Auseinanderjagung der I. Duma verhandelte er – wenn auch schließlich ohne Erfolg – über seinen Eintritt in die Regierung. Das sind die wichtigsten Etappen im Lebenslauf dieses typischen konterrevolutionären Gutsbesitzers.

Und nun treten anständig gekleidete, aufgeklärte und gebildete Herren auf, mit Phrasen über Liberalismus, Demokratismus, Sozialismus auf den Lippen, mit Reden über ihre Sympathie für die Sache der Freiheit, für die Sache des Kampfes, den die Bauern gegen die Gutsbesitzer um den Grund und Boden führen, – Herren, die faktisch über ein Monopol der legalen Opposition in der Presse, in Vereinen, in Versammlungen und bei Wahlen verfügen und die dem Volke mit frommem Augenaufschlag verkünden: „Ein seltenes und glückliches Los! . . Der verstorbene Graf war vor allem Mensch."

Ja, Heyden war nicht nur Mensch, sondern auch Staatsbürger, der es verstanden hat, sich zum Verständnis der Gesamtinteressen seiner Klasse aufzuschwingen und diese Interessen sehr klug zu verteidigen. Ihr aber, ihr Herren aufgeklärte Demokraten, seid einfach weinerliche Dummköpfe und verbergt hinter eurer liberalen Narretei eure Unfähigkeit, etwas anderes zu sein als kultivierte Lakaien dieser selben Gutsbesitzerklasse.

Der Einfluss der Gutsbesitzer auf das Volk ist nicht gefährlich. Eine einigermaßen breite Arbeiter- oder selbst Bauernmasse auf einigermaßen lange Zeit zu betrügen, wird ihnen nie gelingen. Der Einfluss der Intelligenz dagegen, die an der Ausbeutung nicht unmittelbar beteiligt ist, die gelernt hat, mit allgemeinen Redensarten und Begriffen zu operieren, die von allerlei „guten" Geistesvermächtnissen viel Aufhebens macht und zuweilen in ehrlichem Stumpfsinn ihre eigene Stellung zwischen den Klassen zum Prinzip über den Klassen stehender Parteien und einer über den Klassen stehenden Politik erhebt, – der Einfluss dieser bürgerlichen Intelligenz auf das Volk ist gefährlich. Hier und nur hier haben wir es mit der Verseuchung breiter Massen zu tun, die imstande ist, wirklichen Schaden anzurichten, die die Anspannung aller Kräfte des Sozialismus zum Kampfe gegen dieses Gift erfordert.

Heyden war ein gebildeter, kultivierter, humaner, duldsamer Mensch – schreien verzückt die liberalen und demokratischen Schlappschwänze und glauben, über jeden „Parteistandpunkt" erhaben zu sein und auf einem „allgemein-menschlichen" Standpunkt zu stehen.

Ihr irrt, Verehrteste. Es ist das kein allgemein-menschlicher, sondern ein allgemein-knechtischer Standpunkt. Der Sklave, der sich seiner Sklavenstellung bewusst ist und gegen sie kämpft, ist ein Revolutionär. Der Sklave, der sich seiner Sklaverei nicht bewusst ist und in einem schweigenden, unbewussten und stummen Sklavenleben dahinvegetiert, ist einfach ein Sklave. Der Sklave, dem der Speichel zusammenläuft, wenn er selbstzufrieden die Reize des Sklavenlebens beschreibt und über den gütigen und lieben Herrn in Entzücken gerät, ist ein Knecht aus Knechtsinn. Und eben solche Knechte seid ihr, ihr Herren vom „Towarischtsch". Mit widerlicher Gutmütigkeit zerfließt ihr in Rührung darüber, dass ein konterrevolutionärer Gutsbesitzer, der eine konterrevolutionäre Regierung unterstützte, ein gebildeter und humaner Mensch war. Ihr begreift nicht, dass ihr, statt den Sklaven zum Revolutionär zu machen, die Sklaven zu Knechten macht. Eure Worte über Freiheit und Demokratie sind trügerischer Firnis, angelernte Phrasen, Modegeschwätz oder Heuchelei. Sie sind ein bunt bemaltes Aushängeschild. Ihr selbst aber seid übertünchte Gräber. Eure niedrige Seele ist voll von Knechtsinn, und eure ganze Bildung, Kultur und Aufgeklärtheit ist nur eine Spielart qualifizierter Prostitution. Denn ihr verkauft eure Seelen und verkauft sie nicht nur aus Not, sondern auch aus „Liebe zur Kunst".

Heyden war überzeugter Konstitutionalist – sagt ihr voll Rührung. Ihr lügt, oder ihr seid von den Heyden schon gänzlich verdummt. Vor dem Volk öffentlich einen Menschen, der eine Partei gegründet hat, die die Regierung Wittes, Dubassows, Goremykins und Stolypins unterstützte, einen überzeugten Anhänger der Konstitution nennen, das ist dasselbe, als wollte man einen Kardinal einen überzeugten Kämpfer gegen den Papst nennen. Statt dem Volke einen richtigen Begriff von der Konstitution beizubringen, macht ihr Demokraten in euren Schreibereien die Konstitution zu einem guten Bissen. Denn es unterliegt keinem Zweifel, dass die Konstitution für einen konterrevolutionären Gutsbesitzer eben ein guter Bissen ist, eine Art maximal vervollkommnete Methode, den Bauer und die ganze Volksmasse auszuplündern und zu knechten. Wenn Heyden überzeugter Konstitutionalist gewesen ist, dann heißt das, dass auch Dubassow und Stolypin überzeugte Konstitutionalisten sind, weil ihre Politik praktisch auch von Heyden unterstützt worden ist. Dubassow und Stolypin hätten nicht das sein können, was sie waren, hätten ihre Politik nicht verfolgen können ohne Unterstützung der Oktobristen, darunter auch Heydens. Was bildet, oh hoch weise Demokraten aus den Reihen der „anständigen Menschen", die Grundlage für die Beurteilung der politischen Physiognomie eines Menschen („Konstitutionalist")? Seine Reden, sein reuiges An-die-Brust-schlagen und das Vergießen von Krokodilstränen? Oder seine wirkliche Tätigkeit in der öffentlichen Arena?

Was ist charakteristisch, was ist typisch für die politische Tätigkeit Heydens? Dass er sich nach der Auseinanderjagung der I. Duma mit Stolypin über seinen Eintritt in die Regierung nicht verständigen konnte, oder dass er nach einem solchen Akt hinging, um mit Stolypin zu verhandeln? Dass er früher irgendeinmal liberale Phrasen gebraucht hat, oder dass er unmittelbar nach dem 17. Oktober Oktobrist (Konterrevolutionär) geworden ist? Wenn ihr Heyden einen überzeugten Konstitutionalisten nennt, dann lehrt ihr das Volk, dass das erste das Charakteristische und Typische war. Das aber heißt, dass ihr gedankenlos Bruchstücke demokratischer Losungen wiederholt, ohne das A B C der Demokratie zu verstehen.

Denn Demokratie – merkt euch das, ihr Herren anständigen Menschen aus der anständigen Gesellschaft – bedeutet Kampf gegen die Herrschaft der konterrevolutionären Gutsbesitzer über das Land, eine Herrschaft, die Herr Heyden unterstützt und durch seine ganze politische Laufbahn verkörpert hat.

Heyden war ein gebildeter Mensch – sagen unsere Salondemokraten gerührt. Ja, das haben wir schon anerkannt, und wir erkennen gern an, dass er gebildeter und klüger war (was nicht immer mit Bildung verbunden ist) als die Demokraten selbst, denn er verstand die Interessen seiner Klasse und seiner konterrevolutionären gesellschaftlichen Bewegung besser, als ihr Herren vom „Towarischtsch" die Interessen der Befreiungsbewegung versteht. Der gebildete konterrevolutionäre Gutsbesitzer hat es verstanden, die Interessen seiner Klasse klug und listig zu verteidigen, er hat geschickt mit einem Schleier edelmütiger Worte und äußerlichen Gentlemantums die selbstsüchtigen Bestrebungen und den räuberischen Appetit der Fronherren verdeckt, er forderte (von Stolypin) mit Nachdruck, dass diese Interessen durch die zivilisiertesten Formen der Klassenherrschaft geschützt werden. Ihre ganze „Bildung" haben Heyden und seinesgleichen auf den Altar der gutsherrlichen Interessen gelegt. Für einen wirklichen Demokraten, und nicht für einen „anständigen" Lakaien aus den russischen radikalen Salons, hätte das ein herrliches publizistisches Thema abgeben können, um die Prostituierung der Bildung in der gegenwärtigen Gesellschaft aufzuzeigen.

Wenn der „Demokrat" von Bildung schwätzt, dann will er in seinem Leser die Vorstellung von reichen Kenntnissen, von einem weiten Horizont, von der Veredelung von Herz und Verstand erwecken. Für die Herren vom Schlage Heydens ist jedoch die Bildung ein dünner Lack, eine Dressur, besteht sie in „gewandten" Gentlemanformen zur Betreibung der brutalsten und schmutzigsten politischen Geschäfte. Denn das ganze Oktobristentum, das ganze „friedliche Erneurertum"2 Heydens, alle seine Verhandlungen mit Stolypin nach der Auseinanderjagung der I. Duma galten eben dem Wesen nach dem brutalsten und schmutzigsten Geschäft, sie sollten helfen, möglichst verlässlich, möglichst blau und geschickt, von innen möglichst fest, von außen möglichst unmerklich, die Rechte des wohlgeborenen russischen Adels auf den Schweiß und das Blut der Millionen des „Bauerngesindels" zu verteidigen, die diese Heyden stets und ununterbrochen ausplünderten, vor 1861, im Jahre 1861, nach 1861 und nach 1905.

Schon Nekrassow und Saltykow lehrten die russische Gesellschaft, unter der geleckten und pomadisierten äußeren Bildung des fronherrlichen Gutsbesitzers seine räuberischen Interessen zu erkennen, sie lehrten sie, die Heuchelei und Geistlosigkeit solcher Typen zu hassen, während der heutige russische Intellektuelle, der sich Hüter des demokratischen Erbes wähnt und zur Kadettenpartei* oder zu den Handlangern der Kadetten gehört, dem Volke Knechtssinn beizubringen sucht und von seiner eigenen Objektivität als parteiloser Demokrat entzückt ist. Ein Schauspiel, das wohl widerwärtiger ist als das Schauspiel der Heldentaten Dubassows und Stolypins ...

Heyden war „Mensch", – überschlägt sich vor Entzücken der Salondemokrat – Heyden war human.

Diese Rührung über die Humanität Heydens lässt uns nicht nur an Nekrassow und Saltykow denken, sondern auch an Turgenjews „Aufzeichnungen eines Jägers". Wir haben einen zivilisierten, gebildeten Gutsbesitzer vor uns, kultiviert, mit geschmeidigen Umgangsformen, mit europäischem Firnis. Der Gutsbesitzer bewirtet den Gast mit Wein und führt erhabene Gespräche. „Weshalb ist der Wein nicht angewärmt?", fragt er den Lakaien. Der Lakai schweigt und erbleicht. Der Gutsbesitzer läutet und sagt, ohne die Stimme zu erheben, dem eintretenden Diener: „Bezüglich Fedors – Dispositionen treffen".3

Da habt ihr das Musterbild der Haydenschen „Humanität" oder der Humanität à la Heyden. Turgenjews Gutsbesitzer ist gleichfalls ein „humaner" Mensch ... im Vergleich zur Saltytschicha4 zum Beispiel, er ist so human, dass er nicht selbst in den Pferdestall geht, um nachzusehen, ob die Dispositionen zur Auspeitschung Fedors auch gut getroffen sind. Er ist so human, dass er sich nicht darum kümmert, ob man die Ruten, mit denen man Fedor auspeitscht, in Salzwasser gelegt hat. Er, dieser Gutsbesitzer, wird sich nicht erlauben, den Lakaien zu schlagen oder auszuschelten, er „disponiert" bloß von fern, als gebildeter Mensch, in geschmeidigen und humanen Formen, ohne Lärm, ohne Skandal, ohne „öffentliches Aufsehen" ...

Genau so ist die Humanität Heydens. Er selbst war nicht zusammen mit den Luschenowski und Filonow an den Auspeitschungen und Folterungen der Bauern beteiligt. Er hat auch keine Strafexpeditionen zusammen mit Rennenkampf und Meller-Sakomelski mitgemacht. Er ließ nicht zusammen mit Dubassow in Moskau schießen. Er war so human, dass er sich von solchen Ruhmestaten zurückhielt und es ähnlichen Helden des allrussischen „Pferdestalls" überließ, die „Dispositionen zu treffen", während er in der Stille seines friedlichen und kultivierten Arbeitszimmers eine politische Partei leitete, die die Regierung der Dubassow unterstützte und deren Führer auf das Wohl Dubassows, des Siegers über Moskau, tranken ... Ist das etwa nicht wirklich human: die Dubassows zu schicken, um „bezüglich Fedors Dispositionen zu treffen", statt selbst im Pferdestall anwesend zu sein? Für die alten Weiber, die den politischen Teil in unserer liberalen und demokratischen Presse leiten, ist das ein Muster von Humanität... – Ein goldner Mensch war er, keiner Fliege konnte er etwas zuleide tun! „Ein seltenes und glückliches Los" ist es – die Dubassow zu unterstützen, die Früchte der Dubassowschen Exekutionen zu genießen, ohne für die Dubassow verantwortlich zu sein.

Der Salondemokrat hält es für den Gipfel der Demokratie, darüber zu seufzen, dass uns nicht die Heyden regieren (denn diesem Salonnarren kommt der Gedanke der „natürlichen" Arbeitsteilung zwischen den Heyden und den Dubassow nicht in den Sinn). Man höre:

„ … Und wie schade, dass er (Heyden) gerade jetzt gestorben ist, wo er am nützlichsten hätte sein können. Jetzt hätte er gegen die äußersten Rechten gekämpft, hatte er die besten Seiten seiner Seele entwickelt und die konstitutionellen Prinzipien mit der ihm eigenen Energie und Findigkeit verteidigt“ („Towarischtsch" Nr. 299, Freitag, den 22. Juni, „Graf Heyden zum Gedächtnis", Korrespondenz aus dem Gouvernement Pskow).

Schade, dass der gebildete und humane Heyden, der „friedliche Erneuerer", nicht durch seine konstitutionelle Phrasendrescherei die Nacktheit der III. Oktoberduma, die Nacktheit der die Duma vernichtenden Selbstherrschaft verdeckt! Die Aufgabe des „demokratischen" Publizisten besteht nicht darin, die verlogenen Hüllen zu zerreißen, dem Volke seine Feinde und Unterdrücker in ihrer ganzen Nacktheit zu zeigen, sondern zu klagen, dass es an bewährten Heuchlern fehlt, die die Reihen der Oktobristen zieren könnten ... „Was ist der Philister? Ein hohler Darm, voll Furcht und Hoffnung, dass Gott erbarm!"5

Was ist der russische liberal-demokratische Philister aus dem Kadettenlager und dessen Umgebung? Ein hohler Darm, voll Furcht und Hoffnung, dass sich der konterrevolutionäre Gutsbesitzer erbarm!

1 Der Aufsatz Lenins „Graf Heyden zum Gedächtnis" erschien in dem Sammelband „Golos Schisni" (St. Petersburg 1907, Sammelband I). In dem gleichen Sammelband wurde auch der Aufsatz Lenins „Notizen eines Publizisten" veröffentlicht (gezeichnet N. L.). Der Sammelband erschien im September; daher machte die Redaktion folgende Anmerkung zum Aufsatz „Graf Heyden zum Gedächtnis": „Der bereits im Juni, unmittelbar nach dem Erscheinen der Lobgesänge des ,Towarischtsch' verfasste Aufsatz konnte infolge von ,Umständen, denen gegenüber der Verfasser machtlos war', nicht veröffentlicht werden. Die Redaktion veröffentlicht ihn im vorliegenden Sammelband in der Meinung, dass, obwohl der Anlass zu ihm für die Gegenwart keine Bedeutung mehr hat, der Wert des Inhalts ungeschmälert bestehen bleibt".

2 Heyden trat 1906 aus der Partei der Oktobristen aus und gründete die „Partei der friedlichen Erneuerung". Die Red.

* Die Kadetten haben in der Beurteilung Heydens hundertmal mehr Knechtssinn an den Tag gelegt als die Herren vom „Towarischtsch" Wir haben uns diese als ein Musterbild des „Demokratismus" der „anständigen Menschen" der russischen „Gesellschaft" vorgenommen.

3Turgenews Gutsbesitzer: der Gutsbesitzer Penotschkin in der Erzählung „Der Dorfschulze." in den „Aufzeichnungen eines Jägers".

4 Saltytschicha – Spitzname der durch ihre Grausamkeit berühmt gewordenen Gutsbesitzerin W. D. Saltykowa (1730-1801) – Die Red.

5 Bei Lenin deutsch. Die Red. Diese Definition des Philisters, die von Lenin in deutscher Sprache angeführt und ins Russische übersetzt ist, stammt von Goethe („Zahme Xenien", 6. Reihe, 30).

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