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David Rjasanow 19240707 Über bisher unbekannte Schriften von Marx und Engels

David Rjasanow: Über bisher unbekannte Schriften von

Marx und Engels

Dreißigste Sitzung des V. Kominternkongresses, Montag, den 7. Juli 1924. Eröffnung: 5 Uhr nachmittags.

[Protokoll des V. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, Hamburg 1925, S. 940 – 946. Vielen Dank für die Digitalisierung an Daniel Kehl]

Geschke: Wir kommen nun zu dem Referat des Genossen Rjasanow über aufgefundene Werke Marx' und Engels'.

Das Wort hat Genosse Rjasanow.

Rjasanow: Meine lieben Genossen! Ich mache die Sache ganz kurz. Nach mir hält Genossin Zetkin ein prachtvolles Referat, und ich will sie nicht daran hindern. Ich schlage folgende Resolution vor:

Der 5. Kongress der Kommunistischen Internationale begrüßt den Beschluss des 13. Parteitages der KPR über die Notwendigkeit der ehesten Herausgabe der gesammelten Werke und Briefe von Marx und Engels mit einem historisch-kritischen Kommentar. Nur eine solche Ausgabe wird ein würdiges Denkmal des wissenschaftlichen Kommunismus sein und die notwendigen Voraussetzungen für ein allseitiges Studium der Geschichte der Theorie und Praxis des revolutionären Marxismus schaffen.

Der Kongress hält es für notwendig, dass neben dieser internationalen Ausgabe der Gesammelten Werke auch die Herausgabe ausgewählter Werke von Marx und Engels unter Leitung der KI für das Proletariat der einzelnen Länder in Angriff genommen werde. In jeder solchen Ausgabe müssen außer den wichtigsten Schriften Marx' und Engels' von internationaler Bedeutung alle ihre Werke enthalten sein, in denen sie Fragen behandelten, die für das Proletariat des betreffenden Landes von besonderem Interesse sind.

Der Kongress fordert alle der KI angehörenden Parteien wie auch die einzelnen Mitglieder auf, dem Marx-Engels-Institut des Zentralen Vollzugsausschusses der Sowjetunion bei der Sammlung von Material, das auf das Leben und die Tätigkeit von Marx und Engels Bezug hat, allseitige Unterstützung angedeihen zu lassen. Nur bei aktiver Mitarbeit aller kommunistischen Bruderparteien wird es möglich sein, eine so gewaltige Aufgabe wie die Herausgabe der Gesammelten Werke und Briefe Marx' und Engels' und die Vorbereitung aller notwendigen Materialien für ihre wissenschaftliche Biographie im Zusammenhange mit der Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhundert zu bewältigen.“

Jetzt einige Worte zur Begründung dieser Resolution: Die Debatte über das Programm sowie die interessante Debatte über die Akkumulationstheorie von Rosa Luxemburg in der deutschen Kommission haben gezeigt, wie notwendig ein gründliches Studium des Marxismus für die junge Generation der Kommunisten ist. Wir laufen schon jetzt Gefahr, dass wir Leute bekommen, die von A bis Z den Luxemburgismus kennen, den Leninismus, aber nicht das Abc des Marxismus. Das haben die Debatten bewiesen. Wie viel man noch in der Schule des revolutionären Marxismus lernen kann, sollen Ihnen nur ein paar kleine Auszüge aus den Werken von Marx und Engels beweisen.

Eine der schwierigsten Fragen ist die der Verbindung, der Koalition zwischen Bauerntum und Proletariat, die Frage, wie man die Diktatur des Proletariats dem Bauerntum verständlich und erträglich macht. Diese Frage ist in ihrer ganzen Tragweite schon von Marx gestellt, und wir finden bei ihm folgende prachtvolle Stelle:

Gelingt es uns, diese Bauernmasse aufzurütteln, zu einer Koalition mit dem Proletariat zu bewegen, dann erhält die proletarische Revolution den Chor, ohne den ihr Sologesang in allen Bauernnationen zum Sterbelied wird.“

Wir haben jetzt, auch mit Hilfe der jungen deutschen Marxisten, viel darüber gesprochen, inwieweit der Marxismus vor 1848 und 1849 viel revolutionärer ist als der Marxismus nach der Revolution von 1848. In dieser Beziehung – die deutschen Genossen wissen das sehr gut – finden wir oft Leute, die sich sehr radikal gebärden, die aber eigentlich derselben Auffassung wie alle Reformisten sind und glauben, Marx nach 1849 ist schon etwas verdächtig; je weiter über das „Kapital“ hinaus, desto verdächtiger wird er uns. Ich habe solche Sachen gelesen in extrakommunistischen Zeitschriften. Eben deshalb ist es notwendig, zu zeigen, dass die ganze Lehre der Diktatur des Proletariats, dass die ganze Lehre des revolutionären Kommunismus von Marx und Engels noch schärfer, noch gründlicher herausgearbeitet wurde auf der Grundlage der Erfahrungen der revolutionären Jahre. Ich habe schon oft Leute getroffen, die sich fragen, ob das Wort Diktatur des Proletariats nicht etwas ganz Zufälliges bei Marx ist.

Hier nur ein kleines Zitat darüber:

Die Permanenzerklärung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher Produktionsverhältnisse, worauf sie beruhen, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlichen Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.“

Diese klassische Charakteristik der Diktatur des Proletariats ist gegeben nach dem Jahre 1849, im Jahre 1850.

Leider kann die heutige Generation – von den Alten spreche ich nicht, zum Glück für die Bewegung sterben sie schnell oder weniger schnell ab – den Marxismus nicht studieren, weil sie nicht die Grundlagen für dieses Studium hat. Man kann sagen, dass diese Grundlage auch der älteren Generation fehlte. Ich will einige Beispiele anführen. Mein alter Parteifreund Mehring hat die Werke von Marx und Engels vor 1849 herausgegeben. Aber diese Ausgabe war auch sehr mangelhaft, da sie unter den Vorurteilen der alten deutschen Sozialdemokratie gelitten hatte. Genosse Mehring war nicht imstande, das zu machen, was für einen wissenschaftlichen Herausgeber Pflicht war. Er konnte nicht die Gewähr seinen Lesern geben, dass das, was er vorbringt, wirklich eine vollständige Entwicklung der intellektuellen Idee von Marx darstellt. Er hat nur das gesagt, was den Genossen zu geben beliebt war. Er war in dieser Beziehung absolut begrenzt. Es genügt, zu sagen, dass er nicht imstande war, „die deutsche Ideologie“ zu bringen, in der Marx und Engels die ideologischen Schattierungen des Bürgertums von den reaktionärsten bis zur revolutionärsten gebracht haben. Diese Ideologie war den deutschen Lesern vorenthalten. Außer einigen juristischen Sätzen wurde sie als Eigentum Bernsteins betrachtet. Ohne diese zusammengefasste Kritik aller Vertreter des bürgerlichen Radikalismus, Anarchismus war es absolut unmöglich, sie vollständig herauszugeben, im Gegensatz zwischen kleinbürgerlichem Standpunkt und proletarischem Kampf. In letzter Zeit ist es gelungen, allerdings mit großen Schwierigkeiten, diese Dokumente von Bernstein und einigen deutschen Genossen herauszubekommen. Jetzt ist es mir dank der Mitwirkung des russischen Zentralkomitees und einiger Genossen aus Deutschland, und – ich kann das hier sagen – dank der Mitwirkung von Luise Kautsky, mit vieler Mühe gelungen, diese Manuskripte zu bekommen. Wir haben jetzt zum ersten Male eine Photographie aller ungedruckten Manuskripte von Engels und Marx. Außer dem Manuskript über die deutsche Ideologie haben wir eine Reihe Manuskripte, die Engels Anfang der achtziger Jahre geschrieben hat als Ergänzung seines Anti-Dühring. Diese Manuskripte waren im buchstäblichen Sinne verborgen. Denn ich habe mich überzeugt, dass außer Bernstein niemand etwas davon wusste, sogar Kautsky, Bernsteins Freund, hatte keine Ahnung davon, wo sich diese Nachlässe befinden. Nur wenn diese Manuskripte von Marx und Engels veröffentlicht werden, werden wir die Möglichkeit haben, die Entwicklung ihrer Ideen festzustellen.

Wenn wir uns auch die gedruckten Sachen ansehen, finden wir, dass diese Sachen, besonders nach 1883, immer durch die Zensur des Parteivorstandes gegangen sind. Ihnen allen ist bekannt, dass Engels in der Einleitung zu Marx' „Klassenkämpfe in Frankreich“ seine Ansicht ausgesprochen hat über die Möglichkeiten des Barrikadenkampfes seit der Revolution von 1848/49. Bernstein und alle andern haben immer bewiesen, dass Engels in seinen letzten Jahren ein Opportunist geworden ist. Es ist mir gelungen, das Original zu finden, und was dort herausgestrichen ist, werden Sie sofort sehen:

Heißt das, dass in Zukunft der Straßenkampf keine Rolle mehr spielen wird? Durchaus nicht. Es heißt nur, dass die Bedingungen seit 1848 weit ungünstiger für die Zivilkämpfer, weit günstiger für das Militär geworden sind. Ein künftiger Straßenkampf kann also nur siegen, wenn diese Ungunst der Lage durch andere Momente aufgewogen wird. Er wird daher seltener im Anfang einer großen Revolution vorkommen als im weiteren Verlauf einer solchen und wird mit größeren Kräften unternommen werden müssen. Diese aber werden dann wohl wie in der ganzen großen französischen Revolution am 4. September und 31. Oktober 1870 in Paris den offenen Angriff der passiven Barrikadentaktik vorziehen.“

Es ist nichts weniger als ein Verzicht auf die gewaltsame Revolution, auf den Barrikadenkampf, wie man uns die Sache dargestellt hat.

Sie wissen auch, dass einen der interessantesten Teile des Nachlasses von Marx und Engels ihr Briefwechsel bildet. In diesem Briefwechsel hatten sie die Möglichkeit, über alle politischen Fragen zu sprechen. Sie alle, die Sie die vier Bände in Händen gehabt haben, wissen auch, wie interessant dieser Briefwechsel vom politischen, theoretischen und taktischen Standpunkt ist. Man durfte wohl hoffen, dass dieser Briefwechsel dem Proletariat unverfälscht gegeben worden ist. Man wusste, dass einige Kürzungen vorgenommen worden sind. Wir wussten auch alle, dass Mehring in seinem Vorwort zur Biographie schreibt, dass er absolut einverstanden war mit allen Kürzungen, die Bernstein vorgenommen hat. Und hier, Genossen, da haben Sie nun den ersten Band, wo alle gestrichenen Stellen hineingeschrieben sind. Das heißt man eine wissenschaftlich unverfälschte, nicht kastrierte Ausgabe der Idee unseres großen Lehrers. Sie sehen, man braucht nicht viel, um die Notwendigkeit einer Gesamtausgabe von Marx' und Engels' Werken für das internationale Proletariat zu begründen. Ohne eine solche Ausgabe ist eine wissenschaftliche Erforschung ihres Entwicklungsganges absolut unmöglich. Nur wenn der Proletarier alles zur Verfügung hat, was Marx und Engels über diese und eine andere Frage sagen, kann man sicher sein, dass wir alles haben, was notwendig ist.

Nun noch eines. Eine der wichtigsten Aufgaben, die Engels nach dem Tode von Marx vollbracht hat, ist die Herausgabe des zweiten und dritten Bandes des „Kapital“. Nur derjenige, der mit den Manuskripten von Marx und Engels zu tun hatte, kann die kolossale Arbeit bewerten, die der alte Engels da neben allen übrigen Arbeiten für die Internationale geleistet hat. Aber wir haben schon seit langem gedacht, dass es noch nicht alles ist. Und ich habe trotzdem mit großer Freude während der Debatte über die Akkumulationstheorie gesehen, dass die deutschen Proletarier noch nicht verlernt haben, die Diskussion zwischen zwei Barrikaden zu führen. Bei diesem großen Interesse, das sie an den Tag legen, ist es notwendig, dass sie den ökonomischen Entwicklungsgang von Marx und Engels vor sich haben.

Neben der Umarbeitung von Engels müssen wir alles so haben, wie es von Marx geschrieben ist. Und wenn ich Ihnen sage, dass die, vielen von Ihnen bekannten Theorien über den Mehrwert herausgenommen sind aus einem Manuskript, das einen zweimal größeren Umfang hat, werden Sie begreifen, wie viel interessante Beiträge zu der Frage, wer recht hat, Luxemburg, oder, sagen wir, Bucharin, es noch gibt. Ich meinerseits sage: Meine lieben Freunde, ich habe dieser Diskussion zugehört. So, wie die Frage diskutiert wird, ist es eine rein scholastische Frage. Marx und Engels haben nie ihre kommunistischen Forderungen begründet auf irgendeiner Theorie, sogar der Theorie des Mehrwerts. Sie haben ihre kommunistische Forderung begründet auf dem täglich vor ihren Augen vor sich gehenden, sich beschleunigenden Zusammenbruch der kapitalistischen Wirtschaft und auf der wissenschaftlichen Überzeugung, dass diese kapitalistische Gesellschaft alle wirtschaftlichen und intellektuellen Momente für die Umwälzung derselben kapitalistischen Gesellschaft erzeugt. Aber um theoretisch alle Gesetze der kapitalistischen Entwicklung zu begreifen, ist es sehr wichtig für uns, alle Untersuchungen zu haben von Marx, in denen er, zum ersten mal die wissenschaftliche Tradition der Klassiker der politischen Ökonomie ergreifend, den Versuch gemacht hat, den gesamten Produktionsprozess ihrer Gesellschaft zu erklären, den sie nie begriffen habe. Und von diesem Standpunkt aus ist es sehr wichtig, wenn es uns gelingt, in dieser Gesamtausgabe Marx' und Engels' jetzt als dritten Teil alle Manuskripte von Marx ohne Kürzungen, ohne Umarbeiten, so, wie sie von Marx selbst gegeben sind, zu veröffentlichen. Also Veröffentlichung der schon einmal publizierten Werke. Alle haben dem Namen nach gehört von „Herrn Vogt“, niemand der Anwesenden, sogar Radek nicht, hat je das Buch gelesen. (Radek: Nein, ich habe das Buch sogar gekauft...) Gekauft ja, aber gelesen nicht. Aber wer das Buch nicht gelesen hat, wer das Buch nicht begriffen hat, wird nie verstehen, was für eine Rolle Marx gespielt hat im Jahre 1860/61 als Vorbereiter der gesamten Lassalleschen Bewegung. Nur weil er so gründlich abgerechnet hat mit allen Abarten der bürgerlichen Ökonomie, ihre geistige Öde gezeigt hat, ist es Lassalle möglich gewesen, so schnell mit diesen bürgerlichen Radikalen fertig zu werden. Und es war nur eine Schwäche meines Parteifreundes Mehring, der nie begreifen konnte, was für eine große Bedeutung dieses, das glänzendste Pamphlet, das je gegen die bürgerliche Demokratie geschrieben worden ist, in der Geschichte der Arbeiterbewegung hat.

Unsere Aufgabe ist vor allem, eine Gesamtausgabe in ein paar tausend Exemplaren für alle großen Bibliotheken in erstklassiger technischer Ausstattung, eine Standardausgabe für das gesamte internationale Proletariat, für die gesamte internationale Wissenschaft zu veranstalten.

Aber neben dieser Aufgabe steht eine andere, nicht minder wichtige. Es ist schwer zu hoffen, dass eine Ausgabe von 50 Bänden – und weniger werden es nicht werden – zugänglich ist für alle. Man muss für jedes Land, für Deutschland, für Frankreich, eine Auswahl der Werke von Marx und Engels treffen. In diese Auswahl gehen hinein alle wichtigsten Sachen von Marx und Engels, in denen wir klar sehen und in denen von der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie bis zum Kommunistischen Manifest alle Etappen ihrer Entwicklung vorgezeichnet sind. Es ist der erste Teil, der eiserne Teil, der allgemeine Teil für alle diese Ausgaben, die für alle Länder veranstaltet werden. Und dann kommt der zweite Teil: Für die Deutschen – und in dieser Hinsicht sind die Deutschen bevorzugt –, alles das, was Marx und Engels speziell über Deutschland, über deutsche Fragen geschrieben haben. Also eine Ausgabe, angepasst an die nationalen Bedürfnisse des deutschen Proletariats. So für unsere französischen Freunde, die immer etwas sorglos waren in Bezug auf Marx und Engels. Auch dort dieser allgemeine erste Teil mit allen wichtigsten Sachen von Marx und Engels, und dann alles, was diese über die französische Geschichte, über französische Verhältnisse geschrieben haben und über alles, was sie aus der französischen Geschichte gelernt haben, und was die Franzosen noch bis jetzt nicht gelernt haben aus ihrer eigenen Geschichte. Wir können so eine Ausgabe veranstalten für die Engländer, die das große Privileg haben, Marx einige Jahrzehnte in ihrer Mitte gehabt zu haben. Und aus dem „Kapital“, dem größten ökonomischen Werk, das in England, über England und aus englischem Material gebaut ist, werden wir für diese Engländer auch eine Ausgabe veranstalten mit Hilfe der Komintern, wo wieder der erste eiserne Teil hineinkommt. Und dann werden wir die Engländer und Amerikaner bekannt machen mit allen Artikeln, in denen Marx und Engels die wichtigsten Ereignisse aus der amerikanischen und englischen Geschichte von den vierziger bis zu den sechziger Jahren geschrieben, analysiert haben. Das ist alles für die Engländer absolut ein unbekanntes Land. Für die Deutschen ist es jetzt etwas mehr bekannt nach der Herausgabe der neuen zwei Nachlassbände von Marx. Dieselbe Sache für Italien, dieselbe Sache für die Tschechoslowakei, dieselbe Sache für die Slawen und auch für den Fernen Osten. Die Chinesen, die Inder werden mit großer Freude erfahren, dass Marx und Engels bereits in den fünfziger Jahren dieser ostasiatischen Frage viele Arbeiten gewidmet haben. Ihnen ist doch allen bekannt, dass Marx schon im Jahre 1850 die Hoffnung ausgesprochen hat: Wenn einmal die europäische Bourgeoisie auf der Flucht nach Asien an die chinesische Mauer kommen sollte, dann wird sie dort die Inschrift finden: République Chinoise. Liberté! Egalité! Fraternité! Wir hoffen, dass sie jetzt die Inschrift der Sowjetrepublik finden wird.

Sie begreifen jetzt also den Grundgedanken, der dieser zweiten Serie zugrunde gelegt wird.

In den letzten Jahren ist es mir in meinen freiwilligen oder erzwungenen Mußestunden für die Parteitätigkeit gelungen, vieles zu sammeln. Und ich werde Ihnen sehr dankbar sein, wenn jedes Parteimitglied – nicht nur die Partei – uns in unserer Tätigkeit unterstützen wird. Sie haben verschiedene auf die Geschichte von Marx und Engels bezügliche Materialien, die Sie noch behalten. Wenn jeder sie aber für sich behält, haben sie keine Bedeutung, wenn aber alles zusammenfließt in einem solchen Behälter, wie das Institut Marx-Engels es ist, kann es von großem Nutzen sein für diese großen Aufgaben.

Ich richte an alle Parteien und Parteigenossen die Bitte, alles, was Sie haben – ja, auch was Ihnen uninteressant erscheint, kann für uns interessant sein –, alles durch die Komintern an das Institut Marx-Engels zu schicken.

Und dann, meine lieben deutschen Genossen, mit denen ich noch etwas mehr verwachsen bin, liebe Genossen, die proletarische Wissenschaft unterscheidet sich von der bürgerlichen in einer Beziehung: Der bürgerliche Wissenschaftler glaubt, es gibt nichts Höheres als sein Archiv, als seine wissenschaftliche Forschungstätigkeit, er versteht nicht, dass eine große radikale Umwälzung in den gesellschaftlichen Verhältnissen vor sich geht, dass die Entwicklung des Klassenkampfes neue Gesichtspunkte gibt, eine neue Reihe von Ideen zu entwickeln, er versteht nicht, dass der beste Weg, den Gang der ganzen bisherigen kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen, ist, sie vollständig zu Grabe zu tragen. Beim proletarischen Wissenschaftler ist es anders. Gibt es Ruhe, eine kleine Atempause, dann geht er in das Zimmer und studiert. Und kommen die Waffen wieder zu Rechte, dann weiß er, wenn es gelingt, die Bourgeoisie zu stürzen, die Diktatur des Proletariats zu errichten, bekommt die Wissenschaft die größte Möglichkeit, sich zu entwickeln, dann wird die junge Generation viel mehr machen als solche Marxisten, die, ob kaltgestellt oder nicht, am Ende ihres Lateins sind. Ich wünsche Ihnen gut Glück in ihrer revolutionären Arbeit, aber vergessen Sie nicht: Ohne revolutionäre Theorie gibt es keine revolutionäre Praxis. Mit ein paar taktischen Formeln werden Sie nichts machen. Studieren Sie Marx und helfen Sie uns, diese Gesamtausgabe der Werke von Marx und Engels zu vollenden und alle Materialien für die Geschichte der Arbeiterbewegung, des Sozialismus und Kommunismus zu schaffen. (Langanhaltender stürmischer Beifall.)

Geschke bringt die von Rjasanow vorgelegte Resolution zur Abstimmung. Sie wird einstimmig angenommen.

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