l) Das Ende der Debatten über das Statut – Die Kooptation in die zentralen Körperschaften – Die Delegierten der „Rabotscheje Djelo"-Gruppe verlassen den Parteitag

l) Das Ende der Debatten über das Statut – Die Kooptation in die zentralen Körperschaften – Die Delegierten der „Rabotscheje Djelo"-Gruppe verlassen den Parteitag

Aus den weiteren Debatten über das Statut (die 26. Sitzung des Parteitages) ist nur die Frage der Beschränkung der Macht des Zentralkomitees hervorzuheben, die den Charakter der jetzigen Angriffe der Martowleute auf den Hyperzentralismus beleuchten. Die Genossen Jegorow und Popow strebten nach einer Beschränkung des Zentralismus mit etwas mehr Überzeugung, unabhängig von ihrer eigenen oder der von ihnen verteidigten Kandidatur. Sie hatten schon in der Statutenkommission beantragt, das Recht des Zentralkomitees zur Auflösung der Ortskomitees mit Zustimmung des Parteirates und außerdem in besonders aufgezählten Fällen (S. 272, Anm. 1) zu beschränken. Drei Mitglieder der Statutenkommission (Glebow, Martow und ich) wandten sich dagegen, und auf dem Parteitag verteidigte Martow unsere Ansicht (S. 273), indem er Jegorow und Popow erwiderte, das Zentralkomitee würde „ohnehin, bevor es sich zu einem so ernsten Schritt wie der Auflösung einer Organisation entschließt, erst über die Frage beratschlagen". Wie man sieht, war Genosse Martow damals noch taub gegen alle anti-zentralistischen Einflüsterungen, und der Parteitag lehnte den Antrag Jegorows und Popows ab, – wir erfahren nur leider nicht aus den Protokollen, mit welcher Stimmenzahl.

Auf dem Parteitag war auch Genosse Martow gegen die Ersetzung des Wortes „organisiert" (das Zentralkomitee organisiert die Komitees usw. im § 6 des Parteistatuts) durch das Wort „bestätigt". Man muss das Recht geben, auch zu organisieren, sagte damals Genosse Martow, der noch nicht auf den bemerkenswerten, erst auf dem Kongress der Liga entdeckten Gedanken gekommen war, dass die Bestätigung nicht zu dem Begriff „organisieren" gehöre.

Außer diesen beiden Punkten sind die übrigen, ganz unwichtigen Debatten über Einzelheiten der Paragraphen 5-11 des Statuts (S. 273–276 der Protokolle) wohl kaum von Interesse. § 12 enthält die Frage der Kooptation in alle Parteikollegien im Allgemeinen und in die zentralen Körperschaften im Besonderen. Die Kommission schlägt vor, die qualifizierte Mehrheit, die für die Kooptation notwendig ist, von zwei Dritteln auf vier Fünftel zu erhöhen. Der Berichterstatter (Glebow) beantragt die einstimmige Kooptation für das Zentralkomitee. Genosse Jegorow, der Unebenheiten für nicht wünschenswert hält, ist für die einfache Mehrheit, wenn kein begründetes Veto1 vorliegt. Genosse Popow ist weder mit der Kommission noch mit Genossen Jegorow einverstanden und fordert entweder die einfache Mehrheit (ohne das Veto-Recht) oder Einstimmigkeit. Genosse Martow ist weder mit der Kommission noch mit den Genossen Glebow, Jegorow oder Popow einverstanden, er ist gegen die Einstimmigkeit, gegen die Vierfünftel-Mehrheit (für die Zweidrittel-Mehrheit), gegen die „gegenseitige Kooptatiоn", d. h. Das Recht der Redaktion des Zentralorgans, gegen eine Kooptation in das Zentralkomitee Einspruch zu erheben, und umgekehrt (Das „Recht der gegenseitigen Kontrolle über die Kooptation").

Wie der Leser sieht, ist eine sehr bunte Gruppierung entstanden, und die Meinungsverschiedenheiten zerfallen in fast „einstimmige" Besonderheiten in den Ansichten jedes Delegierten!

Genosse Martow sagt:

Die psychologische Unmöglichkeit, mit unangenehmen Leuten zu arbeiten, erkenne ich an. Aber für uns ist auch wichtig, dass unsere Organisation lebens- und arbeitsfähig sei Das Recht der gegenseitigen Kontrolle des Zentralkomitees und der Redaktion des Zentralorgans bei der Kooptation ist nicht notwendig. Ich bin nicht darum dagegen, weil ich der Meinung wäre, dass die einen auf dem Gebiet der andern nicht sachverständig seien. Nein! Die Redaktion des Zentralorgans könnte zum Beispiel dem Zentralkomitee einen guten Rat geben, ob man zum Beispiel Herrn Nadjeschdin zum Mitglied des Zentralkomitees machen soll oder nicht. Ich wende mich dagegen, weil ich keine gegenseitig aufreizende Verschleppung schaffen will."

Ich widerspreche ihm:

Hier handelt es sich um zwei Fragen. Die erste betrifft die qualifizierte Mehrheit, und ich bin gegen den Vorschlag, sie von vier Fünftel auf zwei Drittel herabzusetzen. Einen begründeten Protest einzuführen, ist nicht zweckmäßig, und ich bin dagegen. Unvergleichlich wichtiger ist die zweite Frage, die Frage der gegenseitigen Kontrolle des Zentralkomitees und des Zentralorgans über die Kooptation. Die gegenseitige Übereinstimmung der beiden zentralen Körperschaften ist die notwendige Bedingung für die Harmonie. Hier geht die Frage um den Bruch zwischen den beiden zentralen Körperschaften. Wer die Spaltung nicht will, muss dafür sorgen, dass Harmonie bestehe. Aus dem Leben der Partei ist bekannt, dass es Leute gegeben hat, die die Spaltung in ihre Reihen trugen. Es ist dies eine prinzipielle, eine wichtige Frage, von ihr kann das ganze zukünftige Schicksal der Partei abhängen" (S. 277).

Das ist der vollständige Text, der auf dem Parteitag niedergeschriebenen Zusammenfassung meiner Rede, der Genosse Martow eine besonders ernste Bedeutung beilegt. Obgleich er ihr eine ernste Bedeutung beilegt, hat er sich jedoch leider nicht die Mühe gegeben, sie in einen Zusammenhang zu bringen mit allen Debatten und mit der ganzen politischen Lage auf dem Parteitag in dem Augenblick, als diese Rede gehalten wurde.

Vor allem entsteht die Frage: Warum habe ich mich in meinem ursprünglichen Entwurf (siehe S. 394, § 11*) auf eine Zweidrittel-Mehrheit beschränkt und keine gegenseitige Kontrolle über die Kooptation in die zentralen Körperschaften gefordert? Genosse Trotzki, der nach mir sprach (S. 277), hat auch sofort diese Frage aufgeworfen.

Eine Antwort auf diese Frage geben meine Rede auf dem Kongress der Liga und der Brief des Genossen Pawlowitsch über den 2. Parteitag. „Paragraph 1 des Statuts hat das Gefäß zerschlagen", und es musste mit „doppeltem Knoten" zusammengebunden werden, sagte ich auf dem Kongress der Liga. Das bedeutete erstens, dass Martow sich in einer rein theoretischen Frage als Opportunist erwies und dass Liber und Akimow seinen Fehler verteidigten. Das bedeutete zweitens, dass die Koalition der Martowleute (d. h. der verschwindenden Minderheit der Iskristen) mit den Anti-Iskristen ihnen auf dem Parteitag bei den Wahlen in die zentralen Körperschaften die Mehrheit gab. Ich aber habe hier gerade von der personellen Zusammensetzung der zentralen Körperschaften gesprochen, die Notwendigkeit der Harmonie betont und vor Leuten gewarnt, die in die Reihen der Partei „die Spaltung tragen". Diese Warnung erhielt tatsächlich eine wichtige prinzipielle Bedeutung, denn die „Iskra"-Organisation (die zweifellos, da sie alle praktischen Angelegenheiten und alle Kandidaten am besten kannte, in der Frage der personellen Zusammensetzung der Zentralstellen am sachkundigsten war), hatte ihre beratende Stimme zu dieser Frage bereits abgegeben und den uns bereits bekannten Beschluss über die Kandidaturen, die in ihr Befürchtungen hervorriefen, gefasst. Sowohl moralisch als auch im Interesse der Sache (d. h. infolge der Kompetenz desjenigen, der einen Beschluss fasst) musste die „Iskra"-Organisation in dieser heiklen Frage eine entscheidende Bedeutung haben. Aber formell hatte Genosse Martow selbstverständlich das volle Recht, gegen die Mehrheit der „Iskra"-Organisation an die Liber und Akimow zu appellieren. Genosse Akimow aber hat in seiner glänzenden Rede über den § 1 bemerkenswert klar und klug gesagt, dass er, wenn er bei den Iskristen eine Meinungsverschiedenheit über die Methoden zur Erreichung ihrer gemeinsamen iskristischen Ziele sieht, stets bewusst und absichtlich für die schlechtere Methode stimme, denn seine, Akimows, Ziele seien den iskristischen diametral entgegengesetzt. Es konnte also keinem Zweifel unterliegen, dass – sogar unabhängig vom Willen und Bewusstsein des Genossen Martow – gerade die schlechteste Zusammensetzung der zentralen Körperschaften die Unterstützung der Liber und Akimow finden wird. Sie können, sie müssen gerade für jene Liste stimmen (nicht nach ihren Worten, sondern nach ihren Taten, nach ihrer Abstimmung zum § 1 zu urteilen), die das Vorhandensein von Leuten in Aussicht stellen kann, die in die Partei „die Spaltung tragen", sie werden so abstimmen, um „die Spaltung hinein zu tragen". Ist es ein Wunder, dass ich bei einer solchen Lage von einer wichtigen prinzipiellen Frage (Harmonie der beiden zentralen Körperschaften) sprach, von der das ganze zukünftige Schicksal der Partei abhängen kann?

Kein einziger Sozialdemokrat, der mit den iskristischen Ideen und Plänen und mit der Geschichte der Bewegung auch nur einigermaßen vertraut ist, der sich auch nur einigermaßen aufrichtig zu diesen Ideen bekennt, konnte auch nur einen Augenblick daran zweifeln, dass es zwar formell richtig war, wenn in dem Streit innerhalb der „Iskra"-Organisation um die Zusammensetzung der zentralen Körperschaften die Entscheidung den Liber und Akimow zufiel, dass das aber die schlechtesten von den möglichen Ergebnissen sicherte. Gegen diese schlechtesten Ergebnisse musste unbedingt gekämpft werden.

Es fragt sich nun: wie musste gekämpft werden? Wir haben nicht mit hysterischem Geschrei und natürlich nicht mit Skandälchen gekämpft, sondern mit vollkommen loyalen und rechtmäßigen Mitteln: als wir fühlten, dass wir in der Minderheit sind (ebenso wie in der Frage des § 1), da begannen wir beim Parteitag die Вesсhränkung der Rechte der Minderheit zu beantragen.2 Eine größere Strenge der Qualifizierung bei der Aufnahme von Mitgliedern (vier Fünftel anstatt zwei Drittel), Einstimmigkeit bei der Kooptation, gegenseitige Kontrolle über die Kooptation in die zentralen Körperschaften, – all das begannen wir zu vertreten, als wir uns in der Frage der persönlichen Zusammensetzung der zentralen Körperschaften in der Minderheit erwiesen. Diese Tatsache wird von den Leutchen übersehen, die es lieben, über den Parteitag oberflächlich zu urteilen und zu reden, nach ein paar Unterhaltungen im Freundeskreis, ohne ernstes Studium aller Protokolle und aller „Aussagen" der interessierten Genossen. Jeder aber, der sich die Mühe geben wird, diese Protokolle und diese Aussagen gewissenhaft zu studieren, wird unvermeidlich auf die Tatsache stoßen, auf die ich hingewiesen habe: die Wurzel des Streites liegt im gegebenen Augenblick des Parteitages gerade in der Frage der persönlichen Zusammensetzung der zentralen Körperschaften, und wir verlangten strengere Bedingungen der Kontrolle, eben weil wir in der Minderheit waren, weil wir „das Gefäß mit doppeltem Knoten zusammenbinden" wollten, das Martow unter dem Jubel und der jubelnden Teilnahme der Liber und Akimow zerschlagen hatte.

Wenn die Dinge anders lägen," sagte Genosse Pawlowitsch über diese Periode des Parteitages, „so müsste man annehmen, dass wir, als wir die Einstimmigkeit bei der Kooptation verlangten, für unsere Gegner sorgten, denn für die in dieser oder jener Körperschaft überwiegende Richtung ist die Einstimmigkeit nicht nur überflüssig, sondern sogar unvorteilhaft" (S. 14 des „Briefes über den 2. Parteitag"). Heute wird aber die Reihenfolge der Ereignisse nur zu oft vergessen, man vergisst, dass während einer ganzen Periode des Parteitages die jetzige Minderheit die Mehrheit war (dank der Teilnahme der Liber und Akimow) und dass gerade in diese Periode der Streit um die Kooptation in die zentralen Körperschaften fällt, dessen Hintergrund die Meinungsverschiedenheit in der „Iskra"- Organisation über die persönliche Zusammensetzung der zentralen Körperschaften war. Wer sich über diesen Umstand klar wird, der wird auch die Leidenschaftlichkeit unserer Debatten verstehen, der wird sich auch über den scheinbaren Widerspruch nicht wundern, dass irgendwelche kleine Nebensächlichkeiten betreffende Meinungsverschiedenheiten wirklich wichtige, prinzipielle Fragen hervorrufen.

Genosse Deutsch, der in derselben Sitzung sprach (S. 277), hatte in hohem Maße recht, als er erklärte: „Zweifellos ist dieser Vorschlag für den gegebenen Augenblick berechnet." In der Tat, nur wenn man den gegebenen Augenblick in all seiner Kompliziertheit begriffen hat, kann man die wahre Bedeutung des Streites verstehen. Und es ist im höchsten Maße wichtig, im Auge zu behalten, dass wir, als wir in der Minderheit waren, die Rechte der Minderheit mit Methoden verteidigten, die jeder beliebige europäische Sozialdemokrat als gesetzmäßig und zulässig anerkennt: und zwar beantragten wir beim Parteitag eine strengere Kontrolle über die persönliche Zusammensetzung der zentralen Körperschaften. Ebenso hatte auch Genosse Jegorow in hohem Maße recht, als er, ebenfalls auf dem Parteitag, aber in einer anderen Sitzung, sagte:

Es wundert mich außerordentlich, dass ich in den Debatten wieder einen Hinweis auf die Prinzipien höre … "

(Das wurde über die Wahlen in das Zentralkomitee gesagt, in der einunddreißigsten Sitzung des Parteitages, d. h. wenn ich nicht irre, am Donnerstag Morgen, die sechsundzwanzigste Sitzung, von der hier die Rede ist, fand am Montag Abend statt.)

„ … Es müsste wohl allen klar sein, dass sich in den letzten Tagen alle Debatten nicht um diese oder jene grundsätzliche Frage drehten, sondern ausschließlich um die Frage, wie man diesem oder jenem Genossen die Wahl in eine zentrale Körperschaft sichern oder wie man sie verhindern könnte. Geben wir zu, dass die Prinzipien auf diesem Parteitag längst verlorengegangen sind, und wir nennen die Dinge bei ihrem richtigen Namen (allgemeine Heiterkeit. Murawjow: ,Ich bitte im Protokoll zu vermerken, dass Martow gelächelt hat', S. 337)."

Kein Wunder, dass auch Genosse Martow und wir alle über die wirklich lächerlichen Klagen des Genossen Jegorow lachten. Ja, „in den letzten Tagen" drehte sich sehr vieles um die Frage der persönlichen Zusammensetzung der zentralen Körperschaften. Das ist wahr. Das war tatsächlich auf dem Parteitag allen klar (und erst jetzt bemüht sich die Minderheit, diesen klaren Umstand zu verdunkeln). Wahr ist schließlich auch, dass man die Dinge bei ihrem richtigen Namen nennen muss. Aber um des Himmels willen, was hat das hier mit den „verlorengegangenen Prinzipien" zu tun?? Wir sind doch auf dem Parteitag zusammengekommen (siehe S. 10, die Tagesordnung des Parteitages), um in den ersten Tagen über das Programm, die Taktik, das Statut zu sprechen und die entsprechenden Fragen zu lösen und um in den letzten Tagen (Punkt 18 und 19 der Tagesordnung) über die persönliche Zusammensetzung der zentralen Körperschaften zu sprechen und diese Fragen zu entscheiden. Wenn man für den Kampf um den Dirigentenstab die letzten Tage des Parteitages benutzt, so ist das eine natürliche und vollkommen gesetzmäßige Erscheinung (wenn man aber nach den Parteitagen um den Dirigentenstab streitet, dann ist es kleinliches Gezänk). Wenn jemand auf dem Parteitag in der Frage der persönlichen Zusammensetzung eine Niederlage erlitten hat (wie Genosse Jegorow), so ist es einfach lächerlich, nachher von „verlorengegangenen Prinzipien" zu sprechen. Es ist daher verständlich, dass alle über Genossen Jegorow gelacht haben. Verständlich ist auch, warum Genosse Murawjow bat, ins Protokoll aufzunehmen, dass Genosse Martow an dieser Heiterkeit beteiligt war: Genosse Martow hat, als er über Genossen Jegorrow lachte, über sich selbst gelacht …

Zur Ergänzung der Ironie des Genossen Murawjow ist es vielleicht nicht überflüssig, folgende Tatsache mitzuteilen. Nach dem Parteitag versicherte bekanntlich Martow nach rechts und nach links, dass in unseren Meinungsverschiedenheiten gerade die Frage der Kooptation in die zentralen Körperschaften die Hauptrolle gespielt habe, dass „die Mehrheit der alten Redaktion" besonders entschieden gegen die gegenseitige Kontrolle über die Kooptation in die zentralen Körperschaften aufgetreten ist.

Genosse Martow, der vor dem Parteitag meinen Vorschlag der Wahl von zwei Dreierkollegien mit gegenseitiger Kooptation bei Zweidrittelmehrheit akzeptierte, schrieb mir darüber:

Bei Akzeptierung einer solchen Form der gegenseitigen Kooptation muss betont werden, dass nach dem Parteitag die Ergänzung jedes Kollegiums auf einer etwas anderen Grundlage vor sich gehen wird (ich würde so vorschlagen: jedes Kollegium kooptiert neue Mitglieder, wobei es dem andern Kollegium von seiner Absicht Mitteilung macht: dieses zweite Kollegium kann Einspruch erheben, und dann entscheidet der Parteirat die Frage. Damit keine Verschleppung eintritt, vollzieht sich diese Prozedur hinsichtlich schon vorher in Aussicht genommener Kandidaten – zum mindesten für das Zentralkomitee – und dann kann die Ergänzung des Kollegiums schon auf rascherem Wege vor sich gehen). Um zu betonen, dass die weitere Kooptation nach einer Regel vor sich geht, die im Parteistatut festgelegt sein wird, muss im § 22* hinzugefügt werden: ,… der die gefassten Beschlüsse bestätigt'" (Sperrungen von mir).

Kommentare erübrigen sich.

Nachdem wir die Bedeutung des Augenblicks erläutert haben, in dem der Streit um die Kooptation in die zentralen Körperschaften vor sich ging, müssen wir ein wenig auf die damit zusammenhängenden Abstimmungen eingehen – bei den Debatten zu verweilen wäre überflüssig, denn nach den von mir angeführten Reden von Martow und mir folgten nur kurze Erwiderungen, an denen nur wenige Delegierte teilnahmen (S. 277–280 der Protokolle). Anlässlich der Abstimmungen behauptete Genosse Martow auf dem Kongress der Liga, dass ich in meiner Darstellung die Dinge „ungeheuer entstellt" hätte (S. 60 der Ligakongress-Protokolle), „als ich den Kampf um das Statut herum … " (Genosse Martow hat, ohne es zu wollen, eine große Wahrheit gesagt: nach Annahme des § 1 wurde eben um das Statut herum gestritten) „… als einen Kampf der ,Iskra' gegen die Martow-Leute darstellte, die eine Koalition mit dem ,Bund' eingingen".

Sehen wir uns diese interessante Frage der „ungeheueren Entstellung" näher an. Genosse Martow vereinigt die Abstimmungen über die Zusammensetzung des Rates mit den Abstimmungen über die Kooptation und führt acht Abstimmungen an: 1. die Wahl in den Rat von je zwei Mitgliedern des Zentralorgans und des Zentralkomitees: dafür – 27 (M), dagegen – 16 (L), Stimmenthaltungen – 7.** (Nebenbei wollen wir bemerken, dass auf S. 270 des Protokolls die Zahl der Stimmenthaltungen mit 8 angegeben ist, aber das ist unwesentlich.) 2. Die Wahl des fünften Mitgliedes des Rates durch den Parteitag: dafür – 23 (L), dagegen – 18 (M), Stimmenthaltungen – 7. – 3. Die Ernennung der Ersatzmitglieder für die ausgeschiedenen Mitglieder des Rates durch den Rat selber: dagegen – 23 (M), dafür – 16 (L), Stimmenthaltungen – 12. – 4. Einstimmigkeit bei der Kooptation ins Zentralkomitee: dafür – 25 (L), dagegen – 19 (M), Stimmenthaltungen – 7. –5. Die Forderung eines motivierten Protestes für die Nichtaufnahme eines Mitgliedes: dafür – 21 (L), dagegen – 19 (M), Stimmenthaltungen – 11. – 6. Einstimmigkeit bei der Kooptation ins Zentralorgan: dafür – 23 (L), dagegen – 21 (M), Stimmenthaltungen – 7. – 7. Die Zulässigkeit der Abstimmung über das Recht des Parteirates, die Beschlüsse des Zentralorgans und des Zentralkomitees über die Nichtaufnahme eines neuen Mitgliedes aufzuheben: dafür – 25 (M), dagegen – 19 (L), Stimmenthaltungen – 7. – 8. Abstimmung über den ganzen Antrag: dafür – 24 (M), dagegen – 23 (L), Stimmenthaltungen – 4. „Hier – schließt Genosse Martow (S. 61 des Ligakongress-Protokolls) – hat offenbar ein Delegierter des ,Bund' für den Antrag gestimmt, die übrigen haben sich der Stimme enthalten" (gesperrt von mir).

Es fragt sich, warum Genosse Martow es für offenbar hält, dass ein Bundist für ihn, Martow, gestimmt hat, wo die Abstimmung doch keine namentliche war?

Weil er die Zahl der Delegierten in Betracht zieht, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, und da diese Zahl auf die Beteiligung des ,Bund' an der Abstimmung hinweist, so zweifelt er, Genosse Martow, nicht daran, dass diese Beteiligung zu seinen, Martows, Gunsten gewesen ist.

Wo habe ich hier etwas „ungeheuerlich entstellt"?

Die Gesamtzahl der Stimmen betrug 51, ohne die Stimmen der Bundisten waren es 46, ohne die der „Rabotscheje Djelo"-Delegierten – 43. An sieben Abstimmungen von den acht, die Genosse Martow anführt, beteiligten sich 43, 41, 39, 44, 40, 44 und 44 Delegierte, an einer Abstimmung – 47 Delegierte (richtiger Stimmen), und hier gibt Genosse Martow selber zu, dass ihn ein Bundist unterstützt hat. Es erweist sich also, dass das von Martow gezeichnete (und wie wir gleich sehen werden, unvollkommen gezeichnete) Bild meine Darstellung des Kampfes nur bestätigt und verstärkt! Es erweist sich, dass in sehr vielen Fällen die Zahl der Stimmenthaltungen sehr groß war; das weist eben auf das verhältnismäßig geringe Interesse des gesamten Parteitags für gewisse Einzelheiten hin, auf das Fehlen einer vollständig bestimmten Gruppierung der Iskristen in diesen Fragen. Martows Worte, dass die Bundisten „durch ihre Stimmenthaltungen offensichtlich Lenin unterstützen" (S. 62 der Protokolle des Ligakongresses), sprechen eben gerade gegen Martow: folglich konnte ich nur, wenn die Bundisten nicht anwesend waren oder sich der Stimme enthielten, manchmal auf einen Sieg rechnen. Aber jedes Mal, wenn die Bundisten die Einmischung in den Kampf für lohnend halten, unterstützen sie den Genossen Martow, eine solche Einmischung aber hat es nicht nur in dem obenerwähnten Fall gegeben, als sich 47 Delegierte an der Abstimmung beteiligten. Wer sich die Mühe geben will, die Parteitagsprotokolle einzusehen, der wird sich überzeugen, wie merkwürdig unvollkommen das Bild ist, das Genosse Martow gibt. Genosse Martow hat noch drei weitere Fälle einfach außer acht gelassen, wo der Bund sich an den Abstimmungen beteiligt hat, wobei in allen diesen Fällen Genosse Martow sich selbstverständlich als Sieger erwies. Diese Fälle sind folgende: 1. Der Abänderungsvorschlag des Genossen Fomin, der die qualifizierte Mehrheit von vier Fünftel auf zwei Drittel herabsetzt, wird angenommen. Dafür – 27, dagegen – 21 (S. 278), folglich haben sich 48 Delegierte an der Abstimmung beteiligt. 2. Der Antrag des Genossen Martow über die Beseitigung der gegenseitigen Kooptation wird angenommen. Dafür – 26, dagegen – 24 (S. 279), an der Abstimmung haben also 50 Delegierte teilgenommen. 3. Schließlich wird mein Antrag über die Zulässigkeit der Kooptation in das Zentralorgan und das Zentralkomitee nur mit Zustimmung aller Mitglieder des Rates abgelehnt (S. 280). Dagegen – 27, dafür – 22 (es hat sogar eine namentliche Abstimmung gegeben, die jedoch leider in dem Protokoll nicht erhalten ist), die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug also 49.

Das Fazit: in den Fragen der Kooptation in die zentralen Körperschaften haben die Bundisten nur an vier Abstimmungen teilgenommen (die drei eben von mir erwähnten mit 48, 50 und 49 Beteiligten und eine, die Genosse Martow anführt, mit 47 Beteiligten). In allen diesen Abstimmungen war Genosse Martow der Sieger. Meine Darstellung erweist sich als richtig in allen Punkten, sowohl in dem Hinweis auf die Koalition mit dem ,Bund' als auch in der Feststellung des verhältnismäßig nebensächlichen Charakters der Fragen (viele Abstimmungen mit einer großen Zahl von Stimmenthaltungen) und im Hinweis auf das Fehlen einer bestimmten Gruppierung der „Iskristen" (namentliche Abstimmungen haben nicht stattgefunden; äußerst wenige Diskussionsredner bei den Debatten).

Der Versuch des Genossen Martow, in meiner Darstellung einen Widerspruch zu finden, erweist sich als ein Versuch mit untauglichen Mitteln, denn Genosse Martow hat einzelne Worte aus dem Zusammenhang herausgerissen, ohne sich die Mühe zu geben, das Bild in seinem Ganzen wiederherzustellen.

Der letzte Paragraph des Statuts, der der Frage der Auslandsorganisation gewidmet war, hat wiederum Debatten und Abstimmungen hervorgerufen, die vom Standpunkt der Parteitagsgruppierungen außerordentlich charakteristisch sind. Es handelte sich um die Anerkennung der Liga als Auslandsorganisation der Partei. Genosse Akimow erhob selbstverständlich sofort Einspruch, er erinnerte an den vom ersten Parteitag bestätigten Auslandsbund und wies auf die prinzipielle Bedeutung der Frage hin.

Vor allem will ich bemerken", erklärte er, „dass ich dieser oder jener Lösung der Frage keine besondere praktische Bedeutung beimesse. Der ideologische Kampf, der bis jetzt in unserer Partei geführt wurde, ist zweifellos noch nicht abgeschlossen, aber er wird auf einer anderen Grundlage und mit anderen Kräftegruppierungen weitergekämpft werden … Das Bestreben, unsern Parteitag aus einer Parteitagung in eine Fraktionstagung zu verwandeln, hat noch einmal und sehr stark in dem § 13 des Statuts seinen Niederschlag gefunden. Anstatt alle Sozialdemokraten in Russland zu zwingen, sich im Interesse der Parteieinheit dem Beschluss des Parteitags zu beugen, und alle Parteiorganisationen zusammenzufassen, wird dem Parteitag vorgeschlagen, die Organisation der Minderheit zu vernichten, die Minderheit zum Verschwinden zu zwingen" (281).

Wie der Leser sieht, war die „Kontinuität", die dem Genossen Martow nach seiner Niederlage in der Frage der Zusammensetzung der zentralen Körperschaften so teuer wurde, auch dem Genossen Akimow nicht minder teuer. Auf dem Parteitag aber wandten sich die Leute, die mit verschiedenem Maßstab an sich und an die anderen herangehen, sehr leidenschaftlich gegen Genossen Akimow. Obgleich das Programm und fast das gesamte Statut angenommen und die „Iskra" anerkannt worden war, wurde gerade jenes „Prinzip" in den Vordergrund gestellt, das die Liga vom Auslandsbund „grundsätzlich" trennte.

Wenn Genosse Akimow die Frage auf einen prinzipiellen Boden stellen will", ruft Genosse Martow aus, „so haben wir nichts dagegen; insbesondere da Genosse Akimow von möglichen Kombinationen im Kampf gegen zwei Richtungen sprach. Nicht in dem Sinne muss der Sieg einer Richtung sanktioniert werden (man beachte, dass das in der 27. Sitzung des Parteitages gesagt wird!), dass man ein übriges Mal vor der ,Iskra' eine Verbeugung macht, sondern dass man endgültig von all den möglichen Kombinationen Abschied nimmt, von denen Genosse Akimow gesprochen hat" (S. 282, gesperrt von mir).

Das Bild sieht so aus: Nach Abschluss aller Programm-Diskussionen auf dem Parteitag fährt Martow fort, von allen möglichen Kombinationen endgültig Abschied zu nehmen … solange er in der Frage der Zusammensetzung der zentralen Körperschaften noch keine Niederlage erlitten hat! Genosse Martow „verabschiedet sich endgültig" auf dem Parteitag von der möglichen „Kombination", der er am Tage nach dem Parteitag in aller Ruhe verwirklicht. Aber Genosse Akimow war schon damals viel scharfsichtiger als Genosse Martow; Genosse Akimow berief sich auf die fünfjährige Arbeit der alten Parteiorganisation, die entsprechend dem Willen des ersten Parteitages den Namen eines Komitees trägt", und endete mit der bissigen, die Zukunft voraussehenden Bemerkung:

Was aber die Meinung des Genossen Martow betrifft, dass meine Hoffnungen auf die Entstehung einer anderen Richtung in unserer Partei vergebliche seien, so muss ich sagen, dass er selbst mir sogar die Hoffnung dazu gibt" (S. 283).

Ja, man muss gestehen, dass Genosse Martow die Hoffnungen des Genossen Akimow glänzend gerechtfertigt hat.

Genosse Martow folgte Genossen Akimow, da er sich von der Richtigkeit der Akimowschen Ansichten überzeugt hatte, nachdem die „Kontinuität" des alten Parteikollegiums verletzt worden war, das drei Jahre lang als in Tätigkeit befindlich galt. Der Sieg kam also Genossen Akimow nicht teuer zu stehen.

Auf dem Parteitag jedoch folgten Genossen Akimow – und zwar taten sie es konsequent – nur die Genossen Martynow, Bruker und die Bundisten (8 Stimmen) – Genosse Jegorow, als echter Führer des „Zentrums", nahm die goldene Mitte ein: er sei mit den Iskristen einverstanden, „sympathisiere" mit ihnen (S. 282), und diese Sympathie beweist er durch den Antrag (S. 283), die aufgeworfene prinzipielle Frage überhaupt zu umgehen, sowohl über die Liga wie über den Auslandsbund mit Schweigen hinwegzugehen. Der Antrag wird mit 27 gegen 15 Stimmen abgelehnt. Offenbar hat außer den Anti-Iskristen (8) fast das ganze „Zentrum" (10) mit Genossen Jegorow gestimmt (die gesamte Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 42, so dass eine große Zahl der Delegierten sich der Stimme enthalten hat oder abwesend war, wie es bei uninteressanten und vom Standpunkte des Ergebnisses nicht zweifelhaften Abstimmungen oft der Fall war). Sobald es sich um die tatsächliche Durchführung der iskristischen Prinzipien handelt, erweist es sich sofort, dass die „Sympathie" des „Zentrums" nur ein Lippenbekenntnis ist, und dass nicht mehr als 30 oder etwas über 30 Stimmen für uns abgegeben werden. Die Debatten und Abstimmungen über den Antrag Russows (die Liga als die einzige Auslandsorganisation anzuerkennen), zeigen dies noch anschaulicher. Die Anti-Iskristen und der „Sumpf" stellen sich schon direkt auf einen prinzipiellen Standpunkt, wobei dieser Standpunkt von den Genossen Liber und Jegorow verteidigt wird, die den Antrag Russows für zur Abstimmung nicht zulässig, ungesetzlich erklären: „Durch ihn werden alle übrigen Auslandsorganisationen totgemacht" (Jegorow). Und der Redner, der an der „Abtötung der Organisation" nicht teilnehmen will, lehnt nicht nur die Abstimmung ab, sondern verlässt sogar den Saal. Man muss jedoch dem Führer des „Zentrums" Gerechtigkeit widerfahren lassen: er hat zehnmal mehr Überzeugung (in seinen irrigen Grundsätzen) und politischen Mut an den Tag gelegt als Genosse Martow und Konsorten; er trat für die „abgetötete" Organisation nicht erst dann ein, als es sich um den eigenen Zirkel handelte, der eine Niederlage im offenen Kampf erlitten hatte.

Der Antrag des Genossen Russow wird mit 27 gegen 15 Stimmen als zur Abstimmung zulässig anerkannt und dann mit 25 gegen 17 Stimmen angenommen. Fügen wir zu diesen 17 Stimmen die des abwesenden Genossen Jegorow hinzu, so erhalten wir die vollständige Sammlung (18) der Anti-Iskristen und des „Zentrums".

Der § 13 des Statuts, der von der Auslandsorganisation handelt, wird in seiner Gesamtheit mit nur 31 Stimmen gegen 12 Stimmen, bei 6 Stimmenthaltungen, angenommen. Auf diese Zahl 31, die annähernd die Zahl der auf dem Parteitag anwesenden Iskristen aufzeigt, d. h. die Zahl der Leute, die die Auffassungen der „Iskra" konsequent vertreten und tatsächlich durchführen, stoßen wir in der Analyse der Abstimmungen auf dem Parteitag schon mindestens zum sechsten Male (die Stelle der Frage des „Bund", der Konflikt mit dem Organisationskomitee, die Auflösung der Gruppe „Juschny Rabotschij" und zwei Abstimmungen über das Agrarprogramm). Genosse Martow aber versucht, uns ernstlich zu versichern, dass kein Grund vorhanden sei, eine so „enge" Gruppe der Iskristen abzusondern!

Es muss auch vermerkt werden, dass die Annahme des § 13 des Statuts äußerst charakteristische Debatten über die Erklärung des Genossen Akimow und Martynow zur „Ablehnung der Teilnahme an der Abstimmung" hervorrief (S. 288). Das Parteitagsbüro erörterte diese Erklärung und kam – mit vollem Recht – zu dem Ergebnis, dass sogar die unmittelbare Auflösung des Auslandsbundes nicht das Recht geben würde, die Teilnahme an den Arbeiten des Parteitages zu verweigern. Die Ablehnung der Beteiligung an Abstimmungen ist eine unbedingt anormale und unzulässige Sache – das ist der Standpunkt, auf den sich, zusammen mit dem Büro, der ganze Parteitag stellte, mit Einschluss auch jener Iskristen der Minderheit, die in der 28. Sitzung leidenschaftlich verurteilten, was sie in der 31. selber taten! Als Genosse Martynow seine Erklärung zu verteidigen begann (S. 291), da wandten sich Pawlowitsch, Trotzki, Karski und Martow gegen ihn. Genosse Martow war sich der Pflichten einer unzufriedenen Minderheit besonders klar bewusst (solange er selber nicht in der Minderheit geblieben war!) und hielt eine besonders belehrende Rede über diese Pflichten.

Entweder ihr seid Mitglieder des Parteitags", rief er den Genossen Akimow und Martow zu, „und dann müsst ihr an allen seinen Arbeiten teilnehmen" (Sperrungen von mir; damals sah Genosse Martow in der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit noch keinen Formalismus oder Bürokratismus!), „oder ihr seid keine Mitglieder, und dann dürft ihr auch nicht in der Sitzung bleiben … Durch ihre Erklärung zwingen mich die Delegierten des Auslandsbundes, zwei Fragen zu stellen: sind sie Mitglieder der Partei und sind sie Parteitagsteilnehmer?" (S. 292).

Genosse Martow belehrt Genossen Akimow über die Pflichten eines Parteimitgliedes! Aber Genosse Akimow hat nicht umsonst gesagt, dass er einige Hoffnungen in den Genossen Martow setze … Diesen Hoffnungen war es jedoch beschieden, erst nach der Niederlage Martows bei den Wahlen verwirklicht zu werden. Als es sich nicht um ihn selber, sondern um andere handelte, blieb Genosse Martow sogar gegen das schreckliche Wort „Ausnahmegesetz" taub, das zum ersten Mal (wenn ich nicht irre) von Genossen Martynow in Umlauf gesetzt worden ist.

Die uns hier erteilte Aufklärung", antwortete Genosse Martynow denen, die ihn überzeugen wollten, seine Erklärung zurückzunehmen, „hat nicht geklärt, ob der Beschluss ein prinzipieller war oder ob es sich um eine Ausnahmemaßnahme gegen den Auslandsbund handelte. In diesem Fall sind wir der Meinung, dass dem Auslandsbund eine Beleidigung zugefügt worden ist. Genosse Jegorow hat ebenso wie wir den Eindruck gewonnen, dass es sich um ein Ausnahmegesetz (von mir gesperrt) gegen den Auslandsbund handelt, und er hat darum sogar den Sitzungssaal verlassen" (S. 295).

Sowohl Genosse Martow wie Genosse Trotzki erheben – zusammen mit Plechanow – energisch Einspruch gegen den sinnlosen, wirklich sinnlosen Gedanken, in dem Abstimmungsergebnis des Parteitages eine Beleidigung zu sehen, und Genosse Trotzki, der die vom Parteitag auf seinen Antrag hin angenommene Resolution verteidigt (dass die Genossen Akimow und Martynow sich als vollkommen befriedigt betrachten können), versichert, „die Resolution hat einen prinzipiellen und nicht spießbürgerlichen Charakter, und es geht uns nichts an, wenn irgend jemand sich durch sie beleidigt fühlt" (S. 296). Sehr bald erwies sich jedoch, dass Zirkelwesen und Spießbürgertum in unserer Partei noch zu stark sind, und die von mir unterstrichenen stolzen Worte erwiesen sich als eine leere, tönende Phrase.

Die Genossen Akimow und Martynow lehnten es ab, ihre Erklärung zurückzunehmen, und verließen den Parteitag, begleitet von den allgemeinen Zurufen der Delegierten: „Das hättet ihr nicht tun dürfen!"

1 Wörtlich: ich verbiete; das Recht, durch seinen Einspruch einen bestimmten Antrag abzulehnen. Die Red.

2 Das macht inhaltlich keinen Sinn. Die „Werke“ übersetzen: „da plädierten wir auf dem Parteitag dafür, dass die Rechte der Minderheit geschützt werden.“ (Band 7, Berlin 1956, S. 297) [WK]

* Es handelt sich um meinen ursprünglichen Entwurf der Tagesordnung des Parteitages und der Erläuterung zu ihm, die alle Delegierten kannten. § 22 dieses Entwurfes handelte eben von der Wahl zweier Dreierkollegien in das Zentralorgan und das Zentralkomitee, von der „gegenseitigen Kooptation dieser sechs mit Zweidrittel-Mehrheit, von der Bestätigung dieser gegenseitigen Kooptation durch den Parteitag und der selbständigen weiteren Kooptation in das Zentralorgan und das Zentralkomitee.

** Die Buchstaben M und L in Klammern weisen darauf hin, wie ich (L) und Martow (M) gestimmt haben.

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