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Wladimir I. Lenin 19080429 Auf ausgetretenem Wege!

Wladimir I. Lenin: Auf ausgetretenem Wege!

[Proletarij" Nr. 29, 29. (16.) April 1908. Nach Sämtliche Werke, Band 12, Wien-Berlin 1933, S. 229-237]

Die Beurteilung der russischen Revolution, d. h. ihrer ersten drei Jahre, steht auf der Tagesordnung. Ohne Klärung des Klassenwesens unserer politischen Parteien, ohne Berücksichtigung der Interessen und des Wechselverhältnisses der Klassen in unserer Revolution kann man in der Festlegung der nächsten Aufgaben und der Taktik des Proletariats keinen Schritt vorwärts machen. Im vorliegenden Artikel wollen wir die Aufmerksamkeit unserer Leser auf einen Versuch einer solchen Analyse lenken.

In Nr. 3 des „Golos Sozialdemokrata"1 treten Th. Dan und G. Plechanow auf – der erste mit einer systematischen Würdigung der Ergebnisse der Revolution, der zweite mit zusammenfassenden Schlussfolgerungen betreffend die Taktik der Arbeiterpartei. Das Urteil läuft darauf hinaus, dass die Hoffnungen auf Errichtung der Diktatur der Arbeiter und Bauern sich als Illusion herausstellen mussten.

Die Möglichkeit einer neuen, breitangelegten revolutionären Aktion des Proletariats ... ist in hohem Maße durch die Haltung der Bourgeoisie bedingt. In seinen (des neuen Aufstiegs) ersten Etappen – bis der Aufschwung der revolutionären Arbeiterbewegung das städtische Kleinbürgertum aufrütteln und das Vorwärtsschreiten der städtischen Revolution die Brandfackel aufs Land tragen wird – werden anfangs Proletariat und Bourgeoisie allein als die wichtigsten politischen Kräfte einander gegenüberstehen."

Die taktischen Schlüsse aus so beschaffenen „Wahrheiten" hat Dan offenkundig verschwiegen. Er machte sich offensichtlich ein Gewissen daraus niederzuschreiben, was aus seinem Worten von selbst folgt: der Arbeiterklasse ist die berühmte Taktik der Menschewiki – Unterstützung der Bourgeoisie – zu empfehlen (es sei erinnert an die Blocks mit den Kadetten, an die Unterstützung der Losung einer Kadettenregierung, an Plechanows Losung der mit Machtvollkommenheit ausgestatteten Duma usw.). Dafür ergänzte aber Plechanow die Ausführungen von Dan, indem er sein Feuilleton in Nr. 3. des „Golos Sozial-Demokrata" mit den Worten schloss:

Es wäre gut für Russland gewesen, wenn die russischen Marxisten in den Jahren 1905–1906 es verstanden hätten, diese von Marx und Engels vor mehr als einem halben Jahrhundert in Deutschland begangenen Fehler"' (nämlich die Unterschätzung der Entwicklungsfähigkeit des damaligen Kapitalismus und die Überschätzung der revolutionären Tatkraft des Proletariats) „zu vermeiden!"

Das ist so deutlich wie nur möglich. Dan und Plechanow versuchen ganz, ganz vorsichtig, ohne die Dinge direkt beim Namen zu nennen, die menschewistische Politik der Abhängigkeit des Proletariats von den Kadetten zu rechtfertigen. Sehen wir uns also die „theoretische Begründung" dieses Beginnens näher an.

Dan sieht die Dinge folgendermaßen: „Die Bauernbewegung" hängt ab „vom Wachstum und von der Entwicklung der städtischen Revolution in ihren beiden Bahnen, der bürgerlichen und der proletarischen". Deshalb folgte auf den Aufstieg der „städtischen Revolution" ein Aufstieg der Bauernbewegung, nach ihrem Abebben aber „verschärften sich erneut die durch den revolutionären Aufschwung unterdrückten inneren Gegensätze des Dorfes", und „die Agrarpolitik der Regierung, die Politik des Zwietrachtsäens unter der Bauernschaft usw., begann sich eines relativen Erfolges zu erfreuen". Daraus folgt der von uns schon angeführte Schluss, dass in den ersten Etappen des neuen Aufstiegs Proletariat und Bourgeoisie die wichtigsten politischen Kräfte sein werden.

Diese Lage kann und muss – Dan zufolge – vom Proletariat für eine solche Weiterentwicklung der Revolution ausgenützt werden, die den Ausgangspunkt ihres neuen Aufstiegs weit hinter sich zurücklassen und zur völligen Demokratisierung der Gesellschaft im Zeichen (sic!) einer radikalen (!!) Lösung der Agrarfrage führen wird."

Es ist unschwer zu bemerken, dass dieser ganze Gedankengang restlos auf einem radikalen Missverstehen der Bedeutung der Agrarfrage in unserer Revolution beruht, und dass dieses Missverstehen sich nur mangelhaft hinter wohlfeilen und hohlen Phrasen von einer „völligen Demokratisierung" „im Zeichen" der „Lösung" der Frage zu verbergen sucht.

Th. Dan ist der Meinung, dass die „Hoffnungen auf Errichtung der Diktatur der Arbeiter und Bauern" in Vergangenheit und Gegenwart durch Narodnikivorurteile sowie dadurch bedingt sind, dass die inneren Gegensätze im Dorfe und der individualistische Charakter der Bauernbewegung vergessen werden. Das sind die üblichen und längst allgemein bekannten menschewistischen Ansichten. Aber wohl niemand hat bisher ihre Widersinnigkeit so krass offenbart, wie Th. Dan in dem in Frage stehenden Artikel. Der höchst ehrenwerte Verfasser hat es fertig gebracht, nicht zu bemerken, dass beide von ihm einander entgegengestellten „Lösungen" der Agrarfrage dem „individualistischen Charakter der Bauernbewegung" entsprechen! In der Tat: die Stolypinsche Lösung, die sich nach Dan eines „relativen Erfolges" erfreut, beruht auf dem Individualismus der Bauern. Das steht außer Zweifel. Und die andere Lösung, die Th. Dan eine „radikale" und mit der „völligen Demokratisierung der Gesellschaft" verbundene nennt? Sollte denn der liebe Dan etwa glauben, dass sie nicht auf dem Individualismus der Bauern beruht?

Das ganze Unglück kommt eben daher, dass die hohle Phrase von der „völligen Demokratisierung der Gesellschaft im Zeichen einer radikalen Lösung der Agrarfrage" bei Dan nur ein radikales Unverständnis verdeckt. Unbewusst, wie ein Blinder, stößt er auf zwei objektiv mögliche, von der Geschichte aber noch nicht endgültig auserwählte „Lösungen" der Agrarfrage, ohne sich klar und präzis Charakter und Bedingungen beider Lösungen vorstellen zu können.

Weshalb kann die Stolypinsche Agrarpolitik sich eines „relativen Erfolges" erfreuen? Weil in unserer Bauernschaft durch die kapitalistische Entwicklung schon längst die beiden feindlichen Klassen der bäuerlichen Bourgeoisie und des bäuerlichen Proletariats geschaffen worden sind. Ist ein voller Erfolg der Stolypinschen Agrarpolitik möglich, und was würde er bedeuten? Er ist möglich, wenn sich die Verhältnisse für Stolypin besonders günstig gestalten werden; er hätte die Bedeutung einer „Lösung" der Agrarfrage im bürgerlichen Russland im Sinne der endgültigen (bis zur proletarischen Revolution währenden) Befestigung des Privateigentums am gesamten Boden, dem gutsherrlichen sowohl wie dem bäuerlichen. Das wäre eine „Lösung" vom preußischen Typus, die wirklich imstande wäre, die kapitalistische Entwicklung Russlands zu sichern, aber nur eine außerordentlich langsame Entwicklung, die dem Junker auf lange Zeit die Macht überlassen würde, eine Lösung, die für Proletariat und Bauernschaft tausendmal qualvoller wäre als die andere, objektiv mögliche, ebenfalls kapitalistische „Lösung der Agrarfrage".

Ohne sich gebührend in die Sache hineinzudenken, nannte Dan diese zweite Lösung eine „radikale". Ein billiges Wörtchen, das auch nicht den Schimmer eines Gedankens enthält. Auch die Stolypinsche Lösung ist eine sehr radikale, da sie radikal die alte Dorfgemeinde und die alte Agrarordnung Russlands niederreißt. Der wirkliche Unterschied zwischen der bäuerlichen Lösung der Agrarfrage in der russischen bürgerlichen Revolution und der durch Stolypin und die Kadetten verfochtenen Lösung besteht darin, dass die erste das gutsherrliche Privateigentum am Grund und Boden unter allen Umständen abschafft und höchstwahrscheinlich auch das bäuerliche (diese besondere Frage des bäuerlichen Landanteils wollen wir vorläufig nicht berühren, da Dans ganzer Gedankengang auch vom Standpunkt unseres gegenwärtigen, auf die „Munizipalisierung" gerichteten Agrarprogramms falsch ist).

Es fragt sich nun, ob diese zweite Lösung wirklich objektiv möglich ist? Zweifelsohne. Darin sind sich alle denkenden Marxisten einig, denn andernfalls wäre es reaktionäre Scharlatanerie, wenn das Proletariat das Streben der Kleinbesitzer nach Enteignung des Großgrundbesitzes unterstützt. Kein einziger Marxist würde in einem anderen kapitalistischen Lande ein Programm aufstellen, das die Unterstützung des bäuerlichen Strebens nach Enteignung des Großgrundbesitzes ausspricht. In Russland sind aber Bolschewiki und Menschewiki einig in der Bejahung dieser Unterstützung. Warum? Weil für Russland objektiv auch ein anderer Weg der kapitalistischen Entwicklung möglich ist, nicht der „preußische", sondern der „amerikanische", nicht der gutsherrlich-bürgerliche (junkerliche), sondern der bäuerlich-bürgerliche.

Stolypin und die Kadetten, der Absolutismus und die Bourgeoisie, Nikolaus II. und Peter Struve sind sich alle einig über die Notwendigkeit einer kapitalistischen „Reinigung" der morschen Agrarordnung Russlands vermittelst der Aufrechterhaltung des gutsherrlichen Grundbesitzes. Uneinig sind sie sich nur in der Frage, wie er am besten aufrechterhalten werden kann und in welchem Maße dies geschehen soll.

Die Arbeiter und Bauern, Sozialdemokraten und Narodniki mit Einschluss der Trudowiki, Volkssozialisten, Sozialrevolutionäre sind sich darin einig, dass die kapitalistische „Reinigung" der morschen Agrarordnung Russlands vermittelst der gewaltsamen Vernichtung des gutsherrlichen Grundbesitzes erfoIgen müsse. Uneinig sind sie sich darin, dass die Sozialdemokraten begreifen, dass in der heutigen Gesellschaft jede, auch die allerradikalste Agrarrevolution, Munizipalisierung und Nationalisierung, Sozialisierung und Landverteilung, kapitalistischen Charakter besitzt, während die Narodniki dies nicht begreifen wollen und ihren Kampf für die bäuerlich-bürgerliche Agrarrevolution gegen die gutsherrlich-bürgerliche Evolution mit spießbürgerlich-utopistischen Phrasen von einer „Nivellierung" verbrämen.

Der ganze konfuse Gedankengang und die ganzen Ungereimtheiten Dans kommen daher, dass er die ökonomische Grundlage der russischen bürgerlichen Revolution radikal missverstanden hat. Hinter den Meinungsverschiedenheiten des marxistischen und des kleinbürgerlichen Sozialismus in Russland in der Frage des ökonomischen Inhalts und der Bedeutung des um den Grund und Boden geführten Kampfes der Bauernmassen in der gegenwärtigen Revolution hat er den Kampf der wirklichen gesellschaftlichen Kräfte für den einen oder den andern Weg der objektiv möglichen kapitalistischen Agrarevolution „nicht bemerkt". Und diesen völligen Mangel an Verständnis verdeckte er durch Phrasen über Stolypins „relativen Erfolg" und über „völlige Demokratisierung im Zeichen einer radikalen Lösung der Agrarfrage".

Der wirkliche Stand der Agrarfrage ist heute in Russland der folgende: um einen Erfolg der Stolypinschen Politik zu sichern, bedarf es langjähriger stärkster Unterdrückungs- und Vernichtungsmaßnahmen gegen eine Masse von Bauern, die nicht gewillt sind, Hungers zu sterben und sich aus ihren Dörfern vertreiben zu lassen. Es gibt in der Geschichte Beispiele für einen Erfolg einer solchen Politik. Es hieße einer hohlen und dummen demokratischen Phraseologie frönen, wenn wir sagen wollten, dass in Russland der Erfolg einer solchen Politik „unmöglich" sei. Er ist möglich! Unsere Aufgabe ist aber, dem Volke klar vor Augen zu führen, um welchen Preis ein solcher Erfolg erkauft wird, und uns mit allen Kräften für einen anderen, kürzeren und schnelleren Weg der kapitalistischen Agrarentwicklung – den Weg der Bauernrevolution – einzusetzen. Eine Bauernrevolution unter Führung des Proletariats in einem kapitalistischen Lande ist schwer, sehr schwer, sie ist aber möglich, und man muss für sie kämpfen. Drei Jahre Revolution haben uns und das ganze Volk nicht nur darüber belehrt, dass man für sie kämpfen muss, sondern auch darüber, wie gekämpft werden soll. Keinen menschewistischen Listen und Schlichen in der Frage der Unterstützung der Kadetten wird es gelingen, diese Lehren der Revolution aus dem Bewusstsein der Arbeiter auszumerzen.

Weiter. Was aber, wenn es der Stolypinschen Politik, trotz dem Kampfe der Massen, gelingt, so lange durchzuhalten, dass ein Erfolg des „preußischen" Weges sichergestellt wäre? Dann wird die Agrarordnung Russlands ganz und gar bürgerlich werden, die Großbauern werden sich fast das gesamte Anteilland aneignen, die Landwirtschaft wird kapitalistisch werden, und weder eine radikale noch eine unradikale „Lösung" der Agrarfrage wird unter der Herrschaft des Kapitalismus möglich sein. Dann werden die ehrlichen Marxisten jedes „Agrarprogramm" unumwunden und offen fallen lassen und den Massen sagen: die Arbeiter haben alle Kräfte angestrengt, um Russland nicht den junkerlichen, sondern den amerikanischen Kapitalismus zu sichern. Jetzt aber rufen euch die Arbeiter zur sozialen Revolution des Proletariats auf, da es nach der „Lösung" der Agrarfrage im Sinne Stolypins eine andere Revolution nicht mehr geben kann, die in der Lage wäre, die ökonomischen Lebensbedingungen der bäuerlichen Massen ernstlich zu ändern.

So und nicht anders steht die Frage des Wechselverhältnisses zwischen bürgerlicher und sozialistischer Revolution in Russland, eine Frage, die Dan besonders konfus in der deutschen Wiedergabe seines russischen Artikels darstellt (vergl. „Neue Zeit" Nr. 27).2

Auch auf dem Boden des stolypinisch-kadettischen Weges zur Lösung der Agrarfrage sind bürgerliche Revolutionen in Russland möglich, ja unvermeidlich. Aber in solchen Revolutionen kann ebenso wenig von einer „völligen Demokratisierung der Gesellschaft im Zeichen einer radikalen Lösung der .Agrarfrage" gesprochen werden, wie in den französischen Revolutionen der Jahre 1830 und 1848. Oder vielmehr: in solchen Revolutionen werden nur spießbürgerliche Quasi-Sozialisten von einer „Lösung" (besonders einer „radikalen") der im kapitalistisch herausgebildeten Lande bereits gelösten Agrarfrage schwatzen.

Aber Russland ist noch sehr, sehr weit entfernt von der Herausbildung einer kapitalistischen Agrarordnung. Dies ist nicht nur für uns, Bolschewiki wie Menschewiki, klar, nicht nur für Leute, die mit der Revolution sympathisieren und ihren neuen Aufstieg herbeisehnen, – es ist selbst für solche konsequente, bewusste und offen mutige Feinde der Revolution und Freunde des Schwarzhunderter-Zarismus, wie Herrn Peter Struve, klar. Wenn er aus vollem Halse nach einem Bismarck, nach einer Umwandlung der Reaktion in eine Revolution von oben schreit, so geschieht dies aus dem Grunde, weil Struve bei uns keinen Bismarck und keine Revolution von oben zu entdecken vermag. Struve versteht sehr gut, dass es mit der Stolypinschen Reaktion und tausend Galgen allein nicht gelingen kann, ein gutsherrlich-bürgerliches, konsolidiertes Russland des Knechts3 erstehen zu lassen. Dazu ist etwas anderes nötig, etwa wie die (und sei es auch nur Bismarcksche) Lösung der nationalen historischen Aufgaben, wie die Vereinigung Deutschlands, die Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Stolypin aber kann nur Dumbadse mit den Helden des Rigaer Museums4 vereinigen. Er muss sogar das von Witte im Gesetz vom 11. Dezember 1905 verliehene Wahlrecht zurückziehen! Statt durch den Danschen „relativen Erfolg" der Agrarpolitik zufriedengestellte Bauern zu haben, muss Stolypin sogar von den Bauernabgeordneten der III. Duma „trudowikische" Forderungen anhören!

Wie soll Peter Struve unter solchen Umständen nicht aus vollem Halse schreien, stöhnen und heulen, wenn er klar erkennen muss, dass eine anständige, bescheidene, gemäßigte, manierliche, zurechtgestutzte und dauerhafte „Konstitution" bei uns nicht herauskommt, einfach noch immer nicht herauskommt!

Struve weiß ganz genau, wohin ihn sein Weg führt. Th. Dan aber hat in drei Jahren Revolution nichts gelernt und nichts vergessen. Immer noch will er, wie von Blindheit geschlagen, das Proletariat unter die Fittiche der Herren Struve schleppen. Noch immer leiert er die alten reaktionären menschewistischen Redensarten herunter, dass Bourgeoisie und Proletariat bei uns die „wichtigsten politischen Kräfte" sein können ... gegen wen denn, Verehrtester? Gegen Gutschkow? Gegen die Monarchie?

Welch unglaubliches Stückchen Th. Dan sich dabei in der Herausstreichung der Liberalen leistet, zeigt sein deutscher Artikel. Er schämt sich sogar nicht, dem deutschen Publikum zu erzählen, das städtische Kleinbürgertum habe bei den Wahlen zur III. Duma „fortschrittliche Wahlmänner" (lies: Kadetten) gewählt, während die Bauern zu 40 Prozent reaktionäre Wahlmänner gestellt hätten! Ein Hoch auf die „fortschrittlichen" Miljukows und Struves, die Stolypin Beifall klatschen! Ein Hoch auf das Bündnis der Dans mit den Miljukows gegen die „reaktionären" Bauern, die in der III. Duma einen Trudowiki-Geist offenbaren!

Und Plechanow fälscht Engels denselben reaktionären menschewistischen Theorien zuliebe. Engels sagte, Marxens Taktik im Jahre 1848 sei richtig gewesen, sie allein habe dem Proletariat richtige, für die Dauer geltende und unvergessliche Lehren erteilt. Engels sagte, diese Taktik sei, trotzdem sie die einzig richtige war, an der ungenügenden Vorbereitung des Proletariats und der ungenügenden Reife des Kapitalismus gescheitert. Plechanow aber legt Engels, als wollte er ihn verhöhnen und die Bernstein und Strelzow belustigen, so aus, als hätte er „Reue" über Marxens Taktik gezeigt! Als hätte er sie später für falsch erklärt und der Taktik der Unterstützung der deutschen Kadetten den Vorzug gegeben!5

Vielleicht erzählt uns Plechanow nächstens, dass Engels hinsichtlich der Aufstände von 1848 der Meinung war, „Man hätte nicht zu den Waffen greifen sollen“!

Marx und Engels lehrten das Proletariat eine revolutionäre Taktik, eine Taktik der Entwicklung des Kampfes bis zu den höchsten Formen, eine Taktik, die die Bauernschaft zur Gefolgsmannschaft des Proletariats, nicht aber das Proletariat zur Gefolgsmannschaft der liberalen Verräter macht.

1 Im vorliegenden Artikel beschäftigt sich Lenin mit Nr. 3 des „Golos Sozialdemokrata" und insbesondere mit den Aufsätzen „Notizen eines Publizisten" (zum 25. Todestag von Karl Marx) von G. W. Plechanow und „Proletariat und russische Revolution" von Th. Dan.

2 In den Nummern 27 und 28 der „Neuen Zeit", XXVI, 1907-1908, veröffentlichte Th. Dan den Aufsatz „Die Bedingungen des erneuten Aufschwungs der russischen Revolution".

3 „Knecht" im Original deutsch in russischer Transkription. Die Red.

4In der Rigaer „Ochranka" (Geheimpolizei), an deren Spitze ein gewisser Gregus stand (wegen Spionage für Deutschland im Weltkrieg hingerichtet), wurden im Winter 1905-1906 gegen verhaftete lettische Teilnehmer an der Bauernbewegung die raffiniertesten Folterungen angewandt. Bei einer Interpellation darüber in der I. Reichsduma leugnete Stolypin diese Tatsache; das Vorhandensein einer großen Anzahl von Folterinstrumenten erklärte er damit, die „Ochranka" habe ein Folterkammer-Museum.

5 In seinem Artikel sprach Plechanow von der 1895 verfassten Einleitung von Engels zu den „Klassenkämpfen in Frankreich 1848–50" von Karl Marx. Auf diese Einleitun beriefen sich meistens alle Revisionisten, um zu beweisen, Engels habe in dieser Arbeit sich von seiner revolutionären Vergangenheit losgesagt und vor einer Wiederholung der von ihm und von Marx begangenen Fehler gewarnt.

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