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Karl Liebknecht 19151000 Brief an Friedrich Notz

Karl Liebknecht: Brief an Friedrich Notz1

[Die Rote Front, Nr. 5 vom 1. März 1926. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 8, S. 320 f.]

Lieber Genosse Notz!2

Ich hoffe, Sie haben die Sendungen aus Küstrin, Königsberg und Memel erhalten und nach Möglichkeit erledigt.

Bitte mir das durch ein lakonisches „Alles gut" – in einem Brief, der natürlich noch einiges sonst – z. B. über Bern3 – „Roberts Befinden nach Wunsch" oder ähnlich – enthalten soll, zu bestätigen. Unterschrift „Friedrich" genügt; Absender nicht nötig.

Wieder eine Bitte:

Meine Schrift: „Militarismus und Antimil." ist in der Schweiz m. W. vom „Grütlianer" (Zürich) vor einigen Jahren neu herausgegeben. Eine Neuausgabe wäre mir höchlichst erwünscht; freilich mit einigen Zusätzen, chronologisch:

1. Abschnitt über Verhandlungen der Stuttgarter Jugendkonferenz über Antimil. (1907).

2. Mein Artikel „Rekrutenabschied" aus der Mannheimer „Jungen Garde" vom September 1906.

5. Kopenhagener Jugendresolutionen über Antimilit. (1910).

4. Berner Jugendresol. 1915.

5. Die deutschen Parteitagsverhandlungen und -anträge über antimil. Propaganda seit 1904 (Bremen).

6. Meine Reden über die Rüstungsindustrie im Reichstag – zwei aus 1913; eine aus 1914 (zusammenfassend, bes. wichtig); an die letztere schloss sich wohl zwei Tage später ein kurzes Geplänkel mit Erzberger an – evtl. mit zu nehmen. (In jeder Bibliothek leicht zu haben; Stenograph. Bericht – nicht Zeitungsbericht – in jeder Buchhandlung zu beziehen!!!)

7. Der Bericht über die Verhandlungen des französischen Nationalkongresses 1914 (Paris) über die Antikriegspolitik.

8. Meine neuesten Implacabilis-Artikel. Ich gebe Ihnen freiestes Dispositionsrecht.

Gern würde ich das neueste Material über die Rüstungsindustrie zusammenstellen – ich bin gelähmt.

Schreiben Sie bitte, ob Sie mir diese Bitte erfüllen: „Die Läusesalbe besorge ich nach Wunsch."

Übrigens können Sie mir in der üblichen Form alles irgend Wesentliche mitteilen, auch mich fragen, was nötig scheint. – In zwei Tagen werde ich bei der Truppe sein.

Wieder auf der Fahrt geschrieben-verzeihen Sie bitte die Form.

Alles Beste!

Ihr

K. Liebknecht

1 Friedrich Notz – nahm als Delegierter der Stuttgarter „Freien Jugendorganisation" an der Berner Internationalen Jugendkonferenz vom 4. bis 6. April 1915 teil. Dort wurde er beauftragt, zur Unterstützung der von dieser Konferenz beschlossenen neuen Zeitung „Jugend-Internationale" mit führenden deutschen Sozialdemokraten in Verbindung zu treten. Notz schrieb dazu: „Die begeistertste Aufnahme fand ich bei unserem Genossen Karl Liebknecht. Er hielt die ganze Angelegenheit für so wichtig, dass er mich sowie den Gen. Georg Schumann zu einer Besprechung nach Saalfeld einlud, wo wir den Inhalt der ersten Nummer . . . besprachen. In der Folge stand Liebknecht in ständiger Verbindung mit uns und durch mich mit der neu entstandenen ,Jugend-Internationale'." (Mit Luxemburg und Liebknecht. 10 Jahre kommunistische Jugendbewegung, Berlin o. J., S. 16/17.)

2 Undatiert; vermutlich im September/Oktober 1915 geschrieben.

3 Zimmerwalder Konferenz (Liebknecht bezeichnet sie anfänglich auch als Konferenz von Bern) – Vom 5. bis 8. September 1915 fand in Zimmerwald (Schweiz) die erste internationale sozialistische Konferenz der oppositionellen Antikriegskräfte der zusammengebrochenen II. Internationale statt. Von 38 Delegierten aus 12 Ländern (Bulgarien, Deutschland, England, Frankreich, Holland, Italien, Norwegen, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz) kamen zehn Teilnehmer aus Deutschland. Die Gruppe Internationale wurde durch Berta Thalheimer und Ernst Meyer vertreten; für die Internationalen Sozialisten Deutschlands mit ihrem Organ „Lichtstrahlen" war Julian Borchardt erschienen, der auch die Bremer Linken vertrat; und die zentristischen Kräfte der Opposition wurden durch Georg Ledebour, Adolph Hoffmann und fünf weitere Delegierte repräsentiert. Die Zentristen hatten die Mehrheit. Deshalb wurde der von Lenin verfasste und von den Zimmerwalder Linken vorgelegte Entwurf einer Prinzipienerklärung, in der die vollständige Abgrenzung von den Opportunisten gefordert und den Sozialisten die Aufgabe gestellt wurde, „die Umwandlung des imperialistischen Krieges zwischen den Völkern in den Bürgerkrieg anzustreben" (W. I. Lenin: Werke, Bd. 21, S. 350/351), mit 19 gegen 12 Stimmen abgelehnt. Einstimmig angenommen wurde ein Manifest gegen den Krieg. Die Konferenz wählte die Internationale Sozialistische Kommission (ISK) als ihr ausführendes Organ. (Die Dokumente der Zimmerwalder Konferenz siehe Dokumente und Materialien, Reihe II, Bd. 1, S. 215-240.)

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