Leo Trotzki‎ > ‎1926‎ > ‎

Leo Trotzki 19260319 Lenin

Leo Trotzki: Lenin

Abriss

19. März 1926

[verfasst für die Encyclopedia Britannica, eigene Übersetzung nach dem russischen Text, verglichen mit der englischen Übersetzung, deren erhebliche Abweichungen wohl teils auf Kürzungen aus Platzgründen, teils auf Änderungen auf Druck der Stalin-Bucharin-Fraktion und vereinzelt auf Übersetzungsfehler zurückzuführen sind]

Lenin (Uljanow, Wladimir Iljitsch) (1870-1924) – Theoretiker und Politiker des Marxismus, Führer der Partei der Bolschewiki, Organisator der Oktoberrevolution in Russland, Begründer und Leiter der Sowjetrepublik und der Kommunistischen Internationale1 – wurde am 9./22. April des Jahres 1870 in der Stadt Simbirsk (jetzt umbenannt in Uljanowsk) geboren.

Der Vater Lenins (Ilja Nikolajewitsch) war bäuerlicher Herkunft, Pädagoge2. Die Mutter, Maria Alexandrowna, geborene Berg [Blank], die Tochter eines Arztes.

Der ältere Bruder Lenins (geboren im Jahre 1866) schloss sich der Bewegung der Narodowolzen3 an, beteiligte sich an einem nicht erfolgreichen Anschlag auf das Leben Alexanders III. und wurde im 22. Lebensjahr4 hingerichtet.

5Lenin, das dritte von sechs Kindern der Familie6, beendete das Simbirsker Gymnasium im Jahre 1887 mit einer Goldmedaille. Die Hinrichtung des Bruders trat für immer in sein Bewusstsein ein und trug zur Bestimmung seines ferneren Schicksals bei.

Im Sommer des Jahres 1887 tritt Lenin der juristischen Fakultät der Kasaner Universität bei, wurde aber im Dezember jenes Jahres wegen Beteiligung an einer Studentenzusammenkunft ausgeschlossen und in das Dorf Kokuschkinо nahe Kasan auf ein Landgut des Großvaters (mütterlicherseits) verschickt. Seine Gesuche (im Jahre 1887) nach erneuter Aufnahme an der Kasaner Universität, wie auch nach Ausreise ins Ausland für die Fortführung der Bildung, stoßen auf Ablehnung. Im Herbst7 wird Lenin zur Rückkehr nach Kasan zugelassen, wo er auch das systematische Studium Marx' aufnimmt und erste Verbindung mit Mitgliedern des örtlichen marxistischen Zirkels anknüpft.

In Verlauf des Jahres 1891 besteht Lenin erfolgreich das Examen an der juristischen Fakultät der Petersburger Universität. Im Jahre 1892 schreibt er sich in Samara als vereidigter Hilfsanwalt8 ein. In dieses und das folgende Jahr fallen einige Auftritte Lenins bei Gericht in der Eigenschaft als Verteidiger. Jedoch den Hauptinhalt seines Lebens bildet bereits das Studium des Marxismus und dessen Anwendung zur Erforschung der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungswege Russlands.

im Jahre 1894 nach Petersburg umgezogen, knüpft Lenin Verbindung unter Arbeitern an und nimmt propagandistische Arbeit auf. In diese Periode gehören erste literarische Arbeiten Lenins, gerichtet gegen Narodniki und Fälscher des Marxismus, die in handgeschriebener Form von Hand zu Hand gingen.9 Im April des Jahres 1895 reist Lenin erstmals ins Ausland, mit dem Hauptziel eine Verbindung zur marxistischen Gruppe „Befreiung der Arbeit" (Plechanow, Sassulitsch, Axelrod)10 zu errichten. Bei der Rückkehr nach Petersburg organisiert er den illegalen Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse", welcher sich schnell in eine beträchtliche Organisation verwandelt, propagandistische und agitatorische Arbeit unter Arbeitern und Studenten entfaltet und Verbindung mit den Provinzen anknüpft. Im Dezember des Jahres 1895 werden Lenin 11und seine nächsten Mitarbeiter arretiert. Das Jahr 1896 verbringt Lenin im Gefängnis, 12wo er am Studium der ökonomischen Entwicklungswege Russlands arbeitet. Im Februar des Jahres 1897 schickt man ihn zu dreijähriger Verbannung nach Ostsibirien, ins Jenissei-Gouvernement. In diese Zeiten (das Jahr 1898) gehört die Ehe Lenins mit N. K. Krupskaja, seiner Arbeitsgenossin im Sankt Petersburger Bund und seiner treue Mitarbeiterin im Verlauf der weiteren 26 Jahre des Lebens und des revolutionären Kampfes. In der Zeit der Verbannung schließt Lenin seine wichtigste ökonomische Arbeit „Die Entwicklung des Kapitalismus in Russland" ab, die auf der methodischen Durcharbeitung eines riesigen statistischen Materials begründet ist (Petersburg, 1899).

im Jahre 1900 reist Lenin mit dem Ziel in die Schweiz aus, im Ausland zusammen mit der Gruppe „Befreiung Arbeit", die Herausgabe einer für Russland bestimmten revolutionären Zeitung zu organisieren. Zu Ende des Jahres erscheint bereits in München Nr. 1 der Zeitung „Iskra" mit dem Epigraph: „Aus einem Funken wird sich eine Flamme entzünden".13 Ziel der Zeitung ist 14die Organisation einer zentralisierten revolutionäre Untergrundpartei der Sozialdemokraten, welche an der Spitze des Proletariats den Kampf mit dem Zarismus eröffnen15 und in ihn die unterdrückten Volksmassen und zuallererst die viele Millionen starke Bauernschaft einbeziehen würde.

In der bald von Lenin herausgegebenen Broschüre „Was tun?" wird die Idee einer Organisation eines zusammengeschlossenen Kaders von Berufsrevolutionären, die der Sache der Revolution restlos ergeben und durch eiserne innerliche Disziplin zusammengeschweißt sind, allseitig entfaltet.

Die Idee einer zentralisierten Parteiführung im Kampf des Proletariat in allen seinen Formen und Ausprägungen tritt bei Lenin eng in Verbindung mit der Idee der Hegemonie der Arbeiterklasse in der demokratischen Bewegung des Landes. Die Idee der Hegemonie wird Angelpunkt der Leninschen Weltanschauung und seines praktischen Kampfes und geht unmittelbar über in das Programm der Diktatur des Proletariats, als das Jahr 1905 und der Februar 191716 die Bedingungen für den Oktoberumsturz17 vorbereiten.

18Der im Juli-August des Jahres 1903 einberufene II. Parteitag der SDAPR (Brüssel-London) nimmt das von Plechanow und Lenin ausgearbeitete Programm an, endet aber mit der historischen Spaltung der Partei in Bolschewiki und Menschewiki. Fortan nimmt Lenin seinen eigenständigen Weg als Führer der Fraktion19, und danach der Partei, der Bolschewiki auf. Die in Fragen der Organisation der Partei begonnenen Differenzen vertiefen sich bald in der Frage der Beziehungen zum bürgerlichen Liberalismus auf der einen Seite, zur Bauernschaft auf der anderen.20 Die Menschewiki streben die Abstimmung der Politik des russischen Proletariats mit der liberalen Bourgeoisie an. Lenin sieht als nächste Alliierte des Proletariats die Bauernschaft. Episodische Annäherungen21 mit den Menschewiki halten die immer größere und größere Diskrepanz zweier Linien nicht auf: die revolutionäre und opportunistische, die proletarische und kleinbürgerliche22. Im Kampf mit dem Menschewismus wird die Politik geschmiedet, die in der Folge den Bruch mit der II. Internationale (1914), die Oktoberrevolution (1917) und das Ersetzen der kompromittierten Bezeichnung Sozialdemokratische Partei durch Kommunistische (1918) bewirkte.

Die Niederlage der Armee und Flotte im russisch-japanischen Krieg, die Erschießung der Arbeiter am 9. Januar des Jahres 1905, Agrarunruhen und politische Streiks schaffen eine revolutionäre Situation im Lande. Das Programm Lenins ist: Vorbereitung auf den bewaffneten Aufstand der Massen gegen des Zarismus, Schaffung einer provisorischen revolutionären Regierung, die die revolutionär-demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern für die radikale Säuberung des Landes vom Zarismus, der Leibeigenschaft und überhaupt jedem mittelalterlichen Plunders organisieren soll. In Übereinstimmung damit wird auf dem allein aus Bolschewiki zusammengesetzten III. Parteitag der Partei (Mai des Jahres 1905) das neue Agrarprogramm der Konfiszierung des Gutsbesitzer- und Zarenlandes angenommen.

In Oktober des Jahres 1905 beginnt der allrussische Streik. Am 17. Oktober erlässt der Zar das „Verfassungs"-Manifest. Anfang November kehrt Lenin aus Genf nach Russland zurück und ruft im ersten Artikel die Bolschewiki auf, die Verbindung mit dem neuen Umfeld die Organisation auszuweiten, zur Partei weite Kreise von Arbeitern heranzuziehen, aber den illegalen Apparat beizubehalten, in Voraussicht auf die unausbleiblichen Schläge der Konterrevolution. 23Im Dezember geht der Zarismus zum Gegenangriff über. Der Aufstand in Moskau Ende Dezember, ohne Unterstützung der Armee, ohne gleichzeitigen Aufstand in anderen Städten und ohne ausreichendes Echo im Dorf, wird bald niedergeschlagen.

In den Ereignissen des Jahres 1905 stellt Lenin drei Momente24 auf: zeitweilige Eroberung der tatsächlichen, d.h. nicht vom Klassenfeind beschränkten25 politischen Freiheit, außer und ungeachtet aller bestehenden Gesetzen und Einrichtungen; [2)] Schaffung neuer, bisher noch potenzieller Organe revolutionärer Macht, in Form von Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten; 3) Anwendung von Volksgewalt gegenüber den Gewalttätern am Volke. Diese Schlussfolgerungen des Jahres 1905 werden leitende Prinzipien der Politik Lenins im Jahre 1917 werden und werden die Diktatur des Proletariats in Form des Sowjetstaats bewirken.

Die Niederlage des Dezemberaufstands in Moskau schiebt die Massen in den Hintergrund.26 Den Vordergrund nimmt die liberale Bourgeoisie ein. Es beginnt die Epoche der ersten zwei Dumas. Lenin formt in dieser Periode die Prinzipien der revolutionären Ausnutzung des Parlamentarismus in unmittelbarer Verbindung mit dem Kampf der Massen mit dem Ziele ihrer Vorbereitung auf eine neue Periode des Angriffs.

Im Dezember des Jahres 1907 reist Lenin aus Russlands aus, um erst im Jahre 1917 in es zurückzukehren. Es eröffnet sich27 die Epoche der siegreichen Konterrevolution, der Verfolgung, Verbannung, Hinrichtungen, Emigration. Lenin führt den Kampf 28gegen alle Strömungen des Verfalls im revolutionären Milieu: gegen die Menschewiki, die die Liquidierung (daher „Liquidatoren") der Untergrundpartei und den Übergang zu rein legaler Tätigkeit im Rahmen des pseudokonstitutionellen Systems29 predigen; gegen die „Versöhnler", die die Gegensätzlichkeit von Bolschewismus und Menschewismus nicht verstanden und versuchten eine Mittelposition30 einnehmen; gegen das Abenteurertum31 der Sozialrevolutionäre, die versuchten durch individuellen Terror die unzureichende Aktivität der Massen zu ersetzen; schließlich gegen das Sektierertum eines Teils der Bolschewiki32, der sogenannten „Otsowisten", die die Abberufung der Sozialdemokraten aus der Duma im Namen des unmittelbaren revolutionären Handelns forderten33, für welches die Lage keine Möglichkeiten eröffnete. In dieser dumpfen Epoche zeigte Lenin die Verbindung zweier grundlegender seiner Eigenschaften: eine unversöhnliche revolutionäre grundlegenden Linie und fehlerloser Realismus bei der Auswahl der Methoden und Mittel.

Gleichzeitig führt Lenin auf breit angelegter Front einen Kampf gegen Versuche der Revision der theoretischen Grundlage des Marxismus, auf welche sich dessen ganze Politik stützt. im Jahre 1908 schreibt er eine kapitale Studie, gewidmet den grundlegenden Fragen der Erkenntnis und34 gerichtet gegen die dem Wesen nach idealistische Philosophie Machs und Avenarius' und deren russische Anhänger, die versuchten, den Empiriokritizismus mit dem Marxismus zu vereinen, 35und in der Politik den Otsowismus durchführten. Gestützt auf die von ihm ausgeführte riesige wissenschaftliche Arbeit36 beweist Lenin, dass sich die Methoden des dialektischen Materialismus, wie sie Marx und Engels formulierten, vollständig als richtig erweisen in der Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens allgemein, der Naturwissenschaften in Besonderheit. So ging bei Lenin der revolutionäre Kampf37, der selbst kleine praktische Fragen nicht aus dem Blick ließ, immer Hand in Hand mit dem theoretischen Kampf, der sich bis selbst zu den höchsten Errungenschaften verallgemeinerndеn Denkens erhob.

Die Jahre 1912-1914 sind charakterisiert von einem neuen Aufschwung der Arbeiterbewegung in Russland. Im Regime der Konterrevolution offenbaren sich Risse. Am Anfang des Jahres 1912 beruft Lenin in Prag eine geheime Konferenz der russischen Organisation der Bolschewiki ein. Die „Liquidatoren" werden für außerhalb der Partei erklärt. Der Bruch mit dem Menschewismus nimmt abschließenden und unwiderruflichen38 Charakter an. Ein neues ZK wird gewählt. Lenin organisiert vom Ausland aus die Herausgabe der legalen Zeitung „Prawda" in Petersburg, welche in beständigem Kampf mit Zensur und Polizei leitenden Einfluss auf die fortgeschrittenen Arbeiter ausübt.

Im Juli des Jahres 1912 zieht Lenin mit seinen nächsten Mitarbeitern aus Paris nach Krakau, mit dem Ziel, seine Beziehungen zu Russland zu erleichtern. Der revolutionäre Aufschwung in Russlands wächst an und verschafft somit dem Bolschewismus einen Vorteil. Lenin schickt in lebhaften Beziehungen zu Russland beinahe täglich Artikel unter unterschiedlichen Pseudonymen an legale bolschewistische Zeitungen, wobei er die erforderlichen Schlussfolgerungen in der illegalen39 Presse vervollständigt. In dieser Periode, wie schon bisher, so auch später, steht N. K. Krupskaja im Zentrum der ganzen organisatorischen Arbeit, nimmt aus Russland ankommende Genossen in Empfang, gibt abfahrenden Instruktionen, stellt illegale Verbindungen her, schreibt konspirative40 Brief, chiffriert und dechiffriert. Im Juli des Jahres 1913 zieht Lenin um in das Örtchen Poronin (Galizien), noch näher an der Grenze. Hier41 überrascht ihn die Kriegserklärung. Die österreichische Polizei verdächtigt Lenin als russischen Spion, arretiert ihn, lässt ihn aber nach zwei Wochen frei und weist ihn in die Schweiz aus.

42Eine neue breite Bahn in der Arbeit Lenins beginnt und erhält sofort eine internationale Spannweite. Ein von Lenin am 1. November im Namen der Partei veröffentlichtes Manifest bestimmt den imperialistischen Charakter des Krieges und die Schuld aller Großmächte an ihm, die vor langer Zeit den blutigen Kampf um die Ausweitung der Märkte und den Ruin der Konkurrenten vorbereiteten. Die patriotische Agitation der Bourgeoisie beider Lager, die die Schuld einander aufbürden, erklärt er zum Manöver zum Übertölpeln der Arbeitermassen. Das Manifest konstatiert den Übergang der Mehrheit der europäischen sozialdemokratischen Führer auf die Position der Verteidigung der vaterländischen43 Bourgeoisie, die Nichterfüllung der Beschlüsse der internationalen sozialistischen Kongresse durch sie und den Zusammenbruch der II. Internationale. Aus dem Blickwinkel der russischen Sozialdemokraten, erklärt das Manifest, wäre die Niederlage des Zarismus das günstigste Ergebnis des Krieges.44 Die Niederlage „ihrer" Regierung sollte die Losung der Sozialdemokraten aller Länder sein.

Lenin unterzog nicht nur den Sozialpatriotismus, sondern 45auch verschiedene Schattierungen des Pazifismus einer gnadenlosen Kritik, welcher vom Frieden schwärmend vor dem Krieg kapituliert und sich mit platonischen Protesten befassend auf revolutionären Kampf mit dem Imperialismus verzichtet.

Die Theoretiker und Politiker der II. Internationale 46verschärften alte Anschuldigungen Lenins des Anarchismus. in der Tat findet in der ganzen theoretischen und praktischen Arbeit Lenins, sowohl vor als auch nach dem Jahre 1914, ein Kampf nicht nur mit dem Reformismus statt, welcher sich zum Beginn des Krieges in Rückhalt für die imperialistische Politik der besitzenden Klassen verwandelte, sondern auch mit dem Anarchismus und allgemein mit allen Spielarten des revolutionären Abenteurertums.

Am 1. November des Jahres 1914 stellt Lenin das Programm zur Schaffung einer neuen Internationale auf, welcher „die Aufgabe bevor[steht], die Kräfte des Proletariats zu organisieren zum revolutionären Ansturm gegen die kapitalistischen Regierungen, zum Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie aller Länder für die politische Macht, für den Sieg des Sozialismus".

Im September des Jahres 191547 versammelt sich in Zimmerwald (Schweiz) die erste Konferenz europäischer Sozialisten, die in Opposition zum imperialistischen Krieg stehen 48(ganze 31 Menschen). Der linke Flügel der Zimmerwalder und danach der Kienthaler Konferenz 49war, unter Führung Lenins, der grundlegende Kern der künftigen Kommunistischen Internationale, deren Programm, Taktik und Organisation unter Führung Lenins ausgearbeitet wurden. Von ihm wurden unmittelbar die Entscheidungen die ersten vier Kongresse der Komintern inspiriert.

Auf seinen Kampf im internationalen Maßstabе war Lenin nicht nur durch seine allgemeine tiefe Bildung auf marxistischer Basis, nicht nur durch seine Erfahrung des revolutionären Kampfes und Parteiaufbaus in Russland vorbereitet, sondern auch durch die detaillierte Bekanntschaft mit der Weltarbeiterbewegung. Er beobachtete im Verlauf einer langen Reihe Jahre unmittelbar das innere Leben der wichtigsten kapitalistischen Staaten.50 Lenin sprach gut die englische, deutsche und französische Sprache und las auch italienisch, schwedisch, polnisch. Eine realistische Vorstellungskraft und politische Intuition erlaubten ihm nicht selten aus einzelnen Erscheinungen das Bild der Gesamtheit zu rekonstruieren.51 Immer und unveränderlich war Lenin52 gegen eine mechanische Übertragung der Methoden eines Landes auf ein anderes, er betrachtete und löste Fragen der revolutionären Bewegung nicht nur in ihrer internationalen Interdependenz53, sondern auch in ihrer nationalen Konkretheit.

54Die Februarrevolution des Jahres 1917 trifft Lenin in der Schweiz an. Seine Versuche, nach Russland zu fahren, prallen auf den entschlossenen Widerstand55 der britischen Regierung56. Lenin entscheidet, den Gegensatz der kriegführenden Länder zu nutzen und nach Russland über Deutschland zu fahren. Der Erfolg seines Plans gibt den Feinden Anlass zu einer ungestümen Verleumdungskampagne, welche jedoch bereits nicht mehr die Kraft hat, zu verhindern, dass Lenin Haupt der Partei, aber bald auch Haupt der Revolution wird.

In der Nacht des 4. April, unmittelbar beim Verlassen des Waggons, tritt Lenin auf dem Finnischen Bahnhof mit einer Rede mit den grundlegenden Gedanken auf, welche er in den nächsten Tagen wiederholt und entfaltet. Der Sturz des Zarismus, sagt Lenin, war bloß die erste Etappe der Revolution. Die bürgerliche Revolution kann die Massen bereits nicht mehr zufrieden stellen. Die Aufgabe des Proletariat ist, sich zu bewaffnen, die Bedeutung der Sowjets zu verstärken, das Dorf aufzuwecken und sich auf die Eroberung der Macht im Namen der sozialistischen Neuordnung der Gesellschaft vorzubereiten.

Das weitgehende Programm Lenins erweist sich nicht nur als unannehmbar für die Gestalten des patriotischen Sozialismus, sondern ruft auch Widerspruch im Umfeld der57 Bolschewiki selbst hervor. Plechanow nennt das Programm Lenins „Fieberwahn". Aber Lenin baut seine Politik nicht auf Stimmungen zeitweiliger Führer der Revolution auf, sondern auf den Wechselbeziehungen der Klassen und der Logik der Massenbewegung.58 Er sagt vorher, dass der Anstieg des Misstrauens zur Bourgeoisie und zur provisorischen Regierung mit jedem Tag anwachsen wird, dass die Partei der Bolschewiki eine Mehrheit in den Sowjets erreichen wird und dass die Macht auf sie wird übergehen müssen. Die kleine Tageszeitung „Prawda" wird fortan in seinen Händen ein mächtiges Werkzeug zum Sturz der bürgerlichen Gesellschaft.

Die Politik der Koalition mit der Bourgeoisie, die die patriotischen Sozialisten durchgeführt haben, und die von den Alliierten erzwungene hoffnungslose Offensive der russischen Armee an der Front rufen die Massen wach und bewirken in Petrograd bewaffnete Demonstrationen in den ersten Julitagen. Der innere Kampf59 wird scharf. Am 5. Juli veröffentlicht die Spionageabwehr60 plump fabrizierte „Dokumente", die bezeugen sollen, dass Lenin im Auftrag des deutschen Generalstabs handelt. Am Abend trafen von Kerenski von der Front herbeigerufene „zuverlässige" Abteilungen und Junker aus der Umgebung Petrograds ein, welche die Stadt einnahmen. Die Bewegung war niedergeschlagen. Die Hetzjagd gegen Lenin erreichte den Höhepunkt. Er ging in die Illegalität, verbarg sich zuerst in Petrograd, danach in Finnland und behielt beständige Verbindung mit den leitenden Elementen der Partei bei.

Die Julitage und die folgende Vergeltung rufen einen heftigen Aufschwung61 in den Massen herbei. Die Voraussicht Lenins rechtfertigt sich auf der ganzen Linie.62 Die Bolschewiki erhalten eine Mehrheit in den Sowjets Petrograds und Moskaus. Lenin verlangt entschlossenes Handeln für die Eroberung der Macht 63und eröffnet von seiner Seite einen unversöhnlichen Kampf gegen die Schwankungen an den Spitzen der Partei. Er schreibt Artikel, Broschüren, offizielle und private Briefe, unterzieht darin die Frage der Eroberung der Macht einer Beleuchtung von allen Seiten, entkräftet Einwendungen, zerstreut Bedenken. Er zeichnet die unausbleibliche Verwandlung Russlands in eine ausländische Kolonie bei Fortführung der Politik Miljukow-Kerenskis und sagt die bewusste Übergabe Petrograds an die Deutschen mit dem Ziel einer Niederlage des Proletariats durch sie voraus. „Jetzt oder niemals!" wiederholt er in leidenschaftlichen Artikeln, Briefen und Gesprächen.

Den Aufstand gegen die provisorische Regierung, der auf Druck Lenins nach einer Entscheidung des ZK für den 10. Oktober geplant wurde, verzögerte der Lauf der Dinge auf den 25. Oktober. An diesem Tag zeigt sich Lenin erstmals nach dreieinhalb Monaten Aufenthalt im Untergrund 64im Smolny, von wo er unmittelbar den Kampf leitet. In der Nacht zum 27. tritt er in der Sitzung des Sowjetkongresses mit einem Dekretentwurf über den Frieden (einhellig angenommen) und dem Dekret über den Grund und Boden (angenommen mit allen gegen eine Stimme bei acht Enthaltungen) auf. Die bolschewistische Mehrheit des Kongress, mit Unterstützung der Gruppe der Linken SRler, erklärte den Übergang der Macht auf die Sowjets. Der Rat der Volkskommissare mit Lenin als Haupt wird ernannt. 65Von der Waldhütte, in der Lenin sich vor der Verfolgung verbarg, geht er unmittelbar auf den Gipfel der Macht über.

Der proletarische Umsturz greift schnell im Lande um sich. Die Sowjets werden Herren der Lage in Stadt und Dorf. Unter diesen Umständen erweist sich die am 5. Januar zusammengekommene Konstituierende Versammlung als klarer Anachronismus.66 Ein Konflikt zwischen zwei Etappen der Revolution ist vorhanden. Lenin zögert nicht für eine Minute. In Nacht des 7. Januar nimmt das WZEK67 nach dem Bericht Lenins, das Dekret über die Auflösung der Konstituierenden Versammlung an. Die Diktatur des Proletariat, lehrt Lenin, kennzeichnet ein Maximum an tatsächlichem, aber nicht formellen Demokratismus68 für die werktätige Mehrheit69, weil sie sie mit der realen Möglichkeit versorgt, Freiheiten zu nutzen, indem sie alle jene materiellen Güter (Gebäude für Versammlungen, Druckereien und andere) in die Hände der Werktätigen übergibt, ohne welche „Freiheit" hohler Schall70 und Illusion bleibt. Die Diktatur des Proletariats ist nach Lenin eine erforderliche Stufe zur Vernichtung der Klassengesellschaft71.

Die Frage von Krieg und Frieden rief neue Krisen der Partei und Macht72 hervor. Ein bedeutender Teil der Partei rief zum „revolutionären Krieg" gegen die Hohenzollern auf und nahm dabei weder Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage des Landes noch auf die Stimmung der Bauernschaft. Lenin hielt das Hinauszögern der Verhandlungen mit den Deutschen zu agitatorischen Zielen so lange wie möglich für erforderlich, forderte jedoch, dass im Falle eines Ultimatums auf deren Seite der Frieden zumindest73 um den Preis territorialer Zugeständnisse und Kontributionen unterschrieben werde: Raum abtreten, um Zeit zu gewinnen, – die sich im Westen entfaltende Revolution annulliert früher oder später die schweren Friedensbedingungen. Der politische Realismus Lenins zeigte sich in dieser Frage in seiner ganzen Kraft. Die Mehrheit des Zentralkomitees macht – gegen Lenin – noch den Versuch, „den Kriegszustand für eingestellt zu erklären, aber zur gleichen Zeit die Unterzeichnung des imperialistischen Friedens abzulehnen". Dies bewirkt die Wiederaufnahme der deutschen Offensive. Nach erbitterter Debatte im ZK auf der Sitzung am 18. Februar erkämpft Lenin die Mehrheit für seinen Vorschlag der unverzüglichen Erneuerung der Verhandlungen und des Unterschreibens der noch mehr erschwerten deutschen Bedingungen.

Die Sowjetregierung zieht auf Initiative Lenins nach Moskau um. Nach erreichtem Frieden brachte Lenin Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaus vor Partei und Land.

74Wie immer stellt er die Fragen scharf: „nötig ist nicht Selbstbetrug … Nötig ist, jenen ganzen Abgrund der Niederlage, Zerstückelung, Versklavung, Erniedrigung völlig, bis zum Boden zu vermessen, in den sie uns nun stießen. Je klarer wir das verstehen werden, umso härter, abgehärteter, stählerner wird unser Wille zur Befreiung werden …“

Aber die schwersten Prüfungen stehen noch bevor. Die konterrevolutionäre Bewegung naht aus den Randgebieten. 75Im Nordkaukasus formieren sich weißgardistische Armeen. SRler und Menschewiki verschärfen ihre feindselige Aktivität. Am Ende des Sommer Jahres 1918 ist Zentralrussland von einem konterrevolutionärem Ring76 eingekreist.

Hand in Hand mit der vaterländischen77 Konterrevolution geht an der Wolga der Aufstand der Tschechoslowaken, im Norden und Süden ist die Intervention der Engländer (2. August – Archangelsk, 14. August – Baku). Die Zufuhr an Lebensmittels hört auf. 78Unter diesen an Schwierigkeiten beispiellosen Bedingungen, als es schien, dass es keinen Ausweg gebe, entfernt sich Lenin nicht auf eine Stunde vom Steuer der Partei und des Staates. Er gibt Einschätzungen jeder neuen Gefahr, weist auf Wege der Rettung hin, agitiert auf Versammlungen und in der Presse, zieht aus den Arbeitermassen immer neue und neue Kräfte heraus, organisiert den Feldzug der Arbeiter auf dem Dorfe für Brot, leitet die Schaffung der ersten Kriegsabteilungen, verfolgt auf der Karte die Bewegungen des Feindes, verbindet sich durch direkte Leitung mit jungen Abteilungen der Roten Armee79, 80kümmert sich im Zentrum um ihre Bewaffnung und Ausrüstung, verfolgt die internationale Lage, orientiert sich über die Widersprüche im Lager der Imperialisten, und 81findet ebenfalls Zeit für aufmerksame Gespräche auch mit den ersten ausländischen Revolutionären, die auf sowjetischem Boden eintreffen, und mit sowjetischen Ingenieuren aus Anlass des Elektrifizierungsplans, neuer Methoden der Ausnutzung von Torf, der Entwicklung eines Netzes von Radiostationen usw. usf.

Am 30. August 82lauert die SRlerin Kaplan Lenin am Eingang des Raums zu einem Arbeitermeeting auf und gibt auf ihn zwei Schüsse ab. Dieser Anschlag erbittert den Bürgerkrieg. Der feste Organismus Lenins wird schnell mit den Verletzungen fertig. In den Tagen der Genesung schreibt er die Broschüre „Die Proletarische Revolution und der Renegat Kautsky", gerichtet gegen den prominentesten Theoretiker der II. Internationale. Am 22. Oktober tritt er bereits mit einer Rede auf.

83Der Krieg an den inneren Fronten bleibt nach wie vor der Hauptinhalt seiner Arbeit. Wirtschaftliche und administrative Probleme nehmen gemäß der Notwendigkeit einen dienstlichen84 Platz ein. Der von außen genährte Bürgerkrieg ist in vollem Gange. 85Nur dank der titanischen Energie Lenins, seiner Scharfsicht und seines unerschütterlichen Willens zum Kampf endete er (am Anfang des Jahres 1921) mit der vollen Niederschlagung der Konterrevolution. Die Staatsorganisation erstarkt. Die strenge Schule des Bürgerkrieg stellt abgehärtete Kader von Organisatoren auf.

Die Oktoberrevolution betrachtete Lenin immer unter der Perspektive der europäischen und Weltrevolution.86 Der Umstand, dass der Krieg nicht einen unmittelbaren sozialistischen Umsturz87 in Europa bewirkte, 88trieb Lenin zu Anfang des Jahres 1921 an, auf neue Weise Fragen des innerlichen wirtschaftlichen Regimes zu stellen. Der sozialistische Aufbau ist unmöglich ohne Vereinbarungen zwischen Proletariat und Bauernschaft. Deshalb muss die Partei das vom Bürgerkrieg hervorgerufene Regime des „Kriegskommunismus" radikal umbauen,89 die Beschlagnahmung des „Überschusses" bei den Bauern durch richtig geleistete Steuern ersetzen und privaten Warenaustausch annehmen. Diese von Lenin bei voller Anteilnahme der ganzen Partei90 durchgeführten Maßnahmen, eröffneten eine neue Bahn in der Entwicklung der Oktoberrevolution, unter dem Name „Neue Ökonomische Politik".

In seiner Politik innerhalb der Sowjetunion verhält sich Lenin mit größter Aufmerksamkeit zur Lage der unter dem Zarismus unterdrückten Nationalitäten, und91 strebt mit allen Mitteln, für sie Bedingungen freier nationaler Entwicklung zu schaffen. Lenin führt einen gnadenlosen Kampf gegen alle Ausprägungen von 92Großmachttendenzen im Staatsapparat, umso mehr innerhalb der Partei. Anschuldigungen der nationalen Unterdrückung, die gegen Lenins und seine Partei aus dem Exil von Georgiern und anderen93 vorgebracht wurden, werden in der Tat nicht durch den nationalen Kampf, sondern94 scharfe Zusammenstöße von Klassen innerhalb von Nationen hervorgerufen.

Das Prinzip der nationalen Selbstbestimmung, welches sich in der westeuropäischen Arbeiterbewegung ausschließlich auf nationale Minderheiten sogenannter Kulturländer erstreckte, und auch dann nur halbherzig, dehnt Lenin mit ganzer Entschlossenheit auf die Kolonialvölker aus, und setzt sich für die Verteidigung ihres Rechts auf volle Lostrennung von den Metropolen ein.95 Das westeuropäische Proletariat muss nach Lenins Lehre den deklarativen Ausdruck der Sympathie für unterdrückte Nationen ablehnen und zum gemeinsamen Kampf mit ihnen gegen den Imperialismus übergehen.

Auf dem VIII. Sowjetkongress (1921) berichtet Lenin über die auf seine Initiative ausgeführte Arbeit zur Erstellung eines Elektrifizierungsplans des Landes. Der allmähliche Aufschwung auf die höchste Stufe der Technik gibt das Pfand des erfolgreichen Übergangs von der kleine bäuerlichen Warenwirtschaft96 mit ihren Zersplitterung zur von einem Plan umfassten sozialistischen Großproduktion,. „Sozialismus ist Sowjetmacht97 plus Elektrifizierung"98.

99Durch übermäßige Arbeitsanspannung im Verlauf vieler Jahre herbeigerufene Überanstrengung untergrub die Gesundheit Lenins. Sklerose sucht die Blutgefäße des Gehirns heim. Zu Anfang des Jahres 1922 untersagen ihm die Ärzte die tägliche Arbeit.

Im Juni-August entfaltet sich die Krankheit Lenins; es beginnt der Verlust der Sprachfähigkeit. 100Anfang Oktober verbessert sich die Gesundheit derart, dass Lenin von neuem zur Arbeit zurück kehrt, aber bereits nicht für lange. Seine letzte öffentliche Rede schließt Lenin mit dem Ausdruck der Zuversicht darüber ab, dass als Resultat beharrlicher kollektiver Arbeit „aus dem NEP-Russland das sozialistische Russland wird …".

Am 16.101 Dezember beginnt die Lähmung der rechten Hand und des rechten Beins. 102Jedoch im Januar-Februar diktiert Lenin noch eine Reihe von Artikel, die große Wichtigkeit für die Politik der Partei haben: über den Kampf mit dem Bürokratismus im Sowjet- und Parteiapparat, über die Bedeutung der Genossenschaften für die allmähliche Gewinnung der Bauern für die sozialistische Wirtschaft und schließlich über die Politik in Beziehung auf die Nationalitäten, welche unter dem Zarismus unterdrückt waren.

Die Krankheit machte Fortschritte. Erneut begann der Verlust der Sprachfähigkeit. Die Arbeit für die Partei hörte auf, aber bald hörte auch das Leben auf. 103Lenin verstarb am 21. Januar des Jahres 1924 um 6 Uhr 30 abends in Gorki, nahe Moskau. Seine Beisetzung war eine beispiellose Manifestation der Liebe und Trauer von Million. 104Die Einheit der Ziele trug Lenin über sein ganzes Leben, beginnend mit der Schulbank. Er kannte keine Schwankungen im Kampf mit jenen, welche er als Feinde der Arbeiterklasse erachtete. In seinem leidenschaftlichen Kampf war niemals etwas Persönliches. Er verstand sich als Werkzeug eines unabwendbaren historischen Prozesses. Die materialistische Dialektik als Methode wissenschaftlicher Orientierung in der gesellschaftlichen Entwicklung verband Lenin mit der größten Intuition eines Führers.

Das Äußere Lenins stach durch Schlichtheit und Festigkeit bei mittlerem oder ein wenig niedriger als mittlerem Wuchs heraus, mit plebejischen Linien des slawischen Gesichts, das von durchdringenden Augen erleuchtet wurde und dessen kräftige Stirn in die Kuppel eines noch kräftigегen Schädels überging, was ihm ungewöhnlich herausragende Bedeutsamkeit verlieh. Die Unermüdlichkeit Lenins bei der Arbeit war beispiellos. 105Sein Denken war gleich angespannt in der sibirischen Verbannung, im britischen Museum oder in einer Sitzung des Rat der Volkskommissare. Mit 106äußerster Gewissenhaftigkeit hielt er Vorträge im kleinen Arbeiterzirkel in Zürich und baute den ersten sozialistischen Staat der Welt auf. Wissenschaft, Kunst, Kultur schätzte und liebte er in ihrem ganzen Umfang, vergaß aber niemals, dass sie den Besitz einer unbedeutenden107 Minderheit bilden. In der Schlichtheit seines literarischen und rednerischen Stils drückte sich die größte Konzentriertheit der auf ein einziges Ziel gerichteten geistigen Kräfte aus. 108Im persönlichen Umgang war Lenin ausgeglichen, freundlich, aufmerksam, besonders zu den Unterdrückten, zu den Schwachen, zu Kindern. Seine Lebensweise im Kreml unterschied sich wenig von seiner Lebensweise in der Emigration. Schlichtheit des Alltags, Enthaltsamkeit in Beziehung auf Nahrung, Trinken, Kleidung und ganz allgemein „die Güter" des Lebens entflossen bei ihm nicht aus irgendwelchen moralistischen Prinzipien, sondern aus jenem Faktum, 109dass Geistesarbeit und angespannter Kampf nicht nur seine Interessen und Leidenschaften verschlang, sondern ihm auch höchste Befriedigung gab, 110die keinen Platz für Surrogatgenüsse lässt. 111Sein Denken arbeitete an der Sache der Befreiung der Werktätigen bis zu dem Augenblick, wo es abschließend erlosch.112

1 In der englischen Übersetzung: „Gründer und leitender Geist der Sowjetrepublik und der Kommunistischen Internationale, der Schüler von Marx, der Führer der Bolschewistischen Partei und der Organisator der Okt.revolution in Russland“

2 In der englischen Übersetzung: „Schulmeister“ – tatsächlich war er in der Schulverwaltung tätig

3 In der englischen Übersetzung eingefügt: „(eine revolutionäre terroristische Organisation)“

4 In der englischen Übersetzung statt „im 22. Lebensjahr“: „(1891)“, die Übersetzung hat also aus Alexanders 22. Lebensjahr Lenins 22. Lebensjahr gemacht und die Hinrichtung von 1887 auf 1891 verlegt

5 In der englischen Übersetzung eingefügt: „Frühes Leben. –

6 In der englischen Übersetzung: „Der dritte in einer Familie von sechs“

7 In der englischen Übersetzung statt „in das Dorf Kokuschkinо nahe Kasan auf ein Landgut des Großvaters (mütterlicherseits). Seine Gesuche (im Jahre 1887) nach erneuter Aufnahme an der Kasaner Universität, wie auch nach Ausreise ins Ausland für die Fortführung der Bildung, stoßen auf Ablehnung. Im Herbst“: „aufs Land verbannt. Erst im Herbst 1889“

8 In der englischen Übersetzung: „Anwalt“

9 In der englischen Übersetzung: „In diese Periode gehören die ersten gegen die Volkspartei gerichteten polemischen Schriften Lenins, die in Manuskriptform von Hand zu Hand weitergegeben wurden. Bald darauf begann Lenin in der Presse einen theoretischen Kampf gegen die Fälscher von Marx.“

10 In der englischen Übersetzung: „um sich mit Plechanow, Sassulitsch, Axelrod und der marxistischen Gruppe "Oswoboschdenie Truda" (Befreiung der Arbeit) zu treffen“

11 In der englischen Übersetzung fehlt der Schluss des Satzes

12 In der englischen Übersetzung fehlt der Schluss des Satzes

13 In der englischen Übersetzung: „Motto ,Vom Funken zur Flamme'“

14 In der englischen Übersetzung eingefügt: „eine marxistische Interpretation der Probleme der Revolution mit den politischen Schlagworten des Kampfes zu geben und“

15 In der englischen Übersetzung fehlt der Schluss des Satzes und der folgende Absatz

16 In der englischen Übersetzung statt „das Jahr 1905 und der Februar 1917“: „die Entwicklung der revolutionären Bewegung“

17 In der englischen Übersetzung: „Okt.revolution“

18 In der englischen Übersetzung eingefügt: „Bolschewiki und Menschewiki“

19 In der englischen Übersetzung: „Sektion“

20 In der englischen Übersetzung: „Die Differenzen betrafen die Taktik und schließlich das Parteiprogramm.“

21 In der englischen Übersetzung statt „Annäherungen“: „Vereinbarungen und nähere Beziehungen“

22 In der englischen Übersetzung: „bürgerliche“

23 In der englischen Übersetzung fehlt dieser Satz, der nächste ist an den Beginn des übernächsten Absatzes verschoben.

24 In der englischen Übersetzung: „Hauptmerkmale“

25 In der englischen Übersetzung fehlt: „d.h. nicht vom Klassenfeind beschränkten“

26 In der englischen Übersetzung fehlt dieser Satz, statt dessen ist hier der letzte Satz des vorvorigen Absatzes.

27In der englischen Übersetzung eingefügt: „jetzt (1907)“

28 In der englischen Übersetzung fehlt die Formulierung bis zum Doppelpunkt

29 In der englischen Übersetzung statt „pseudokonstitutionellen Systems“: „bestehenden Regimes“

30 In der englischen Übersetzung statt: „die Gegensätzlichkeit von Bolschewismus und Menschewismus nicht verstanden und versuchten eine Mittelposition“: „die versuchten eine Mittelposition zwischen Bolschewismus und Menschewismus“

31 In der englischen Übersetzung fehlt „das Abenteurertum“

32 In der englischen Übersetzung: „gegen jene Bolschewiki“

33 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Absatzes

34 In der englischen Übersetzung fehlt: „gewidmet den grundlegenden Fragen der Erkenntnis und“

35 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Satzes

36 In der englischen Übersetzung fehlt der Beginn des Satzes

37 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Satzes: „Hand in Hand mit seinen theoretischen Kontroversen“

38 In der englischen Übersetzung fehlt „und unwiderruflich“

39 In der englischen Übersetzung ergänzt: „(,Untergrund')“

40 In der englischen Übersetzung fehlt das Wort.

41 In der englischen Übersetzung beginnt statt dem vorigen Satz dieser mit „Es war in der kleinen Stadt Poronin in Galizien, wo“

42 In der englischen Übersetzung lautet der Beginn: „Internationalismus – Eine neue und internationale Phase der Arbeit Lenins ist nun eröffnet.

43 In der englischen Übersetzung: „ihrer eigenen Länder“

44 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

45 In der englischen Übersetzung geht der Absatz weiter: „jenen Pazifismus, der sich, obwohl er mit platonischen Protesten beschäftigt ist, aus dem revolutionären Kampf mit dem Imperialismus zurückzieht. Der Kampf mit dem Pazifismus entwickelt sich zu einem großen Kampf mit denjenigen Elementen der Arbeiterklasse, die auf halbem Wege zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten stehen und die ersteren tatsächlich in der Praxis unterstützen.“

46 In der englischen Übersetzung: „verdoppelten die Anschuldigungen des Anarchismus, die sie zuvor gegen Lenin erhoben hatten“

47 In der englischen Übersetzung eingefügt: „(5. und 8. Sept.)“

48 In der englischen Übersetzung statt der Klammer der Satz: „Einunddreißig Delegierte waren anwesend“

49 In der englischen Übersetzung eingefügt: „ nahm die Forderung Lenins nach der Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg an“

50 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

51 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

52 In der englischen Übersetzung beginnt der Satz: „Er war fest“

53 In der englischen Übersetzung: „Reaktionen“

54 In der englischen Übersetzung eingefügt: „Revolution von 1917“

55 In der englischen Übersetzung statt „entschlossenen Widerstand“: „Opposition“

56 In der englischen Übersetzung statt dem folgenden Satz: „und er entscheidet, durch Deutschland zu reisen“

57 In der englischen Übersetzung: „unter den“

58 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

59 In der englischen Übersetzung: „Der Kampf gegen den Bolschewismus“

60 In der englischen Übersetzung: „konterrevolutionäre Geheimdienst“, wohl ein Missverständnis von „Konterspionage“?

61 In der englischen Übersetzung: „Energieausbruch“

62 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

63 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Satzes und die folgenden Sätze bis „Proletariats durch sie voraus“.

64 In der englischen Übersetzung beginnt der Absatz: „Der Sowjet der Volkskommissare. - Der Aufstand gegen die Provisorische Regierung fiel mit der Eröffnung des zweiten Kongresses der Sowjets am 25. Oktober zusammen. Nachdem Lenin dreieinhalb Monate untergetaucht war, erschien er“

65 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

66 In der englischen Übersetzung lautet der Beginn des Absatzes: „Nachdem die Bauern das Land der Gutsbesitzer erhalten hatten, unterstützten sie die Bolschewiki. Die Sowjets wurden die Herren der Situation. Die konstituierende Versammlung, die im November gewählt wurde und am 5. Januar zusammentrat, war ein Anachronismus.“

67 In der englischen Übersetzung ausgeschrieben: „Allrussische Zentralexekutivkomitee“

68 In der englischen Übersetzung statt „tatsächlichem, aber nicht formellen Demokratismus“: „Demokratie“

69 In der englischen Übersetzung eingefügt: „des Volkes“

70 In der englischen Übersetzung fehlt „hohler Schall und“

71 In der englischen Übersetzung: „Klassenspaltungen der Gesellschaft“

72 In der englischen Übersetzung statt „neue Krisen der Partei und Macht“: „eine neue Krise“

73 In der englischen Übersetzung: „sogar“

74 In der englischen Übersetzung fehlt der folgende Absatz

75 In der englischen Übersetzung fehlt der folgende Satz

76 In der englischen Übersetzung statt „konterrevolutionärem Ring“: „Feuerring“

77 In der englischen Übersetzung: „russischen“

78 In der englischen Übersetzung lautet der Satz: „Lenin hörte nie auf, seine Partei und die Regierung zu lenken.“

79 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Satzes als eigener Satz: „Er führte die Propagandaarbeit fort, weckte die Massen auf, organisierte die Beschaffung von Getreide; er verfolgte die Bewegungen des Feindes und stand in direkter Verbindung mit der Roten Armee.“

80 In der englischen Übersetzung lautet der Mittelteil des Satzes als eigener Satz: „Er verfolgte die internationale Situation und orientierte sich an den Meinungsverschiedenheiten in den Lagern der Imperialisten.“

81 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Satzes als eigener Satz: „Er fand Zeit für Interviews mit ausländischen Revolutionären und mit sowjetischen Ingenieuren und Wirtschaftswissenschaftlern.“

82 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Satzes: „gibt die Sozialrevolutionärin Kaplan zwei Schüsse auf Lenin ab, als er auf dem Weg zu einer Arbeiterversammlung war.“

83 In der englischen Übersetzung eingefügt: „Die Neue Ökonomische Politik. -“

84 In der englischen Übersetzung: „untergeordneten“

85 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Absatzes: „Der Kampf endete Anfang 1921 mit der völligen Niederlage der Konterrevolution, und die Regierung wuchs an Stärke.“

86 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

87 In der englischen Übersetzung statt „sozialistischen Umsturz“: „proletarische Revolution“

88 In der englischen Übersetzung lautet der Rest des Satzes und der folgende Satz: „hatte die Schwierigkeiten des sozialistischen Wiederaufbaus enorm vergrößert, der ohne eine Einigung zwischen dem Proletariat und der Bauernschaft unmöglich war.“

89 In der englischen Übersetzung fehlt der Beginn des Satzes

90 In der englischen Übersetzung fehlt „bei voller Anteilnahme der ganzen Partei“

91 In der englischen Übersetzung fehlt „verhält sich mit größter Aufmerksamkeit zur Lage der unter dem Zarismus unterdrückten Nationalitäten, und“

92 In der englischen Übersetzung statt „Großmachttendenzen im Staatsapparat, umso mehr innerhalb der Partei“: „imperialistischen Tendenzen, insbesondere innerhalb der Partei selbst, deren Reinheit er mit größter Eifersucht bewahrte“

93 In der englischen Übersetzung statt „aus dem Exil von Georgiern und anderen“: „mit Bezug auf Georgien usw.“

94 In der englischen Übersetzung fehlt „nicht durch den nationalen Kampf, sondern“

95 In der englischen Übersetzung lautet der Satz: „Lenin bestand darauf, die Prinzipien der nationalen Selbstbestimmung in vollem Umfang auf die Kolonialvölker anzuwenden.“

96 In der englischen Übersetzung: „Wirtschaft“

97 In der englischen Übersetzung: „Sowjetreg.“

98 ungenau zitiert. Bei Lenins: „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes"

99 In der englischen Übersetzung eingefügt: „Tod“

100 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Absatzes

101 In der englischen Übersetzung: „Im“

102 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Absatzes

103 In der englischen Übersetzung fehlt der Beginn des Absatzes

104 In der englischen Übersetzung fehlt der Rest des Absatzes

105 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

106 In der englischen Übersetzung: „Mit derselben exemplarischen Gewissenhaftigkeit“

107 In der englischen Übersetzung: „kleinen“

108 In der englischen Übersetzung fehlt der Satz.

109 In der englischen Übersetzung lautet der Beginn des Satzes: „Die Einfachheit seiner täglichen Gewohnheiten war darauf zurückzuführen“

110 In der englischen Übersetzung fehlt der Schluss des Satzes.

111 In der englischen Übersetzung lautet der Satz: „Seine Gedanken hörten nie auf, an der Aufgabe der Befreiung der Arbeiter zu arbeiten.“

112 In der englischen Übersetzung folgen zwei Absätze: „Zu seinen Werken gehören: Ekonomitscheskoje soderschanije narodnitschestwa i Kritika ewo w Knige g. Struve, 1895 (Der ökonomische Inhalt der Volkstümlerrichtung und die Kritik an ihr in dem Buch des Herrn Struve. Die Reflexion des Marxismus über die bürgerliche Literatur); Kharakteristike ekonomitscheskowo romantisma, 1897 (Zur Charakteristik der ökonomischen Romantik), Sismondi und unsere Sismondisten; Raswitije Kapitalisma w Rosii, 1899 (Die Entwicklung des Kapitalismus in Russland). Der Prozess der Schaffung eines Binnenmarktes für die Großindustrie; Tschto Djelat, 1902. (Was tun?) Französische Übersetzung. Que Faire? Brennende Fragen unserer Bewegung; Dwe taktiki sotsial-demokratii w demokratitscheskoi rewoljutsii, 1905 (Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution); Agrarnaja programma sotsial-demokratii w pjerwoi russkoi rewoljutsii 1905-1907, 1907 (Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der ersten russischen Revolution von 1905 bis 1907); Sa 12 ljet, 1908 (12 Jahre), Zwei Tendenzen im russischen Marxismus und in der russischen Sozialdemokratie; Materialism i Empiriokrititsism, 1909 (Materialismus und Empiriokritizismus). Kritische Beobachtungen über eine reaktionären Philosophie; Krakh II. Internatsionala, 1915 (Der Zusammenbruch der II. Internationale. Eng. Übers., 1919); Sotsialism i Wojna, 1915 (Sozialismus und Krieg. In Zusammenarbeit mit Sinowjew. deutsche Übers., 1915); Imperialism, kak noweischii etap kapitalisma, 1917 (Der Imperialismus als neuste Etappe des Kapitalismus), französische Übers.., 1923; Pisma o taktike, 1917 (Briefe über die Taktik); Uroki rewoljujtsii, 1917 (Lehren der Revolution, dt. Übers., 1918; dt. Übers., 1921); Gosudarstwo i revoljutsija, 1917 (Staat und Revolution, dt. Übers., 1919). Die Staatstheorie des Marxismus und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution. Französische Übersetzung, 1919; deutsche Übersetzung, 1918; Grosjaschtschaja Katastrofa i kak c nej borotsja, 1917 (Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll?. Französische Übers., La catastrophe imminente et les mesures de la conjurer, 1918). Deutsche Übersetzung, 1918; Uderschat li bolschewiki gosudarstwennuju wlast? 1917 (Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten? deutscher Text, 1921); Proletarskaja rewoljutsija i renegat Kautskij, 1918. (Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky, Engl. Übers. 1920); französischer Text, 1919; deutscher Text, 1918; Wybory w Utschreditelnoje Sobranije i diktatura proletariata, 1919. (Die Wahlen in die Konstituierende Versammlung und die Diktatur des Proletariats. Eng. Übers., 1920); Deutsch Übers., 1920; Djetskaja bolesn „lewismy" w kommunisme, 1920 („Der „Linke Radikalismus", die Kinderkrankheit im Kommunismus"). Eng. Übers. 1921; Französisch Übers. 1921; Deutsch Übers, 1921); Krisis w partij, 1921 (Die Krise in der Partei); O Prodnaloge, 1921 (Über die Naturalsteuer. deutsche Übers.); Stranitschki is dnewnika, 1923 (Seiten aus meinem Tagebuch); O Kooperatsii, 1923 (Über das Genossenschaftswesen. Französische Übers. Sur la Coopération, 1924); Lutschsche mensche, da lutschsche, 1923 (Lieber weniger, aber besser); Sobranije sotschinenii Bd.. 1-19, 1921-24 (Gesammelte Werke in 19 Bänden).

Es gibt zwei deutsche Ausgaben von Lenins gesammelten Werken - Ausgewählte Werke Sammelband, 1925, und Auswahl aus seinen Werken. Siehe auch Landau-Aldanow, Lenin und Bolschewismus (1920); K. Wiedenfeld, Lenin und sein Werk (1923); N. Bucharin, Lenin, Leben und Werk (1924); E. Drahn, Lenin eine Bio-Bibliographie (1924); M. Gorki, Lenin et le paysan russe (1924); L. Trotzki, Lenin (auf Englisch 1925); J. Stalin, Leninismus (auf Englisch 1928). (L. TR.; X.)“

Kommentare