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Lenin gegen den Streikbruch von Sinowjew und Kamenew

Der Brief gibt die verdiente scharfe und vernichtende Kritik an der Stellung von Kamenew und Sinowjew, die sie in den Sitzungen des ZK vom 10./23 und 16./29. Oktober entnahmen, wo die Frage der sofortigen Organisierung des bewaffneten Aufstandes behandelt wurde (siehe die Resolution des ZK). Schritt für Schritt zerpflückt der Brief die Argumente Kamenews und Sinowjews. Der Brief spielte bei der Mobilisierung der Kräfte auf Grund der Beschlüsse des ZK über den bewaffneten Aufstand eine gewaltige Rolle, denn er traf nicht nur die Streikbrecherrolle dieser zwei ZK-Mitglieder, sondern auch alle Schwankungen, die sich in diesen entscheidenden Oktobertagen zeigen konnten. Dieser vernichtende Hieb war umso notwendiger, als sich Kamenew und Sinowjew auf die Vertretung ihres Standpunktes in den Sitzungen des ZK nicht beschränkten. Am Tage nach der Sitzung des 10./23. Oktober überreichten sie dem ZK eine Erklärung, in welcher sie gegen dessen Beschluss protestierten, und schickten diese Erklärung an die größeren Parteiorganisationen. Und nach der Sitzung vom 16./29. Oktober überreichten sie dem ZK eine neue Erklärung mit der Forderung nach sofortiger Einberufung des Plenums des Zentralkomitees. Außerdem reichte Kamenew die folgende Erklärung über seinen Austritt aus dem Zentralkomitee ein: „An das ZK der SDAPR. Da es mir nicht möglich ist, den Standpunkt zu vertreten, der in den letzten Beschlüssen des Zentralkomitees zum Ausdruck gekommen ist und der den ganzen Charakter seiner Arbeit bestimmt, und da ich der Meinung bin, dass diese Stellung die Partei und das Proletariat zur Niederlage führen muss, so bitte ich das Zentralkomitee, mich nicht mehr als Mitglied des Zentralkomitees zu betrachten. J. Kamenew.“ Damit nicht genug, erschien am 18./31. Oktober in der antibolschewistischen Zeitung „Nowaja Schisn“, die gegen die Eroberung der Macht durch das Proletariat ungefähr mit denselben Argumenten auftrat wie Kamenew und Sinowjew (siehe den Artikel „Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten?“), eine öffentliche Erklärung Kamenews (auch im Namen Sinowjews), in der es hieß, dass beide „unter den gegebenen Umständen" verpflichtet seien, „gegen jeden Versuch, die Initiative eines bewaffneten Aufstandes auf sich zu nehmen, der zur Niederlage verurteilt und für die Partei, für das Proletariat, für das Schicksal der Revolution die verderblichen Folgen hätte, aufzutreten“. „Alles auf die Karte der Erhebung in den allernächsten Tagen setzen, hieße einen Schritt der Verzweiflung unternehmen“, schrieben Kamenew und Sinowjew weiter. Diese Erklärung, die den vertraulichen Beschluss der Partei, den bewaffneten Aufstand vorzubereiten, bekannt gab, zudem noch in einer Zeitung, die gegen die Ergreifung der Macht durch das Proletariat überhaupt auftrat, war von Kamenew und Sinowjew ein Verrat an der Sache der Revolution, Lenin antwortete darauf in seinen ebenfalls im vorliegenden Band abgedruckten Briefen „An die Mitglieder der Partei“ und „An das ZK der SDAPR“ vom 18./31. Oktober und 19. Oktober/1. November mit der scharfen und nachdrücklichen Forderung, Kamenew und Sinowjew als Streikbrecher aus der Partei auszuschließen. Diese Briefe Lenins sowie die Erklärung Kamenews vom 16./29. Oktober über seinen Austritt aus dem ZK erörterte das ZK in seiner Sitzung vom 20. Oktober/2. November 1917. Nach einer langen Diskussion beschloss das ZK, Kamenew und Sinowjew aus der Partei nicht auszuschließen, Kamenews Demission anzunehmen und „Kamenew und Sinowjew zur Pflicht zu machen, mit keinen Erklärungen gegen die Beschlüsse des ZK und die von diesem festgesetzte Linie der Arbeit aufzutreten“. Ferner wurde ein Antrag Miljutins angenommen, demzufolge „kein Mitglied des ZK das Recht hat, gegen die Beschlüsse des ZK aufzutreten“. Damit war die Frage des Verhaltens Kamenews und Sinowjews vorläufig erledigt. Sie erhob sich aber für die Partei und das ZK sofort nach dem Umsturz vom Oktober von neuem, als diese Genossen im Zusammenhang mit der Frage der Organisierung der Räteregierung ihre Linie der Festhaltung der Revolution im Rahmen der bürgerlichen Demokratie trotz der bereits erfolgten Ergreifung der Macht durch das Proletariat fortsetzten, aus dem ZK austraten und auch einige andere Vertreter der Partei bzw. der rechten Elemente in der Partei zum Austritt aus dem ZK und aus dem Rat der Volkskommissare bewogen (s. den Brief des ZK „An die Genossen Sinowjew, Kamenew, Rjasanow und Larin“ und „An Alle Mitglieder der Partei und an alle Werktätigen Russlands“). [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 6, Anm. 97]

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