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Baseler Manifest

Manifest des außerordentlichen sozialistischen Kongresses in Basel (24. und 25. November 1912). Der Kongress wurde aus Anlass des Balkankrieges einberufen, der das Gleichgewicht der imperialistischen Staaten zerstörte und die Gefahr des Weltkrieges offenkundig machte. Auf dem Kongress stand ein einziger Tagesordnungspunkt zur Beratung: die Kriegsfrage, und es wurden revolutionäre Beschlüsse gefasst. Das einstimmig angenommene Manifest („Basler Manifest") bestätigte die Resolutionen der Kongresse von Stuttgart und Kopenhagen über den Krieg und verpflichtete die sozialistischen Parteien aller Länder, mit allen Mitteln sich dem Ausbruch des Krieges zu widersetzen und, falls er dennoch ausbrechen sollte, ihm mit allen Kräften entgegenzuwirken. – Als knapp zwei Jahre später der vom Basler Kongress vorausgesagte imperialistische Krieg wirklich ausbrach, da vergaßen die Führer der II. Internationale diese Beschlüsse, und die offiziellen sozialdemokratischen Parteien, mit Ausnahme der russischen, italienischen, bulgarischen und serbischen, unterstützten den Krieg und die eigene Bourgeoisie. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.1, Anm. 11]

Das Baseler Manifest gehört zu den wichtigsten Dokumenten, in denen die Vorkriegssozialdemokratie ihre Stellung zum imperialistischen Krieg zum Ausdruck gebracht hat. Das Manifest wurde auf dem außerordentlichen Sozialistenkongress angenommen, der im November 1912 in Basel tagte. Dieser Kongress wurde zum Protest gegen den Balkankrieg und gegen den drohenden europäischen Krieg einberufen. Das Baseler Manifest bestätigte die Beschlüsse des Stuttgarter Kongresses über den Krieg und vereinigte die Resolutionen der vorhergehenden Kongresse von Stuttgart und Kopenhagen, indem es den imperialistischen Charakter des kommenden Krieges unterstrich und die Sozialisten zum entschiedenen Kampf gegen diesen Krieg aufrief. Lenin, der in seiner Schrift „Der Zusammenbruch der II. Internationale über das Baseler Manifest spricht, fasst die Grundgedanken, die in dem Manifest zum Ausdruck kamen, folgendermaßen zusammen:

Das Baseler Manifest sagt: 1. dass der Krieg eine ökonomische und politische Krise schaffen wird; 2. dass die Arbeiter ihre Teilnahme am Kriege als ein Verbrechen empfinden werden, als ,ein Verbrechen, aufeinander zu schießen, zum Vorteile des Profits der Kapitalisten, des Ehrgeizes der Dynastien oder zu höherer Ehre diplomatischer Geheimverträge', dass der Krieg die ,Entrüstung und Empörung' der Arbeiterklasse hervorrufen muss; dass die Sozialisten diese Krise und diesen Seelenzustand der Arbeiter zur ,Aufrüttelung des Volkes und zur Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft' auszunutzen verpflichtet sind; 4. dass die ,Regierungen' – samt und sonders, ohne Ausnahme – ,nicht ohne Gefahren für sie selbst' den Krieg entfesseln können; 5. dass die Regierungen ,die proletarische Revolution fürchten'; 6. dass die Regierungen ,sich erinnern mögen’ an die Pariser Kommune (d. h. an den Bürgerkrieg), an die Revolution des Jahres 1905 in Russland usw.“

Lenin betonte mit allem Nachdruck, dass das Wesen des Zusammenbruchs der II. Internationale vom Standpunkt der klassenbewussten Arbeiter in dem schreienden Verrat der sozialdemokratischen Parteien an ihren feierlichen Erklärungen und Manifesten auf dem Stuttgarter und dem Baseler Kongress besteht.

Das Wesen des Zusammenbruchs der II. Internationale besteht darin, dass die sozialdemokratischen Parteien im entscheidenden Moment den Krieg unterstützten, dass sie auf die Seite ihrer Generalstäbe, ihrer Regierungen, ihrer Bourgeoisie traten und das Proletariat verrieten.

Hier, im politischen Bericht des ZK an den XI. Parteitag, weist Lenin darauf hin, dass die Art, wie die Frage des Krieges im Jahre 1912 gestellt wurde, nach der Oktoberrevolution schon unzureichend ist. Sie ist deswegen unzureichend, weil das Baseler Manifest nicht konkret vorauszusehen vermochte, „wie man aus dem Krieg herauskommen kann und was für Mühe das kostet“, dass es keinen konkreten Ausweg aus dem reaktionären Krieg auf revolutionärem Weg weisen konnte, wie die es die Oktoberrevolution getan hat. Unter anderem erwähnt Lenin die unzureichende Fragestellung, die in den Worten zum Ausdruck kommt: „die Arbeiter ziehen den Aufstand dem Kriege vor".

Dadurch unterstreicht er, dass der imperialistische Krieg, der reaktionäre Krieg in einen Bürgerkrieg verwandelt werden muss. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 102]

Ob Otto Bauer an der Abfassung des Baseler Manifestes beteiligt war, konnte die Redaktion nicht feststellen. In den Protokollen des „Außerordentlichen Internationalen Sozialistenkongresses zu Basel am 24./25. November 1912“ ist kein Hinweis darauf enthalten, dass Otto Bauer an den Arbeiten des Kongresses teilgenommen hat.

Das Baseler Manifest wurde dem Kongress vom Internationalen Sozialistischen Büro zur Bestätigung vorgelegt. Vorher war der Text in einer Kommission ausgearbeitet und vom Internationalen Sozialistischen Büro angenommen worden.

Ob Otto Bauer an den Arbeiten dieser Kommission teilgenommen hat, ist nicht bekannt. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 25, Anm. 41]

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