Auslandsvertretung des ZK der SDAPR 19171111 Für die russische Arbeiterregierung

Auslandsvertretung des ZK der SDAPR: Für die russische Arbeiterregierung oder für die europäischen Kapitalistenregierungen! Für den Frieden oder den Krieg!

[Nach Bote der Russischen Revolution. Organ der ausländischen Vertretung des Zentralkomitees der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki) Nr. 9/10, 17. Nov. 1917, S. 6-8]

An der Spitze der russischen Republik steht eine Arbeiter- und Bauernregierung.

Die rücksichtsloseste Proletarierpartei Europas gibt in Petrograd den Ausschlag. Sie hat in Namen der Massen, die sie aufs Schild gehoben haben, den Friedensschluss auf die Tagesordnung gestellt. Nicht Friedensliebebeteuerung, nicht Friedensprogramme zur Diskussion, sondern den Frieden.

Versteht ihr das, Proletarier Europas, die ihr von anstrengender Arbeit nicht mehr den Rücken grad halten könnt? Versteht Ihr das, Frauen deren Väter und Söhne verbluten? Versteht Ihr es, Ihr Soldaten, denen der Tod das vierte Jahr schon in die Augen blickt? Versteht ihr das:

1. es steht an der Spitze eines großen Reiches keine Regierung der Kapitalisten, der Reichen, sondern eine der Arbeiter,

2. sie will den Krieg keinen Tag länger fortsetzen, sie will Euch morgen von der Pflicht des Mordens und Sterbens befreien.

Bedenkt es gut: nicht eine kleine Partei, eine schwärmerische Sekte, sondern die Regierung der russischen Arbeiter und armen Bauern!

Und nun, was wird geschehen, was kann geschehen?

Die Regierungen des französischen, englischen, italienischen Kapitals, werden sich weigern, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, sie werden weiter Euer Blut verspritzen und Euren Schweiß fließen lassen, wegen der „Freiheit“ und „Demokratie", die die russische Arbeiterregierung nicht … verteidigt.

Und was will die deutsche Regierung tun?

Sie wird sich wohl an den Verhandlungstisch mit der russischen setzen, weil es ihr sehr gut passt über hundert Divisionen von der Ostfront nach der Westfront zu werfen, um dort den Widerstand der englischen und französischen Heere zu brechen. Nun, die russischen Proletarier könnten allein die französischen, italienischen, englischen nicht retten von allen Folgen dieses Angriffs, weil sie selbst verbluten. Nur die französischen, italienischen, englischen Proletarier können es tun, wenn sie jeden als Landesfeind erklären der sich an den Verhandlungstisch nicht setzt, wenn sie ihn als Landesfeind behandeln. Tun sie es nicht, so liefern sie die russische Arbeiterregierung den Erpressungsversuchen des deutschen Imperialismus. Kurz vor dem Sieg der Arbeiterrevolution führte die deutsche Regierung mit der österreichischen Verhandlungen über die Bildung eines polnischen Königreichs unter dem Zepter des österreichischen Kaisers und eines Litauisch-Kurländischen Herzogtums unter der Herrschaft des preußischen Königs. Wenn das geschieht, wird die russische Regierung vor die Frage gestellt, entweder auf den Befehl von Berlin in die Knie zu sinken, oder den Krieg weiter zu führen. Die russische Revolution streckt ihre Hand nach fremden Gut nicht aus, umgekehrt, sie gibt allen Völker die von dem Zarismus unterjocht wurden die vollkommene Freiheit zu entscheiden ob sie durch freien Beschluss zusammen mit dem russischen Volke leben, oder sich von ihm trennen wollen. Aber sie wird niemals ihre Zustimmung dazu geben, dass ohne Befragung dieser Völker, ohne dass ihre Stimme angehört wird, sie brachio militari fremder Herrschaft unterworfen werden. Sie ist für die Interessen dieser Völker wie der russischen vor ihnen verantwortlich. Wird Deutschland die kurländische, litauische und polnische Frage als gelöst vor den Friedensverhandlungen erklären, wird es versuchen, die russische Revolution vor ein fait accompli zu stellen, so wird sie die eigenen Völker vor ein fait accompli stellen: die vollzogene Tatsache des Krieges bis zur Verblutung. Dann wird alles was die Regierungen des Ententekapitalismus über die Unmöglichkeit des Friedensschlusses mit Deutschland, bevor der deutsche Militarismus zertrümmert ist, wird in den Augen der Völker als völlig bestätigt gelten. Nicht nur müsste die Antwort der russischen Arbeiterregierung in der Weiterführung des Krieges bestehen, sondern die Frage des Friedens würde bis zu vollkommenen Niederlage eines oder anderen kriegführenden Lager ausgeschoben werden.

In den Händen der deutschen Arbeiter liegt jetzt die Entscheidung über den Frieden. Nötigen sie durch eine entschiedene Aktion die deutsche Regierung auf ihren Erpresserversuch zu verzichten, dann öffnet sich das Tor nicht nur für den deutsch-russischen, sondern für den allgemeinen Frieden. Denn der Widerhall einer energischen Aktion des deutschen Proletariats würde es den Ententemächten unmöglich machen, abzulehnen in die Friedensverhandlungen zu treten. Die französischen, englischen, italienischen Arbeiter würden bei der ersten Aktion, die ihnen annehmen erlaubte, dass. in Deutschland nicht nur die Soldateska das entscheidende Wort zu sagen hat, ihre Regierungen zwingen zu verhandeln.

So ist die Lage: stellen sich die deutschen, österreichischen, französischen, englischen, italienischen Arbeiter auf die Seite ihrer Kapitalistenregierungen, gegen die russische Arbeiterregierung, dann ist die Sache des Friedens auf unabsehbare Zeit geschädigt. Stellen sie sich auf die Seite der Arbeiterregierung gegen die Kapitalistenregierungen, so ist die Schlacht gewonnen.

Nicht nur die großen Kämpfe in Turin, die Streiks und Matrosenbewegung in Deutschland erwecken die Hoffnung, dass die Arbeiter Europas die richtige Wahl treffen werden. Die Bruchankündigung des Vorwärts für den Fall der Aufrechterhaltung des polnisch-kurländischen Raubplanes, ist ein Symptom, das hoch zu bewerten ist Es muss ein starker Druck von unten auf die Scheidemänner ausgeübt werden, wenn sie mit dem Bruch der Regierung drohen. Aber nicht um Drohungen, sondern um Taten handelt es sich. Es handelt sich um die Wahl:

Entweder für die Arbeiterregierung – d. h. für den allgemeinen Frieden – oder für die kapitalistischen Regierungen, d. h. für den Krieg.

Die ausländische Vertretung der Soz. dem. Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki).

11. Nov.

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