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Differenzen im ZK nach der Auflösung der 1. Duma

Lenin hat hier die im Zentralkomitee der SDAPR nach der Auflösung der ersten Reichsduma aufgetretenen Schwankungen im Auge. Dem auf dem Stockholmer Parteitag gewählten Zentralkomitee gehörten sieben Menschewiki und drei Bolschewiki an. Sobald die Nachrichten über die Auflösung der Duma bekannt wurden, schlug der bolschewistische Teil des Zentralkomitees vor, unverzüglich einen Aufruf an die Arbeiter herauszugeben, der die Notwendigkeit eines allgemeinen Volksaufstandes für die konstituierende Versammlung erläutern sollte. Das Zentralkomitee lehnte den bolschewistischen Vorschlag ab und nahm an den Arbeiten der Wiborger Konferenz teil. Nach Beendigung der Konferenz beschloss das ZK unter dem Einfluss der sich entfaltenden Ereignisse, sich an die Arbeiter zu wenden und sie aufzufordern, sich unter der Losung: „Wiederaufnahme der Tagung der Duma zum Zwecke der Einberufung der Konstituante“, zum politischen Generalstreik vorzubereiten. Die bolschewistischen Mitglieder des Zentralkomitees traten mit einem scharfen Protest gegen diese Losung auf. Der Protest wurde von dem in seiner Mehrheit aus Bolschewiki bestehenden Petersburger Komitee unterstützt. Unter dem doppelten Druck der bolschewistischen Mitglieder des Zentralkomitees und des Petersburger Komitees beschloss das Zentralkomitee in der nächsten Sitzung, auf den Aufruf zur Vorbereitung des Streiks zu verzichten zugunsten eines Aufrufs zum sofortigen Streik, für den es die Losung ausgab: „Kampf gegen die Regierung zur Verteidigung der Duma zum Zwecke der Einberufung der Konstituante.“ Die kurz darauf abgehaltene Konferenz der linken Parteien und Organisationen (Sozialdemokraten, Bund, Trudowiki, Sozialrevolutionäre, Bauernbund usw.), der vorgeschlagen wurde, sich dem Beschluss des sofortigen Streiks anzuschließen, weigerte sich, das ZK zu unterstützen, hielt den Streik für unzeitgemäß und glaubte, dass er, gerade unter der Losung der Verteidigung der Duma, wenig Aussicht auf Erfolg habe. Daraufhin änderte das ZK zum dritten Mal seinen Vorschlag und nahm die folgende taktische Losung an: „Für die Duma als das Organ der Macht, das die Konstituante einberufen wird.“ Der neue Protest der bolschewistischen Mitglieder des Zentralkomitees vom 2. August (20. Juli) gegen diese im Grunde genommen konstitutionell-demokratische Losung blieb ergebnislos. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 3, Anm. 113]

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